Romane & Erzählungen
Der vergessene Likör (8) - Ein erstes Abenteuer für und mit Adam Bocca

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"Der vergessene Likör (8) - Ein erstes Abenteuer für und mit Adam Bocca"
Veröffentlicht am 17. August 2012, 22 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
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Über den Autor:

Cupator ist ein Autor, der vielleicht keiner sein sollte - nicht, weil er sich das Schreiben nicht zutraut, sondern weil er im echten Leben etwas macht, was kaum auf ein Autorendasein hindeutet.
Der vergessene Likör (8) - Ein erstes Abenteuer für und mit Adam Bocca

Der vergessene Likör (8) - Ein erstes Abenteuer für und mit Adam Bocca

Beschreibung

Dieses Buch ist die achte Folge einer Neuausgabe des Titels "Der vergessene Likör". Ihr könnt, wenn Euch der Umfang nicht schreckt, den gesamten Text unter eben diesem Titel finden, wenn Ihr in meine Buchliste schaut. Von der Neuausgabe in einzelnen Folgen verspreche ich mir eine bessere Lesefreundlichkeit und weniger Abschreckung durch den Gesamtumfang. Ich habe nämlich mittlerweile volles Verständnis dafür, dass mehr als 10 Seiten schon verdammt gut geschrieben sein müssen, damit man sie gerne liest. Der Gesamttext übrigens ist einer Romanhandlung vorgelagert, die sich dann ganz und gar um Adam Bocca handelt. Diese Figur soll mit dem Text vorgestellt werden.

Hinweis auf die nächste Folge

Irgendwas ist ja immer. Das hätte Oskar eigentlich wissen können. Doch jetzt, wo Carlos Verlobte endgültig abgedampft ist, kann eigentlich nichts mehr passieren. Oder? Weiter geht's übermorgen, 19. August 2012.

Vorbemerkung zur achten Folge

Um Euch Lesern den Überblick über die einzelnen Folgen zu erleichtern, ist jeder einzelnen Folge eine Angabe zur Szene und zu den auftretenden Personen vorangestellt. 

Szene: Das schlimmste scheint überstanden, denn endlich sind alle da, die sich mit Oskar für das Treffen im Strandbad verabredet hatten. Olga, Oskars Angebetete, Oskars Kumpel Adam Bocca und die ganze Clique. Als sich die Stimmung gerade entspannt nach dem anfänglichen Durcheinander, tauchen aber Carlo und seine Verlobte auf - lauthals streitend und ruckzuck mit den Aufpassern von der Secuforce am Hals

Personen: Oskar mit Sammy und den anderen Jungs aus der Clique; daneben Olga und Adam; Carlo und seine Verlobte; anfangs zwei Zivilermittler der Secuforce

 


Und das ist in den ersten sieben Folgen bisher geschehen: Oskar hat bei seinem guten Kumpel Adam angerufen, um den an das Treffen der Clique im Strandbad am "Goldenen Erpel" zu erinnern. Adam hat, obwohl er der Hauptlieferant für das Bier sein sollte, die Verabredung total vergessen. Oskar nutzt Adams schlechtes Gewissen aus und lässt sich von ihm versprechen,noch viel mehr Bier als ursprünglich zugesagt mitzubringen. Nun will Oskar Adam auch noch für einen idiotischen Plan gewinnen: Das ganze Treffen soll für Oskar nur die Gelegenheit bilden, die von ihm angebetete Olga zu treffen, damit er eine letzte Chance bekäme, bei Olga zu landen. Mit Olga verbindet Oskar nämlich eine heftige aber leider unglückliche Verliebtheit. Weil er sich nun nicht mehr traut, Olga direkt zu umwerben, will er etwas inszenieren, um sie zu beeindrucken. Er hat da auch schon einen Plan, aber in den muss er nun, ob er will oder nicht, Adam einweihen, und ihn außerdem dafür gewinnen, bei dem Plan mitzumachen. Und das gelingt ihm auch. Später trifft Oskar sich mit Olga erst einmal alleine im Strandbad. Als Adam auftaucht, gehen die Dinge schief: Adam, gerät in einen Streit mit einem anderen Besucher und zieht die Aufmerksamkeit zweier Aufpasser auf sich. Oskar kann Olga weder überreden, das Geschehen zu ignorieren, noch bringt er es über sich, helfend einzugreifen.

