Beschreibung
Dies ist die Publikation der Geschichte eines lieben freundes, der jedoch der Menschheit später vollkommen entrückte.
Einführung
Diese Aufzeichnungen entstammen dem Nachlass eines Mannes, welchen ich einst gut kannte, doch der später ganz den Kontakt zu mir und der Welt verlor. Aber gerade die erschütternden Dinge, die ich fand sind es wert publiziert zu werden, weil vieles in Dunkeln geblieben war bis zu jenem Zeitpunkt. Ich will nur sagen, dass es mein guter Freund aus Kindertagen, Elias Gotthard war, dessen trauriges Schicksal ich hier niederschreibe oder sagen wir, dessen Niedergang ich beschreiben muss mit trauriger Feder.
Wir durchliefen eine gemeinesame Schullaufbahn bis zum Abschluss am Gymnasium. Danach machte sich mein freund, es war der Wunsch der Eltern, nach Liverpool auf um dort bei einem berühmten Fernkaufmann zu lernen. Und er machte sich nicht schlecht, wurde als junger Mensch schließlich in die Vereinigten Staaten ausgesandt um dort der Company eine stattliche Zweigstelle zu schaffen.
Elias hielt Korrespondenz mit mir, sehr lange. Und ich erfuhr von seiner Hochzeit aber danach brach der Kontakt ab. Und so begab ich mich, der als Landvermesser arbeitete, ebenfalls in die Staaten auf, ein großes Unternehmen wollte dort Land kaufen, ich sollte vermessen. Ich verband die Arbeit damit, dass ich ihm einen Besuch abstattete und erfuhr nur noch von dem Schicksal, was ihn ereilt hatte. Doch genug davon, nun die Geschichte selbst aus seinen privaten Aufzeichnungen.
10. August 1887
Mit jedem Tag bin ich mir gewisser, dass Angela mich hintergeht. Sie hat Engelsaugen und einen göttlichen Körper und ist da die Reinheit selbst. Doch glaube ich zu wissen, dass da etwas Dunkles in ihr schlummert, das der satanische Ehebruch bereits in ihrem Kopf schwingt. Die Männer vergöttern sie und beneiden mich um sie. Doch glaube ich kaum, dass sie dem Werben noch lange wird standhalten können. Ja, Joseph, einem nicht wenig einflussreichen jungen Bankier glaube ich gab sie mehr als nur einen flüchtigen Blick, ich werde es weiterhin verfolgen.
12. August 1887
Einen Kredit haben wir aufzunehmen, da wir uns ein kleines Gartengrundstück anbauen wollen, die Preise sind in den letzten Jahren rapid gestiegen, weshalb wir nicht länger zögern wollten. Und welche Filiale, welche Bank sucht sich mein liebes Weib? Die von Joseph, beraten von ihm kommt sie freudestrahlend heim, mit so guten Konditionen, wie ich sie mein Lebtag nicht gesehen habe. Da steckt mehr dahinter. Ich will nicht wissen wie und wo sie die Geschäfte besprachen, oder ob sie nur, sich wild windend, seinen Namen schrie. Ich beobachte weiterhin.
17. August 1887
Joseph hat uns eingeladen zu einem Bankett, welches er gibt. Die Geschäfte liefen gut und das soll mit allen geteilt werden. Angela hat sich ein neues Kleid gekauft. Dabei hat sie selbst schon genug gute Kleider einst von ihrer italienischen Familie erhalten, welche allesamt Modeschneider sind, soweit ich sie kennen lernen durfte. Es ist dünn, seiden, schmeichelt ihrer göttlichen Figur und lässt sie wie eine Statue aus vergangenen Tagen, einer Göttin gleich, aussehen. Ich frage mich für wen sie dies aufträgt
23. August 1887
Ging mit ihr diesen Abend ins Theater. Sie trug eines ihrer anderen Kleider, nicht das Neueste. Ich wollte, dass sie es trägt und sie verneinte es geschickt, sie wolle es erst tragen, wenn alle dabei wären, wenn die ganze Gemeinde ihrer Schönheit könne huldigen. Eitel ist sie, meine italienische Donna, doch glaube ich kaum, dass sie die Gemeinde verzücken will, es soll nur Joseph sein, da bin ich mir sicher.
