Vor nun bald drei Jahren kam Adam Bocca auf die Welt. Anders als die Menschenkinder hat er als Romanfigur eine Monate, ja Jahre währende Geburt durchlaufen, die erst vor kurzem ihren Abschluss fand. Nun lebt er immerhin schon in einem Romanmanuskript. Die Erzählung, die ihr hier findet, ist nicht Teil des Romans, sondern dessen Handlung vorgelagert. Sie soll Euch helfen, Adam Bocca und seine Freunde kennenzulernen.
„Adam Bocca? Hallo?“
Stille am anderen Ende der Leitung. Verschreckt womöglich von dem Eifer, mit dem der junge Mann in sein Telefon gebrüllt hatte, schwieg der Gesprächsteilnehmer.
Der junge Mann wurde ungeduldig: „Hallo? Adam Bocca? Hallo?“
Immer noch Stille. Adam Bocca kam gar nicht darauf, dass es seine eigene Schuld war, den Gesprächsteilnehmer zum Schweigen gebracht zu haben. Es war einfach seine Angewohnheit, sich am Telefon mit seinem Namen in einem Tonfall zu melden, als sei nicht er der Angerufene, sondern vielmehr der Anrufer, der nach einem Adam Bocca fragte.
„Hallo? Adam Bocca? Wer ist denn da?“, brüllte der junge Mann namens Adam Bocca mit nun wachsender Ungeduld ins Telefon.
Es war schon ein Kreuz, mit Adam, unserem guten Adam, zu telefonieren. Mir, der ich Adam nur so mal eben hatte anrufen wollen und deswegen zum verschreckten Gesprächsteilnehmer geworden war, ging es da nicht anders. Warum musste der Kerl seinen Namen als Frage intonieren, wenn er ans Telefon ging? Das war doch zum Verrücktwerden.
„Ja, Adam, hallo, immer schön ruhig, hier ist Oskar“, meldete ich mich schließlich doch, nachdem ich meine Fassung zurück gewonnen und den Entschluss gefasst hatte, mich nicht länger von Adam anbrüllen zu lassen.
„Ja“ antwortete Adam. Jeden anderen Gesprächspartner hätte diese Einlassung vor ein neues Rätsel gestellt, aber weil ich Adams telefonische Unarten gut kannte und seinen Tonfall zu deuten wusste, war mir klar, dass er sich beruhigt hatte und nicht mehr seinen Namen fragend in den Hörer schreien würde, immerhin. „Ach so“, fuhr Adam ungewohnt wortreich fort, „hallo Oskar. Na?“
„Na was?“ entgegnete ich unwirsch.
„Na, was gibt’s?“ wollte Adam wissen. „Warum rufst du an?“
„Ich…“ Es machte mich einfach sprachlos, dass Adam nicht einmal zu ahnen schien, warum ich anrief. Ich hatte ihn offenbar in einem seiner besonders zerstreuten Augenblicke erwischt. „Geht das klar?“ fragte ich. „Ich meine, heute Nachmittag?“
„Von mir aus“, antwortete Adam und ich war beruhigt. „Was schlägst du denn vor?“ Das hingegen beunruhigte mich wiederum.
„Wie wär’s mit Kaltgetränken?“ erinnerte ich Adam an seine Pflicht.
Immerhin hatten wir uns schon gut drei Wochen zuvor verabredet, bei einigermaßen brauchbarem Wetter ins große Strandbad an der Kirna zu gehen. Und um uns nicht für viel Geld am dortigen, zugegebenermaßen fantastisch sortiertem, aber strandbadmäßig teuren Kiosk, dem „Goldenen Erpel“, versorgen zu müssen, um also gepflegten Reisbierkonsum mit vertretbarem Aufwand sicherzustellen, hatten wir akribisch aufgeteilt, wer was mitbringen sollte. Adam hatte auch dabei nicht richtig aufgepasst und prompt die Mitnahme von vier Sixpacks aufgedrückt bekommen. In seiner Zerstreutheit war ihm vermutlich entgangen, dass er damit mehr als einen ganzen Kasten Bier mitschleppen musste, während wir anderen uns damit rausredeten, wir würden unsere Pflicht erfüllen, wenn wir ein oder zwei Flaschen Synthie-Likör oder ähnlichen Mist mitbrächten. Nun war das Wetter, genau richtig zum Wochenende, überaus prächtig, und der Reisbiergenuss konnte unter allerbesten Bedingungen steigen. Schon deshalb waren Adams Erscheinen und namentlich sein Anteil an der Getränkeversorgung überragend wichtig. Mal gut, dass ich ihn angerufen und daran erinnert hatte.
„Ach so, Kaltgetränke“, antwortete Adam, sich offenbar seines Versprechens erinnernd, „ja, von mir aus sehr gerne. Wann und wo? Und vor allem: Wer kommt alles mit?“
Er hatte es vergessen, soviel stand fest. Vollkommen verschwitzt. Ganz sicher hatte er das Bier nicht einmal besorgt. Ob es jetzt schon zu spät war? Meine Verwunderung wich grenzenloser Empörung über so viel Saumseligkeit in einer so wichtigen Sache.
„Ach, scheiße, Adam!“ entfuhr es mir deshalb, ich war sogar zu empört, um sprachlos zu sein. „Heute um drei! An der Kirna! Am ‚Goldenen Erpel’!“
„Wir – hatten wir uns verabredet?“
„Mann! Klar hatten wir uns verabredet! Aber, ey, auf so’nen Arsch wie dich habe ich ja schon fast keinen Bock mehr. Wenn das Bier von selber hinlaufen könnte, könntest du mir gestohlen bleiben. Und bitte“, fiel ich ihm ins Wort, als er etwas entgegnen wollte, „und bitte nerv‘ mich jetzt nicht mit so einer dämlichen ‚Was denn für’n Bier‘-Frage, ich dreh sonst noch durch.“
„Oh“, hauchte Adam verlegen.
„Allerdings ‚oh‘!“, schnauzte ich ihn an. „So was von unzuverlässig, einfach die Clique hängen lassen – scheiße, Adam!“
„Was…, wie…, ich meine, wie viel hatte ich denn versprochen mitzubringen?“ fragte Adam vorsichtig.
Ha, da waren wir ja wieder im Geschäft!
„Sechs Sixpacks, mein Freund“, log ich, Strafe musste sein und die Chance, Adams schlechtes Gewissen bis zum Anschlag auszunutzen, konnte ich mir nicht entgehen lassen. „Sechs Sixpacks, weißte Bescheid? Wir haben uns alle auf dich verlassen – alle! Okay, ich muss jetzt Schluss machen, um den anderen schnell abzusagen, schade dass es nichts wird. Keine Angst, ich sage denen schon nicht, dass du es versaut hast.“
Natürlich hatte ich nichts dergleichen vor. Ich dachte gar nicht daran, das lange geplante Strandbadvergnügen sausen zu lassen. Mit meinem Bluff wollte ich Adams Eilfertigkeit, seine Trödelei wieder gut zu machen, nur noch mehr steigern. Ich hatte keinen Zweifel, dass er darauf einsteigen würde.
„Nein, nein, nein!“ widersprach Adam prompt, „kein Thema, gar kein Problem, das krieg ich noch hin, ich komme und bring natürlich das Bier mit.“
„Ach nööö..“, maulte ich, „das schaffst du doch gar nicht mehr, ist doch schon viel zu spät, ist halt rum jetzt.“ Ich erschrak: Hatte ich es übertrieben? Adam eine zu einfache Ausrede geboten, sich doch noch auszuklinken?
„Ach was, Kinderspiel“, widersprach Adam – Glück gehabt! „Es ist jetzt“ – rumms! knallte sein Telefon runter als er auf seine Uhr sah, nach einigem Geraschel und Geknacke war er wieder dran – „es ist jetzt ja erst kurz nach zwölf, klar, schaffe ich. Wie viele Sixpacks nochmal?“
„Sechs, Adam, immer noch sechs.“ In voller Fahrt lügt es sich halt am besten. „Du hast uns sechs Sixpacks versprochen.“
„Echt? Gleich sechs?“
„Ja-a!“ bestätigte ich in strengem Befehlston.
„Boah, wie soll ich denn so viel schleppen?“ Ein berechtigter Einwand, den ich aber auf gar keinen Fall gelten lassen wollte.
„Keine Ahnung, hättest du dir vielleicht vorher überlegen sollen. Kannst ja diese komische fahrbare Einkaufstasche nehmen, mit der du immer ins Handelszentrum losziehst.“
„Stimmt, na gut. Irgendeine bestimmte Sorte? Berry-Bräu? Das Premium von denen vielleicht?“ lockte Adam meinen vergebenden guten Willen. Der arme Junge, ich hätte es eigentlich gut sein lassen sollen.
Aber ich konnte einfach nicht widerstehen: „Du musst schon selber wissen, was du uns versprochen hast.“
„Ist ja gut!“ moserte Adam, und ich ließ es lieber damit bewenden, noch hatte ich ja einen weiteren Wunsch an ihn, eine noch größere Zumutung.
„Also dann – vielen Dank, trotzdem“, verkündete ich huldvoll und konnte förmlich hören, wie erleichtert Adam darüber war, noch einmal alles geregelt zu haben.
„Gut. Prima. Also dann – bis nachher.“
„Wart mal, wart mal“, beeilte ich mich, ihn vom Auflegen abzuhalten. „Willst du denn gar nicht wissen, wer so alles kommt?“
„Ach so, tja. Die ganze Clique so, dachte ich.“
„Allerdings!“ triumphierte ich. „Sammy ist natürlich dabei, sogar Carlo, Lars, dann irgend so ein Tamitzo oder so ähnlich, der dicke Edgar und…“
„Hm“, unterbrach mich Adam. „So die Clique halt. Und sogar Carlo, alle Achtung. Unser Vollblut-Student schon am Nachmittag mit uns Jungs unterwegs, wer hätte das gedacht. Sonst verbringt er ja jede freie Minute mit seiner Verlobten, tagsüber jedenfalls.“
„Das wollte ich ja gerade erzählen, dass…, also dass Carlo…“
„Mit seiner Verlobten kommt? Na toll!“ ergänzte Adam.
„Wieso, was ist das Problem?“
„Komm schon, jetzt tu doch nicht so, als ob dir das egal wäre, wenn Carlo jetzt immer seine Perle mitschleppt, wenn wir Jungs mal was trinken wollen.“
„Jetzt bloß nicht die Nerven verlieren“, beschwichtigte ich Adam mit wenig Ãœberzeugung. Er hatte ja völlig Recht, eigentlich, auch mir ging es auf den Wecker, eigentlich, dass Carlo neuerdings seine Freundin, jetzt Verlobte, mitbrachte zu Gelegenheiten, bei denen wir aus der Clique lieber unter uns geblieben wären. Aber schließlich verfolgte ich für das Treffen an diesem Nachmittag meine eigenen Pläne, die es nicht erlaubten, rücksichtslos für ein „nur wir Jungs!“ zu plädieren. Und in diese Pläne musste ich Adam jetzt behutsam einweihen.
