Männer ticken anders
Ich weiß nicht, ob es bei allen Männern so ist, bei meinem war es aber so, dass er Unordnung nicht als Unordnung empfand. Für mein Empfinden war in der Wohnung das reinste Chaos, er aber stand aufrecht in der Tür, sah über all die herumliegenden Dinge hinweg und fragte mit Dackelblick: „Wo ist es denn hier unordentlich?“
Ganz besonders fiel mir das auf, als wir einmal zu einem Geburtstagsfrühstück eingeladen waren. Mir ging es gesundheitlich nicht gut, deshalb entschloss ich mich, lieber Zuhause zu bleiben. Ich legte mich aufs Sofa. Nach einer gewissen Zeit allerdings störte mich die Unordnung dermaßen, dass ich aufstand, um wenigstens ein bisschen Grund reinzubringen. Genau in diesem Moment erschien mein Angetrauter. Entsetzt sah er mich an und sagte: „Was machst du da? Du bist krank, leg dich sofort wieder hin.“ Er drückte mich aufs Sofa, legte mir ein Kissen ins Kreuz und deckte mich zu.
Gut, dachte ich, dann macht er sich eben an die Arbeit, soll mir auch recht sein. Genau das tat er aber nicht. Nachdem er mich versorgt hatte, ließ er das Chaos Chaos sein, setzte sich neben mich und schaltete den Fernseher ein.
Vielleicht haben Männer wirklich eine andere Vorstellung von Arbeit, vom Gästebewirten und vom Leben an sich. Anders kann ich mir die folgende Tatsache wirklich nicht erklären.
Erst einmal möchte ich allerdings bemerken, dass ich mich über den Fall der Berliner Mauer sehr gefreut habe. Ich gehöre zu den Menschen, die in jener Nacht allein vor dem Fernseher saßen und vor Freude weinten. Am liebsten hätte ich meine Kinder geweckt, tat das aber natürlich nicht.
Grundsätzlich war ich auch sehr damit einverstanden, dass sich im folgenden Jahr eine Handballmannschaft aus Schwerin anmeldete, um an einem Tournier in unserem Wohnort teilzunehmen. Sie wurde von der Handballmannschaft eingeladen, in der auch mein damaliger Gatte Handball spielte. Am Trainingsabend wurden nähere Einzelheiten besprochen.
Das war zu der Zeit, als wir unser Flachdachhaus aufstockten. Das Obergeschoß war schon im Ansatz ausgebaut. Ein Badezimmer war bereits vorhanden, einige provisorische Wände standen auch schon, aber im Großen und Ganzen war es doch noch als Rohbau zu erkennen. Allerdings war das Dach fertig, so dass es nicht mehr reinregnen konnte.
Spät am Abend nach diesem Treffen seiner Sportkameraden kam er also nach Hause, strahlte über das ganze Gesicht und teilte mir mit: „Am Wochenende übernachten 25 Leute bei uns.“ Mir blieb der Mund offen stehen, denn darauf konnte ich nun wirklich nichts erwidern. „Du hast aber keine Arbeit davon“, konterte er gleich bevor ich überhaupt etwas sagen konnte: „Du brauchst nur Frühstück machen und das ist schließlich keine Arbeit.“
Widersprechen konnte ich mittlerweile nicht mehr, weil er stolz wie Oskar sich damit einverstanden erklärte, dass alle Schweriner Handballspieler samt Frauen ruhig bei uns übernachten könnten. Sie bräuchten sich nur Schlafsäcke und Isomatten mitbringen, den Rest würde ich schon machen.
Später habe ich erfahren, dass Gott sei Dank einige Spielerfrauen an meiner Stelle Protest eingelegt hatten. Die Männer haben die Tragweite alle nicht erkannt. So reduzierte sich die Zahl der Übernachtungen letztendlich auf vier Leute. Damit war ich einverstanden, damit konnte ich leben.
Wie heißt es so schön? – Das bisschen Haushalt oder wie mein Ex sagen würde: „Du hast überhaupt keine Arbeit davon, musst nur für 25 Gäste und uns fünf Familienmitglieder Frühstück machen.