PArt 4 Der Turm
So there are those,
Who still care
Gathered in this square
Can they still dare
To question this unique flair?
A garden of wealth
Between towers of light
They still can turn
Let’s let them learn
Als Falk den Light-Tower erreichte bot sich ihm ein
ungewöhnliches Bild.
Der Turm aus Glas und Stahl ragte mehrere hundert Meter
in die Luft über der Himmelsplattform.
Insgesamt nahm der Bau leicht die Fläche eines
Fußballfeldes ein und die verspiegelten
Fenster zogen sich schier endlos in
einer Spirale in die Höhe.
Auf der Oberseite der Himmepsplattform merkte man kaum,
dass man sich hoch über dem Erdboden befand. Breite Straßen und Baumallen
teilten die links und rechts aufragenden Wolkenkratzer und Bürobauten in
konzentrische Muster. An den Außenseiten der Plattform befanden sich großzügig
angelegte Gärten und Wasserspiele und dazwischen auch immer wieder die ein oder
andere versteckt liegende Villa.
Falk achtete kaum darauf, während er auf das Gebäude im Zentrum der Plattform
zuging.
Der Eingang wurde von mehreren Polizisten bewacht, die
einen Weg zwischen zwei Gruppen von Demonstranten frei hielten.
Mehrere Wagen mit Wasserwerfern und tragbare Barrieren
waren um den Eingangsbereich und in
einem Pfad weg vom Turm aufgebaut worden.
Mit einer der beiden Demonstranten-Gruppen hatte er ja
gerechnet, dachte Falk, darauf bedacht nicht näher zu gehen, bis sich die
Situation etwas beruhigte. Aber die anderen…
Die Church würde auftauchen, das war ziemlich
klar
gewesen. Er konnte die Männer und Frauen, natürlich alles Menschen, praktisch
riechen, währen die Transparente mit dem Wolkenkreuz nicht genug gewesen.
Die Krisen des mittleren und beginnenden 21 Jahrhunderts
hatten vor allem der Religion wieder einen neuen Aufschwung gegeben und während
die meisten Kirchen ihren zwar konservativen aber halbwegs toleranten Kurs beibehielten,
bildeten sich schnell dutzende neue
radikale Splittergruppen. Die am
schnellsten wachsende Gruppierung dieser Art war die Kirche der Restauration
oder einfach nur Church, die vor allem aus den vielen Anti-EV Liegen
Unterstützung bekam, so zum Beispiel von der Partei Human Purity, einer
Organisation, die sich zuerst in dem was
von Amerika noch übrig war formiert hatte, als der Einsatz von EVs langsam
normal wurde.
Religiös-Ideologische Idioten. Anders konnte Falk sie nicht nennen. Aber
sie
hatten Zulauf… und waren wohl Stadtkanzler Kian Featherstone treueste Wähler.
Soweit Falk wusste, war die ganze Bewegung von einer Frau
namens Amelia Khanna, vor etwa 15 Jahren gegründet worden.
Er hatte sie nur ein paar Mal in verschiedenen Berichten
und Nachrichtensendungen gesehen.
Eine Frau Ende dreißig, mit dunklen Haaren und leicht
gebräunter Haut und einer Arroganz, die ihn wohl auch sofort auf die Nerven
gegangen wäre, selbst wenn sie nicht dafür einsetzen würde, das man ihn und
jeden seiner Art zu rechtlosen Arbeitern
machte.
Obwohl Evs in anderen Gegenden der Erde nicht so häufig waren wie hier gab es überall die gleichen Reaktionen.
In manchen Fällen wurden sie direkt ganz von
der
Gesellschaft ausgeschlossen.
Sie arbeiteten einfach, außerhalb der eigentlichen Städte
und bekamen die Bevölkerung nie zu Gesicht.
Einer der Hauptgründe, aus denen Vektor-City in diesem Fall eine Sonderstellung einnahm , waren die Vertretungen
von Future Dynamics , die das Patent auf direkte genetische Eingriffe mit
Fremd-DNA nach wie vor innehielt und
einem guten duzend anderer Firmen, die
sich auf andere Bereiche des Gen-Design
oder fortschrittlicher Human-Biologie wie beispielsweise das Klonen von Organen aus
Stammzellen spezialisiert hatten. Es gehörte hier einfach zum Arbeitsalltag.
