Swea war im Kindergarten. Sie ist die ganzen Jahre über immer gerne in den Kindergarten gegangen. Obwohl sie klein und zierlich war, war sie auch nie ängstlich. Sie ließ sich, wie man so schön sagt, nicht die Butter vom Brot nehmen.
Eines Tages kam sie vom Kindergarten nach Hause und hatte ein kleines weißes Stoffhäschen im Arm. „Wo hast du das denn her?“ fragte ich sie. „Aus dem Kindergarten.“ Erklärte sie strahlend. „Ach, hat dir das jemand geschenkt?“ „Nicht direkt.“ Nicht direkt klang etwas unheilvoll also wurde meine Stimme etwas strenger: „Hast du es etwa einem anderen Kind weggenommen?“ Denken konnte ich mir das eigentlich nicht, denn so etwas haben meine Kinder wirklich nie getan. Im Gegenteil, eher ließen sie sich dazu überreden, wertvolles Spielzeug gegen billige Träume, also Ramsch, den andere Kinder ihnen anboten, einzutauschen bis ich irgendwann Tauschgeschäfte jeder Art ohne meine Einwilligung verboten habe.
Swea klärte mich nun auf: „Das Häschen hat mir eine Kindergärtnerin gegeben.“ „Einfach so?“ Jetzt wurde ihr Tonfall allmählich gelangweilt nach dem Motto: Eltern verstehen auch gar nichts: „Nein, natürlich nicht einfach so. Ab und zu wird im Kindergarten eine große Kiste in die Mitte des Kreises geschoben. Dann hält die Kindergärtnerin nach und nach die Sachen hoch, ein Kind meldet sich und bekommt das dann. Ganz viele Kinder hatten schon was bekommen, als sie das Häschen hochhielt. Da hat sich niemand gemeldet, also habe ich mich gemeldet und das Häschen dann bekommen. So, nun weißt du Bescheid.“
Obwohl ich innerlich schmunzeln musste, weil ich mir die Situation lebhaft vorstellen konnte – die Kiste beinhaltete nämlich Fundsachen aus dem Kindergarten, die auf diese Weise wieder an die rechtmäßigen Besitzer gebracht wurden, sagte ich streng: „Aber Swea, das kannst du doch nicht machen. Das Häschen gehört einem anderen Kind, das vielleicht heute krank war. Das ist jetzt ganz traurig, wenn sein Stofftier weg ist, wärst du doch auch, oder?“
Tränen schossen in ihre Augen, sie drückte das kleine weiße Fellknäuel fest an sich und jammerte: „Ich will das aber behalten.“
Was blieb mir in dieser Situation anderes übrig, als mein Kind in den Arm zu nehmen, ihr zu erklären, dass wir dieses Häschen zurückgeben müssten, ich aber schon heute versuchen würde, ein neues für sie zu kaufen.“
Das taten wir dann auch. Glücklicherweise fanden wir ein günstiges Stofftier, das diesem sogar sehr ähnlich sah. Gleich am nächsten Morgen, als ich die Kinder in den Kindergarten brachte, gaben wir das Häschen zurück und erklärten die Sachlage. Auch die Kindergärtnerin musste schmunzeln. Swea war indessen schon mit ihrer neuen Errungenschaft winkend zu ihren Freundinnen verschwunden.
Grundsätzlich können meine Kinder mein und dein unterscheiden, aber in dieser Situation war meine Tochter offensichtlich überfordert.