„Da haben wir Jungs doch auch was davon, wenn Olga nicht als einziges Mädchen mit von der Partie ist“, fuhr ich deshalb fort. „Ich glaube, Olga und Carlos Verlobte kennen sich sogar flüchtig, wirst schon sehen, die haben genug miteinander zu bereden und lassen uns in Ruhe.“
„Olga? Welche Olga? Deine Olga etwa?“ fragte Adam mit ungespieltem Erstaunen nach.
„Ja, Superhirn, ‚meine’ Olga, wenn du sie so nennen willst. Wenn du nicht den Teil deines Gedächtnisses abgeschaltet hättest, in dem du unsere Verabredung abgelegt hast, dann wüsstest du das auch schon längst. Habe ich dir nämlich alles erzählt, das Olga mitkommen will.“ Noch eine Lüge, leider viel weniger elegant und außerdem deutlich dreist als die zuvor. Die Sache mit Olga hatte ich mir nämlich erst an diesem Morgen ausgedacht.
„So, so, Olga also auch“, kommentierte Adam mit wenig Begeisterung.
„Ja, Olga auch – was dagegen?“ Angriff hielt ich für die beste Verteidigung.
„Hm, nö, natürlich nicht“, wich Adam aus, „es ist nur, ich dachte, ihr seid, also ich meine, du bist bei ihr abgeblitzt, war das nicht so?“
„Nein, das war nicht so“, widersprach ich heftiger, als es meiner Situation angemessen gewesen wäre.
Olga, ach Olga! Wie oft hatte ich mich nicht schon einen Idioten gescholten, mich ausgerechnet in das vermutlich klügste Mädchen in ganz Kys verguckt zu haben. Die einzig akzeptable Entschuldigung für meine Eselei war die magnetisch wirkende Attraktion, die von Olga ausging. War es ihr Mund, der in ihrem immer aufblitzenden Lächeln schönste Lebensfreude widerspiegelte? War es der Schwung ihrer Lippen, die durch zwei ganz kleine Narben rechts unterhalb von ihrer Nase (ja, ich hatte sehr genau hingeschaut!) eine nur noch apartere Anmut erhielten? Oder waren es ihre wunderbaren Locken, viele lustige Korkenzieherlöckchen, die Olga aller Mühe zum Trotz nicht im Zaum halten konnte, und in denen ihr Vergnügen und ihr Spaß am Leben vibrierten? Egal, es war jedenfalls viel schwerer, sich in Olga nicht zu verlieben, als ihr früher oder später, wenn nicht schon beim ersten Sehen, dann halt beim dritten oder vierten, wehrlos zu erliegen.
Weil ich damals ein genauso dummer Junge wie alle Jungs aus unserer Clique war, konnte ich mir schlicht nicht vorstellen, wie lästig für Olga die ganze anschmachtende und zugleich doch aufschneiderische Anbetung sein musste. Ich war ja nicht der einzige Typ in unserem Alter, der Augen im Kopf hatte, und leider auch nicht der einzige, der Olgas fröhliche Freundlichkeit irrtümlich für eine verheißungsvolle Zustimmung zu meinem Werben halten wollte und prompt auch hielt. Genau zwei Wochen zuvor hatte ich es in meinem berauschten Optimismus übertrieben und in einem Club erst mit Olga getanzt und dann – allein der Gedanke daran ließ mir die Röte ins Gesicht steigen, während ich versuchte, mit Adam zu telefonieren – ja, dann hatte ich versucht, sie zu küssen, hatte ihre unvergleichlich herrlichen Lippen küssen, auf meinen spüren wollen, gar nicht mehr, aber für diesen Abend auch auf gar keinen Fall weniger. Gepfeffert hatte sie mir zwar keine, dafür war sie zu rücksichtsvoll gewesen. Aber sie hatte mich mit einem schwungvollen Schubser zielgenau in einen Clubsessel befördert, dann war sie grußlos zu ihren Freundinnen an die Bar gegangen.
Die zwei Wochen seitdem hatte ich nicht ungenutzt verstreichen lassen. Ich hatte es wie ein Mann genommen – also kaum dass ich daheim war, eine halbe Nacht lang in mein Kissen geflennt. Dann hatte ich mich eine halbe Woche lang selbst und die nächste halbe Woche die Schlechtigkeit der Welt als solche bedauert. Drei weitere Tage waren mit konzentrierten Arbeiten an einem Entwurf einer Mail an Olga vergangen, bis ich schließlich fünf linkische Zeilen und einen neckischen Anhang mit einer lustigen Karikatur über betrunkene jugendliche zusammengepappt hatte. Nur noch eineinhalb Tage hatte ich dann gebraucht, um mich zu überwinden, die Nachricht auch abzusenden, mit der ich nicht mehr ausdrückte, als dass es mir leid täte und ich, wenn sie das wollte, ihr nie mehr unter die Augen treten würde. Angst hatte mich beschlichen, als Olga keine Stunde später geantwortet hatte, dass ich mir mal nicht zu viel einbilden sollte, sie hätte schon schlimmere Kerle als mich überstanden, und, nein, wir könnten uns ruhig mal wieder treffen, aber bitte nicht zu zweien, sondern besser mit unseren Cliquen, in meiner gäbe es ja vielleicht einen reizvolleren jungen Mann als mich, sie hätte da die Hoffnung noch nicht aufgegeben.
So viel Courage, so viel Selbstbewusstsein! Einen Augenblick und auch noch zwei weitere lang erwog ich ernsthaft, einfach noch eine weitere Woche heulend elendige Verzweiflung dranzuhängen.
Stattdessen tat ich etwas noch Dümmeres und folgte einem Einfall: Bei dem Stichwort eines netteren Typen aus meiner Clique hatte es Klick bei mir gemacht, ein ziemlich absurdes Klick allerdings. Wie es wohl wäre, hatte ich mir überlegt, wenn ich auf ihre Frage einginge und ihr jemanden von den Jungs als angeblich total tollen Typen vorstellte – freilich nachdem ich den Kandidaten eingeweiht hatte und alles selbstverständlich nur zu dem Zweck, noch einen letzten Versuch zu machen, bei Olga zu landen, indem ich sie davon überzeugte, wie originell und beliebt und witzig ich im Vergleich zu dem vorgeblichen Traum-Kandidaten war. Ich hatte Olgas knappe Antwortmail immer und immer wieder durchgelesen, hatte mir gewünscht, einen Dummen bei der Hand zu haben, den ich ihr als angeblichen Kandidaten präsentieren könnte. Dann hatte ich mich an die Verabredung mit der Clique im Strandbad erinnert – und ihr kurzerhand Adam Bocca als den Traumtypen präsentiert, den ich ihr bereitwillig vorstellen könnte.
So weit, so gut. Schade nur, dass Adam von seinem Glück nichts gewusst hatte, und bis zum Augenblick unseres Telefonates wenige Stunden vor dem mit Olga schon längst verabredeten Treffen immer noch nichts wusste.
„Ja, also, Olga kommt auch, was ist schon dabei“, fuhr ich nun notgedrungen und nach einer unnatürlichen Pause von zwei oder fünf Sekunden Länge fort, „du findest sie doch auch toll, oder?“
„Jau. Geht so. Ist mir ’n bisschen zu quirlig, da weiß ich nie, ob sie mich nicht heimlich auslacht“, moserte Adam.
Jetzt hieß es: Zuschlagen und überrumpeln!
„Ist mir ganz recht, wenn du sie eher so zwei minus findest“, antwortete ich also, „dann macht es dir ja bestimmt nichts aus, mir einen Gefallen zu tun und meinen Chancen bei Olga ein bisschen auf die Sprünge zu helfen.“
„Oskar und Olga, O - O, würde ich mal sagen.“
„Todkomisch. Darf ich mich vor Lachen auf den Boden werfen?“
„Wenn du willst. Was für einen Gefallen übrigens?“
„Ganz einfach: Vielleicht bist du ja doch ihr Typ und dann hab ich, wenn wir es richtig anstellen, auch was davon.“
„Versteh ich nicht. Wie soll das gehen? Irgendeine Ferkelei?“
„Nein, nein“, wehrte ich ab, „gar nicht. Also: Ich erzähle ihr, dass da in unserer Clique ein ganz besonders interessanter Typ ist – lieb, charmant, witzig – der auch noch gut aussieht. Und dass ich ihr den Typen vorstelle, damit die beiden sich kennenlernen, der Typ aber nicht weiß, dass das eine gezielte Vorstellung wird. In Wirklichkeit ist das mit ihm aber natürlich alles abgesprochen und er ist zwar genau wie versprochen lieb und charmant und witzig, aber eben offensichtlich nicht an ihr interessiert. Dann komme ich ins Spiel, tröste Olga und schwupps! bin ich wieder im Rennen.“
„Aha“, kommentierte Adam. „Klingt nach ’ner Scheißidee. Wer soll denn der Depp sein, der sich für so’n Mist hergibt?“
„Du.“ Unangenehme Wahrheiten sollten knapp ausgedrückt werden.
„Ich.“ Das war jetzt ein bisschen schwer zu interpretieren, ob Adam sich bereits einverstanden erklärt hatte. „Ich? Ich? Wieso ich?“ fragte Adam leider nach.
Tja, das fragen sich so viele. Anscheinend war er nicht einverstanden, in meinem genialen Plan eine tragende Rolle zu spielen.
„Komm schon, jetzt stell dich nicht so an und sei wenigstens einmal ein Kumpel! Wenn du schon beinahe die ganze Verabredung platzen lässt, kannst du es mir wenigstens mit einem kleinen Gefallen vergelten.“ Starker Tobak, aber irgendwie musste ich einen unübersehbaren Bogen zu Adams schlechtem Gewissen spannen. „Ist ja nichts dabei. Keine Angst, Olga beißt schon nicht, und bei ihr im Ergebnis doch nicht zu punkten, sollte dir nicht schwerfallen.“
„Aber ich…“
„Aber du hast wohl ein Problem damit, dich einfach mal locker zu machen und mir ein bisschen zu helfen. Okay, habe ich verstanden.“
Schweigen. Ich an seiner Stelle, keine Frage, ich hätte spätestens jetzt einfach aufgelegt. Doch Frechheit siegt, bekanntlich, leider, ist halt so.
„Na gut“, gab Adam nach, „ich mach mit. Muss ich was bestimmtes sagen oder machen?“
„Nein, nein, sei einfach so reizend wie immer. Ich sehe zu, dass ich mit Olga ein bisschen früher da bin und ihr den Mund wässrig reden kann nach dem tollen Adam Bocca.“ Ihm zu gestehen, dass ich alles schon längst vorbereitet und ganz sicher darauf gerechnet hatte, ihn breitzuschlagen, diese Schmach wollte ich Adam dann doch ersparen
„Hm“, machte Adam.
