Biografien & Erinnerungen
Bücher

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"Bücher"
Veröffentlicht am 02. Juli 2008, 8 Seiten
Kategorie Biografien & Erinnerungen
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Über den Autor:

Es fällt mir nicht leicht, etwas über mich zu schreiben. Also ganz kurz: 52 Jahre alt,glücklich geschieden, Mutter von drei Superkindern, Psychologisch-technische Assistentin - fühle mich viel jünger als ich bin. Noch Fragen, dann fragt ruhig, ich stehe jederzeit Rede und Antwort.
Bücher

Bücher

Bücher üben auf mich eine ganz besondere Anziehungskraft aus. Ich kann mich nicht dagegen wehren. Ich kann beispielsweise keinen Einkaufsbummel machen, ohne auf Bücher zu achten. Auch kann ich nicht auf einen Flohmarkt gehen, ohne bei den Büchern zu stöbern. Immer wieder entdecke ich da Schätze, die mich an meine Kindheit erinnern, Bücher, die ich schon immer haben wollte aber nie bekommen habe. Ich bin aber auch nicht dazu in der Lage, Bücher wegzuwerfen. Es ist, als würde eine unsichtbare Hand meine Hand daran hindern, dieses zu tun. Allerdings muss ich gestehen, dass sich dadurch auch eine Vielzahl diverser Prachtexemplare bei mir angesammelt hat.

Als ich mich von meinem mittlerweile Ex-Mann trennte, habe ich gesagt, dass ich möglichst wenig aus dem Hausstand mitnehmen möchte. Einige Dinge aber lagen mir dermaßen am Herzen, dass ich nicht dazu bereit war, darauf zu verzichten. Dazu gehörten eben auch meine Bücher. Wir hatten viele Freunde, die beim Umzug geholfen haben. Ich packte sämtliche Bücher in Kästen und Kartons und stellte diese bereit. Von unserem Nachbarn, einem Landwirt, bekamen wir einen Trecker samt Anhänger geliehen. Auf diesem Anhänger wurden meine Schätze, sprich all meine Bücher verstaut. Ich hätte es niemals geglaubt, was sich im Laufe der Jahre bei mir angesammelt hat, wenn ich es nicht mit eigenen Augen gesehen hätte: Der Anhänger war voll von Büchern.

Zu meiner Entschuldigung kann ich allerdings anführen, dass wir in meinem damaligen Wohnort in der Nachbarschaft einen Antiquitätenhändler hatten, der auch Haushaltsauflösungen vornahm. So wurden ihm natürlich auch reichlich Bücher angeboten. Nach jeder Haushaltsauflösung sortierte er alle Gegenstände, also auch die Bücher. Gern nutzte ich die Gelegenheit, um ihm meine Hilfe anzubieten. So saßen wir also in seinem kleinen Büro umgeben von Stapeln von Büchern aller Art. Immer wieder kam es vor, dass er mir ein Buch zeigte und mich fragte: „Meinst du, dass sich das gut verkaufen lässt?“ Wenn ich sehr daran interessiert war, versuchte ich, eine harmlose Miene aufzulegen und antwortete überzeugend: „Nein, Harry, das kauft bestimmt keiner.“ „Na gut, “ meinte er dann: „Dann bekommst du es.“ Innerlich strahlte ich in diesen Momenten, äußerlich war ich bemüht, mein Pokerface zu bewahren, was mir ehrlich gesagt oft nicht leicht fiel.

Nach einer solchen Aktion bot mir die damals 12-jährige Stephanie an, mir beim Einräumen der Bücher in meinem „Bücherzimmer“ zu helfen. Nacheinander trugen wir diverse Kartons in diesem Raum. Staunend stand sie vor den Regalen. Ihr fielen dabei fast die Augen aus dem Kopf. „Hast du aber viele Bücher“, sagte sie, wandte sich dann in meine Richtung und strahlte: „Wir haben auch ein Buch.“ Toll, dachte ich, vier Kinder und ein Buch, wahrscheinlich Kamasutra. Nach dem Titel fragte ich aber lieber nicht.

