Bei gewissen Geschäften im näheren Umkreis meiner Wohnung frage ich mich immer öfter, ob Unwissenheit sowie Begriffsstutzigkeit wohl zu den Einstellungskriterien gehören.
Da mein geliebter MP3-Player nach drei treuen Jahren den Dienst von heute auf morgen quittierte, hatte ich heute Vormittag spontan beschlossen, einen Nachfolger zu besorgen. Gedacht, getan - schließlich führte mein Heimweg sowieso grob am richtigen Geschäft vorbei.
...
Hätte ich mal lieber gleich im Internet bestellt.
Nach längerer vergeblicher Suche auf den zwei Etagen des Ladens, wollte ich das Vorhaben schon als gescheitert abhaken. Aber erstens bin ich nun mal eine Frau und zweitens prangte an den roten Regalen aller paar Meter die weiß-leuchtende Aufschrift "Fragen statt lange suchen!", also dachte ich "Frag ich halt einfach mal nach".
... Die zweite Fehlentscheidung des Tages.
Der ziemlich große, in leuchtendes Rot gekleidete Angestellte fuhr sich träge mit der Hand durch das gegelte, an den Spitzen wasserstoffblondierte Haar und bedachte mich mit einem Blick, als wäre er soeben aus der dunkelsten Ecke des Universums gekrochen. "So müssen Bären aussehen, wenn sie aus dem Winterschlaf erwachen", dachte ich mir. Nur dass man recht selten wasserstoffblonde Bären antrifft. Besser so. Für die Bären.
"MP-was?", nuschelte die Stimme des Mitarbeiters hinter dem Tresen hervor.
"MP3-Player", wiederholte ich meine Antwort auf die Frage, was ich denn suchte.
"Was für'n Ding?"
"MP3-Player!" (Rede ich sächsisch oder was?!)
"...?" Schweigen. Und Augen, die bald aus dem ihnen angestammten Gesicht fielen.
"MP3-Player ... die kleinen Dinger mit Kopfhörern dran, zum Musikhören für unterwegs?"
Plötzlich strahlte der Raum ein kleines bisschen heller, als die kleine Glühbirne über seinem Kopf zu leuchten begann. Vermutlich eine dieser neuen Energiesparlampen. Die brauchen ja immer etwas länger, ehe sie hell werden.
"Ach! Sie meinen iPods!"
... Nein, meinte ich nicht. Aber ich ließ ihn in dem Glauben, um die Sache nicht unnötig zu verkomplizieren, und so erklärte er mir den Weg. Immerhin, das konnte er. Ist doch auch schon was.
Am betreffenden Regal - das heißt, an den zwei mickrigen Regalmeterchen - angekommen, wusste ich dann auch, warum der gute Mann mich nicht verstanden hatte. Es türmten sich Berge von iPods und Möchtegern-iPods, in allen erdenklichen Farben und vor allem mit ziemlich utopischen Preisen auf den nebenstehenden Schildchen. In der Annahme, dass sich auf der anderen Seite des Regals sicher noch mehr Geräte befinden würden, lief ich einmal um das Regal herum ... Nein. Eine Stereoanlage wollte ich nun wirklich nicht.
So langsam schlich sich die Erkenntnis ein, dass ich mit der dürftigen Auswahl an Geräten vorlieb würde nehmen müssen. "Okay", dachte ich, "bin ja nicht wählerisch".
Nein, wählerisch bin ich tatsächlich nicht, aber dezent konservativ veranlagt in technischen Dingen und als Student chronisch knapp bei Kasse. Letzteres ließ gut zwei Drittel der verfügbaren Geräte wegfallen. Und meine sonstigen Kriterien dann so ziemlich den gesamten Rest. Somit beschränkte sich die Auswahl noch auf ganze zwei Geräte. - Simple MP3-Player ohne Schnickschnack, dafür mit Display und wechselbaren Batterien scheinen nicht mehr in zu sein. Wieder was gelernt.
Und so traf ich schließlich die dritte Fehlentscheidung dieses Tages. Dabei hatte ich mich zunächst gefreut, dass sich das gleiche Modell in der Auslage befand, das ich zuletzt besessen hatte und das meinen Ansprüchen bestens genügte. Allerdings mit halb so viel Speicherplatz und doppeltem Preis. Und außerdem auch wirklich nur in der Auslage, denn zum Mitnehmen stand kein verpacktes Gerät bereit und der nette Herr Mitarbeiter war plötzlich wie vom Erdboden verschluckt.
Damit hatte sich meine Auswahl auf das letzte Gerät dezimiert. "Gut", dachte ich, denn ich bin von Natur aus unentschlossen. Außerdem war das Modell auch noch fünf Euro günstiger und in der Auslage sahen sie sich zumindest recht ähnlich. So viel konnte man da ja wohl nicht falsch machen.
... Dachte ich.
Zu Hause angekommen, öffnete ich die (nicht verschweiste) Schachtel und zum Vorschein kam ein Monstrum, das meinen alten Player um einen Zentimeter überragte - in Länge UND Breite. Jeweils. In die Hosentasche stecken würde sich damit also schon mal schwierig gestalten.
Aber nicht nur das, denn das Ding weigert sich seitdem auch beharrlich, mit meinem Laptop zu kommunizieren. Und das, wo doch groß und rot auf der Verpackung steht "Ohne zusätzliche Treiber an jedem Computer anschließbar". So viel dazu.
Also werde ich demnächst noch einmal in dem Laden vorbeischauen. - Um das Ding wieder abzugeben. Hoffentlich steht dann der nette Herr wieder hinter dem Tresen, denn dann könnte ich ihm wenigstens zeigen, was ein MP3-Player ist und die ganze Sache hätte zumindest irgendetwas gebracht.