Wenn die Welt wieder in Ordnung ist.
Und wie ich so hier sitze, gedankenverloren aus dem Fenster starre, mit meinen Augen dem Zug der Wolken folge und selbstzufrieden am schaumigen Senseo-Kaffee nippe, fällt mir einmal mehr ein, dass ich allmählich anfangen müsste, meinen Plan zum Thema Erfolg & Reichtum in die Tat umzusetzen, wenn das noch was vor der Rente werden soll. Nun plane ich schließlich schon seit einiger Zeit, mein eigenes Buch zu schreiben, bzw. mich zumindest daran zu versuchen. Irgendwas Abstrues. Nicht so'n Thriller mit Twist am Ende. Alles Kindergeburtstag. Auch kein Schmalz. Gibt's genug von. Eher so Richtung Independent. Kein Problem eigentlich, müsste man meinen, hat doch die Muse, während sie anderer Leute Stirne küssen mag, meiner Wenigkeit mit viel Nachdruck ins Hirn geschissen. Und davon kann ich noch lange zehren. Uh.
Ist der Bestseller dann erst mal erschienen, sind die öffentlichen Lesungen vorbei, Fototermine gemacht, die Kontoauszüge vergoldet und gerahmt und und und, nun, dann kann ich endlich beginnen, das Schriftstellerleben zu führen, das ich bisher nicht hatte: Mit Bart und langem Haar (sofern noch vorhanden, falls nicht, dann aufgeklebt), bekleidet nur mit wallenden Gewändern, schlurfe ich jesusgleich durch mein endlos verwinkeltes Haus, immer auf der Suche nach der nächsten Kaffeemaschine oder dem Rückenkratzer. Und während ich mir das bittere Koffeingebräu myriadenfach in den Hals schütte, um dem wohligen Atem auf Lange Sicht den Gar aus zu machen, lasse ich alle Krisen dieser Welt unbeachtet an mir vorbeiziehen. Draußen marodiert der Pöbel gegen die konservative Obrigkeit? Oha, wo war gleich meine Kaffeetasse hin? Das norkoreanische Wirtschaftskonglomerat unterjocht den Welthandel? So so, hatte ich jetzt eigentlich Klopapier gekauft oder nicht? Und warum sind meine Füße so schmutzig?
Endlich kann ich die Welt mit dem Anstandsmaß an Ignoranz ehren, das sie verdient hat. Denn wenn ich von der marmornen Denkerhalle meiner abgelegenen Villa aus durch das kunstvoll verzierte Panoramafenster schaue und besinnlich die aufwendig angelegten Hängegärten auf meinem rückseitig angelegten Grundstück beäuge, während die Stones aus den Bose-Lautsprechern meine Erfolgstaten besingen, werde ich aufgehört haben, mich um das Weltgeschehen zu kümmern und mir so den Verstand zu zermatern. Und brauche ich eine Ablenkung von all der paradiesischen Entspannung, so ziehe ich mich einfach in eines meiner himmlischen Schlafzimmer zurück, die stets mit einer gemischten Auswahl, wunderbarer, brünetter und blonder Damen besetzt sind. Derweil lasse ich die Welt natürlich auf die geschriebene Forsetzung meines Rekordwälzers warten.
So weit, so gut. Jetzt fehlt mir nur die Idee für meinen Bestseller-Roman. Jemand 'ne Idee? Der Lohn wäre, uh, eine lebenslang garantierte Festanstellung in meinem Angestelltenkader.