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Abenteuer

Zwei Helden auf der Reise

Im Artikel Zwei Helden in den Startlöchern haben wir Viktor und Viktoria kennengelernt. Beide sind im ersten Akt dem Ruf zu ihrem jeweiligen Abenteuer gefolgt und nach anfänglichem Zögern über die Schwelle getreten. Nun befinden sie sich im zweiten Akt und beginnen sich mit einer für sie neuen Welt vertraut zu machen. Einer Welt, in der weitere Katastrophen auf sie warten, die sie überstehen und aus denen sie lernen müssen, wollen sie am Ende das Ziel ihrer Reise erreichen.

1. Wo geht’s lang?

Wer an einen Ort kommt, an dem er noch nie war, wird sich zunächst orientieren müssen. Er sollte sich informieren, die Regeln kennenlernen, die an diesem Ort vorherrschen, feststellen, wer ihm hier zur Seite steht, wer gegen ihn ist, wem er vertrauen kann, wem er besser mit einem gesunden Misstrauen begegnet, und herausfinden, welches Vorgehen als nächstes geboten ist, um das große Ziel zu erreichen. Ist das Fremde nicht der Ort, ist es die Aufgabe, die sich dem Protagonisten stellt. Das alles gilt auch für Viktor und Viktoria. Und für beide gilt auch, dass sie die für sie neue Welt nicht in Ruhe und Gemütlichkeit erkunden können.

1.1.  Bewährungsproben

Den Posten ihres Vaters zu übernehmen ist für Viktoria, als würde sie eine ihr bis dahin völlig fremde Welt betreten. Allein, sich davon nicht abschrecken zu lassen und sich zurechtzufinden, stellt für sie eine Bewährungsprobe dar. Die Erkenntnis, dass sich ihr hier nicht ausschließlich helfende Hände entgegenstrecken, sondern auch solche, die ihr auf Schritt und Tritt Steine in den Weg legen, macht es ihr nicht leichter, ihre Ziele zu erreichen. Dennoch, nach und nach lernt sie, wer ihr wirklich zur Seite steht. Auch gelingt es ihr, erste Schwierigkeiten zu überwinden, womit sie noch manchen Zweifler davon überzeugt, sie könne tatsächlich eine würdige Nachfolgerin ihres Vaters werden.

Für Viktor ist die fremde Welt die des Buches, in das er mit einem beherzten Sprung aus dem Fenster eingetaucht ist. Eine magische Welt, die, wie er erfährt, dem Untergang geweiht ist, wenn er sie nicht rettet. Kaum angekommen, lernt er Freund und Feind zu unterscheiden. Denn die Schergen des dunklen Herrschers machen bereits Jagd auf ihn, Hilfe bekommt er von jenen, die er schließlich erretten soll. Auf diese Weise kann er den ersten Angriffen entgehen und an einen geheimen Ort gelangen, der dem Feind noch verborgen ist. Dort lässt es sich im Kreise der neuen Freunde gut verwegene Pläne schmieden.

Wie schon der Übertritt in die neue Welt dienen die ersten Schritte der Orientierung nach der Ankunft zur Bewährung unserer Protagonisten. Sie müssen weiterhin zeigen, dass sie nicht schon an ersten Hürden auf dem Weg zu ihrem Ziel scheitern, dass sie den Willen besitzen, für die Erfüllung ihrer Aufgabe zu kämpfen, dass sie das Potenzial haben, die Helden zu werden, die am Ende den Sieg über ihre Gegner davontragen können.

Diese ersten Bewährungsproben machen sowohl der Figur als auch dem Leser deutlich, wie hart und gefährlich der weitere Weg wird. Die Welt des Abenteuers präsentiert sich als eine feindliche. Das, was der Antagonist bisher von sich offenbart hat, lässt einen (über-) mächtigen Gegner erwarten. Gleichzeitig sorgen die ersten erfolgreich bestandenen Proben auch für Optimismus.

