Aus dem angekündigten Hotelaufenthalt in Lüneburg wurde nichts, da ich leider oder eben nicht leider schneller mit dem fertig wurde, was ich dort zu tun gedachte. Tja, so sah ich leider nur den hässlichen Teil Lüneburgs: eine Aneinanderreihung unzähliger Backsteinbauten, die eher wie ein großer Gefängniskomplex oder verlassene Russenkasernen anmuteten und nicht, hm, wie ein Stadt eben. Der schöne Teil Lüneburgs blieb mir, wie so vieles im Leben, selbstverständlich verborgen.
Dafür hatte ich aber die Ehre, auf der Rückfahrt in Büchen umzusteigen. Was, noch nie von Büchen gehört? Nun, ich auch nicht, doch in Büchen kommt man, sofern man von Lüneburg mit der Ferkeltaxe in Richtung Kiel fährt, auf Gleis 41 an. Gleis 41 ist in Büchen vermutlich die Sehenswürdigkeit schlecht hin, dachte ich noch, bevor ich entdeckte, dass es dort sogar ein Gleis 140 gibt - quasi der goldene Phallus unter den Gleisen. Tja, ansonsten ist in Büchen schon Weihnachten, da so ziemlich jedes Haus bis an die Zähne mit Lichterketten bewaffnet ist. Partout war mir dann auch danach, Weihnachtslieder zu hören, allerdings wollte mein iPod keine solchen rausrücken, und so blieb der heruntergekommene Bahnhof, in dem man zwischen 23 und 4 Uhr vermutlich brutal ermordet wird, akustisch so trist wie auch optisch. Der Servicepoint der Bahn - verlassen und zerstört, als wäre die Apokalypse über Büchen bereits vor langer Zeit hinweggefegt. Zwei Türen wiesen bedrohlich auf dahinterliegende Toiletten hin. Öffnen wollte ich die nicht, zumal ich mir gut vorstellen konnte, dass dahinter der dunkle Lord Cthulhu persönlich seit Jahrtausenden den Lokus der Finsternis hütet.
Am schönsten aber waren die »Wandmalereien«, die ich gern fotografiert hätte, wovon Kälte und allgemeine Tristesse der Umgebung mich allerdings abhielten: »Weg mit Stuttgart 21« geht ja schon in Ordnung. Auch in Büchen solidarisiert man sich mit den Schwaben, der Protest ist in der Gesellschaft angekommen. »Niemand hat die Absicht, einen unterirdischen Bahnhof in Büchen zu errichten - gez. Bahnchef Grube + Erich Honecker« stand daneben. Nun, abgesehen davon, dass in Büchen vermutlich tatsächlich niemand vorhat, den ohnehin ziemlich heruntergekommenen Bahnhof auch noch unter die Erde zu verlegen, zeugt die Schmiererei auch nicht gerade von geschichtlichem Allgemeinwissen, stammt doch der leicht abgewandelte Satz von Walter Ulbricht und nicht von Honecker. Letzterer war schließlich jener, der steif und fest behauptete, es würde vorwärts immer, rückwärts nimmer gehen.
Was in der DDR nicht funktionierte, klappte bei der Bahn dagegen recht gut: Der IC, der nach einer Dreiviertelstunde Erlebnisurlaub in Büchen einfuhr, um mich nach Berlin zurückzukarren, war nämlich ausgesprochen pünktlich. Half mir allerdings auch nicht weiter, da meine Finger zu jener Zeit bereits wie gefrorene Bockwürste aussahen und sich auch so anfühlten und mein Arsch nur noch aus zwei zu groß geratenen aber äußerst wohlgeformten Eiswürfeln bestand. Fazit des Tages: Bitte kein Lüneburg mehr und schon gar kein Büchen!