„Ach, und noch was“, einmal im Schwung setzte ich noch einen oben drauf: „Wäre toll, wenn ich meine drei Pullen nicht mitschleppen muss. Klar, ich halt mich an meine Zusagen, und die drei Fläschchen leckersten Synthie-Likörs stehen startklar bereit. Prima Zeug zum reinmischen ins Bier. Es ist nur… etwas unhandlich, wenn ich Olga als Mann von Welt ins Strandbad begleite und dabei den Alk mit rumschleppe.“
„Hm.“
„Ist ja aber auch gar kein Problem: Ich komme nachher eh bei Dir vorbei, dann gebe ich die guten Tröpfchen bei Eurem Concierge ab und du bringst sie mit. Hast dann ja sowieso dein Einkaufswägelchen dabei.“
„Hm.“
„Geht’s ein bisschen genauer? ‚Hm’ was? Ja oder nein?“
„Hm – na gut“.
Ging doch. Schleunigst beendete ich das Gespräch mit dem Vorsatz, bis zum Treffen im Strandbad keinen Anruf von Adam mehr entgegen zu nehmen und mich damit jeder Absage zu verschließen.
Nennt mich kackdreist, nennt mich ein Kameradenschwein, einen fiesen Typen, der einen Freund hinters Licht führt. Aber bedenkt, wie verzweifelt ich war und wie verzweifelt ich mir wünschte, es würde mit Olga und mir doch noch etwas werden, wenn mein kleiner Streich sie erst einmal beeindruckt hätte – hoffentlich würde es klappen!
Allein – auch mein mitfühlendes Trösten vermochte Adams Jammer über den vergessenen Likör nicht zu lindern, so wie es mir zuvor mit Niederzischen und Schimpfen nicht geglückt war, ihn von dieser fixen Idee abzubringen. Der Typ, der plötzlich und wie aus dem Nichts an unserem Trinklager auftauchte, hörte deshalb als erstes Adams gebetsmühlenhaft wiederholten Klagelaut, wie sehr es ihm doch leid tue, das mit dem Likör verschusselt zu haben.
„Dann trab doch los und hol dir fix eine Pulle am Büdchen draußen vor dem Eingang; ist nicht so billig wie im Supermarkt, aber bestimmt nicht so teuer wie am ‚Goldenen Erpel‘“, riet der Typ. Keiner von uns kannte ihn, und ich glaube jeder von uns hasste ihn vom ersten Augenblick an, und zwar aus purem, eifersüchtigem Neid. Der Kerl sah ganz gut aus, keine Frage, in den Augen eines hübschen Mädchens war er vermutlich – ach was, vermutlich, ganz sicher sogar – umwerfend attraktiv: Groß, breite Schultern aber keinen Stiernacken, akkurat kurzes aber nicht zu kurzes nussbraunes Haar, kräftige Jochbeine, ins Strahlendblaue changierende Augen, ebenmäßige Zähne für ein Lächeln wie aus dem Katalog und ein Kinngrübchen. Ja, auch das noch: Ein Kinngrübchen! Muss denn jede Ungerechtigkeit des Schicksals gleich so… so grenzenlos sein? Der Typ lächelte sein Kataloglächeln in unsere Runde, Olga lächelte fröhlich zurück (und ein wenig aufgeregt), Carlo lächelte aus Höflichkeit, Adam aus Verlegenheit. Wir anderen starrten den Typen mit finsterem Hass an.
Das bemerkte der Kerl natürlich, doch es machte ihm nichts aus. Er sah uns an mit der Gelassenheit eines Menschen, der zwar nicht willkommen ist, der aber weiß, dass ihm die unfreundliche Aufnahme schon deshalb nichts anhaben kann – weil er sich ohnehin gleich wieder mit dem aus dem Staub machen wird, weswegen er gekommen ist.
„Na, Prinzessin“, sagte der Depp dann tatsächlich zu Olga, „alles gut?“
Diese Wendung, dieses unendlich hirnlose und oberflächliche „alles gut“ hatte ich schon immer gehasst, aber ab dieser Sekunde wurde es für mich zu der Phrase, die mir für den Rest meines Lebens Gänsehaut und Ãœbelkeit bereitete.
Olga, die sonst so sensible und geistreiche Olga, störte sich an solcher hölzernen Dummheit hingegen nicht im Geringsten.
„Alles gut, Mick“, antwortete sie vielmehr strahlend, „jetzt, wo du da bist, sogar alles so gut, wie es nur sein kann.“
Mick also. Genug, grausames Schicksal, was denn nun noch?
Ich hätte es wissen müssen: Mick machte einen entschiedenen Schritt auf Olga zu, so dass der arme Sammy, der nun wirklich nichts dafür konnte, gerade noch seine Füße in Sicherheit brachte. Dann reichte Mick seiner Prinzessin Olga in einer affektiert eleganten Bewegung die Hand und zog sie hoch. Kaum dass sie stand, gab sie ihm zwei schmatzende Küsse auf die Wange. Na gut, immerhin nicht auf den Mund – von wegen! Schadenfroh, ja, wirklich schadenfroh grinste Olga mich an, dann knutschte sie ihren magischen Mick mitten auf den Mund. Igitt! Oder anders gesagt: Warum nicht mich?
Mick tätschelte ihr zum Dank das Gesäß und fragte sie: „Na dann, sollen wir gleich los?“ Olga nickte heftig wie ein Schulmädchen, das endlich nach Hause abgeholt wird. „Ach, und das…“, Mick machte eine Kopfbewegung auf Adam, Carlo und mich, „… das sind die Verliererfressen, vor denen ich dich retten sollte?“
Olga lachte glockenhell mit vielleicht ein bisschen weniger Schadenfreude, trotzdem tat mir der Laut körperlich weh.
„Sie sind schon ganz in Ordnung“, erklärte sie ihrem Prinzen großzügig, „es war ein ganz netter… Versuch. Ein Experiment, ja. Jetzt ist aber auch gut mit Freaks für heute. Außerdem habe ich Hunger und Lust auf was Ordentliches zu trinken.“
Ein vernichtender Blick von ihr auf Adams Einkaufswägelchen und ein drohender Blick von mir auf Adam, jetzt bloß nicht wieder mit dem beschissenen, verdammten, vermaledeiten vergessenen Likör anzufangen!
Nein, Adam hielt die Klappe. Es kam aber noch schlimmer, als Olga zu mir sagte: „Nicht traurig sein, liebes Oskarlein.“ Wieder lachte sie glockenhell. „Nun schau nicht so. Hast du wirklich geglaubt, ich tue mir euren Wahnsinn freiwillig noch länger an? Trotzdem vielen Dank, das war heute sehr aufschlussreich. Ich war mir ja nicht ganz sicher, ob du nicht doch ganz interessant bist, aber jetzt weiß ich, dass es dann so interessant für mich doch nicht sein muss. Also, mach’s gut.“ Sie hakte sich bei Mick ein und wandte sich zum Gehen.
„Du warst die ganze Zeit mit ihm hier verabredet?“ fragte ich ihr heiser hinterher.
„Nein, Dummerchen, natürlich nicht. Mick wusste natürlich, wo ich bin, muss er als mein Beschützer ja auch. Ich hab ihn dann herbeigerufen, als ihr hier alle völlig durchgedreht seid. Und wie es sich für einen richtigen Kerl gehört, ist er auf meine Textnachricht auch gleich gekommen.“ Dankesschmatzer auf Micks Wange, herzlichsten auch!
Natürlich, ihr Rumgewische und -getippe auf ihrem Telefon: Sie hatte ihn hergetextet, als es ihr zu dumm mit uns wurde. Und bevor sie sich den Spaß erlaubte, mich noch ein letztes Mal auf die Probe zu stellen. Schlaue Pläne kannst du gerne schmieden, das zog ich als bittere Lehre daraus, nur müssen sie halt schlauer sein, als die des anderen, den – oder die – du überlisten willst. Wirklich ganz einfach.
„Lebe wohl, Carlo“, verabschiedete Olga sich dann noch huldvoll von ihren Gesprächspartnern. „Und auch du, Adam, lebe wohl. Ich werde noch viel von dir hören, das glaube ich ganz bestimmt. Doch dann wirst du von Menschen wie mir nicht mehr viel wissen wollen. Das ist ganz in Ordnung so. Viel Glück bei allem, was du tun musst. Denke immer daran: Du kannst es tun.“
Adam sah verwirrt drein. Er nahm das dahingeplapperte Rätsel wohl für bare Münze und forschte nun nach dem tieferen Sinn. Für Nachfragen blieb aber keine Zeit mehr, schon war das Traumpaar losmarschiert und kurz darauf in Richtung Ausgang verschwunden.
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Wir schwiegen. Der Nachmittag schritt voran in seine schönste, sonnigste und zugleich mildeste Phase. Das Strandbad leerte sich ein wenig, gerade so viel, dass es noch viel angenehmer wurde, dort nur zu sitzen und dem Fluss und der Sonne und den Bäumen zuzusehen. Wir schwiegen immer noch.
„Schade, dass ich die Flaschen nicht mitgenommen habe“, sagte Adam mit unwirklicher Deutlichkeit in die Stille hinein. „Obwohl: Ich habe jetzt auch gar keine Lust auf Likör mehr.“
„Ich auch nicht, Adam“, antwortete ich, „ich auch nicht.“
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Meine Hoffnung, den Nachmittag glimpflich und vor allem ohne weitere Dramen zu überstehen wuchs in derselben Geschwindigkeit, mit der sich Carlos Verlobte entfernte. Hastig leerte ich meine Bierflasche, nicht nur, weil ich das Rennen um die letzte Pulle aus Adams Großvorrat machen wollte. Sondern auch, weil ich mich nun bereit fühlte, Olga direkt anzusprechen. Es war ja alles so schief gegangen, dennoch war sie bei uns und außerdem freundlich geblieben – jetzt konnte ich es direkt und ohne Tricks wagen.
Aber auch das funktionierte nicht. Freilich im besten Sinne, denn sie kam mir zuvor: „Ach, Oskar“, sagte sie, rutschte ein wenig näher an mich ran, gerade nahe genug, um mich einer mittleren Tachykardie auszusetzen, „ach, Oskar, das hast du gut gemacht.“ Ich sah sie fragend an, zu begeistert von ihrer Annäherung allerdings, um kritisch darauf zu achten, ob sie mich nicht etwa verspotte. „Hierher zu kommen und deine Freunde mitzubringen, meine ich“, erläuterte sie. „Organisierst du so etwas öfter?“
„Ich, äh, ja also…“ tat ich mir mit einer Antwort schwer.
Einerseits konnte ich kaum in Anspruch nehmen das gemeinsame Biertrinken am Strandbad als Freizeitsport erfunden zu haben. Ich konnte nicht einmal behaupten, in unserer Clique der glühendste Anhänger dieses Vergnügens zu sein, und just an diesem Tag hatte ich unser Treffen ja ohne Bedenken für meine ganz eigenen Zwecke missbraucht. Andererseits: Wenn es unter uns Jungs mal ans Organisieren ging, dann war meistens ich derjenige, der die Sache in die Hand nahm. Grund genug, Olgas implizites Kompliment anzunehmen und ein bisschen anzugeben.