1.2.  Vorbereitung ist wichtig

Da nun klar ist, dass der Weg zum Erfolg kein Zuckerschlecken wird, sollte auch klar sein, dass es nicht ohne gründliche Vorbereitung geht. Sobald unsere Protagonisten wissen, welche Aufgabe sie zu lösen haben, wer ihnen dabei zur Seite steht und wer sich ihnen entgegenstellt, gilt es, konkrete Pläne zu schmieden, Informationen zu beschaffen, den Gegner auszuspionieren, Aufgaben zu verteilen, die Ausrüstung (und eventuell Waffen) zu organisieren, vor allem auch, neue Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben.

Auch in dieser Lernphase werden sich unsere Protagonisten weiter bewähren müssen. Neben dem ein oder anderen Erfolg gibt es auch immer wieder Rückschläge, nach denen man sich neu sammeln und möglicherweise über neue Strategien nachdenken muss. Und wie überall gilt, dass man aus Fehlern am besten lernt. Der Konflikt verschärft sich noch und wird nicht selten durch weitere Aspekte angereichert, die es für den Protagonisten umso dringlicher werden lassen, eine Lösung zu erreichen.

Nachdem sich Viktoria so weit wie möglich mit den Firmeninterna vertraut gemacht hat, erkennt sie, dass die Zukunft der Firma ganz entscheidend davon abhängt, ob es ihr gelingt, einen bestimmten Auftrag an Land zu ziehen. Mit einem Team von Leuten, die auf ihrer Seite sind, macht sie sich an die Arbeit, dieses Ziel zu verwirklichen. Dass sie sich dabei als hartnäckiger erweist, als anfangs vermutet, ist ihren Gegnern ein Dorn im Auge und sie ziehen alle Register, um ihr Steine in den Weg zu legen. Ohne den besonderen Zuspruch von Tom, der schon zu den engsten Vertrauten ihres Vaters zählte und in den sich Viktoria verliebt, hätte sie vielleicht nicht die Kraft, ihren Weg zu gehen.

Viktor rüstet sich zum Kampf gegen die bösen Mächte. Er muss lernen, eine Waffe zu führen und mit seltsamen Reittieren klarzukommen. Mit einer kleinen Gruppe macht er sich auf den Weg, die magische Klinge zu finden, die ihm durch eine rätselhafte Weissagung bestimmt ist. So erfährt er schließlich auch, dass er entweder den Sieg davontragen wird oder nie wieder in seine Welt zurückkehren kann. Doch schon die Suche nach dem Schwert stellt Viktors Mut und Geschick immer wieder auf die Probe. Wie froh ist er, dass er die kämpferische Prinzessin Tomina an seiner Seite hat.

2. Die zweite Katastrophe

Unsere Helden haben jetzt schon viel erlebt, viel unternommen und viel gelernt. All das, um am Ende das große Ziel zu erreichen und den Konflikt, in dem sie sich befinden, zu lösen. Doch, was immer sie auch getan haben, eine Entspannung ist nicht eingetreten. Der Konflikt besteht weiterhin, hat sich gar noch verschärft. Es bedarf sozusagen einer letzten Lektion, den Protagonisten klarzumachen, dass sie ihre Aufgabe zu Ende bringen müssen. Einer letzten Prüfung, die sie bestehen müssen, um die Helden zu werden, die ihrem Gegner erfolgreich entgegentreten können.

2.1.  Die entscheidende Prüfung

Viktoria glaubt, im Großen und Ganzen alles im Griff zu haben. Nicht nur in der Firma, auch die Beziehung zu Tom entwickelt sich. Plötzlich steht die Staatsanwaltschaft vor der Tür. Aufgrund anonymer Hinweise wird Viktoria vorgeworfen, Firmengelder veruntreut zu haben. Die Beweislast scheint erdrückend und selbst Tom wendet sich von ihr ab, weil er glaubt, Viktoria habe den Unfall ihres Vaters nur ausgenutzt, um sich auf Kosten der Firma zu bereichern. Sie ist am Boden zerstört, hat keinen Antrieb mehr und ist sich sicher, dass nun alles vorbei ist. Sie fällt zurück in alte Verhaltensmuster. Selbst als sie einen Anruf bekommt und ein Vertrauter der Gegenseite anbietet, ihr zu helfen, lehnt sie zunächst ab. Erst als sie die Enttäuschung ihres Vaters direkt zu spüren bekommt, entscheidet sie sich im letzen Moment dazu, zum Treffen mit dem Anrufer zu gehen.