Schwierige Freunde und Verlobte

Doch die Katastrophe blieb aus, was die Jungs übrigens ein wenig enttäuschte. Musterstudent Carlo mitsamt seiner überaus anspruchsvollen Verlobten im Strandbad vor aller Augen wegen „öffentlicher Beförderung von Unfug und Unruhe“ vorläufig festgenommen! Das wäre doch eine garantiert aufsehenerregende Schlagzeile in unserem wichtigsten Medium, nämlich dem zwanglosen Austausch über alles und jeden. Aber dazu kam es nicht, denn als hätten die beiden einen Schalter umgelegt waren Carlo und seine Verlobte plötzlich ganz und gar besonnen und friedfertig, zeigten brav ihre Ausweise vor und boten freiwillig die Kontrolle ihrer Taschen an. Unter dem Eindruck von soviel jugendlicher Vernunft verzichteten die Zivilermittler auf weitere Maßnahmen sogar und verabschiedeten sich förmlich aber nicht unfreundlich von diesen beiden jungen Menschen, die endlich einmal ein gutes Beispiel abgaben für den Respekt, der den wahren Autoritäten in dieser Stadt geschuldet ist.

Die Jungs staunten über diese Wendung und ich mit ihnen. Carlo, als er mit seiner Verlobten unser Lager erreichte, ergötzte sich daran und bemerkte mit überlegenem Grinsen: „Unvergleichliche Show, oder? So habt ihr ‚Streber-Carlo’ noch nicht erlebt, was? Ja-a-a, wir wollten euch mal was bieten zur Abwechslung von eurem langweiligen Rumtreiberalltag. Jetzt mal ehrlich – waren wir gut, oder waren wir gut?“ Zärtlich knuddelte Carlo den Oberarm seiner Verlobten, die ihm seine Albernheit mit einem glucksenden Kichern dankte. „Oder waren wir… supergut? Na? Na? Na?“

Dieses aufdringlich beifallheischende Gegacker hörte sich schon wieder ganz und gar nach Carlo an. Er war ein netter Kerl, keine Frage, und mehr als das, er hatte das Talent zu einem wirklich guten und verlässlichen Freund; eine Anlage, die er fast immer nutzte. Nur war er in seiner siegesgewissen Kumpelhaftigkeit eben nicht selten – anstrengend. Wenn er uns ein guter Freund war, dann stets in der Attitüde eines selbstsicheren jungen Mannes, der ganz genau weiß, dass er so gut wie alles besser beherrscht als seine Freunde, und der ihnen deshalb dauernd helfen kann und muss. Den Umweg über eine freiwillige Dienstzeit hatte Carlo, anders als die meisten von uns, nicht gemacht, nein, das wäre ihm gar nicht in den Sinn gekommen. Er hatte sich gleich an der Regierungsuniversität eingeschrieben. Mit Erfolg, obwohl sein Fach, die „Königsdisziplin“ Ökonomie, strenge Notenanforderungen stellte und er bei weitem nicht zu den besten Schulabsolventen gehört hatte. Schwierigkeiten wie diese waren ihm aber nicht lästig und konnten ihn deshalb auch nicht abschrecken, im Gegenteil, er hatte eine Art sportlicher Freude daran, derlei Hürden zu überwinden. Obwohl er mit diesem Ehrgeiz und seinen dadurch häufigen Erfolgen nicht angab, war es manchmal anstrengend, mit Carlo zu tun zu haben. Sein Wunsch, für seine ehrgeizige Ausdauer anerkannt zu werden, war nur allzu gut spürbar, und das fügte dem Bild vom fähigen Macher und zuverlässigen Freund störende Kratzer zu.

So wie jetzt: Carlo und seine Verlobte waren aufrichtig erstaunt und wohl auch ein bisschen beleidigt, dass ihr toller gespielter Scherz von uns nicht mit Heiterkeit belohnt wurde. Das war für Carlo eine kalte Dusche, die wir ihm aber nicht ersparen konnten. Sich mit Leuten von der Secuforce anzulegen, das war nun einmal nicht witzig, sondern bedenklich, ja gefährlich. Dass Carlo dieses Risiko auf sich genommen hatte, bloß um sein Image mit dieser blödsinnigen Show aufzupolieren, also um uns zu zeigen, wie sehr zu doof wir doch seien, um ihn richtig einzuschätzen, das machte die Sache noch schlimmer.