„Ja? Was wolltest du sagen?“ fragte Olga, die ich mit offenem Mund anstarrte, ohne meinen Satz zu beenden.
„Ähm, nix, na ja, nur, dass ich schon mal die Jungs zusammentelefoniere, ja klar, das schon. Die…, die brauchen manchmal einfach einen, der sie antreibt, so ein bisschen, ja, und das bin dann ich, meistens.“
Ängstlich beobachtete ich die Clique, ob ich mich womöglich doch zu weit vorgewagt hatte – doch niemand protestierte. Die meisten waren wohl froh, endlich kein Gespräch mehr mit einem Mädchen führen zu müssen, während Carlo finster zu Boden starrte; Adam wühlte unterdessen– weiß der Geier, was an dem Tag in den Jungen gefahren war! – unbeholfen in seinem vollständig geleerten Einkaufswägelchen herum.
„Toll. Wirklich“, sagte Olga anerkennend. „Ich finde das wirklich toll, wenn sich jemand freiwillig für andere einsetzt.“
„Na ja“, wehrte ich ab, „ist ja jetzt keine gemeinnützige Arbeit oder so, ich tu’s ja vor allem, um mit den Jungs loszuziehen und Spaß zu haben.“
„Trotzdem, jeder noch so gute Freundeskreis braucht einen, der sich kümmert. Freunde brauchen Freunde. Komm, darauf trinken wir.“ Sie hielt mir ihre Bierflasche zum Anstoßen hin. „Prost! Auf die Freunde!“ Obwohl es mir seltsam vorkam, prostete ich ihr zu, doch dann fiel mir zu sagen nichts mehr ein.
Wir schwiegen, bis sie den Gesprächsfaden weiterspann: „Jetzt muss ich aber adoch fragen – bin halt ein Mädchen –, wie wichtig dir deine Freunde sind?“
Eine Frage, die für einen Jungen vor seinen Freunden ungefähr so peinlich ist, wie ein erzwungenes öffentliches Liebesbekenntnis zu seiner Freundin. Aber nun gut, da musste ich jetzt durch in der Hoffnung, dass die anderen immer noch nicht hinhören würden.
„Meine Freunde – klar sind die mir wichtig, ganz wichtig sogar.“
„Wieso?“ Wie – wieso? Sollte das jetzt in Nachdenkenmüssen ausarten?
„Weil… na, weil ich mit Ihnen meine Zeit verbringen will, deshalb.“
„Aber wieso? Wieso willst du mit ihnen deine Zeit verbringen?“
Was für eine unsinnige Frage von Olga! Mit wem sollte ein Kerl meines Alters seine Zeit schon verbringen wollen, wenn nicht mit seinen Kumpels? Ich stammte aus einer ordentlichen Familie, in der man sich also nach dem Kleinkindalter bitteschön nicht mehr allzu viel mit den Verwandten abgibt. Zu den Strebern, die ihre Schulzeit mit langwieriger Büffelei in der Bibliothek verbrachten, hatte ich nie gehört, und jetzt, so auf halbem Wege zwischen Schule und Studium, hatte das Schmökern in Büchern erst recht keinen Sinn mehr. Mädchen schließlich, ja, das waren für mich, der ich noch nie eine feste Freundin gehabt hatte, Wesen, die viel zu faszinierend waren, um einfach nur Zeit mit ihnen zu verbringen. Mir, einem ganz normalen Jungen in diesem ungefähren Adoleszentenalter zwischen Kind und Mann, blieb beinahe zwangsläufig gar nichts anderes übrig, als zu tun, was so gut wie alle Altersgenossen taten: Meine Zeit totschlagen mit einer freiwilligen Dienstzeit oder einem Grundstudium, egal, das eine war so langweilig und belanglos wie das andere; und die kostbare frei zu nutzende Zeit mit meiner Clique verbringen. Eine wirklich unsinnige Frage. Weil ich das Olga so nicht antworten wollte, brummte ich undeutlich unter der Andeutung eines Schulterzuckens.
„Du weißt es nicht?“ frage Olga nach. „Noch keine Gedanken darüber gemacht?“ Noch einmal sah sie mich fragend an, um mir Zeit für eine vielleicht doch noch vernünftige Antwort zu verschaffen. „Worauf ich hinaus will: Was wäre denn, wenn es in deinem Leben eine Person gäbe, die dir besonders wichtig ist – so wie in Carlos Leben?“ Mit einer sachten Neigung des Kopfes deutete sie auf Carlo, den immer noch nichts Besseres eingefallen war, als finster vor sich hin zu starren.
Carlo? So wie in Carlos Leben? Du meine Güte, ja der, bei dem war alles anders. Unverständlich sein fleißiger Eifer, mit dem er sich ins Studium gestürzt hatte, nicht nachvollziehbar seine Beziehung, die er unbedingt in die spießige und eigentlich überkommene Form eines Verlöbnisses gebracht hatte. Aber was hatte er davon? Dass er eben nicht, so wie wir alle, einfach so ins Strandbad gehen und abhängen konnte. Was sollte ich mir den Kopf zerbrechen um Carlos exzentrische Lebensweise, der ich ja doch und aus gutem Grund nie nacheifern würde?
„Ach, ich weiß nicht“, murmelte ich ausweichend.
„Das weißt du auch nicht?“ fragte Olga. „Wie seltsam. Schau mal: Du bist doch niemand, dem andere Menschen egal sind, oder? Für deine Freunde legst du dich immerhin ins Zeug. Außerdem bist du aber auch ein Typ wie andere auch, also einer, der einem Mädchen klarmachen will, wie unwiderstehlich er ist, hab ich Recht?“ Besser nichts sagen und Luft anhalten, daran hielt ich mich. „Dann musst du dich aber auch darauf einstellen, dass es ein bisschen kompliziert werden kann“, fuhr sie in ihrer Darlegung fort. „Hier deine Clique, die dir aus irgendeinem Grund so wichtig ist; da du selber mit deinen eigenen Interessen, die sich irgendwann einmal vielleicht nicht mehr auf die Clique beschränken; und dann auch noch eine Freundin, von der du bestimmt mehr willst, als nur hübsches Aussehen und stummes Dabeihocken, wenn du sie deiner Clique vorstellst – das ist nicht wenig und jedes einzelne will woanders hinaus.“
Oh nein! Immer dieses Problemgequatsche! Immer alles so kompliziert machen! Wer hat denn danach gefragt? Ich wollte doch nur ein bisschen flirten, wenn’s ganz gut liefe ein bisschen mehr, aber doch nicht gleich mein ganze Leben ummöblieren. Eins nach dem anderen! Bevor mich keine erhört muss ich auch auf keine Rücksicht nehmen.
„Ach, immer dieses Problemgequatsche! Warum muss alles immer so kompliziert sein?“ brach es aus mir heraus, leider. Erschrocken sah ich mich um, nachdem mir diese Worte entfahren waren. „Ich meine, ich will doch erstmal nur eine gute Zeit haben“, schob ich mit wenig Hoffnung auf erfolgreiche Wiedergutmachung hinterher, „und dann… dann kann ich mir ja immer noch den Kopf zerbrechen, was ich wie genau mache.“
„So – Problemgequatsche also“, antwortete Olga, indem sie wieder das Kunststück ihrer kritisch hochgezogenen linken Augenbraue vollführte. „Wenn das für dich zu kompliziertes Problemgequatsche ist, dann gebe ich dir zwei Ratschläge: Erstens solltest du dich an eine halten, der es egal ist, wie viel Rücksicht du auf sie in deinem Leben nimmst. Und zweitens solltest du dich darauf einstellen, dass sie soviel Gleichgültigkeit auch von dir erwartet. Die Idee, das Problemgequatsche auf später zu verschieben, die wird auf jeden Fall nicht funktionieren. Denn dann werden die Probleme nur größer und komplizierter, also unlösbar für jemanden mit so einer Einstellung.“
„Ich wollte nur sagen…“
„Und ich will nur sagen, dass, und das ist mein dritter Ratschlag, du besser keine Mühe mehr auf mich verschwendest, wenn du dir Mühe doch nur machen willst, um irgendeine zu erobern. Ganz einfach.“
Olga wandte sich ab und trank ihre Bierflasche aus, während sie mit dem Blick ins Nirgendwo auf den Fluss hinausschaute.
„Mach besser keine Probefahrt mit einem fremden, wilden Herzen, für das du keinen Führerschein hast“, orakelte Sammy vor sich hin.
Ehe ich ihn anschnauzen konnte, fing Adam, der seine Suche im Einkaufswägelchen endlich abgeschlossen hatte, wieder mit seiner Jammerei wegen des vergessenen Likörs an – ja, waren denn jetzt alle verrückt geworden? Oder doch nur ich?
Aus lauter Niedergeschlagenheit schimpfte ich diesmal mit Adam nicht, sondern versuchte, möglichst tröstende Worte für sein Missgeschick zu finden, und bot mich sogar an, die erste Runde nach dem Ende unserer Vorräte beim „Goldenen Erpel“ zu holen.
Die Rettung der Situation kam allerdings auch von Carlo. Er hatte sich neben Adam gesetzt und mit ihm, ohne die zickige Bemerkung seiner Verlobten zu beachten, ein belanglos laberndes Gespräch angefangen. Bei aller Duckmäuserei vor seiner Verlobten, wusste er mit ihr doch so gut umzugehen, dass sie wenigstens friedlich blieb. Besitz ergreifend schmiegte sie sich an ihn. Erkennbar hörte sie der Unterhaltung gar nicht zu, die sie wohl für dummes Jungens-Gerede hielt, dem zu folgen sie sich nicht herablassen wollte. Unter ihrem Schweigen, und weil es in Carlos Konversation mit Adam um rein gar nichts ging, die beiden sich aber ganz angeregt unterhielten, kehrte genau die entspannte Samstag-im-Strandbad-Stimmung ein, wegen der wir alle (Carlos Verlobte vielleicht einmal ausgenommen) hergekommen waren.
Die Momente flossen beruhigend dahin und verschmolzen zu zeitlosen Minuten und Viertelstunden. So anders als die Anspannung zuvor war dieser Zustand, dass ich sogar das Biertrinken vergaß und mich einer unaufhaltsam aufsteigenden Müdigkeit hingab. Nicht tief tauchte ich unter die sachten Wellen wachen Bewusstseins, ein flaches Dösen nur, in dem mich Olgas angenehme Stimme aus unbestimmter Ferne oder Nähe erreichte. Beglückt nahm ich an, sanft zu träumen, einen Traum mit Olga darin, doch mein Geist war noch wach genug, mich zu korrigieren, ich schliefe ja gar nicht, könne also auch nicht träumen, Olga müsse sich wohl in die Unterhaltung von Adam und Carlo eingeschaltet haben. Auch damit gab ich mich indes gerne zufrieden – wie schön, gedankenlos in der Sonne da zu hocken und zu dösen und die Freunde und ein tolle Mädchen ganz nah um sich zu wissen.