Dieser Raum wurde ehrlich gesagt beim Hausputz oft von mir vernachlässigt, so dass er sich dafür anbot, nicht nur Refugium für Bücher, sondern auch für andere nicht regelmäßig benötigte Gegenstände zu werden. In meinen Bücherregalen herrschte abgesehen von dem Rest des Raumes allerdings absolute Ordnung. Ich hatte alle Romane nach den Autoren alphabetisch geordnet. Der Rest wurde nach Sachgebieten sortiert. Das wussten schon bald auch die Lehrer meiner Kinder. Stand ein bestimmtes Thema an, so kam oft die Frage: „Habt ihr vielleicht entsprechende Bücher Zuhause, dann bringt sie bitte mit.“ Schwerbepackt machte sich dann mein Kind am nächsten Morgen auf den Weg zur Schule. Nachmittags musste ich mir dann anhören: „So viele Bücher zu dem Thema wollten die gar nicht.“

Ab und zu kam es vor, dass ich den Entschluss fasste, in meinem Bücherzimmer für Ordnung zu sorgen. Leider hielten mich meine Bücher immer schon nach kurzer Zeit davon ab, denn schon bald erwischte ich mich dabei, wie ich im Schneidersitz mitten in dem Chaos saß, ein Buch auf dem Schoß und eifrig las. Ich konnte nicht anders. Bücher üben eben eine ganz bestimmte Anziehungskraft auf mich aus. Sie rufen mir ständig zu: „Lies mich.“

Auch bei meinem Auszug aus diesem Haus bekam ich recht bald zu spüren, dass nicht sehr viele Menschen meine Leidenschaft teilten, denn die Wohnung, die wir bezogen, befand sich auf einem alten Resthof, so dass ich meine Bücher auf dem Dachboden zwischenlagern musste. Auf diesen Dachboden führte eine Leiter, die den Transport von Kartons voller Bücher nicht unbedingt vereinfachte. Schon bald stand sämtlichen Helfern der Schweiß auf der Stirn. Karton um Karton wurde weitergereicht und ich hörte hier und da ein Murmeln: „Noch mehr Bücher? Was machst du damit?“ Blöde Frage, was wohl? Sammeln, genauso wie Musikinstrumente, aber darüber beschwerte sich niemand.

Einige Tage nach unserem Auszug erzählte mir mein Sohn, dass sein Vater angerufen hätte, wir sollten dringend noch einmal vorbeikommen, um zu klären, was mit einem antiken Schrank geschehen solle. Also machten wir uns gleich am nächsten Tag auf den Weg. Da standen wir nun vor dem Schrank, an dem ich nicht sonderlich interessiert war. „Verkauf ihn doch und wir teilen das Geld“, murmelte ich. „Gut“, meinte mein mittlerweile Ex-Mann: „Und was ist damit?“ Er öffnete den Schrank. Mein Sohn stöhnte nur: „Bücher.“ Der Schrank war voll davon. Kein Wunder, denn die Regale im Bücherzimmer waren zum Schluss schon völlig überfüllt, also hatte ich nach Möglichkeiten gesucht, den Rest zu verstauen. Dafür hatte nun eben dieser Schrank herhalten müssen.

Seitdem sind nun einige Jahre vergangen. Mittlerweile sammeln meine Kinder ihre eigenen Bücher und verstehen mich immer besser. Vorbei sind die Zeiten, in denen sie versuchten, mich von dem Kauf weiterer Bücher abzuhalten. Sicher, unsere Geschmäcker sind verschieden, aber meine Leseleidenschaft wird mittlerweile geteilt.

Mein Traum ist es allerdings immer noch, irgendwann einmal einen Raum zu haben, in dem ich all meine Leidenschaften vereinen kann. Einen Raum, in dessen Mitte ein großer Bechstein- oder Steinwayflügel steht, in dem ich all meine sonstigen Musikinstrumente unterbringen kann und der keinen Platz an den Wänden freilässt, weil meine Bücher dann endlich ein Zuhause gefunden haben. Ein schöner Traum.

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Hörbuch

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Chrissy55
Es fällt mir nicht leicht, etwas über mich zu schreiben. Also ganz kurz: 52 Jahre alt,glücklich geschieden, Mutter von drei Superkindern, Psychologisch-technische Assistentin - fühle mich viel jünger als ich bin. Noch Fragen, dann fragt ruhig, ich stehe jederzeit Rede und Antwort.