Als Carlo mit einem gutgelaunten „So, jetzt gebt mir doch mal so eine leckere Reiskaltschale“ nach einer Bierflasche griff, schauten wir deshalb zu Boden, und unsere Blicke wurden verlegen, als er seine Verlobte mit „Schatzilein“ anredete und sie fragte, was sie denn trinken möge. Das war dummer Weise das Signal für Adam, sich wegen des vergessenen Likörs noch einmal selbst zu geißeln. Wieder wurde er niedergezischt, wir hatten einfach keine Lust auf diesen Unsinn.

„Likör? Pah, so ein Gesöff hätte ich eh nicht angefasst, macht euch mal keine Sorgen, da bleibe ich lieber durstig“, tönte es da kühl aus dem Munde von Carlos Verlobter. Wir kamen aus dem Verlegen-zu-Boden-Schauen gar nicht mehr heraus. „Was seid ihr denn für verklemmte Spaßbremsen?“ setzte Carlos Verlobte dann noch einen drauf. Wenn’s läuft, dann läuft’s.

 

Die Rettung der Situation kam allerdings auch von Carlo. Er hatte sich neben Adam gesetzt und mit ihm, ohne die zickige Bemerkung seiner Verlobten zu beachten, ein belanglos laberndes Gespräch angefangen. Bei aller Duckmäuserei vor seiner Verlobten, wusste er mit ihr doch so gut umzugehen, dass sie wenigstens friedlich blieb. Besitz ergreifend schmiegte sie sich an ihn. Erkennbar hörte sie der Unterhaltung gar nicht zu, die sie wohl für dummes Jungens-Gerede hielt, dem zu folgen sie sich nicht herablassen wollte. Unter ihrem Schweigen, und weil es in Carlos Konversation mit Adam um rein gar nichts ging, die beiden sich aber ganz angeregt unterhielten, kehrte genau die entspannte Samstag-im-Strandbad-Stimmung ein, wegen der wir alle (Carlos Verlobte vielleicht einmal ausgenommen) hergekommen waren.

Die Momente flossen beruhigend dahin und verschmolzen zu zeitlosen Minuten und Viertelstunden. So anders als die Anspannung zuvor war dieser Zustand, dass ich sogar das Biertrinken vergaß und mich einer unaufhaltsam aufsteigenden Müdigkeit hingab. Nicht tief tauchte ich unter die sachten Wellen wachen Bewusstseins, ein flaches Dösen nur, in dem mich Olgas angenehme Stimme aus unbestimmter Ferne oder Nähe erreichte. Beglückt nahm ich an, sanft zu träumen, einen Traum mit Olga darin, doch mein Geist war noch wach genug, mich zu korrigieren, ich schliefe ja gar nicht, könne also auch nicht träumen, Olga müsse sich wohl in die Unterhaltung von Adam und Carlo eingeschaltet haben. Auch damit gab ich mich indes gerne zufrieden – wie schön, gedankenlos in der Sonne da zu hocken und zu dösen und die Freunde und ein tolle Mädchen ganz nah um sich zu wissen.

Der schneidende Ton der Stimme von Carlos Verlobter hob mich schmerzhaft in Richtung der Oberfläche des Bewusstseins, wie ein übersehener Felsen, den ein knapp unter dem Wasserspiegel tauchender Schwimmer rammt, so dass der Schwimmer vor Schreck an die Oberfläche schnellt. Was hatte die denn nun wieder zu schimpfen? Dann wieder der tröstend sonore Klang von Carlos Stimme, ein paar besänftigende Worte wohl, dann fuhr er in seinem Gespräch unbeirrt fort. Schön, schön war das, und so mühelos und entspannt. Adam antwortete etwas, dann wieder Carlo, dann schließlich, ach, wie schön, wieder Olga. Diesmal entgegnete Adam, doch da – verdammt! – schon wieder schnarrte Carlos Verlobte dazwischen, in noch viel schärferem Ton. Von Carlo, der beruhigend brummte, ließ sie sich nicht mehr besänftigen. Was denn nur das Problem dieser Frau sei, fragte ich mich, währenddessen Olgas Stimme in mir eine letzte Hoffnung weckte, noch einmal tiefer eindösen zu können. Aber nein, daraus wurde nichts, denn wieder schnarrte Carlos Verlobte, nunmehr eine längere Suada, bei deren Vortrag sie sich in einen verbiesterten Ton hineinsteigerte.

