Als ich jung war, unbedarft und unverheiratet, lang, lang ist es her, gab es auch schon Mantas. Wir fuhren ein ganz besonderes Exemplar. Dieser Wagen war ausgestattet mit einer riesigen Anzahl an Scheinwerfern. Ich weiß nicht mehr genau, wie viele es waren, aber mehr als erlaubt waren es schon. Außerdem befand sich in diesem Fahrzeug ein CB-Funkgerät. Es verfügte über extrabreite Reifen. Nur an den berühmten Fuchsschwanz kann ich mich nicht so recht erinnern. Äußerlich bot diese Karre also eine ganze Menge. Wir waren jung und mussten sparen. Mein damaliger Partner war gelernter Kfz-Mechaniker. Deshalb wundert es mich im Nachhinein schon ein wenig, dass äußerlich für dieses Auto allerhand getan wurde, es aber eher schlecht als recht lief. Ich will damit sagen: Diese Karre hatte viele Macken.
Von einer davon werde ich nun erzählen. Ich hatte mich mit der Exfreundin meines damaligen Lebensabschnittsgefährten angefreundet, einer Wasserstoffblondine, wie sollte es auch anders sein, denn auch die gab es damals schon. An einem schönen Sommertag beschlossen wir, nach St. Peter-Ording an den Strand zu fahren. Das ist nicht sehr weit von uns entfernt, ca. eine halbe Stunde Fahrt. Dort war es auch erlaubt, direkt am Strand zu parken. Wir Einheimischen, die sich mit Ebbe und Flut auskannten, bevor sie an den Strand fuhren, den Tidekalender studierten und somit wussten, wie dicht sie ans Wasser fahren dürften, ohne Gefahr zu laufen, später ihr Fahrzeug in der Nordsee wieder zu finden, hatten den Touristen gegenüber einen Heimvorteil. Schon als Kind konnte ich mich köstlich darüber amüsieren, die Leute dabei zu beobachten, wie sie ihre Autos in letzter Minute vor den Fluten zu retten versuchten, bevor die Flut den Fahrgastraum erreicht hatte.
Wir parkten also in Strandnähe, aber weit genug weg, um dieses Risiko zu vermeiden. Dann schulterten wir unsere Badesachen, Verpflegung, Handtücher, Isomatte, Sonnenmilch und was man am Strand alles so braucht und machten uns auf den Weg.
Endlich hatten wir ein schönes Plätzchen gefunden. Wir richteten uns gemütlich ein, cremten uns gewissenhaft gegenseitig den Rücken und waren dann einhellig der Meinung, jetzt wäre endlich Zeit für eine schöne Zigarette. „Hast du die mitgenommen?“ fragte Angelika. „Nein, antwortete ich: „Ich dachte du hast. Nagut, losen wir, wer zurückgehen muss, um die Zigaretten zu holen.“
Angelika verlor, also musste sie sich auf den Weg machen. Ich kramte den Autoschlüssel raus, hielt ihn ihr entgegen und erklärte: „Eins musst du wissen, Angelika: Das Auto hat eine Macke. Und zwar musst du die Fahrertür aufschließen, einsteigen, die Tür von innen abschließen und zur Beifahrerseite aussteigen. Diese kannst du nämlich im Gegensatz zur Fahrerseite von außen abschließen. Dann gehst du ums Auto rum und probierst von außen noch einmal, ob die Fahrertür auch tatsächlich abgeschlossen ist.“
Angelika nickte und zog von dannen. Nach mir endlos lang erscheinender Zeit – ich hatte natürlich einen Schmachter – stand sie mit hochrotem Kopf, aber den ersehnen Zigaretten vor mir. „Was war los?“ fragte ich unschuldig: „Wieso hat das so lange gedauert?“ Sie zischte förmlich: „Euer Sch…. Auto: dreimal bin ich da durchgekrochen, bis es endlich abgeschlossen war. Die Leute haben schon ganz komisch geguckt.“
Das glaube ich ihr gerne, denn auch ich kann heute noch darüber lachen. Ein aufgemotzter Manta im Jahre 1976, dazu eine wasserstoffblonde stark geschminkte Frau, die dreimal durch das Auto kriecht, sprich Fahrerseite aufschließt, einsteigt, zur Beifahrerseite aussteigt, um das Auto herumgeht, die Fahrerseite ganz offensichtlich wieder von außen öffnet, um das Ganze noch einmal zu wiederholen. Was mögen die wohl gedacht haben?
Ich nahm ihr die Zigaretten aus der Hand mit eng zusammengekniffen Lippen, um nicht laut loszulachen, drehte mich von ihr weg und nahm einen tiefen Zug.
Mantas und Blondinen haben ab und zu etwas Unheimliches an sich. Dies ist übrigens wieder eine Geschichte, die das Leben schrieb, denn so etwas muss man erlebt haben, das kann man sich nicht ausdenken.