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* 26.7.44
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Das Stiefkind (meine Version)
Die Eltern lebten einst verbunden
nur kurze Zeit, der Krieg war aus,
sie hatten sich so schwer geschunden
dabei zerfiel das ganze Haus.
Wer mochte es ihnen je verdenken,
dass sie sich ihre Liebe schenkten,
zu einer Zeit, die keine war,
und meine Mutter mich gebar.
Nicht in Berlin, im Sudetenland
damals meine Wiege stand.
Ihre Sorgen, meine Pflege
war zu viel für ihre Seele.
Der Krieg, die Trennung, all das Leid
meine Mutter brauchte nicht nur Zeit.
Indes ich hin und her gereicht
mancher war sogar erweicht.
Oft denk ich an die Zeit zurück,
als ich ein kleiner Junge war,
so vielerlei hat mich bedrückt,
erscheint mir heut noch unfassbar.
Der Stiefvater hat mich sehr gebraucht,
ich nahm es an, ohne zu klagen,
die Achtung war mir sehr verraucht,
war wohl ein fünftes Rad am Wagen.
Seine Kinder durften spielen,
für mich war Arbeit angesagt,
aufräumen, Geschirr abspülen,
ich wurde hin und her gejagt.
Zur Stiefmutter bin ich auch gerannt,
bat um Hilfe unter Tränen,
sie hat mich wirklich nicht gekannt,
fing gelangweilt an zu gähnen.
Bis endlich meine Mutter kam,
da war ich 13, in der achten,
mich tröstend in die Arme nahm,
neue Gefühle mir nun brachten.
Vieles hat sich dann gebessert,
ich durfte leben wie ihr Kind,
war auch auf einmal frei, was wert,
spürte – wie ›gute Mütter‹ sind.
Mit 13 ging ich in die Lehre,
wie meiner Mutter es erging,
stand 6 Uhr morgens in dem Heere
und war doch noch ein halbes Kind.
Meiner Mutter will ich danken,
sie hatte es schwer auf dieser Welt,
zeigte Wege und auch Schranken,
wir hatten nicht mal Taschengeld.
Jetzt bin ich fast ein alter Greis,
find' mein Leben angemessen,
doch manche Träne kullert leis',
um die Kindheit zu vergessen.