Der schneidende Ton der Stimme von Carlos Verlobter hob mich schmerzhaft in Richtung der Oberfläche des Bewusstseins, wie ein übersehener Felsen, den ein knapp unter dem Wasserspiegel tauchender Schwimmer rammt, so dass der Schwimmer vor Schreck an die Oberfläche schnellt. Was hatte die denn nun wieder zu schimpfen? Dann wieder der tröstend sonore Klang von Carlos Stimme, ein paar besänftigende Worte wohl, dann fuhr er in seinem Gespräch unbeirrt fort. Schön, schön war das, und so mühelos und entspannt. Adam antwortete etwas, dann wieder Carlo, dann schließlich, ach, wie schön, wieder Olga. Diesmal entgegnete Adam, doch da – verdammt! – schon wieder schnarrte Carlos Verlobte dazwischen, in noch viel schärferem Ton. Von Carlo, der beruhigend brummte, ließ sie sich nicht mehr besänftigen. Was denn nur das Problem dieser Frau sei, fragte ich mich, währenddessen Olgas Stimme in mir eine letzte Hoffnung weckte, noch einmal tiefer eindösen zu können. Aber nein, daraus wurde nichts, denn wieder schnarrte Carlos Verlobte, nunmehr eine längere Suada, bei deren Vortrag sie sich in einen verbiesterten Ton hineinsteigerte.
„… muss zwar schließlich jedes begabte Mädchen selber wissen, was es aus seinem Leben macht.“
Auch wenn ich den Anfang dieses Vortrags nicht mitbekommen hatte, wusste ich, dass Carlos Verlobte bei der Frage angelangt war, wie eine junge Frau am sinnvollsten ihre Karriere verfolgte. Denn erstens war das ihr Lieblingsthema, wenn sie mit unserer Clique unterwegs war, und zweites bekam sie nur bei diesem Thema einen solchen Ausdruck, der gleichermaßen von Rechthaberei wie von enttäuschtem Zorn geprägt war.
„Aber“, fuhr sie in erbarmungsloser Logik fort, „mit deinen selbstverliebten Sperenzien richtest du Schaden an. Dass du dir selber schadest, ist ja noch das Wenigste, soviel Freiheit muss man solchen ungezogenen halben Kindern wie dir wohl lassen. Viel schlimmer ist der Schaden, den du anderen zufügst, allen Frauen. Denk doch mal nach und nicht nur an dich.“
Oh nein! Das war dann doch zu viel. Carlos Verlobte hatte, das wussten wir aus schmerzlicher Erfahrung ganz gut, eine bestimmte Platte, die sie bei ihrem Dauerthema „die Frau, die sich nicht traut“ immer abspielte. Für gewöhnlich beschränkte sie sich allerdings darauf, uns Jungs zu beschimpfen, weil wir angeblich ihre Geschlechtsgenossinnen ermutigten, auf Karrierechancen zu verzichten. Die Strophe, nach der die jungen Frauen selber schuld wären, wenn sie nicht genug aus sich machten, war neu, obwohl bei früheren Gelegenheiten auch schon Mädchen unter den Zuhörern gewesen waren.
Wie ungerecht von ihr, ausgerechnet Olga so anzugehen! Ich kannte damals neben ihr kein klügeres und fleißigeres Mädchen in ganz Kys, jedenfalls wollte ich keines kennen. Sie würde sich doch wohl so einen Unsinn nicht einfach anhören?
Tat sie nicht. „Ich glaube, den größten Schaden an meiner freien Entscheidung nehmen Leute wie du“, gab sie Carlos Verlobter zurück. „Das tut mir zwar leid, denn es nicht nur nicht meine Absicht, niemanden zu verärgern, sondern ich versuche das sogar zu vermeiden, wenn es denn geht. Bei Menschen wie dir geht es aber nicht. Du gehörst zu den wenigen Leuten, die nur darauf warten, sich über andere zu erregen und sie zu beschimpfen. Das ist ein Leiden, für das zum Glück nicht ich verantwortlich bin. Ich bin nur ein beliebiger Anlass dafür, dass es zum Ausbruch kommt.“ In aller Ruhe schob Olga sich ihre Sonnenbrille im Haar zurecht. „Wenn ich dir sage, dass du Hilfe brauchst, dann wirst du dich darüber noch mehr aufregen, aber ich sage es trotzdem, denn es stimmt. Du brauchst Hilfe, sonst machst du dich nur immerzu unglücklich; dich und die Menschen um dich herum.“
Das saß. Und das würde Carlos Verlobte ganz bestimmt nicht auf sich sitzen lassen. Wie sehr Olgas wohlüberlebte Rede sie in die Enge getrieben hatte, war daran zu erkennen, dass sie sich alberner Weise eines verächtlichen Lachens bediente, mit dem sie vorspielen wollte, über Olgas Worte erhaben zu sein.
„Süß, Mädchen, wirklich süß“, sagte Carlos Verlobte mit einer Stimme, die von der Mühe verzerrt wurde, nicht vor Zorn loszuschreien. „Eine ganz süße Nummer, die Hilfsbereite zu spielen, die den Spieß umdrehen kann, weil sie den Durchblick hat. Aber auch ein bisschen billig, findest du nicht? Passt aber zu dir. Ist genauso billig wie die Masche mit dem herzensguten Mädchen, das nicht studieren will, um einen Pflegeberuf zu erlernen.“
Ach so, das war es: Olga hatte wohl von ihrem vagen Plan erzählt, Krankenschwester oder Pflegerin zu werden, und offenbar hatte sie den zweiten Teil ihres Planes, nämlich den mit dem späteren Medizinstudium, nicht erwähnt.
„Glaubst du nicht, Kleines“, ätzte Carlos Verlobte weiter, „dass das früher oder später jemandem auffällt, wenn du dich an alte todkranke Säcke ranmachst, um erst die barmherzige Schwester zu spielen und dann später abzusahnen?“ Schon toll, wie sehr Boshaftigkeit die Fantasie befeuern kann.
Olga nahm es mit einem Schulterzucken, das ihr Hilfsangebot nur zu wiederholen schien.
Nicht so Carlo: „Jetzt ist aber mal gut“, ereiferte er sich und fuhr seine Verlobte an. „Führ dich doch bitte nicht so auf, sie hat dir doch nichts getan.“
Fehler! Ganz großer Fehler! Doch Carlo hatte sich nun einmal hinreißen lassen, jetzt musste er den Zornessturm abwettern, der folgerichtig über ihn hereinbrach. Das sie jetzt aber genug habe, von seinem ständigen Gaffen hinter anderen Mädchen her, schimpfte Carlos Verlobte, dass sie sich doch nicht mit so einem billigen Flittchen messen müsste – und das Olga! das Olga! – und dass sie ihm nur noch eine letzte Chance gebe, nämlich indem er sie jetzt endlich vor diesen Bekloppten – das uns! – in Sicherheit brächte. Carlo hielt mit dem Appell dagegen, sie möge seine Freunde da rauslassen und sich beruhigen, sie habe doch gar keinen Grund zur Eifersucht.
Das brachte die aufgestaute Spannung endlich zur Explosion: „Eifersucht?“ kreischte Carlos Verlobte ihn an. „Ich soll eifersüchtig sein? Auf wen denn? He? Auf die da?“ Sie sprang auf und zeigte auf Olga. „Das war’s dann, Carlo Feinman, ich gehe! Ja! Ich! Gehe!“
Sie stapfte los, krönte ihren Auftritt aber noch mit einem Finale: „Ich will nicht“ – ihr Zeigefinger sauste mit dem tödlichen Schwung eines Fallbeils auf Carlo zu – „ich will auf gar keinen Fall, dass du mich anrufst!“ Armer Carlo, es war also die Höchststrafe über ihn verhängt worden.
Erleichtert, diese Grausamkeit mit Würde begangen zu haben, maß Carlos Verlobte uns alle mit Blicken. Ihre heruntergezogenen Mundwinkel drückten ebenso wie ihr auf Schockfrosten eingestellter Blick tödliche Verachtung für ihren Verlobten, seine sogenannten Freunde und auch für das Mädchen namens Olga aus, das sich mit solchen Typen wie uns abgab. Grußlos, dafür mit entschieden in den Nacken geworfenem Kopf rauschte sie ab.
Carlo schaute betreten leidend vor sich hin. Das und sein völliger Verzicht auf Widerworte bewiesen uns, dass diese Szene bestimmt nicht gespielt war.
Als seine Verlobte sicher außer Hörweite und schon fast ganz hinter den Bäumen verschwunden war, nahm Carlo allen seinen Mut zusammen, um seine Ehre vor uns zu verteidigen: „Ach, was soll’s!“ sagte er mit zitternder Stimme, die entschlossen hätte klingen sollen. Dann schnappte er sich ein Bier.
„Das ist unser vorletztes“, jammerte Adam dazwischen, „es tut mir ja so leid, dass ich den Likör…“ Wir zischten Adam selbstverständlich nieder, wieder einmal, auf dass Carlo nicht in seiner mannhaften Niedergeschlagenheit gestört würde, und brummten Anerkennung für Carlos freilich eher sublime Gegenwehr. Die Bierflaschen klirrten beim Zuprosten, nur Olga trank nicht mit, sondern wischte und tippte mit harmlosen, fließenden Bewegungen auf ihrem Mobiltelefon herum. Zum Glück war sie geblieben, trotz allem.Â
Sammy war schon wieder damit beschäftigt, Wogen zu glätten. Die Jungs, das bekam ich aus ihrem erregten Gespräch schnell mit, wogen ängstlich ihre sichtlich geringen Chancen, um ein Zusammentreffen mit Carlos Verlobter herum zu kommen. Sammys Einwand, sie sollten sich nicht so haben, bloß weil einmal ein Mädchen mit von der Partie ist, ließen sie nicht gelten. Nein, das sei gar nicht das Problem. Es gebe total coole Mädchen – bei dieser Bemerkung warf der dicke Edgar über meine Schulter hinweg einen bewundernden Blick auf Olga –, Carlos Verlobte sei nur eben keine davon. Die sei doch nicht verklemmt oder eines der eingebildeten, zwanghaft hübschen Hühnchen, hielt Sammy dagegen. Das zwar auch nicht, moserten die Jungs weiter, aber komisch sei sie, schräg, unberechenbar. Vor allem aber so sprunghaft und so eine Zicke im Umgang mit Carlo, dass der wiederum schrecklich verspannt und unsicher werde, immer wenn sie dabei sei. Mitleid müsse man haben mit dem armen Kerl, und das nerve halt und mache die ganze schöne Bierlaune kaputt.
Ich schnaufte. Das lief ja an allen Fronten unrund. Das empfindliche Gemeckere der Jungs hatte mir zu meinem Glück gerade noch gefehlt. Darum, das stand für mich sofort fest, würde ich mich nicht auch noch kümmern. Weil ich auf noch ein Bier im Augenblick keine Lust hatte und nun bestimmt mehr brauchte, um meine Stimmung aufzuhellen, fragte ich Adam: „Langst du bitte mal in deine fahrbare Getränkekiste und gibst mir den Poppy Pfefferminz?“
Adam starrte mich verständnislos an, erst nach einer sanften, hinweisenden Handbewegung Olgas in Richtung seines Einkaufswägelchens – Olga, ach Olga! – stand er auf und öffnete die Plane des Wägelchens.