31. August 1887
Ein wunderschöner Herbstabend war es an dem jenes Bankett wurde veranstaltet. Und wahrlich, Angela wurde von allen Männern vergöttert und den Damen verwünscht. Doch besonders angetan zeigte sich Joseph, der gar mit ihr tanzen durfte. Es waren seine Blicke, die sie wild begehrte und ihre scheuen Engelsaugen, die ihm mehr versprachen als sein durfte. Immer mehr fügt es sich, ja immer sicherer bin ich mir dessen, was ich eigentlich weiß mir aber noch nicht ganz eingestehe.
12. September 1887
Joseph kam heute zu uns. Er sprach viel über den Kredit, er wollte sich ein wenig erkundigen, er tut dies immer, das versicherten mir in der Tat auch Andere. Aber wie er sie anblickte, wie sie zurückblickte, da ist Vertrautheit im Blick, den hat man nicht so. ich glaube gar, dass Angela mich nicht mehr ansieht um ihr verräterisches Glimmen zu verbergen. Ja, ich bin immer mehr entschlossen endlich zu handeln. Lange kaufte ich mir keine Waffe, da ich es nicht für nötig hielt aber jetzt werde ich es endlich tun.
14. September 1887
Angela liebte mich in der letzten Nacht so zärtlich wie lange nicht. Ich glaube sie hat Lunte gerochen, sie weiß von meinem Vorhaben und versucht zu verhindern, was wohl kaum noch aufschiebbar ist, doch werde ich von meinem Vorsatz nicht abrücken, wenn mir die Tatsachen offenbart werden. Dann werden die Engelsaugen nicht mehr zu mir sprechen können und mich täuschen.
15. September 1887
Geld hat sie von der Bank abgehoben und wo? Die Frage erübrigt sich wohl. Ja, sie hat ihn wieder gesehen. Natürlich brauchten wir es, aber wieder bei ihm! Und dieses Lächeln, als sie mir entgegen tritt, sie habe das Geld geholt. Was hat sie noch getan? Ich will es nicht wissen und es war mir egal, weil ich wusste, diese letzten glücklichen Momente, die sie durchlebt haben mochte waren die Letzten. Ich ging wortlos nach oben, holte das Gewehr aus dem Versteck, kam in die Küche, sie schrie entsetzt, kniete nieder und flehte, weinte. Ich warf ihr die Wahrheit an den Kopf, die sie erschrocken leugnete, es sei alles überhaupt nicht, wie ich es denke und es sei nie etwas geschehen, sie sei nur mir treu. Dabei blickten die traurigen Engelsaugen ein letzes Mal zu mir auf, ich wäre fast weich geworden doch tat ich das Unvermeidliche und mit einem lauten Knall löschte ich jeden Funken Leben aus ihnen. Heimlich begrub ich sie im Garten, ich bin allein aber frei.
20. September 1887
Ich bin allein, niemand umweht mich mit seinem Duft, niemand spricht zärtlich oder aufgeregt zu mir. Es ist einfach nur still. Ein kleines Kreuz liegt nun auf der Stelle wo ich Angela begrub. Sie ist mir nah und doch so fern. Mein Herz bricht mit jeder Sekunde der Trennung, in schwachen Momenten wünsche ich mir sie wieder zurück, wünsche ich, dass ich niemals entdeckt hätte, was sie hinter meinem Rücken treibt. Und immer muss ich nun erklären, wieso sie fern sei. Ich erkläre, sie sei in die Heimat aufgebrochen zu einer längeren Reise. Man glaubt es mir, die Lüge lebt.
10. Oktober 1887
In den letzten Nächten erschien sie mir, ihr Geist umwehte mich und klagte mich schrecklichster Verbrechen an. Sie wehklagte, und verfluchte mich mit brennenden Herzen und tränennassen Augen. Ich habe ihr Unrecht getan, meine Eifersucht hätte mich zu einem Monster gemacht! Nein, es ist nicht wahr, ich bin gerecht, sie hat gefehlt und wurde dafür bestraft. Ich würde elendig zu Grunde gehen prophezeite sie mir, aber ich verneinte, denn ohne sie bin ich endlich frei!
