Um Euch Lesern den Ãœberblick über die einzelnen Folgen zu erleichtern, ist jeder einzelnen Folge eine Angabe zur Szene und zu den auftretenden Personen vorangestellt.Â
Szene: Endlich sind alle da, die sich mit Oskar für das Treffen im Strandbad verabredet hatten. Olga, Oskars Angebetete, hat sich auch von dem peinlichen Auftritt von Oskars Kumpel Adam Bocca nicht verscheuchen lassen. Im Gegenteil: Während Olga sich prima mit Adam unterhält, zeigt sie Oskar die kalte Schulter. Das war nun nicht Oskars Plan.
Personen: Oskar mit Sammy und den anderen Jungs aus der Clique; daneben Olga und Adam; später Carlo und seine Verlobte
Und das ist in den ersten sechs Folgen bisher geschehen: Oskar hat bei seinem guten Kumpel Adam angerufen, um den an das Treffen der Clique im Strandbad am "Goldenen Erpel" zu erinnern. Adam hat, obwohl er der Hauptlieferant für das Bier sein sollte, die Verabredung total vergessen. Oskar nutzt Adams schlechtes Gewissen aus und lässt sich von ihm versprechen,noch viel mehr Bier als ursprünglich zugesagt mitzubringen. Nun will Oskar Adam auch noch für einen idiotischen Plan gewinnen: Das ganze Treffen soll für Oskar nur die Gelegenheit bilden, die von ihm angebetete Olga zu treffen, damit er eine letzte Chance bekäme, bei Olga zu landen. Mit Olga verbindet Oskar nämlich eine heftige aber leider unglückliche Verliebtheit. Weil er sich nun nicht mehr traut, Olga direkt zu umwerben, will er etwas inszenieren, um sie zu beeindrucken. Er hat da auch schon einen Plan, aber in den muss er nun, ob er will oder nicht, Adam einweihen, und ihn außerdem dafür gewinnen, bei dem Plan mitzumachen. Und das gelingt ihm auch. Später trifft Oskar sich mit Olga erst einmal alleine im Strandbad. Als Adam auftaucht, gehen die Dinge schief: Adam, gerät in einen Streit mit einem anderen Besucher und zieht die Aufmerksamkeit zweier Aufpasser auf sich. Oskar kann Olga weder überreden, das Geschehen zu ignorieren, noch bringt er es über sich, helfend einzugreifen.
Sammy war schon wieder damit beschäftigt, Wogen zu glätten. Die Jungs, das bekam ich aus ihrem erregten Gespräch schnell mit, wogen ängstlich ihre sichtlich geringen Chancen, um ein Zusammentreffen mit Carlos Verlobter herum zu kommen. Sammys Einwand, sie sollten sich nicht so haben, bloß weil einmal ein Mädchen mit von der Partie ist, ließen sie nicht gelten. Nein, das sei gar nicht das Problem. Es gebe total coole Mädchen – bei dieser Bemerkung warf der dicke Edgar über meine Schulter hinweg einen bewundernden Blick auf Olga –, Carlos Verlobte sei nur eben keine davon. Die sei doch nicht verklemmt oder eines der eingebildeten, zwanghaft hübschen Hühnchen, hielt Sammy dagegen. Das zwar auch nicht, moserten die Jungs weiter, aber komisch sei sie, schräg, unberechenbar. Vor allem aber so sprunghaft und so eine Zicke im Umgang mit Carlo, dass der wiederum schrecklich verspannt und unsicher werde, immer wenn sie dabei sei. Mitleid müsse man haben mit dem armen Kerl, und das nerve halt und mache die ganze schöne Bierlaune kaputt.
Ich schnaufte. Das lief ja an allen Fronten unrund. Das empfindliche Gemeckere der Jungs hatte mir zu meinem Glück gerade noch gefehlt. Darum, das stand für mich sofort fest, würde ich mich nicht auch noch kümmern. Weil ich auf noch ein Bier im Augenblick keine Lust hatte und nun bestimmt mehr brauchte, um meine Stimmung aufzuhellen, fragte ich Adam: „Langst du bitte mal in deine fahrbare Getränkekiste und gibst mir den Poppy Pfefferminz?“
Adam starrte mich verständnislos an, erst nach einer sanften, hinweisenden Handbewegung Olgas in Richtung seines Einkaufswägelchens – Olga, ach Olga! – stand er auf und öffnete die Plane des Wägelchens.