„Ist auch noch schön kalt“, rief er mir zu, leider in das Wägelchen hinein, so dass seine Stimme dumpf wie aus einem Keller klang. Unklar war mir, warum der Likör kalt sein sollte, dieses synthetische Zeug konnte man bei jeder Temperatur trinken und ich hatte die Flaschen auch bestimmt nicht gekühlt. „Öffner hast du?“ rief Adam mir zu. Da begriff ich: Adam hatte mir gar nicht zugehört und ging, warum auch immer, davon aus, ich wollte noch ein Bier.
„Nein, nein, den Likör, den Poppy Pfefferminz, den gib mir bitte.“ Das anerkennende Gemurmel unter den Jungs, dass ich es aber ganz schön früh drauf ankommen lassen wollte, wurde von einem Klageschrei Adams unterbrochen:
„Ich habe ihn vergessen!“ rief Adam und schaute in den Wagen mit dem Ausdruck eines kleinen Jungen, dessen Lieblingskuscheltier abhandengekommen ist. Oh nein, nicht noch eine stimmungstrübende Mini-Katastrophe!
„Egal“, sagte ich schnell, „gib mir einfach noch’n Bier, ist eh gesünder“. Auf gar keinen Fall wollte ich jetzt noch einen Adam erleben, der, was schon vorkommen konnte, über sein eigenes Ungeschick gar nicht mehr hinweg käme. Allein, zu spät. Jammernd klärte Adam uns ganz genau darüber auf, wann, wo und unter welchen Schwierigkeiten Adam noch die sechs gekühlten Sixpacks ergattert und nach Hause geschleppt hatte, eigens zu dem Zweck, noch die drei Likörflaschen abzuholen, die ich beim Concierge von Adams Wohnblock abgegeben hatte. Dass dann aber Adams Vater, mit dem er die absurd große Stadtwohnung alleine teilte, angerufen hatte, es zu einem Streit gekommen war – und Adam darüber, schwuppdiwupps, den Likör vergessen hatte. Als Adam in sich steigernd weinerlichem Ton zu einem längeren Referat darüber anheben wollte, wie wenig sich sein Vater für seine Angelegenheiten interessierte, stand ich auf, holte mir mein Bier selber und zischte Adam ein „ist ja gut, ist ja gut, mehr will hier keiner hören“ zu.
Was, im Namen des himmlischen Walters des Unglücks, sollte bitteschön als nächstes kommen? Der Auftritt von Carlo und seiner Verlobten natürlich. Schon ging es weiter mit dem nächsten Desaster.
Wir hörten die beiden, bevor wir sie sahen. Ein schrilles, erregtes Gezeter, das von der doppelten Baumreihe her ertönte, weckte unsere Neugier und wir konnten nicht anders, als die Köpfe dorthin zu drehen. In just diesem Augenblick tauchten Carlo und seine Verlobte dort auf, wie zufällig kamen sie von der Baumreihe her in ungefähr unsere Richtung. Seine Verlobte keifte unablässig auf Carlo ein. Obwohl sie laut redete, beinahe schrie, war nicht recht zu verstehen, was sie da schimpfte. Als sie näher kamen, ließen sich erste Wortfetzen identifizieren:
„… egoistischer Macho…, hältst dich für den Größten…, jedem Arsch hinterherstarren, der an dir vorbeiläuft“ – mit hervorstechend schriller Betonung auf dem Stichwort „Arsch“ – „… so als wäre ich Luft“, und schließlich: „hirnloser, schwanzgesteuerter Zombie!“ Nicht schlecht für den Anfang.
Wir Jungs sahen uns an. Unsere Mienen schwankten zwischen Belustigung und ungläubigem Ekel. Carlos Verlobte war eine Freundin der klaren Worte, das war uns klar, jedenfalls solange sie austeilen konnte. Sie scheute sich auch grundsätzlich nicht, Carlo mit ihrer übermäßigen Direktheit zu brüskieren, ja, mehr als das, ihn vor uns, seinen besten Freunden, gnadenlos bloßzustellen. Doch diesmal war es noch viel schlimmer als es bisher je der Fall gewesen war. Und was sollten wir jetzt tun? Weghören – ging einfach nicht. Darüber lachen – wollten wir nicht, dafür tat uns Carlo zu sehr leid. Carlo helfen, das Gekeife seiner Verlobten nicht einfach hinzunehmen – trauten wir uns nicht, allein schon deshalb, weil wir fürchteten, Carlo noch zusätzlich dadurch zu treffen, dass wir ihm zeigten, für wie beistandsbedürftig wir ihn hielten. So blieb uns nichts, als ihn im Stillen anzufeuern, sich doch endlich einmal zu wehren.
Zu unserer unendlichen Ãœberraschung fanden unsere stillen Wünsche Gehör. Carlo wehrte sich, und wie: „Jetzt halt endlich deine blöde Fresse, du blöde Schlampe!“ brüllte Carlo unvermittelt mit dem Zorn eines Berserkers los. „Ich hab so die Schnauze voll von deinen billigen Szenen, hau ab und komm mir bloß nie wieder unter die Augen!“
Ob es das gewesen war, woran wir gedacht hatten in unserem Wunsch, Carlo möge nicht mehr länger hinnehmen, wie sich seine Verlobte aufführte? Ich wagte nicht, diese Frage näher zu bedenken geschweige denn zu beantworten. So schrecklich kam mir Carlos Ausbruch vor, dass ich zunächst nicht einmal daran dachte, was wohl Olga von diesem Skandal denken mochte. Ob sie nicht spätestens jetzt genug haben und sofort aufstehen und gehen würde? Angstvoll blickte ich zu ihr hinüber. Immerhin war sie scheinbar nicht aus ihrer interessiert beobachtenden Ruhe zu bringen.
Unpassender Weise quakte in diesem Moment größter Anspannung Adam dazwischen: „Mist, ey, das tut mir so leid, dass ich den Likör vergessen habe, ich hatte noch dran gedacht, im Supermarkt, aber dann hab ich’s wohl… verschusselt.“
Dem war ja nun nicht ernsthaft zu widersprechen, trotzdem zischte ich ihm zu, gefälligst die Klappe zu halten, und was das denn wohl sollte, jetzt wieder mit diesem bescheuerten Likör anzufangen. Adams Entgegnung, es habe ja doch ganz den Anschein, als könnten wir alle und insbesondere Carlo ein stärkeres Schlückchen gebrauchen, sorgte unter uns für Heiterkeit, auch Olga lachte kurz und fröhlich.
Dafür spitzte sich die Lage zwischen Carlo und seiner Verlobten weiter zu. Sie begnügten sich nun nicht länger damit, Beschimpfungen auszutauschen, vielmehr schrien sie sich an, ohne einander überhaupt zuzuhören. Unerhört, so etwas, mitten im Strandbad, könnten ja Familien mit kleinem Kind belästigt werden, von so einem Krawall, theoretisch jedenfalls, wenn nicht gerade jedes Plätzchen durch Gleichaltrige belegt wäre, aber egal, ums Prinzip geht es hier allein, ums Prinzip!
Mit dergleichen Argumenten bewaffnet und getrieben von ihrem vom Kunden – dem Strandbadbetreiber – bezahlten Pflichtgefühl nahten sich zuverlässig die beiden Zivilermittler der Secuforce, mit denen schon Adam Bekanntschaft hatte machen dürfen. In einer nervösen Ãœbersprungshandlung öffnete ich den vermeintlich gelockerten Schürsenkel meines Schuhs und band ihn wieder zu, ganz langsam, damit ich bloß eine möglichst lange Ablenkung hatte und mir das drohende Unheil nicht ansehen musste. Als ich wieder aufsah, hatten die Zivilermittler Carlo und seine Verlobte gerade erreicht. Der Streifenführer redete sichtlich belehrend und warnend auf die beiden ein. Jetzt ein einziges falsches Wort – und die Ermittler würden das Krawall-Pärchen ohne viel Federlesens festnehmen. Ob ich eingreifen sollte, um wenigstens das Schlimmste zu verhindern?
Doch die Katastrophe blieb aus, was die Jungs übrigens ein wenig enttäuschte. Musterstudent Carlo mitsamt seiner überaus anspruchsvollen Verlobten im Strandbad vor aller Augen wegen „öffentlicher Beförderung von Unfug und Unruhe“ vorläufig festgenommen! Das wäre doch eine garantiert aufsehenerregende Schlagzeile in unserem wichtigsten Medium, nämlich dem zwanglosen Austausch über alles und jeden. Aber dazu kam es nicht, denn als hätten die beiden einen Schalter umgelegt waren Carlo und seine Verlobte plötzlich ganz und gar besonnen und friedfertig, zeigten brav ihre Ausweise vor und boten freiwillig die Kontrolle ihrer Taschen an. Unter dem Eindruck von soviel jugendlicher Vernunft verzichteten die Zivilermittler auf weitere Maßnahmen sogar und verabschiedeten sich förmlich aber nicht unfreundlich von diesen beiden jungen Menschen, die endlich einmal ein gutes Beispiel abgaben für den Respekt, der den wahren Autoritäten in dieser Stadt geschuldet ist.
Die Jungs staunten über diese Wendung und ich mit ihnen. Carlo, als er mit seiner Verlobten unser Lager erreichte, ergötzte sich daran und bemerkte mit überlegenem Grinsen: „Unvergleichliche Show, oder? So habt ihr ‚Streber-Carlo’ noch nicht erlebt, was? Ja-a-a, wir wollten euch mal was bieten zur Abwechslung von eurem langweiligen Rumtreiberalltag. Jetzt mal ehrlich – waren wir gut, oder waren wir gut?“ Zärtlich knuddelte Carlo den Oberarm seiner Verlobten, die ihm seine Albernheit mit einem glucksenden Kichern dankte. „Oder waren wir… supergut? Na? Na? Na?“
Dieses aufdringlich beifallheischende Gegacker hörte sich schon wieder ganz und gar nach Carlo an. Er war ein netter Kerl, keine Frage, und mehr als das, er hatte das Talent zu einem wirklich guten und verlässlichen Freund; eine Anlage, die er fast immer nutzte. Nur war er in seiner siegesgewissen Kumpelhaftigkeit eben nicht selten – anstrengend. Wenn er uns ein guter Freund war, dann stets in der Attitüde eines selbstsicheren jungen Mannes, der ganz genau weiß, dass er so gut wie alles besser beherrscht als seine Freunde, und der ihnen deshalb dauernd helfen kann und muss. Den Umweg über eine freiwillige Dienstzeit hatte Carlo, anders als die meisten von uns, nicht gemacht, nein, das wäre ihm gar nicht in den Sinn gekommen. Er hatte sich gleich an der Regierungsuniversität eingeschrieben. Mit Erfolg, obwohl sein Fach, die „Königsdisziplin“ Ökonomie, strenge Notenanforderungen stellte und er bei weitem nicht zu den besten Schulabsolventen gehört hatte. Schwierigkeiten wie diese waren ihm aber nicht lästig und konnten ihn deshalb auch nicht abschrecken, im Gegenteil, er hatte eine Art sportlicher Freude daran, derlei Hürden zu überwinden. Obwohl er mit diesem Ehrgeiz und seinen dadurch häufigen Erfolgen nicht angab, war es manchmal anstrengend, mit Carlo zu tun zu haben. Sein Wunsch, für seine ehrgeizige Ausdauer anerkannt zu werden, war nur allzu gut spürbar, und das fügte dem Bild vom fähigen Macher und zuverlässigen Freund störende Kratzer zu.
