Ich sitze im Hotel. Im Nachtschränkchen ist natürlich ein Neues Testament verstaut. Und direkt daneben liegt doch tatsächlich eine Ausgabe von »Die Lehre des Buddha«. Oha, jetzt wird's interessant! Weil ich ein hastiger Mensch bin, so gar kein Buddhist halt, dem schon zu wenig Zeit zum Leben und noch weniger zu Lesen bleibt, hier mal ein paar Auszüge, die ich ganz, nun ja, interessant finde und auf die ich beim zufälligen Durchblättern gestoßen bin.
Da steht etwa:
Wenn Menschen, die Erleuchtung erlangen, aber dennoch fortfahren, sich an dem Begriff der Erleuchtung festzuhalten, bedeutet dies, daß die Erleuchtung selbst eine hindernde Verblendung geworden ist. Deshalb sollten die Menschen dem Pfad der Erleuchtung folgen, bis in ihren Gedanken irdische Leidenschaften und Erleuchtung eins geworden sind.
Hm, klingt vernünftig. Wenn man leuchtet wie 'ne Hundertwattbirne, dann sollte man vielleicht innehalten, bevor einem der Glühdraht durchbrennt. Aber weiter im Programm. Unter »Der Weg zur praktischen Erkenntnis« steht unter anderem:
Es ist leicht, in Schamlosigkeit zu geraten, wie eine Kuh vorlaut und unerschrocken zu sein, sowie andere zu verletzen, ohne dabei irgendein Gefühl des Bedauerns für solche Tat zu hegen.
Ich vermute allmählich, der Übersetzer war Google. An und für sich jedenfalls keine ganz verkehrte Feststellung. Nur das mit den Kühen ... Sind die drüben in Asien echt vorlaut und unerschrocken? Es fällt mir schwer, eine vorlaute und unerschrockene Kuh vor meinem geistigen Auge materialisieren zu lassen. Nun gut, schauen wir weiter. Uh, irdische Leidenschaften:
Menschliches Verlangen ist endlos. Es ist mit dem Durst eines Mannes vergleichbar, der Salzwasser trinkt. Er findet keine Befriedigung und sein Durst wird nur noch größer.
Das sollten sich die Ackermänner dieser Welt mal zu Gemüte führen. Eines Tages werden ihre schmucken Krawatten sie zu Tode würgen, jawoll!
Huh, und jetzt was über die Frau. »Das Leben der Frauen«. Ungelogen, tatsächlich habe ich diese Stelle beim ersten Aufblättern erwischt, hier aber der Spannungssteigerung hintenangestellt:
Wenn eine junge Frau heiratet, sollte sie den folgenden Entschluß fassen: "Ich muß die Eltern meines Mannes verehren und ihnen dienen. Sie gaben uns alle die Vorzüge, die wir haben, und sind unsere weisen Beschützer, so daß ich ihnen mit Hochachtung dienen und bereit sein muß, ihnen zu helfen, wann immer ich kann."
Guck an, guck an. Und außerdem:
"Ich muß meinen Geist schulen, damit ich meinen Mann verstehen und ihm bei seiner Arbeit unterstützen kann. Nie darf ich gegenüber seinen Interessen gleichgültig sein und sie nur für seine eigene Angelegenheit halten, nicht aber für meine."
Hach, so viel Hingabe! Da schlacktert doch die Schwarzer mit den Ohren. Und Obacht, es wird noch besser. Am besten nämlich gefällt mir:
"[...] Ich werde das Einkommen meines Mannes bewahren und es nicht für selbstsüchtige Zwecke verschwenden."
Ein glücklicher Mann ist, wer eine bescheidene Frau an seiner Seite weiß. Sagt übrigens nicht Buddha, das sage ich. Kommen wir abschließend, einfach weil es viel zu schön ist, noch zu den vier Typen der Frau:
Zum ersten Typ gehören diejenigen, die aus nichtigen Gründen ärgerlich werden, die eines wechselhaften Sinnes sind, die habsüchtig auf das Glück anderer sind und kein Verständnis für die Bedürfnisse der anderen haben.
Na schau an. Ist also kein westliches Phänomen.
Zum zweiten Typ sind diejenigen zu zählen, die sich über nebensächliche Dinge aufregen, die zwar launisch und habsüchtig sind aber dennoch nicht neidisch auf das Glück anderer sind und Verständnis für die Bedürfnisse der anderen haben.
Dem dritten Typ gehören diejenigen an, die verständnisvoller und nicht so leicht erregbar sind, die ihren habgierigen Sinn zu beherrschen wissen, die nicht in der Lage sind, Gefühle der Eifersucht zu unterdrücken und auch kein Verständnis für die Bedürfnisse der anderen haben.
Dem vierten gehören diejenigen an, die großzügig sind, Gefühle der Habgier zurückhalten und Gemütsruhe beihalten können, die nicht neidisch auf das Glück anderer sind und Verständnis für die Bedürfnisse der anderen haben.
Habgier scheint zur Grundausstattung zu gehören, auch wenn einige Frauen sie laut buddhistischer Lehre unterdrücken können. Übrigens gibt es ansonsten noch ein Kapitel zum Familienleben. Zum Leben des Mannes irgendwie nicht. Dahin ist sie nun auch, meine Vorstellung vom buddhistischen Liberalismus. Wenn man das so nennen darf.