mySTORYs Schreibratgeber
Für Anfänger und Fortgeschrittene

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Interview

Das sagt Peter Wohlleben

Foto: © Peter Wohlleben

Gewinnspiel: Das sagt Peter Wohlleben zu deinem Exposé

Gewinne eine Einschätzung des Sachbuchautors zu deinem Kurzexposé! Er verspricht, dir in einigen Sätzen seine ehrliche Meinung dazu abzugeben. Sicher, das kann hart werden, aber kompetente Kritik bringt dich schließlich weiter. Und vielleicht ist Peter ja auch ganz begeistert, dann hast du eine Empfehlung aus mehr als berufenem Munde (vor allem, wenn es sich um ein Sachbuch handelt). Schwarz auf weiß! Eine, die vielleicht sogar Türen öffnen kann.

Und so geht es:

Beantworte meine Gewinnspielfrage und sende sie an hfaquote@pb-netz.de. Unter allen richtigen Einsendungen und unter Ausschluss des Rechtsweges ziehe ich einen Gewinner oder eine Gewinnerin. Dieser/diese darf mir dann ein Kurzexposé von maximal 3000 Zeichen (inkl. Leerzeichen) schicken, und ich leite es an den Autor weiter. Dann heißt es, gespannt sein!

Einsendeschluss ist der 15. Januar 2016!

Die heutige Frage:

Wann wird aus einem Sach- ein Fachbuch?

a)       Wenn es sich einem bestimmten Schulfach zuordnen lässt.

b)      Wenn es sich an Leute vom Fach wendet.

c)       Wenn es statt eines Sachgebiets ein Fachgebiet behandelt.

 

d)      Wenn man es in ein Fach stellen kann.

 

Na, das ist doch gar nicht so schwer. Viel Glück!

 

Interview:

Wenn man hört, jemand sei Autor, denkt man als Erstes an spannende Geschichten, an Fiktion, an jemanden, der schon als Kind eine ausschweifende Fantasie hatte und davon träumte, andere mit abenteuerlichen Erzählungen in seinen Bann zu ziehen. Wie kommt man aber auf die Idee, Sachbücher zu schreiben? Warst du schon als Kind ein Erklärbär?

Nein, gar nicht, ich war eher schüchtern. Als Förster habe ich dann unzählige Waldführungen gemacht, die ich anders gestalten wollte. Nicht in dem Stil „Das ist eine Eiche, das ist eine Buche“, sondern in dem Sinne: Was machen die Bäume da eigentlich? Warum benimmt sich der eine so dickköpfig, warum hat der andere Angst, und woran erkennt man das? Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben dann oft angerufen und gefragt, wo man das nachlesen kann – da gab es leider nichts. Und irgendwann habe ich mich von meiner Frau überreden lassen, ein Buch darüber zu schreiben. Was dann daraus geworden ist, sieht man jetzt im Buchhandel …

 

Schreibst du dennoch in gewisser Weise Geschichten, oder wo liegt für dich der Unterschied?

Ich denke, dass gute Sachbücher und Romane sich gar nicht so sehr unterscheiden, denn genau so ist es: Ich erzähle Geschichten. Und auch Sachbuchgeschichten müssen die Leser ins Buch ziehen, sie fesseln und unterhalten. Im Unterschied zu den meisten Romanen sind meine Beschreibungen jedoch draußen im Wald zu finden, und weil so viele Menschen das selber sehen wollen, biete ich noch mehr Führungen an.

 

In meiner Vorstellung gibt es etwas vereinfacht gesagt zwei Arten von Sachbuchautoren: zum einen die, die vor allem Experten in ihrem Themengebiet sind und von dort aus etwas mitzuteilen haben, zum anderen die, die sich vor allem als Sachbuchautoren verstehen und sich von dort aus bestimmte Themen erarbeiten. Dich würde ich zur ersten Kategorie rechnen, oder sehe ich da etwas falsch?

Ich sehe mich tatsächlich in der ersten Kategorie, und das macht, glaube ich, auch den Erfolg des Buches aus: Ich lebe das, wovon ich schreibe, und zwar seit 25 Jahren. Dadurch kann ich auch tiefergehenden Fragen nachkommen, die über den Text im Buch hinausgehen; ich habe ja alles im Kopf.

 

Romanautoren behaupten oft, für sie sei das Wie des Erzählens ähnlich wichtig wie das Was. Gilt das für dein Schreiben auch?

Exakt – wieder eine Gemeinsamkeit! Das ist übrigens der Grund, warum all die wundervollen und rührenden Dinge rund um den Wald bisher kaum bekannt waren: Das „Was“ existiert seit 40 Jahren in Form trockener Forschungsberichte, die niemand lesen mag. Ich habe die ganzen Arbeiten als Puzzle zusammengesetzt, in Alltagssprache übersetzt und mit eigenem Erleben angereichert. Das Ganze dann locker und mit einem Augenzwinkern erzählt, und schon erschließt es sich offenbar einem breiten Publikum.

 

Was macht für dich ein gutes Sachbuch aus?