So wie jetzt: Carlo und seine Verlobte waren aufrichtig erstaunt und wohl auch ein bisschen beleidigt, dass ihr toller gespielter Scherz von uns nicht mit Heiterkeit belohnt wurde. Das war für Carlo eine kalte Dusche, die wir ihm aber nicht ersparen konnten. Sich mit Leuten von der Secuforce anzulegen, das war nun einmal nicht witzig, sondern bedenklich, ja gefährlich. Dass Carlo dieses Risiko auf sich genommen hatte, bloß um sein Image mit dieser blödsinnigen Show aufzupolieren, also um uns zu zeigen, wie sehr zu doof wir doch seien, um ihn richtig einzuschätzen, das machte die Sache noch schlimmer.
Als Carlo mit einem gutgelaunten „So, jetzt gebt mir doch mal so eine leckere Reiskaltschale“ nach einer Bierflasche griff, schauten wir deshalb zu Boden, und unsere Blicke wurden verlegen, als er seine Verlobte mit „Schatzilein“ anredete und sie fragte, was sie denn trinken möge. Das war dummer Weise das Signal für Adam, sich wegen des vergessenen Likörs noch einmal selbst zu geißeln. Wieder wurde er niedergezischt, wir hatten einfach keine Lust auf diesen Unsinn.
„Likör? Pah, so ein Gesöff hätte ich eh nicht angefasst, macht euch mal keine Sorgen, da bleibe ich lieber durstig“, tönte es da kühl aus dem Munde von Carlos Verlobter. Wir kamen aus dem Verlegen-zu-Boden-Schauen gar nicht mehr heraus. „Was seid ihr denn für verklemmte Spaßbremsen?“ setzte Carlos Verlobte dann noch einen drauf. Wenn’s läuft, dann läuft’s.
Ein Treffpunkt der schönen, jungen, gesunden und vor allem unternehmungslustigen Menschen in Kys – es gäbe keinen weniger geeigneten Ort für ein Rendezvous mit dem Mädchen, dem ein verliebter Junge endlich in angemessen romantischer Weise seine Verehrung gestehen und dieses Geständnis vergolten wissen will. Doch genau so ein Ort war das Strandbad an der Kirna nun einmal. Weit im Süden der Halbinsel gelegen, auf der sich die Kernstadt von Kys erstreckt, und die auf der einen Seite von der Villn und auf der anderen von der zum Baden einladenden Kirna umspült wird, ist das Bad schon deshalb ideal, weil es ganz nahe an den Ausgeh-Straßen der Kernstadt liegt. Mich mit Olga an einem weniger belebten Ort zu treffen – es gibt da zum Beispiel einen sehr hübschen und ruhigen, zum Knutschen wie gemachten kleinen Park an der Südspitze der Halbinsel – das hätte ich mich nicht geÂtraut. Ich hatte mich also an das realistisch Mögliche gehalten und es mit dem ohnehin Angenehmen verbunden, als ich die Verabredung im Strandbad getroffen hatte. Als sie ankam, tat ich ganz überrascht, ihr zufällig schon am Eingang über den Weg zu laufen, eben dort, wo ich sie abgepasst hatte. Außerdem teilte ich scheinbar ihre Verwunderung über das Zuspätkommen der anderen, das in Wahrheit ein zu frühes Eintreffen von uns beiden war, ich hatte ihr ja nicht umsonst eine zu frühe Zeit genannt.
„Wenn du magst, können wir ja hier oben unter den Bäumen ein bisschen entlang spazieren, bis die Jungs kommen. Tut mir wirklich leid, die sind sonst nicht so unpünktlich.“
Mit diese heuchlerischen Worten verbarg ich meine zitternd grenzenlose Freude über die Gelegenheit mit Olga eine gute Viertelstunde lang allein haben zu können, noch dazu an einem Ort, an dem ich mit der bloßen Gesellschaft eines solchen Mädchens neidische Blicke ernten und viel Renommee machen würde.
„Sehr gerne“, stimmt Olga zu, nicht ahnend, wie sehr schon der Klang ihrer Stimme mein Herz zum Klopfen brachte.
Ihre Stimme war nicht eigentlich schön zu nennen – so abstrus hatte ich das einmal für mich formuliert –, zu hoch für einen verwegen klangvollen Alt und zu rauchig für einen hellen Sopran war diese Stimme, dafür aber ganz einzigartig und immer dazu bereit, heitere Freundlichkeiten zu artikulieren.
„Sehr gerne“, sagte sie noch einmal, „das finde ich das Schönste an dem Strandbad, dass man hier so herrlich unter den Bäumen laufen und die Leute beobachten kann. Ein richtiges Lustwandeln ist das – aber ich hoffe, du hältst mich nicht für albern, wenn ich gerne Leute beobachte?“
„Nein, überhaupt nicht“, versicherte ich eilig und hätte dasselbe getan, wenn sie mir erzählt hätte, sich in ihrer Freizeit gerne mit dem Auswendiglernen von Nummernschildern zu beschäftigen. Außerdem log ich: „Ich mache das auch total gerne, manchmal komme ich nur deswegen hierher.“
„Ach ja?“ fragte sie, so dass mir nicht entgehen konnte, wie sicher sie meine Flunkerei durchschaut hatte, ohne sie mir vorhalten zu wollen. „Schön. Geht das denn auch mit deinem Rucksack? Sind da nicht die schweren Flaschen drin? Wolltest du nicht Likör oder so ein Zeug mitbringen?“
„Klar geht das“, antwortete ich mit einem Anflug von Empörung.
Für wen hielt sie mich denn, wenn sie glaubte, ich würde an so einem lächerlichen Rucksack zu schwer zu tragen haben? Fast bedauerte ich es, mich meiner Last durch die nicht ganz freiwillige Hilfe Adams entledigt zu haben, dann hätte zwar mein Handgepäck geklirrt, aber ich hätte Olga vormachen können, wie wunderbar ich auch mit einem schweren Rucksack auf dem Buckel ‚lustwandeln’ konnte. Das Verdienst, den guten Freunden zu Gefallen, Getränke zum Strandbad zu schleppen und unter den Augen der Kassierer – und noch schlimmer: der allgegenwärtigen Secuforce-Protektoren – ins Bad hinein zu schmuggeln, diese Meriten musste ich Adam lassen.
Gar keine schlechte Idee für ein weiteres Mosaiksteinchen meiner Konversation: „Meine Flaschen bringt übrigens der Kumpel mit, den ich dir vorstellen wollte.“
„Dieser Achim?“
„Adam“, korrigierte ich sie, „Adam Bocca. Wirklich eine Seele von einem Freund. Ich konnte nämlich die Flaschen nicht selber mitbringen, weil“ – Obacht jetzt! – „weil ich noch dringend in der Uni-Bibliothek vorbeimusste, um…“ – bloß nicht übertreiben! – „um für einen anderen Kumpel noch eine Downloadkarte zu holen.“
„Aha?“
„Ja, klingt kompliziert, aber bei uns in der Clique, weißt du, da hilft jeder jedem. Funktioniert prima – wenn man so tolle Freunde wie Adam hat.“
„Klingt nicht kompliziert, aber einfach zu schön, um wahr zu sein“, sagte sie so sachlich, dass ich mir einbildete, sie triebe schon jetzt Spott mit mir. „Willst du mit diesem…“
„Adam?“
„Ja, mit Adam, willst du mit dem vielleicht zusammenziehen? Scheint ja der perfekt fürsorgliche Mitbewohner zu sein, wenn er dir deinen Alk abnimmt, damit du einen entspannten Bummel mit mir machen kannst.“
Waren meine Ausreden so durchsichtig gewesen? Ich versuchte, es doch noch zu retten: „So ist er halt, der Adam, wirklich ein Freund, der immer an seine Freunde denkt, ganz uneigennützig. Als Mitbewohner wäre er für mich auf Dauer zu anstrengend. Ich für meinen Teil wäre zu sehr Egoist und würde ihn doch nur ausnutzen.“ Dass ich das auch prima außerhalb einer Wohngemeinschaft mit Adam hinbekam, war mir bewusst, verschwieg ich jedoch selbstverständlich. „Aber eine Freundin zum Beispiel, also die würde er bestimmt ganz liebevoll umsorgen und ohne ihr auf die Nerven zu gehen – er hat nämlich keine.“
Solchen Sätzen höre ich schon beim Aussprechen an, was für einen Unsinn sie darstellen.
Olga lachte prompt ihr heiteres, gar nicht schadenfrohes Lachen: „Wolltest du mich ihm nur vorstellen oder gleich mit ihm verheiraten? Und vor allem: Wie hängt das zusammen, seine Fähigkeit zur liebevollen Fürsorge mit seinem bedauerlichen Zustand, sie keiner Freundin angedeihen lassen zu können?“
„Pech!“ entfuhr es mir. „Ich meine: Er hat wohl nur Pech, dass er nicht… nicht so gut ankommt. Seinem Glück muss man wohl auf die Sprünge helfen.“
„Man – du“, schlug Olga vor.
„Wie gesagt, wir sind eine ganz tolle Clique und…“; und ich merkte, dass meine Konversation, die ich mir so luftig und leicht, als reines Vergnügen vorgestellt hatte, dass dieses Gespräch also auf ein Desaster zusteuerte.
Als Olga dann zum Glück vorschlug, wir sollten lieber wieder umkehren, um nicht außer Sichtweite des „Goldenen Erpels“ und damit des ungefähren Treffpunkts zu geraten, da sah ich, wenngleich von weitem, das nächste Desaster auf mich zukommen. In Gestalt von Adam, versteht sich.
