Einkaufserlebnis
Wer einkaufen geht, kann hin und wieder etwas erleben. Ich meine richtig einkaufen, nicht am PC sitzen, und via Internet alles, was man braucht bestellen. Ich meine mit mehreren Kindern unterschiedlichen Alters im Schlepptau, die, obwohl man Zuhause gesagt hat: „Geht bitte alle noch einmal auf die Toilette.“ Schon beim Betreten des Supermarktes die Beine zusammenkneifen und flüstern: „Ich muss mal.“
„Warst du nicht erst Zuhause?“
„Da musste ich noch nicht, aber jetzt ganz dringend.
Oft kam ich in Versuchung zu sagen: „Gehen wir wieder raus und schlagen uns in die Büsche. Bei Hunden sagt ja auch keiner was, wenn sie draußen ihr Geschäft machen, also warum dann bei kleinen Kindern.“ Im Nachhinein glaube ich, dass meine Kinder das allerdings nur mit sich machen ließen, solange sie nicht sprechen konnten. Eines ihrer ersten zusammenhängenden Sätze war wahrscheinlich: „Nein, das will ich nicht, ich schäme mich.“
Was macht also eine gute Mutter in diesem Fall? Sie blickt suchend nach einer Verkäuferin. Manchmal hatte ich allerdings das Gefühl, dass die Verkäuferinnen ahnten, was auf sie zukam und schleunigst das Weite suchten. Also zerrte ich das müssende Kind hinter mir her Richtung Kasse – da konnten sie nicht so leicht fliehen. Lieber hielt ich hier den ganzen Betrieb auf, als dass ich meine Kinder leiden sah. In den meisten Fällen klappte das auch und wir wurden zu einer Toilette geführt.
Was ich allerdings auch bis heute nicht verstehe ist, weshalb funktioniert das bei kleinen Kindern, aber nicht bei Schwangeren? Kann sich irgendjemand, der nie schwanger war, vorstellen, wie schnell und intensiv sich während der Schwangerschaft der Druck auf die Blase anzeigen kann? Ich war wirklich froh, als ich schwanger ein kleines Kind an der Hand hatte. Nun drehte ich mitunter den Spieß um und sagte: „Du musst jetzt unbedingt sagen, dass du ganz dringend musst.“ Ab und zu klappte das, ich entschwand mit dem Kind an der Hand auf die angebotene Toilette und verrichtete mein Geschäft.“ Um glaubhaft zu wirken gab ich oftmals im Vorraum beim Waschbecken ganz laut, damit es auch wirklich jeder hören konnte, von mir: „So, und jetzt brav die Hände waschen.“ Schwangere sind einfallsreich, ab und an bleibt ihnen gar nichts anderes übrig.
Doch was ich hier eigentlich erzählen wollte war, wie ich im Supermarkt die Kasse gesprengt habe. Genau genommen habe nicht ich das vollbracht, sondern die Kassiererin. Ich hatte gerade meine Waren bezahlt, ich glaube mit damals einem 50-DM-Schein und bekam den Kassenbeleg in die Hand gedrückt. Beinah gleichzeitig bemerkten die Kassiererin und ich das Schlamassel. Sie hatte als Zahlung nicht 50 DM sondern 50.000 – in Worten fünfzigtausend Deutsche Mark – eingegeben. So erschien auf dem Kassenbeleg also die Wahnsinnssumme von über 25.000 DM. Ich starrte den Kassenbon an, dann die Kassiererin, rieb mir die Augen – damals brauchte ich noch keine Brille – starrte erneut auf den Kassenbon, aber die Summe veränderte sich nicht. Von der Kassiererin kam ein „Ups.“ Ich fragte sie: „Bekomme ich das Geld bar oder überweisen Sie mir das?“ „Nein“, erwiderte sie: „Sie bekommen das gar nicht.“
Schade eigentlich, dachte ich, aber da konnte man wohl wirklich nichts machen. Allerdings gab sie mir den Kassenbon als Andenken mit. In den nächsten Tagen zeigte ich ihn ständig herum, weil mir die Geschichte so vom Erzählen kaum jemand glaubte, aber den schriftlichen Beweis akzeptierten meine Bekannten, Freunde und Verwandten.
Ich habe diesen Bon noch eine ganze Weile aufgehoben. Irgendwann allerdings habe ich nicht mehr an ihn gedacht und heute weiß ich nicht, wo ich ihn gelassen habe. Vielleicht ist er ja mit dem Haus explodiert. Schade eigentlich, ich hätte ihn euch gerne gezeigt.