„… muss zwar schließlich jedes begabte Mädchen selber wissen, was es aus seinem Leben macht.“

Auch wenn ich den Anfang dieses Vortrags nicht mitbekommen hatte, wusste ich, dass Carlos Verlobte bei der Frage angelangt war, wie eine junge Frau am sinnvollsten ihre Karriere verfolgte. Denn erstens war das ihr Lieblingsthema, wenn sie mit unserer Clique unterwegs war, und zweites bekam sie nur bei diesem Thema einen solchen Ausdruck, der gleichermaßen von Rechthaberei wie von enttäuschtem Zorn geprägt war.

„Aber“, fuhr sie in erbarmungsloser Logik fort, „mit deinen selbstverliebten Sperenzien richtest du Schaden an. Dass du dir selber schadest, ist ja noch das Wenigste, soviel Freiheit muss man solchen ungezogenen halben Kindern wie dir wohl lassen. Viel schlimmer ist der Schaden, den du anderen zufügst, allen Frauen. Denk doch mal nach und nicht nur an dich.“

Oh nein! Das war dann doch zu viel. Carlos Verlobte hatte, das wussten wir aus schmerzlicher Erfahrung ganz gut, eine bestimmte Platte, die sie bei ihrem Dauerthema „die Frau, die sich nicht traut“ immer abspielte. Für gewöhnlich beschränkte sie sich allerdings darauf, uns Jungs zu beschimpfen, weil wir angeblich ihre Geschlechtsgenossinnen ermutigten, auf Karrierechancen zu verzichten. Die Strophe, nach der die jungen Frauen selber schuld wären, wenn sie nicht genug aus sich machten, war neu, obwohl bei früheren Gelegenheiten auch schon Mädchen unter den Zuhörern gewesen waren.

Wie ungerecht von ihr, ausgerechnet Olga so anzugehen! Ich kannte damals neben ihr kein klügeres und fleißigeres Mädchen in ganz Kys, jedenfalls wollte ich keines kennen. Sie würde sich doch wohl so einen Unsinn nicht einfach anhören?

Tat sie nicht. „Ich glaube, den größten Schaden an meiner freien Entscheidung nehmen Leute wie du“, gab sie Carlos Verlobter zurück. „Das tut mir zwar leid, denn es nicht nur nicht meine Absicht, niemanden zu verärgern, sondern ich versuche das sogar zu vermeiden, wenn es denn geht. Bei Menschen wie dir geht es aber nicht. Du gehörst zu den wenigen Leuten, die nur darauf warten, sich über andere zu erregen und sie zu beschimpfen. Das ist ein Leiden, für das zum Glück nicht ich verantwortlich bin. Ich bin nur ein beliebiger Anlass dafür, dass es zum Ausbruch kommt.“ In aller Ruhe schob Olga sich ihre Sonnenbrille im Haar zurecht. „Wenn ich dir sage, dass du Hilfe brauchst, dann wirst du dich darüber noch mehr aufregen, aber ich sage es trotzdem, denn es stimmt. Du brauchst Hilfe, sonst machst du dich nur immerzu unglücklich; dich und die Menschen um dich herum.“

Das saß. Und das würde Carlos Verlobte ganz bestimmt nicht auf sich sitzen lassen. Wie sehr Olgas wohlüberlebte Rede sie in die Enge getrieben hatte, war daran zu erkennen, dass sie sich alberner Weise eines verächtlichen Lachens bediente, mit dem sie vorspielen wollte, über Olgas Worte erhaben zu sein.

„Süß, Mädchen, wirklich süß“, sagte Carlos Verlobte mit einer Stimme, die von der Mühe verzerrt wurde, nicht vor Zorn loszuschreien. „Eine ganz süße Nummer, die Hilfsbereite zu spielen, die den Spieß umdrehen kann, weil sie den Durchblick hat. Aber auch ein bisschen billig, findest du nicht? Passt aber zu dir. Ist genauso billig wie die Masche mit dem herzensguten Mädchen, das nicht studieren will, um einen Pflegeberuf zu erlernen.“

Ach so, das war es: Olga hatte wohl von ihrem vagen Plan erzählt, Krankenschwester oder Pflegerin zu werden, und offenbar hatte sie den zweiten Teil ihres Planes, nämlich den mit dem späteren Medizinstudium, nicht erwähnt.