„Ist auch noch schön kalt“, rief er mir zu, leider in das Wägelchen hinein, so dass seine Stimme dumpf wie aus einem Keller klang. Unklar war mir, warum der Likör kalt sein sollte, dieses synthetische Zeug konnte man bei jeder Temperatur trinken und ich hatte die Flaschen auch bestimmt nicht gekühlt. „Öffner hast du?“ rief Adam mir zu. Da begriff ich: Adam hatte mir gar nicht zugehört und ging, warum auch immer, davon aus, ich wollte noch ein Bier.
„Nein, nein, den Likör, den Poppy Pfefferminz, den gib mir bitte.“ Das anerkennende Gemurmel unter den Jungs, dass ich es aber ganz schön früh drauf ankommen lassen wollte, wurde von einem Klageschrei Adams unterbrochen:
„Ich habe ihn vergessen!“ rief Adam und schaute in den Wagen mit dem Ausdruck eines kleinen Jungen, dessen Lieblingskuscheltier abhandengekommen ist. Oh nein, nicht noch eine stimmungstrübende Mini-Katastrophe!
„Egal“, sagte ich schnell, „gib mir einfach noch’n Bier, ist eh gesünder“. Auf gar keinen Fall wollte ich jetzt noch einen Adam erleben, der, was schon vorkommen konnte, über sein eigenes Ungeschick gar nicht mehr hinweg käme. Allein, zu spät. Jammernd klärte Adam uns ganz genau darüber auf, wann, wo und unter welchen Schwierigkeiten Adam noch die sechs gekühlten Sixpacks ergattert und nach Hause geschleppt hatte, eigens zu dem Zweck, noch die drei Likörflaschen abzuholen, die ich beim Concierge von Adams Wohnblock abgegeben hatte. Dass dann aber Adams Vater, mit dem er die absurd große Stadtwohnung alleine teilte, angerufen hatte, es zu einem Streit gekommen war – und Adam darüber, schwuppdiwupps, den Likör vergessen hatte. Als Adam in sich steigernd weinerlichem Ton zu einem längeren Referat darüber anheben wollte, wie wenig sich sein Vater für seine Angelegenheiten interessierte, stand ich auf, holte mir mein Bier selber und zischte Adam ein „ist ja gut, ist ja gut, mehr will hier keiner hören“ zu.
Was, im Namen des himmlischen Walters des Unglücks, sollte bitteschön als nächstes kommen? Der Auftritt von Carlo und seiner Verlobten natürlich. Schon ging es weiter mit dem nächsten Desaster.
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Wir hörten die beiden, bevor wir sie sahen. Ein schrilles, erregtes Gezeter, das von der doppelten Baumreihe her ertönte, weckte unsere Neugier und wir konnten nicht anders, als die Köpfe dorthin zu drehen. In just diesem Augenblick tauchten Carlo und seine Verlobte dort auf, wie zufällig kamen sie von der Baumreihe her in ungefähr unsere Richtung. Seine Verlobte keifte unablässig auf Carlo ein. Obwohl sie laut redete, beinahe schrie, war nicht recht zu verstehen, was sie da schimpfte. Als sie näher kamen, ließen sich erste Wortfetzen identifizieren:
„… egoistischer Macho…, hältst dich für den Größten…, jedem Arsch hinterherstarren, der an dir vorbeiläuft“ – mit hervorstechend schriller Betonung auf dem Stichwort „Arsch“ – „… so als wäre ich Luft“, und schließlich: „hirnloser, schwanzgesteuerter Zombie!“ Nicht schlecht für den Anfang.
Wir Jungs sahen uns an. Unsere Mienen schwankten zwischen Belustigung und ungläubigem Ekel. Carlos Verlobte war eine Freundin der klaren Worte, das war uns klar, jedenfalls solange sie austeilen konnte. Sie scheute sich auch grundsätzlich nicht, Carlo mit ihrer übermäßigen Direktheit zu brüskieren, ja, mehr als das, ihn vor uns, seinen besten Freunden, gnadenlos bloßzustellen. Doch diesmal war es noch viel schlimmer als es bisher je der Fall gewesen war. Und was sollten wir jetzt tun? Weghören – ging einfach nicht. Darüber lachen – wollten wir nicht, dafür tat uns Carlo zu sehr leid. Carlo helfen, das Gekeife seiner Verlobten nicht einfach hinzunehmen – trauten wir uns nicht, allein schon deshalb, weil wir fürchteten, Carlo noch zusätzlich dadurch zu treffen, dass wir ihm zeigten, für wie beistandsbedürftig wir ihn hielten. So blieb uns nichts, als ihn im Stillen anzufeuern, sich doch endlich einmal zu wehren.
