Ich weiß nicht, ob ich schon erwähnte, dass wir über viele Jahre hinweg Rauhaardackel gezüchtet haben. Wir hatten in der Regel eine Zuchthündin. Wenn diese langsam zu alt wurde, um für Nachwuchs zu sorgen, dann behielten wir eine Tochter von ihr, um diese Zucht fortzusetzen.
Allerdings machen kleine Hunde bekanntlich ab und zu auch Blödsinn. Queenie war ein Musterbeispiel dafür. Sie hätte ohne Probleme in dem Film „Geliebter Haustyrann“ von Walt Disney mitspielen können.
So kam es öfter vor, dass ich von der Arbeit kam, schon in der Haustür über die Schultaschen meiner Kinder fiel – allerdings fiel ich weich, weil direkt dahinter die Jacken meiner Kinder lagen – und mein Blick dann in die Küche wanderte, wo Hundebaby Queenie mal wieder den gelben Sack zerfetzt hatte. Aus der Stube hörte ich dann die Stimmen der Kinder: „Hallo Mama, wir gucken Fernsehen. Was gibt es zu essen?“
Das waren die Momente, in denen ich meine Familie ganz besonders liebte.
Queenie hingegen liebte auch Schuhe. Weshalb sie sich aber zum Knabbern immer ausgerechnet meine Schuhe aussuchte, habe ich nie herausgefunden. Auch weiß ich bis heute nicht, weshalb sie mit Vorliebe die Schuhe nahm, die meine Schwester, die in Frankreich wohnt, mir aus Paris mitgebracht hatte. Lag es am französischen Duft? Am meisten aber erstaunte mich, dass sie pro Paar immer nur einen Schuh vernichtete. Können Hunde zählen?
Queenie war wirklich etwas Besonderes. Deshalb war sie auch bei der Bundeswehr, allerdings ungeplant.
Es war nämlich so, dass mein Exmann mit ihr zur Jagd gegangen war. Als er sich gerade wieder auf den Heimweg machen wollte, bekam Queenie eine Hasenspur in die Nase und folgte dieser Spur. Alles Rufen, Pfeifen oder sogar Fluchen von Herrchen nutzte nichts, der Hund entschwand immer leiser werdend in die Feldmark. Ihm blieb nichts anderes übrig, als ein Kleidungsstück von sich dort zu deponieren und sich auf den Heimweg zu machen.
Als ich später von der Arbeit kam, fand ich meine Tochter in Tränen aufgelöst vor: „Papa hat Queenie verloren.“ Und zu ihm: „Wehe dir, wenn du sie nicht heute noch nach Hause bringst.“
Doch auch die halbstündigen Versuche, den Hund wieder zu finden, brachte nichts. Queenie blieb verschwunden.
Am nächsten Vormittag hatte er dann die rettende Idee. In der Nähe unseres Hauses war ein Manövergebiet. Fragen kostet ja nichts, dachte er sich und machte sich auf den Weg. Schon am Eingang wurde ihm bestätigt, dass Queenie zur Bundeswehr gefunden hatte. Irgendwann mitten in der Nacht war sie aufgetaucht. Als wäre es selbstverständlich, quartierte sie sich bei einer Gruppe Soldaten ein, die sie streichelten und mit Leckereien versorgten. Queenie revanchierte sich, indem sie die Annäherung der „Feinde“ schon durch ihr Gebell immer schon sehr frühzeitig meldete.
So kam Queenie also wieder in den Schoß unserer Familie, auch wenn die Bundeswehrsoldaten sich nur sehr ungern von ihr trennten.
Ich arbeitete zu dem Zeitpunkt in der onkologischen Nachsorge. Deshalb sagte ich: „So, ihren Wehrdienst hat Queenie jetzt abgeleistet. Nun muss ich sie noch mir zur Klinik nehmen, dann hat sie auch ihren Zivildienst abgeleistet.“