„Glaubst du nicht, Kleines“, ätzte Carlos Verlobte weiter, „dass das früher oder später jemandem auffällt, wenn du dich an alte todkranke Säcke ranmachst, um erst die barmherzige Schwester zu spielen und dann später abzusahnen?“ Schon toll, wie sehr Boshaftigkeit die Fantasie befeuern kann.

Olga nahm es mit einem Schulterzucken, das ihr Hilfsangebot nur zu wiederholen schien.

Nicht so Carlo: „Jetzt ist aber mal gut“, ereiferte er sich und fuhr seine Verlobte an. „Führ dich doch bitte nicht so auf, sie hat dir doch nichts getan.“

Fehler! Ganz großer Fehler! Doch Carlo hatte sich nun einmal hinreißen lassen, jetzt musste er den Zornessturm abwettern, der folgerichtig über ihn hereinbrach. Das sie jetzt aber genug habe, von seinem ständigen Gaffen hinter anderen Mädchen her, schimpfte Carlos Verlobte, dass sie sich doch nicht mit so einem billigen Flittchen messen müsste – und das Olga! das Olga! – und dass sie ihm nur noch eine letzte Chance gebe, nämlich indem er sie jetzt endlich vor diesen Bekloppten – das uns! – in Sicherheit brächte. Carlo hielt mit dem Appell dagegen, sie möge seine Freunde da rauslassen und sich beruhigen, sie habe doch gar keinen Grund zur Eifersucht.

Das brachte die aufgestaute Spannung endlich zur Explosion: „Eifersucht?“ kreischte Carlos Verlobte ihn an. „Ich soll eifersüchtig sein? Auf wen denn? He? Auf die da?“ Sie sprang auf und zeigte auf Olga. „Das war’s dann, Carlo Feinman, ich gehe! Ja! Ich! Gehe!“

Sie stapfte los, krönte ihren Auftritt aber noch mit einem Finale: „Ich will nicht“ – ihr Zeigefinger sauste mit dem tödlichen Schwung eines Fallbeils auf Carlo zu – „ich will auf gar keinen Fall, dass du mich anrufst!“ Armer Carlo, es war also die Höchststrafe über ihn verhängt worden.

Erleichtert, diese Grausamkeit mit Würde begangen zu haben, maß Carlos Verlobte uns alle mit Blicken. Ihre heruntergezogenen Mundwinkel drückten ebenso wie ihr auf Schockfrosten eingestellter Blick tödliche Verachtung für ihren Verlobten, seine sogenannten Freunde und auch für das Mädchen namens Olga aus, das sich mit solchen Typen wie uns abgab. Grußlos, dafür mit entschieden in den Nacken geworfenem Kopf rauschte sie ab.

Carlo schaute betreten leidend vor sich hin. Das und sein völliger Verzicht auf Widerworte bewiesen uns, dass diese Szene bestimmt nicht gespielt war.

Als seine Verlobte sicher außer Hörweite und schon fast ganz hinter den Bäumen verschwunden war, nahm Carlo allen seinen Mut zusammen, um seine Ehre vor uns zu verteidigen: „Ach, was soll’s!“ sagte er mit zitternder Stimme, die entschlossen hätte klingen sollen. Dann schnappte er sich ein Bier.

„Das ist unser vorletztes“, jammerte Adam dazwischen, „es tut mir ja so leid, dass ich den Likör…“ Wir zischten Adam selbstverständlich nieder, wieder einmal, auf dass Carlo nicht in seiner mannhaften Niedergeschlagenheit gestört würde, und brummten Anerkennung für Carlos freilich eher sublime Gegenwehr. Die Bierflaschen klirrten beim Zuprosten, nur Olga trank nicht mit, sondern wischte und tippte mit harmlosen, fließenden Bewegungen auf ihrem Mobiltelefon herum. Zum Glück war sie geblieben, trotz allem. 

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