Erinnerungen
Ein kalter Novembertag. Ich sehe die Blätter von den Bäumen fallen. Zum ersten Mal seit langem gehe ich wieder durch diese Straßen. Ich habe dich fast vergessen, doch jetzt hier in diesen Straßen sehe ich die Geister der alten Zeit.
Da hinten in dem Gasthaus, ja genau in dem mit dem alten kaputten Schild, da haben wir gegessen. Es war Abend, eigentlich schon viel zu spät um zu essen, doch uns war das egal. Wir haben ganz hinten an dem Tisch in der Ecke gesessen und du hast mir von deiner Mutter erzählt. Ich weiß noch genau wie wir gelacht
haben. Du saßt da in deinem blauen Hemd, das einzige das du besessen hast und ich gegenüber in meinem roten Sommerkleid, das schöne mit den weißen Punkten und der Schleife hinten.
Nach dem Essen sind wir durch die Straßen spaziert und an dem Baum rechts von mir, die große alte Buche, da hast du mich geküsst. Mich einfach gegen den Stamm gedrückt und mich geküsst, es war ein zärtlicher vorsichtiger Kuss, unser erster. Ich hab schon lange nicht mehr an ihn gedacht, aber wenn ich diesen Baum so ansehe kann ich uns da stehen sehen.
Ich gehe weiter, in den großen Park. Hier haben wir uns immer getroffen. Manchmal
hattest du deine Gitarre mit, dann hast du mir etwas vorgespielt. Ich hab dann später meinen Kopf in deinen Schoß gelegt und wir haben Stunden lang nur geredet. Ich erinnere mich an dein Lächeln, wie du immer gelächelt hast wenn wir so dagelegen haben. Ich muss grinsen, es sind schöne Erinnerungen.
Ich gehe immer weiter jetzt komme ich an dem kleinen Pavillon vorbei. Das Lächeln verschwindet und ich merke wie mir Tränen in die Augen steigen. Da stehst du und hältst meine Hand. Wieder hast du das blaue Hemd an, doch wir lachen nicht. Beide haben wir Tränen in den Augen und ich erinnere mich an deine Worte. "Ich
liebe dich mein Herz." Mein Herz, so hast du mich immer genannt, aber diesmal klang es komisch, nicht wie sonst es war schwerer, irgendwie traurig. Ich wusste, du musst gehen und wirklich du gingst. Ein letzter Kuss, nicht so wie der erste, er war anders, nicht so leicht und zärtlich. Ich wollte dich festhalten, umklammerte deine Hand, aber du hast dich losgerissen. Lange Zeit habe ich dagestanden und dir nachgesehen, weinen konnte ich nicht. Ob du geweint hast? Ich weiß es nicht. Ich stand da, alleine und verlassen. Mir war klar ich würde dich niemals wieder sehen und wirklich ich habe dich niemals wieder zu Gesicht bekommen.
Ich wische mir die Tränen weg und gehe weiter. Raus aus dem Park, an der Straße biege ich links ab und stehe vor einem alten Haus. Ich steige die Stiegen hoch und setze ein Lächeln auf. Aus meiner Tasche hole ich die Schlüssel und sperre die große weiße Türe auf. Das Lachen von Kindern ist zu hören und ich rufe: "Hallo da bin ich wieder." Mein Mann kommt auf mich zu, küsst mich flüchtig und fragt wie mein Tag war. Ich nicke nur und sage, "Wie immer Schatz." Kurz sehe ich dein Gesicht vor mir, denke aber nicht weiter darüber nach.
>