Und doch herrschte selbst hier eine
Abneigung gegen EVs, die man nicht Ignorieren konnte. Theoretisch
besaßen sie zwar einige Rechte, aber die meisten kümmerte das wenig. Offiziell
galten sie noch nicht als Menschen.
Die Verträge heute sollten ein und für
allemal gleiche Rechte
schaffen. Zumindest für das Gebiet von Vektor. Wahlrecht,
Menschenrecht, gleiche Lohnbedingungen. Arbeitsrecht.
Es wäre nur ein Stück Papier.
Und doch ein wichtiger Schritt, auch wenn Falk sich keine
Hoffnungen machte, dass eine eventuelle Verordnung schnell durchgesetzt werden
würde.
Es war aber besser
als nichts, dachte er, während sein Blick zur zweiten Demonstranten-Gruppe
wanderte.
Er hatte nicht wirklich damit gerechnet, das sie jemand
Verteidigen würde. Und doch hatten sich gut hundert, zweihundert Menschen, keine EVs, Menschen, zusammengefunden,
die versuchten die Churchler zu
übertönen.
Dann flog irgendwo ein Stein. Falk
konnte später nicht sagen, wer angefangen
hatte, während er das Ganze noch aus sicherer Entfernung beobachtete. Es war
wohl auch egal, dachte er.
Der Effekt wäre derselbe gewesen.
Innerhalb von Sekunden veränderte sich die Atmosphäre.
Was eben noch eine halbwegs friedliche, wenn auch gespannte Situation gewesen
war, wurde plötzlich ernst.
De Stein folgte, ein zweiter, dann plötzlich ein
brennender Feuerwerkskörper, der das ausbrechende Chaos endgültig perfekt
machte. Der erste Demonstrant versuchte über die Polizeiabsperrung zu klettern
und bekam die volle Wucht einer Taser-Pistole
zu spüren, als er die wiederholte Warnung eines Polizeibeamten
ignorierte.
Die Sicherheitskräfte versuchten, ihre Position zwischen
den zwei aufgebrachten Gruppen zu
behaupten.
Als die Situation allerdings endgültig zu eskalieren
drohte, verloren die Beamten die Nerven.
,, Alle zurück. Ok. Treibt sie auseinander.“ , konnte
Falk einen der Männer bei den Wasserwerfern in ein Megafon rufen hören.
Für die nächsten Augenblicken verschwand der Platz um
den
Tower in Wasserdampf und rennenden Menschen, die aus den Schwaden auftauchten.
Hoch über den Straßen und den Demonstranten stand Doktor
Isaac Sterling an einem Fenster des Light Towers und sah über das Chaos unter
ihm hinweg über die Stadt. Es waren noch einige Stunden, bis die letzte
Debatte
und schließlich, hoffentlich, endlich, die Unterzeichnung der Verträge stattfinden würde.
Stadtkanzler Featherstone und Amelia Khanna würden da
sein. Zwei mächtige Gegner, in der Tat. Aber ich werde sicher nicht weglaufen,
dachte Sterling
Die grauen Haare hatte er sich glatt nach hinten gekämmt
und den Laborkittel, den er meist trug gegen einen schlichten dunklen
Anzug
getauscht. Keine Krawatte.
Ich bin nicht zu einem Höflichkeitsbesuch hier, hatte er
erklärt, als man ihm auf die Etikette hatte hinweisen wollen.
Nein… Etikette war etwas für alte Männer ohne Ziele, die
stundenlos sinnfrei debattieren wollten.
Und doch konnte er einen gewissen Anflug von
Müdigkeit
nicht unterdrücken, als er zusah, wie die Demonstranten sich zerstreuten.
War das die Welt, die er hatte erschaffen wollen? Nein…
Es war auch nicht die Welt, die er gebaut hatte.
Etwas zog seine Aufmerksamkeit auf den nun verlassenen
Platz vor dem Turm zurück.
Unten ging eine einzelne Gestalt auf den
Turm zu.
Seltsam, dass jemand so früh kam. Selbst die Presse würde
wohl noch eine halbe Stunde auf sich
warten lassen. Sterling wendete sich vom Fenster ab und
machte sich auf den Weg hinunter ins Foyer. Irgendetwas an dem Mann kam ihm
seltsam vor.