Endlich an der Höhle angelangt, in der die magische Klinge auf den Recken wartet, der reinen Herzens ist, muss sich Viktor ihrer würdig erweisen. Doch alle Hoffnung scheint vergebens, als er die Waffe nicht aus dem weißen Stein ziehen kann. Zu allem Überfluss müssen er und seine Begleiter feststellen, dass sie in eine Falle getappt sind. Sie werden vom dunklen Herrscher höchstselbst erwartet, der nun seinen Todesstrahl auf Viktor richtet. Es ist Prinzessin Tomina, die ihren Körper als Schutzschild einsetzt, um Viktor zu retten. Sie bezahlt dafür mit ihrem Leben. Der dunkle Herrscher glaubt, dass die wahre Bedrohung Tomina war, und zieht sich zurück. Mit dem Tod der Prinzessin stirbt auch Viktors Antrieb, mit seiner Abenteuerlust und seinem Heldeneifer auch die Eitelkeit. Erst als er erkennt, dass er alles geben würde, um Tominas Opfer rückgängig zu machen, kommt er wieder auf die Beine.

Ich denke, die Beispiele zeigen ganz gut, worum er geht. Die entscheidende Prüfung ist nach dem Ruf zum Abenteuer die zweite große Katastrophe und wird oft auch als die (große) Krise bezeichnet. Im Vergleich zu ihr sind alle Erfahrungen, alle Höhen und Tiefen, die der Held bis hierhin erlebt hat, Kleinigkeiten. Sie ist sein tiefster Fall, eine Herausforderung, an der er zu scheitern droht.

Aus diesem tiefen Fall folgt, vorausgesetzt unser Protagonist besteht die Prüfung, eine Auferstehung. Diese Auferstehung, wenn alles verloren scheint, macht erst den wahren Helden aus und ist mit einer Wandlung verbunden. Mag ein Teil in unserer Figur gestorben sein, erst das, was daraus erwächst, macht sie zu derjenigen, die gegen den Gegner bestehen und die Aufgabe zu Ende führen kann.

2.2.  Belohnung und Ruhe vor dem Sturm

Wenn jemand eine derartige Krise überlebt und überwunden hat, ist das ein Grund zur Freude. Es wird von der Geschichte abhängen, wie viel Zeit bleibt, diesen Umstand entsprechend zu würdigen. Vielleicht gibt es nur ein anerkennendes Schulterklopfen, vielleicht eine ausgelassene Party. Oft geht es auch einfach um einen Moment der Ruhe, um sich nach dem schlimmen Ereignis neu zu sammeln und sich auf das Kommende vorzubereiten.

In jedem Fall ist der Held nun endgültig in seiner Position anerkannt und in seiner Persönlichkeit gestärkt. Das ist bereits Teil seiner Belohnung, die er für die bestandene Prüfung erhält. Oft werden ihm aber auch ganz greifbare Gaben zuteil.

So bringt Viktoria von dem geheimnisvollen Treffen Unterlagen mit, die sie entlasten und die entscheidende Rolle in ihrem Kampf um die Firma spielen können. Viktors „seelische Reinigung“ führt dazu, dass er doch noch die magische Klinge aus dem Stein ziehen kann.

Im nächsten Artikel Zwei Helden wollen nach Hause begleiten wir Viktor und Viktoria dann zum Ende ihrer Heldenreise.

Veröffentlicht am 26.02.2012
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