Zu unserer unendlichen Ãœberraschung fanden unsere stillen Wünsche Gehör. Carlo wehrte sich, und wie: „Jetzt halt endlich deine blöde Fresse, du blöde Schlampe!“ brüllte Carlo unvermittelt mit dem Zorn eines Berserkers los. „Ich hab so die Schnauze voll von deinen billigen Szenen, hau ab und komm mir bloß nie wieder unter die Augen!“
Ob es das gewesen war, woran wir gedacht hatten in unserem Wunsch, Carlo möge nicht mehr länger hinnehmen, wie sich seine Verlobte aufführte? Ich wagte nicht, diese Frage näher zu bedenken geschweige denn zu beantworten. So schrecklich kam mir Carlos Ausbruch vor, dass ich zunächst nicht einmal daran dachte, was wohl Olga von diesem Skandal denken mochte. Ob sie nicht spätestens jetzt genug haben und sofort aufstehen und gehen würde? Angstvoll blickte ich zu ihr hinüber. Immerhin war sie scheinbar nicht aus ihrer interessiert beobachtenden Ruhe zu bringen.
Unpassender Weise quakte in diesem Moment größter Anspannung Adam dazwischen: „Mist, ey, das tut mir so leid, dass ich den Likör vergessen habe, ich hatte noch dran gedacht, im Supermarkt, aber dann hab ich’s wohl… verschusselt.“
Dem war ja nun nicht ernsthaft zu widersprechen, trotzdem zischte ich ihm zu, gefälligst die Klappe zu halten, und was das denn wohl sollte, jetzt wieder mit diesem bescheuerten Likör anzufangen. Adams Entgegnung, es habe ja doch ganz den Anschein, als könnten wir alle und insbesondere Carlo ein stärkeres Schlückchen gebrauchen, sorgte unter uns für Heiterkeit, auch Olga lachte kurz und fröhlich.
Dafür spitzte sich die Lage zwischen Carlo und seiner Verlobten weiter zu. Sie begnügten sich nun nicht länger damit, Beschimpfungen auszutauschen, vielmehr schrien sie sich an, ohne einander überhaupt zuzuhören. Unerhört, so etwas, mitten im Strandbad, könnten ja Familien mit kleinem Kind belästigt werden, von so einem Krawall, theoretisch jedenfalls, wenn nicht gerade jedes Plätzchen durch Gleichaltrige belegt wäre, aber egal, ums Prinzip geht es hier allein, ums Prinzip!
Mit dergleichen Argumenten bewaffnet und getrieben von ihrem vom Kunden – dem Strandbadbetreiber – bezahlten Pflichtgefühl nahten sich zuverlässig die beiden Zivilermittler der Secuforce, mit denen schon Adam Bekanntschaft hatte machen dürfen. In einer nervösen Ãœbersprungshandlung öffnete ich den vermeintlich gelockerten Schürsenkel meines Schuhs und band ihn wieder zu, ganz langsam, damit ich bloß eine möglichst lange Ablenkung hatte und mir das drohende Unheil nicht ansehen musste. Als ich wieder aufsah, hatten die Zivilermittler Carlo und seine Verlobte gerade erreicht. Der Streifenführer redete sichtlich belehrend und warnend auf die beiden ein. Jetzt ein einziges falsches Wort – und die Ermittler würden das Krawall-Pärchen ohne viel Federlesens festnehmen. Ob ich eingreifen sollte, um wenigstens das Schlimmste zu verhindern?
Warum die eigenen Freunde es immer noch schlimmer machen müssen? Wenn Carlo schon seine Verlobte mitschleppen muss, dann sollen die beiden gefälligst friedlich sein. Ob Oskar noch einmal Glück hat und alles löst sich in Wohlgefallen auf? Die nächste Folge, die übermorgen, am 17. August 2012 erscheint, wird davon handeln.