Als ich noch ein junges Mädchen war, gab es sie noch, die Kettenkarussells. Ich meine die, bei denen Sitze an langen Ketten befestigt waren. Diese Sitze wurden allein durch die Fliehkraft nach außen gedrückt, so dass man während der Fahrt in einer gewissen Höhe über dem Boden schwebte. Karussells dieser Art habe ich leider schon seit längerem nicht mehr gesehen. Trotzdem hoffe ich, dass sich der Leser dieser Geschichte etwas darunter vorstellen kann.
Als ich ein junges Mädchen war, gab es nämlich auch noch die Volksfeste in relativ kleinen Orten, wo alle Bewohner dieses Ortes einmal im Jahr zusammentrafen, zusammen feierten, auf einen Vogel schossen, aßen, tranken und einfach nur Spaß hatten.
In meiner Geschichte gibt es jetzt wegen des Kettenkarussells und wegen eines Freundes von uns leider nicht für alle Besucher dieses Volksfestes so viel Spaß und das kam so:
Anlässlich dieses Festes wurden auf einer bestimmten Wiese ein großes Bierzelt, mehrere Buden, selbstverständlich auch die Imbissbude, die Fischbrötchenbude, die für Süßigkeiten, ein Kinderkarussell und eben das besagte Kettenkarussell aufgebaut.
Auch ein Parkplatz wurde eingerichtet, was ich meiner Tochter an dieser Stelle einmal ganz deutlich sagen möchte, denn die fragte mich doch tatsächlich vor wenigen Jahren ernsthaft: „Mama, als du Kind warst, gab es da etwa schon Autos?“
Wie ich schon erwähnte, war dieses Fest für uns ein wirklich großes Ereignis. Also luden wir uns auch Freunde aus Kiel ein, damit diese mit uns den besonderen Charme der Volksfeststimmung genießen konnten.
Wir saßen schon im Zelt, ein Bierchen vor uns, als unsere Freunde ankamen, sich zugleich zu uns gesellten und sich auch ein Bierchen bestellten. Der Zeit entsprechend waren sie mit einem VW-Bus gekommen, wie ihn vielleicht der eine oder andere noch aus der Flower-Power-Zeit in Erinnerung hat.
Fröhlich stießen wir an, als die Durchsage durch die Lautsprecheranlage erschallte: „Der Fahrer des Wagens K-… möge bitte seinen Wagen wegfahren. Der Fahrer des Wagens K-… saß bei uns am Tisch, wischte sich den Bierschaum vom Gesicht und meinte nur: „Jaja, ich trinke mein Bier aus, dann kümmere ich mich um den Wagen.“ Wieder erklang die Durchsage: Der Fahrer des Wagens K-… wird jetzt dringend gebeten, seinen Wagen unverzüglich umzuparken. Unser Freund trank einen weiteren Schluck von seinem Bier und meinte nur: „Naja, wenn die so drängen, dann geh ich eben doch gleich.“
Wir gingen mit und sahen das Malheur, das er angerichtet hatte:
Bei seiner Ankunft hatte er sich nämlich nicht an die extra eingerichteten Parkplätze gehalten, sondern versuchte, möglichst dicht am Zelt zu parken. Das gelang ihm auch. Allerdings hatte er einen äußerst ungünstigen Parkplatz gewählt, zumindest für einige Besucher des Volksfestes. Er hatte nämlich direkt unter dem Kettenkarussell geparkt, das sich gerade in voller Fahrt befand. Auswirkung war nun allerdings, dass das Karussell nicht gestoppt werden konnte, weil dann die Fahrgäste sich am VW-Bus verletzt hätten.
Als wir das Zelt verließen, sahen wir, dass bereits einige Besucher des Festes versuchten, den Bus umzustoßen, um ein Ende der Fahrt des Kettenkarussells zu ermöglichen. Schnell stürmte unser Freund zu seinem Fahrzeug, schon die anderen zur Seite und fuhr seinen Bus auf einen regulären Parkplatz.
Ergebnis war, dass diese Fahrt mit dem Kettenkarussell tatsächlich 20 Minuten gedauert hatte. Einigen war auf diesem Gerät so übel geworden, dass sie …. Naja, ihr wisst schon.
Ich glaube, diese Menschen werden für den Rest ihres Lebens kein Kettenkarussell mehr betreten, was ich auch verstehen kann. Auch unser Freund zog es an diesem Tag vor, sich erst einmal etwas rar zu machen, weil er ansonsten befürchtete, gelyncht zu werden.
Und die Moral von der Geschichte: Wild Parken lohnt nicht wirklich nicht.