Gedichte
Er schlägt dich doch nicht

Gewalt, so meint man allgemein,

das können doch nur Schläge sein,

auch Schubsen, Ohrfeigen und Tritte,

am liebsten in des Bauches Mitte.

Eben so, dass man es nicht sehen kann,

so schlägt er, der brutale Ehemann.

Doch ich denk, psychische Gewalt,

die macht die Frau im Herzen kalt.

Worte, die dich schwer verletzen,

andere Menschen mit aufzuhetzen,

immer wieder erzählen, sie ist schlecht.

Das ist es, was das Herz zerbricht.

Abfällig auf dich niederschauen,

wird kein Selbstbewusstsein aufbauen.

Mit der Zeit fühlst du dich klein,

fühlst dich verlassen und allein.

Du glaubst bald selbst das was er sagt.

Gar nichts mehr wird hinterfragt.

Du bemühst dich gut zu sein

und bleibst dabei doch immer klein.

Du kriechst herum auf allen Vieren.

Ich dachte mal: Das kann dir nie passieren.

Doch geht es langsam, Schritt für Schritt.

Zuerst kriegst du das gar nicht mit.

Dann, irgendwann, ist es zu spät,

dann merkst du, dass kein Tag vergeht,

an dem er dich nicht niedermacht,

an dem er nicht über dich lacht.

Das tut so weh, du bist so klein

und fühlst dich unendlich allein.

„Freunde“, sagt er: „Du doch nicht,

wie denn auch mit dem Gesicht.“

Gar nichts konnte ich recht machen.

Täglich kamen neue Sachen.

Den Kopf gesenkt, so ging ich durch die Welt,

damit mir niemand Fragen stellt.

Es war ein Loch, ein tiefes Loch.

Vielleicht wäre ich darin heute noch,

hätte ich es nicht geschafft

und mich endlich aufgerafft,

neue Freunde mir gesucht,

ihn tagtäglich mehr verflucht.

Liebe schlug in Hass nun um.

Nein, mein Lieber, ich bin nicht dumm,

nein, mein Lieber, ich bin nicht klein,

ich kann ganz gut ohne dich sein.

Nun fing er zu betteln an,

er hätte es nur unbewusst getan,

er sagte nun, es tät ihm leid:

„Gebe mir einfach etwas Zeit,

ich kann mich ändern, du wirst sehen.“

Aber es war zuviel geschehen.

Ich packte die Sachen, nahm die Kinder.

Ohne ihn zu leben war gesünder

für mich und natürlich auch für sie.

Diesen Schritt bereut, das hab ich nie.

„Er schlägt dich nicht“, hab ich gehört.

„Was ist es denn, was dich so stört?“

Das könnt ihr alle nicht nachvollziehen,

das kann nur der richtig verstehen,

der psychische Gewalt in dieser Form,

tagtäglich neu und ganz enorm,

der dieses selbst erfahren hat.

Zum Ende hatte ich es so satt.

Ich konnte und wollte ihn nicht mehr sehen.

Das Klügste war für mich zu gehen.

Nach Jahren jetzt im Nachhinein

denke ich, vielleicht musste das so sein,

denn die Zeit hat mich stark gemacht.

Heute gebe ich darauf Acht,

wem ich jetzt mein Herz ausschütte.

Niemand tritt mich in die Mitte,

dorthin, wo mein Herz fest sitzt,

niemand mehr, der mich verletzt.

Eher bleibe ich allein

und versuche, stark zu sein.