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Chrissy55 Re: Bücher -
Zitat: (Original von PaulG am 03.07.2008 - 20:55 Uhr) Das gefällt mir, kann mir deinen Wunschraum richtig gut vorstellen. Mein Sohn sammelt auch Bücher, muss ihm immer wieder die neuesten fünf Freund Bücher kaufen, das sind mitlerweile auch schon 56 Stück. Mein Musikinstrument hingegen hat an einem kleinen Ort Platz. Es ist meine Sopran Blockflöte, mit der ich oft stundenlang durch Mozartnoten musiziere, bis mich dann meine Frau wieder stoppt, der Lärm wäre nicht auszuhalten ;)

*****
LG, Paul


Erst einmal lieben Dank, Paul.
Was die Musikinstrumente anbelangt, so fing das bei mir vor Jahren an, als ich Mädchen im Alter meiner Tochter Gitarrenunterricht erteilte. In dem Haus, das dann später explodierte, befand sich leider noch mein Schimmel-Klavier, ein weiterer Traum von mir. Heute habe ich mir einige Wünsche, z. B. eine Concertina, erfüllt. Aber Bücher werden wohl meine Leidenschaft bleiben. Ich gebe dir Bescheid, wenn ich meinen Wunschraum irgendwann bekommen sollte oder ich veröffentliche unter meinen Bildern dann ein Bild davon, wenn ich endlich weiß, wie ich da Bilder einstellen kann.
Ich kann nur sagen, dass ich mich sehr gefreut habe, als ich mit meinen Kindern endlich über Bücher diskutieren konnte und sie anfingen, mich zu fragen, ob ich das eine oder andere Buch habe. Wirklich schockiert hat mich allerdings diese Familie aus der Nachbarschaft - vier Kinder und sogar ein Buch, schrecklich.
So, jetzt möchte ich aber erst einmal etwas lesen.
Liebe Grüße
Chrissy
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Chrissy55 Re: Bücher ... -
Zitat: (Original von MarianneK am 03.07.2008 - 12:06 Uhr) Entschuldige, aber als ich angefangen habe zu lesen musste ich herzhaft lachen. Aber nicht über dich, sonder es kam mir irgendwie bekannt vor. Du hast dies so herrlich anschaulich geschrieben.
Meine Leidenschaft für Bücher hat ähnliche Auswirkungen wie bei dir. Habe auch alle meine Kinderbücher aufgehoben z.B.Trotzkopf. Auch hatte ich früher gezielt bei Sperrmüll nach Bücher Ausschau gehalten und die tollsten Bücher gefunden, sehr viele um die Jahrhundertwende herum. Darunter ein Gedichtband von Ludwig Uhland und ein Palästina-Bilder-Testament von 1936 mit einmaligen Bildern aus Palästina und so was schmeißen Menschen weg, was ich nie begreifen kann.

Lieben Gruß Marianne


Danke Marianne, an den Trotzkopf kann ich mich auch noch gut erinnern. Bei manchen Büchern fühle ich mich in meine Kindheit zurückversetzt. Bei mir waren es damals meist die Pucki-Bücher, die meine Cousine mir immer zum Lesen ausborgte, wenn sie uns aus Köln besuchte. Sie bekam zu jedem Geburtstag einen neuen Band. Vielleicht war auch ein wenig Neid von meiner Seite dabei. Aber ich kann auch keine Bücher wegwerfen. Danke für deinen Kommentar und die Sterne. Vielleicht werde ich ja wirklich irgendwann meinen Wunschraum bekommen.
Liebe Grüße Chrissy
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PaulG Bücher - Das gefällt mir, kann mir deinen Wunschraum richtig gut vorstellen. Mein Sohn sammelt auch Bücher, muss ihm immer wieder die neuesten fünf Freund Bücher kaufen, das sind mitlerweile auch schon 56 Stück. Mein Musikinstrument hingegen hat an einem kleinen Ort Platz. Es ist meine Sopran Blockflöte, mit der ich oft stundenlang durch Mozartnoten musiziere, bis mich dann meine Frau wieder stoppt, der Lärm wäre nicht auszuhalten ;)

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LG, Paul
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MarianneK Bücher ... - Entschuldige, aber als ich angefangen habe zu lesen musste ich herzhaft lachen. Aber nicht über dich, sonder es kam mir irgendwie bekannt vor. Du hast dies so herrlich anschaulich geschrieben.
Meine Leidenschaft für Bücher hat ähnliche Auswirkungen wie bei dir. Habe auch alle meine Kinderbücher aufgehoben z.B.Trotzkopf. Auch hatte ich früher gezielt bei Sperrmüll nach Bücher Ausschau gehalten und die tollsten Bücher gefunden, sehr viele um die Jahrhundertwende herum. Darunter ein Gedichtband von Ludwig Uhland und ein Palästina-Bilder-Testament von 1936 mit einmaligen Bildern aus Palästina und so was schmeißen Menschen weg, was ich nie begreifen kann.

Lieben Gruß Marianne
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