17. Oktober 1887
Joseph kam heute zu uns, weil ich den Kredit habe gekündigt und ihm alles zurückbezahlt. Auch die schon bestellten Arbeiter erhielten ihren Lohn, dafür verkaufte ich ihre Kleider teuer und stehe jetzt finanziell unabhängiger da als zuvor. Er war erschrocken darüber, bestürzt gar. Und da sah ich, dass er meine Geliebte vermisste, dass er so erschrocken darüber war, dass sie fern war. Und so führte ich ihn zu ihr. Er fiel auf die Knie und beweinte ihr Grab. So war auch er endgültig entdeckt und es schien mir nichts günstiger als auch ihn zur Hölle zu schicken. Noch auf dem Grab verblutete er, schnell ward auch er verschachert.
22. Oktober 1887
Jetzt klagt der Geist von Angela noch jämmerlicher, wie ich einen rechtschaffenden Mann töten konnte. Da wurde ich rasend, denn ich hatte einen wilden Teufel, einen Lüstling niedergestreckt und sie hasste mich dafür. Und so ward mir klar, dass die beiden Unzucht hatten getrieben, einen größeren beweis gab es nicht.
Die Polizei war bei mir und wollte wissen ob ich wüsste, wo denn Joseph wäre abgeblieben. Ich log, dass ich es nicht wüsste. Er sei spät abends gegangen, wohin wüsste ich nicht. Und da ihn niemand gesehen hatte und auch der Knall unentdeckt geblieben war konnte man mir nichts beweisen.
27. Oktober 1887
Ein Junge beobachtete mein treiben, er sah mich im Garten, wie ich Joseph vergraben hatte, er gestand es dem Vater, dieser der Polizei. Ich hörte es schnell genug um meine Habe zu packen und zu verschwinden, bevor man mir nachstellen konnte. Ich habe meine Anstellung gekündigt und fliehe nun, obwohl ich kein Unrecht getan habe. Die Welt kennt keine Gerechtigkeit.
31. Oktober 1887
Ich habe erfahren, dass man beide Leichen gefunden hat, dass ich nun gesucht werde. Mord wirft man mir vor. Wieso? Ich verstehe nicht, wie gerechte Tat Unrecht sein soll? Und die Geister quälen jede schlafende Sekunde. Am Tage fliehe ich zu Pferde und des Nachts treiben mich die Geister um, ich schlafe kaum noch um ihnen nicht zu begegnen. Ich bin nur noch ein Schatten meiner Selbst, ohne Anstellung, ohne Ehre. So habe ich beschlossen, da eine Existenz unter diesen Umständen nichtig ist den letzten logischen Schritt zu tun. Ich hoffe, dass die Nachwelt mich richtig beurteilt und nicht wie meine Zeitgenossen.
Letzte Worte
Hier brechen die Aufzeichnungen ab. Mein Freund hatte sich in jener Nacht wieder in sein Haus geschlichen, unentdeckt von allen. Hatte die habe wieder dahin gestellt, wo sie war. Das Haus, ich kann es nur so beschreiben, wie ich es vorfand, war mir, als würden seine Bewohner gleich von einem Spaziergang wiederkommen. Nichts deutete auf die schrecklichen Taten hin, selbst der Garten war wieder in Ordnung gebracht worden. Elias begab sich in jener Nacht in das Schlafzimmer und richtete sich mit der Waffe selbst, mit der er auch schon seine Frau und den Bankier hatte gerichtet. Als ich diese schrecklichen Dinge erfuhr war es mir, dass es alles Lügen sein, doch war es die Wahrheit, dass die rasende Eifersucht meinen geliebten Freund in ein Ungetüm verwandelt hatte, welches vielleicht wirklich den einzigen rechten Weg gewählt hatte, bevor er noch mehr Unschuldige konnte niederstrecken.