Mit Biss. Uh!
Hin und wieder bekomme ich spontan Lust, Bücher zu kaufen. Meist mehrere auf einmal, genretechnisch mitunter auch mal quer durch den Gemüsegarten. Als Horrorfan zieht es mich dann aber doch immer wieder zu meinem Lieblingsgenre zurück. Und wenn ein Buch schon »So finster die Nacht« heißt, dann kann ich natürlich nicht nein sagen. Finster und Nacht, das klingt nach gehörig Erpelpelle beim Lesen ... Hätte ich zuvor mal den Klappentext gelesen, so hätte ich eventuell erraten können, dass es sich bei dem schwedischen Schinken um einen Vampirroman handelt. Uh! Peinlich! Hätte ich dann selbstverständlich nicht gekauft.
Zum Glück lese ich keine Klappentexte, zumindest nicht allzu oft, denn dieser Roman des mir bisher gänzlich unbekannten Autors John Ajvide Lindqvist ist ein wahres Goldstück seines Genres! Die Handlung in Kürze: Der kleine Oskar, von seinen Mitschülern gehänselt, von den Erwachsenen unverstanden, lernt eines schönen Abends das neue Nachbarskind kennen, ein einfaches Mädchen, wie er anfangs glaubt, das auf den Namen Eli hört. Ist natürlich ein Vampir, die Kleine, sonst wär's ja kein Vampirroman. Anschließend geht's gut zur Sache: Einige Menschen werden gebissen, die einen sterben, die anderen verwandeln sich und so weiter und so fort. Dazu 'ne Art Liebesgeschichte, kennt man ja, das Ganze. Erstens jedoch ist die Geschichte vor den allseits bekannten Schwarten einer Stephenie Meyer entstanden und zweitens liest sie sich erfrischend alternativ. Bisschen idependent irgendwie.
Klar, wie es sich für einen Horrorroman gehört, gibt es explizite Szenen mit viel Blut und die plastische Art, auf die Lindqvist diese schildert, sucht definitiv ihresgleichen. Dennoch beschränkt sich der Autor gar nicht mal darauf, eine (Achtung, Wortwitz!) ausgelutschte Blutsaugererzählung auf Papier zu rotzen, sondern stellt viel eher gesellschaftliche Probleme Schwedens in den Vordergrund, die wie üblich totgeschwiegen werden und die so nachvollziehbar sind, weil sie auch hierzulande ein Thema sind: Kinder und Jugendliche, die ohne Perspektive in Baukastenstädten aufwachsen, der Konflikt zwischen den Generationen, das ganze Brimborium. Alles eingebettet in eine spannende und geschickt konstruierte Handlung, die sich vor allem durch messerscharfe Dialoge auszeichnet. Herrlich!
Wer auch nur annähernd gern gruseligen Stoff für gemütliche Abendstunden parat und zudem ein Herz für Bücher hat, dem kann ich den schwedischen Sechshundertseiter nur wärmstens empfehlen. Ach ja, für die Wenigleser unter den Lesern: Gibt's auch als gelungenen Film.