Ein gutes Sachbuch unterhält mich so spannend, dass ich erst hinterher merke, was ich alles gelernt habe. Eine einfache Probe ist der eigene Bekanntenkreis: Wenn du nach der Lektüre begeistert erzählst: Wusstest du schon, dass…“, dann war es ein wirklich gutes Buch.

 

Wenn ich deinem Weg folgen und ebenfalls ein Sachbuch schreiben wollte, was würdest du mir raten? Welche drei Dinge haben dich deiner Meinung nach auf deinem Weg als Sachbuchautor am meisten vorangebracht?

Das Erste ist die Lebenserfahrung. Nur wer etwas erlebt hat, kann darüber berichten. Ein rein journalistisches Schreiben kann zwar auch erfolgreich sein, aber das ist ungleich schwerer.

Das Zweite ist Übung und Fleiß – auch meine ersten Bücher haben sich nicht so gut verkauft, und zum Schreiben muss ich mich oft genug zwingen (mindestens 300 Wörter pro Tag inkl. einem zweiten Durchgang zur Korrektur).

Das Dritte ist die Glaubwürdigkeit: Ich versuche, ehrlich zu bleiben. So spreche ich über Bäume und sage auch, dass ich mit Holz heize. Das ist ein Dilemma, schließlich beschreibe ich Bäume als liebenswerte Wesen. Meine persönliche Quintessenz ist, so zu leben, dass ich alle Wesen, die ich zu meinem Leben brauche, mit Respekt behandle.

 

Gab es vielleicht auch einen „Fehler“, eine „Schwäche“, die du erkannt und abgestellt hast, um in deinem Sinne als Autor erfolgreicher zu sein?

Ich wünsche mir eine rasche Veränderung im Wald, weg von Kahlschlägen, Großmaschinen und Platanen hin zu mehr Natur. Das habe ich in vielen Büchern thematisiert, die Tonlage war Moll (und die Verkäufe mau bis so lala). Doch diese Ziele kann man auch anders erreichen, indem man die Leser emotional mitnimmt und Bäume als interessante Persönlichkeiten vorstellt (was sie tatsächlich auch sind) – Tonlage Dur. Plötzlich greifen die Leute zu, und die Kritik an der klassischen Forstwirtschaft wird lauter.

 

By the way – was bedeutet für dich persönlich Erfolg in deiner Autorenkarriere?

Erfolg bedeutet für mich, dass ich mit meinen Büchern etwas erreiche. Ich möchte gut unterhalten und dabei trotzdem eine Botschaft transportieren, die etwas bewirkt. Und tatsächlich: Mehrere Unternehmer haben aufgrund eines Buchs von mir in Österreich ein großes Wildnisgebiet durchgesetzt – das ist für mich mehr wert als hohe Verkaufszahlen.

 

Welche Faktoren haben deiner Meinung nach zum besonderen Erfolg von „Das geheime Leben der Bäume“ beigetragen?

Neben der schon geschilderten Sprache war es die NDR-Talkshow, die den Startschuss gab. Danach rissen sich die Medien um mich, das wurde mir mit drei Terminen pro Woche über ein halbes Jahr hinweg fast zu viel. Dabei kam mir zugute, dass ich bei den Waldführungen eine lockere Sprache gelernt habe, da freuen sich Radio- und TV-Macher, und das ist natürlich eine gute Reklame. Der Verlag hat viele dieser Termine eingefädelt, hat mich beraten, hat gelenkt, und im Zusammenklang ist das Buch immer weiter nach oben geklettert.

 

Und was kannst du schließlich angehenden Sachbuchautoren raten, um auch ihr Werk veröffentlicht zu sehen? Was ist hilfreich, um einen Verlag für das eigene Buch zu interessieren? Und braucht man den überhaupt noch, den Verlag?

Ich kann nur raten, im eigenen Sach- und Kenntnisbereich zu bleiben. So hart es klingt: Wenn ich nichts Neues zu erzählen habe, wird es gerade im Sachbuchbereich schwierig, da kann man nicht dasselbe immer wieder neu beschreiben (wie das etwa Bernard Cornwell in seinen Romanen, die ich sehr schätze, macht). Der Verlag ist nicht nur an einem guten Manuskript (besser nur Exposé) interessiert, sondern auch an den Kontakten in die Fachwelt und zu den Medien. Je mehr, desto höher die Verkaufschancen und desto eher wird zugegriffen. Wenn das alles nicht fruchtet, halte ich SP für eine gute Alternative, denn auch Verlage können irren. Und selbst wenn nicht gleich das erste Buch den Durchbruch bringt, würde ich dranbleiben: üben, üben, üben, Erfahrung sammeln und es irgendwann richtig gut hinbekommen. Und was gut ist, entscheiden die Leser.

 

Zum Schluss die besondere Frage: Wenn meine Freundin dich fragen würde, wie man einem Baum Liebe zeigen kann, was würdest du ihr antworten?

Umarm ihn! Ob es dem Baum etwas bringt, bezweifele ich, aber dir wird es etwas bringen. In Kontakt mit Lebewesen zu sein, die so groß wie Blauwale sind, die man berühren darf und die vor der Haustür stehen – das ist doch umwerfend!

 

Vielen Dank für das interessante Interview!

 

 

Veröffentlicht am 29.12.2015
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