Quell der Weisheit - Sonntagsgedankenprosa
Wäre es nicht besser, sowohl für mich als auch für meine Umgebung, wenn ich mich wahrhaft als Teil des Ganzen empfinden würde? Diese Idee ist einfach so dahin geworfen, auf das Parkett des Verstandes. Aber tatsächlich ein Gefühl der untrennbarkeit zwischen Selbst und Umgebung,llem was einen umgibt ist zu entwickeln ist ein echtes Erlebnis. Was heißt auch umgeben? "Umgeben" fiele in diesem Zusammenhange schon in ein anderes Perzeptionsschema. Umgeben hieße bereits ich und die Umgebung, beziehungsweise Ich und die Dinge die mich Umgeben, was eine Trennung bedeutet. Nein. Wenn ich Umgebung bin so wie sie ich ist, müssen alle Strukturierungsversuche in dieser Richtung ganz und gar unbedeutend sein.
Ein Gefühl der Verschmelzung ist die Folge. Ein Gefühl der radikalen Entkategorisierung. Ich verforme mich mit dem Rest des Seins dessen Teil ich in diesem Moment bin. Oder besser ausgedrückt ich bin Teil der Verformung des Seins. Ich ermögliche das Sein und die Verformung, so wie sie mich ermöglicht.
Welche Folgen hat die Änderung der eigenen Anschauung in dieser Art auch mich und mein Verhalten? Werde ich nicht allen Dingen demütiger, gütiger und liebevoller entgegentreten? Muss ich meine Hand nicht mit Wohlwollen auf die Schulter des Seins legen um ihr Mut zu geben?
Ich mache also sowohl dir als auch mir selbst Mut. Ich bin also geduldiger mit dir und mit mir selbst. Ich werde weniger zetern mit dir wie mit mir selbst, wie mit den Dingen, wie mit dem Sein.
Wahrhaftig nur Teil zu sein, vollständig aufgefangen im Schoße des Ganzen ist ein unheimlich beruhigendes Gefühl. Wir haben nur dann Grund es als befremdlich und angsteinflößend zu empfinden, wenn wir uns selbst über das Ganze zu stellen bemüht sind und sind wir nicht nur allzu oft nur allzu bereit unserem Ego genau diesen Frefel zu gestatten?
Ergebnis ist genau dies. Gelingt es uns in einem Moment Abstand von dieser Selbstvergottung zu gewinnen und uns wahrhaft als Teil des Ganzen zu empfinden, wird sich unvermeidlich diejenige vollständige innere Ruhe in uns auszubreiten beginnen, die wirkliche Freiheit in Geist und Bewusstsein bedeutet.
Selbst den großen Charakteren unter uns wird dies allerdings nicht ununterbrochen gelingen. Viel eher gelingt es den meisten von uns überhaupt nicht oder nur für Augenblicke. Doch welch nahezu berauschende Wonne dieser Zustand der Freiheit des Bewusstseins bedeuten kann wird, wer sie einmal bewusst kosten durfte, sich stets wieder nach dieser Ruhe sehnen, sich an dunklen Tagen nach ihnen verzehren, sich in Momenten der Weisheit ihrer erinnern.
Ich möchte diese Ruhe den Quell der Weisheit nennen. Denn wie kristallklares und lebenspendendes Wasser einem jahrtausende altem Bergquell, so entspringt dieser Ruhe alle Weisheit menschlicher Existenz.
Bedenke:
Viele kluge Dinge sind so komplex, dass viele Menschen zunächst nicht in der Lage sind sie vollständig zu erfassen. Doch Weisheiten stellen sich oftmals als sehr einfache Dinge heraus. Dinge die für jeden Menschen leicht eingänglich sind. Trotzdem scheinen Weisheiten unter den Menschen nicht verbreiteter sondern eher noch seltener zu sein, sowohl unter den Klugen als auch unter den einfältigen und vielleicht sind sie sogar gleich unter ihnen verteilt.
(Letzte aussage des letzten Satzes sehr bedenkenswert, fraglich aber bedenkenswert)