Bei der Affenhitze soll man viel trinken; warum nicht auf der traditionellen Biermeile auf der Berliner Karl-Marx-Allee?
Diesmal scheint eine besonders große Berammlung zu herrschen, wie der Sachse so sagt. Eine Informatikmesse oder Tourismusbörse ist nicht besser besucht. Am gemütlich sitzenden Trinker ziehen alle Altersgruppen, viele Nationalitäten und Modeauffassungen vorbei, inklusive plissierte Männer-Schottenröckchen, kaiserblaue Abendkleider (der Gatte hat sich wohl kurzentschlossen durchgesetzt?), Iros eines Mädchenpaars und Netzhemd plus Leopardenhöschen des lilabelockten Burschen, der anscheinend vom CSD übrig blieb. Anything goes.
Das gilt auch für die Musikbühnen, auf denen graue Herren zwecks Stimmung verschiedenste Stile zu Gehör bringen. Werden indes Cream und Jethro Tull derart musikschulmäßig heruntergedudelt, brauchts zur Stimmung doch noch ein schwarzes schottisches Stout. Die Band auf der nächsten kleinen Bühne intoniert erfrischend Jingle Bells und jenes Heilsarmeelied, das es auch bei Jethro Tull gibt sowie am Ende der Tage des Condors, wenn Redford die Jagd überstanden hat. Oder bin ich schon so... nein, richtig gehört.
Seltsam mal wieder, daß einem in dieser Menge nicht einer der vielen Kollegen und Bekannten über den Weg läuft, nicht mal der liebe und bierliebende ehemalige Kollege, der eine der Wohnungen hier bewohnt, die ursprünglich als Arbeiterpaläste der damals neuen Zeit gebaut wurden.
Irgendwann fällt dem Meilenflaneur auf: Solomänner gibt es hier so einige, Solofrauen aber nur im Dreierpack entweder mit einem Paar oder als drei gar junge Grazien. Da müßte einer schon recht penetrant sein... Eine Asiatin lacht mich an oder aus -- ich denke, sie denkt wohl, ich denke an eines der verbreiteten Massageinstitute mit mehr oder weniger Körpereinsatz bei ihr oder ihm... aber vielleicht erinnere ich sie nur an ihren spaßigen Onkel: Diese Gedankenspiele wie im links und rechts verspiegelten Schrank, in denen man hundertfach doch nichts sieht als seinen Kopf, wollte man sich doch für immer schenken, prost, eh.
Zu Hause, noch leicht im schottischen Schwarzbierdschumm, denke ich über das erste Inserat meines Lebens nach.