Der arme Kerl hatte es zwar entgegen aller Wahrscheinlichkeit geschafft, mit seiner albernen fahrbaren Einkaufstasche voller Alkohol durch die Eingangskontrolle des Strandbades zu gelangen. Das gute Wetter musste ihm geholfen haben, denn an so einem prachtvollen Samstagmittag strömten die jungen und Junggebliebenen in solchen Massen herbei, allesamt gut ausgestattet mit preiswerten mitgeschleppten, stimmungshebenden Getränken, dass die Kassierer gut beraten waren, zu kapitulieren und die Kontrollen auf verbotener Weise von außen mitgebrachten Alkohol faktisch einzustellen. Adam hatte auf dieser Flut der Feierfreudigen einfach nur mitschwimmen müssen. Geschafft hatte er es deswegen noch lange nicht. Getrieben von seinem schlechten Gewissen war er überpünktlich erschienen und hatte damit nicht nur meine Vorab-Promenade mit Olga verkürzt, sondern vor allem sich in die unangenehme Lage versetzt, im Gewühl des sich füllenden Strandbades nach uns von der Clique zu suchen. Desorientiert hielt er nach uns Ausschau und bemühte sich zugleich redlich, sein überladenes Einkaufswägelchen auf dem zum Fluss hin abschüssigen Hang auf Kurs zu halten.
Da geschah es! Das Wägelchen kam ihm aus und schrammte den gewaltig verfetteten Rücken eines bemerkenswert blassen Jungen mit langem, filzigem Haar. Der Kerl – niemand, mit dem sich gepflegte Oberschüler wie wir uns freiwillig abgegeben hätten – zeigte wenig Verständnis für die Nöte unseres Bierlieferanten. Der Langhaaraffe sprang, kaum hatte Adam ihn touchiert, empört auf und versetzte Adam einen so gewaltigen Schubser, dass der arme Junge beinahe zu Boden gegangen wäre. Selbst aus der Entfernung konnte ich zweifelsfrei erkennen, wie es aussichtslos es gewesen wäre, mit diesem Zombie sprechen zu wollen, um die Wogen zu glätten. Adam war da leider optimistischer – also dümmer. Er ging doch glatt mit einer beschwichtigenden Geste auf den Doofmann zu, der das, er konnte wohl nicht anders, als den handgreiflichen Versuch an einer kecken Gegenwehr missverstand. So fing sich Adam gleich noch einen kräftigen Schubser und hätte vielleicht auch noch einen Kinnhaken abbekommen, wenn nicht – Unglück im Unglück – eine Streife von Zivilermittlern der Secuforce auf den Plan getreten wäre.
Die Secuforce war der mit Abstand erfolgreichste und wichtigste Sicherheitskonzern in der ganzen Kuppel Paneupinia. Die Jungs, die für diesen Laden als Ermittler und Protektoren arbeiteten, hatte sich ihren schlechten Ruf, zumal unter uns Jüngeren, hart erarbeitet. Auf ihrer Mission, die öffentliche Sicherheit und Ordnung immer und überall zu wahren, auch an so beliebten und belebten Treffpunkten wie dem Strandbad oder den Kneipenstraßen der Kernstadt, fanden sie in uns leicht geeignete Ziele ihres Diensteifers. Es brauchte bestimmt keine kriminelle Energie, um auf einem einzigen Zug um die Häuser mit den Freunden gegen einen ganzen Haufen von Vorschriften zu verstoßen, die alle dasselbe besagten: Benehmt euch ehrlich, anständig und auffällig, sonst scheppert’s! Das betraf das „Abspielen von Musikaufnahmen“ im Freien genauso wie das „Belästigende Herumlungern unter Konsum von Alkohol“. Eine weitere Gemeinsamkeit aller dieser Tatbestände – manche zogen unmittelbar empfindliche Strafen nach sich, bis hin zum mehrwöchigen Arrest – war ihre Unbestimmtheit. Eben diese Unbestimmtheit erlaubte es freilich den Vollziehern der Vorschriften, den Typen von der Secuforce zum Beispiel, nach eigenem Gutdünken zu walten, oder, offiziell gesprochen, „hinreichend flexibel und der konkreten Situation angepasst in Ausübung freien Ermessens“. Gegenüber Jugendlichen und solchen, die sie dafür hielten, nutzten die martialisch auftretenden Protektoren und die besonders hartnäckigen zivilen Ermittler der Secuforce ihr freies Ermessen durchweg als unnachgiebiges, betont strenges Durchgreifen. Das mussten wir sportlich sehen, wenn wir auf einen von der Secuforce trafen, schließlich wurde sein Arbeitgeber von dessen Kunden eben dafür bezahlt, tatsächliches oder vermeintliches Krakeelen gründlich zu unterbinden. In Kys fürchteten die Bürger ebenso wie in allen Städten unter der Paneupinia und unter allen anderen Kuppeln vor allem um ihren Besitzstand, und den ungestörten Genuss ihres Wohlstandes zählten sie dazu. So war das Spiel und wir kamen, meistens, gut damit klar.
Außer Adam, natürlich. Er trug schwer an seinem hypertrophen Gerechtigkeitssinn, auch und gerade wenn er an einen Protektor oder einen zivilen Ermittler geriet. Ein solches Drama, wie ich es leider schon manche Male miterlebt hatte, bahnte sich in jenem Augenblick an, da Olga und ich in Richtung des „Goldenen Erpels“ zurückschlenderten. Adams Gestikulieren wurde immer wilder, mit wachsender Verzweiflung wandte er sich bald an die beiden Zivilermittler, bald an den talgigen Langhaaraffen, der aber an einer Deeskalation auch nach dem Auftauchen der Zivilermittler eher nicht interessiert war.
Was für eine Blamage! Was für ein Fehlstart in die Umsetzung meines ausgefuchsten Planes! Adam Bocca, der Junge, den ich Olga als Traumtypen vorstellen wollte, um neben ihm zu glänzen, sobald er Olga zurückgewiesen hätte, machte sich gerade zum Vollidioten. Kurz blitzte in mir der Gedanke auf, ich könnte aus Adams Trottelei einen Vorteil ziehen, indem ich mich schadenfroh über ihn lustig machte, aber das wäre, erstens, zu schäbig gewesen und hätte, zweitens und vor allem, bei Olga wenig gefruchtet. Ich konnte mir kaum vorstellen, dass sie sich am Pech anderer ergötzen könnte. Blieb nur, sie von dem Schauspiel abzulenken, in dem Adam eine so unrühmliche Rolle gab.
„Kennst du eigentlich Carlos Verlobte?“ fragte ich gespielt unbeteiligt.
„Wen? Nein. Wie kommst du jetzt gerade auf die?“ Olgas Gegenfrage war berechtigt, nach einer längeren Gesprächspause hatte ich das Thema denkbar abrupt angeschnitten.
„Ja, weil Carlo doch auch zu unserer Clique gehört, und er ist übrigens Adams bester Freund, und Carlos Verlobte kommt heute…“
„Was ist denn mit dem da kaputt?“ unterbrach Olga meinen Erklärungsversuch. Zu spät, sie hatte den sich immer noch mit dem Langhaaraffen und den Zivilermittlern kabbelnden Adam bemerkt.
„Sag mal, wollen wir nicht lieber noch mal umkehren, da vorne war’s doch ganz nett, Mensch, hier ist ja ein Getümmel, wir können doch lieber da vorne warten“, schlug ich in letzter Hoffnung vor.
„Was? Nein, nein, lieber nicht“, lehnte Olga ab, ohne recht zugehört zu haben. Wir waren auf gut zwanzig Schritte an Adam und die anderen Zankenden herangekommen, Olga schaute sich das Drama mit genauem Interesse an. „Wie kann man sich nur so blöd anstellen? Warum gibt der Junge nicht klein bei und sieht zu, dass er sich vom Acker macht? Der glaubt doch nicht wirklich, dass er bei den Knalltüten von der Secuforce mit Vernunft und klugen Worten was reißen kann.“
„Ach, der meint es ja nur gut“, beschwichtigte ich, nun, da Adam für Olga nicht mehr zu übersehen war, „er ist schon schlau genug, um zu wissen, dass er es nicht mit Geistesgrößen zutun hat. Aber er will es sich wohl auch nicht zu einfach machen und wenigstens versuchen, seinen Standpunkt zu verteidigen.“ Alles Unsinn, was ich da redete, und sicherlich nicht geeignet, Adam in einem besseren Licht erscheinen zu lassen.
„Du kennst den Jungen?“ fragte Olga.
„Ja.“ Ich seufzte, konnte es mir nicht verkneifen. „Ja, das ist Adam.“
„Der Adam? Der fürsorglichste Freund der Welt?“ Sie war unwiderstehlich, wie sie in einem Ausdruck der Ãœberraschung und der Missbilligung ihre linke Augenbraue hob.
„Eben der“, gestand ich gesenkten Blicks ein. „Adam. Adam Bocca.“
„Interessant.“
Es war ja alles so unendlich peinlich. Adam stand wie ein Idiot da und ich mit ihm. Olga mochte sich einen Augenblick lang an der Skurrilität der Situation erfreuen, aber dann würde sie schleunigst Reißaus nehmen und ich wäre endgültig gescheitert bei ihr. Wer weiß, vielleicht wäre ich ihr zuvorgekommen und einfach weggelaufen, wenn in diesem Moment nicht Sammy mit zwei anderen von den Jungs aufgetaucht wäre. Sammy, zum Glück, keine Minute zu spät.
Weil Sammy etwas kleiner, etwas drahtiger, viel flachsblonder und vor allem sehr viel weniger gesprächig als alle anderen Jungs der Clique war, hielten ihn viele für den Dummkopf unter uns. Wir aus der Clique wussten es besser und verließen uns immer auf Sammys entschlossenen Mut, sobald es brenzlig wurde. So wie in dieser verfahrenen Situation: Kaum hatte Sammy Adam entdeckt und begriffen, in welcher Klemme er steckte, ging er ruhig aber mit gelassener Selbstsicherheit auf die beiden Streithähne und die grimmigen Zivilermittler zu. Mit wenigen Worten, die ich nicht verstehen konnte, beruhigte er die Lage. Bestimmt scheute Sammy sich nicht, den Ermittlern zu schmeicheln und ihnen dafür zu danken, dass sie für Ruhe und Ordnung sorgten – denn die Ermittler stellten ihren Diensteifer beinahe sofort ein, klappten ihre Handcomputer zu und schlenderten von dannen. Der Langhaaraffe ließ sich wieder auf sein Trinklager plumpsen und wandte Adam seine am oberen Ende des Gesäßes leider freigelegte Rückenansicht zu. Rasch packte Sammy mit einer Hand den verdutzten Adam und mit der anderen dessen schweres Einkaufswägelchen und steuerte auf mich zu.
„Ich hab mir ja wohl eine Extra-Runde verdient“, behauptete Sammy, „beinahe wäre unser Bier flöten gegangen.“ Er rüttelte am Wägelchen. „Was schleppst du denn da alles mit dir rum, Adam?“
„Ja, hallo, schön dass ihr endlich da seid“, unterband ich die drohende Aufklärung Adams über seinen Irrtum in Sachen benötigte und versprochene Biermenge.
„Hallo“, grüßte Adam, „hast du das gesehen, Oskar? Da vergeht einem doch echt die Lust, hierher zu kommen, wenn diese sauberen Herren von der Secuforce nichts Besseres zu tun haben als mich zu drangsalieren. Ich meine – hast du das gesehen? Dieser Rüpel will mich verprügeln, und anstatt mir zu helfen, machen diese Bürokraten Anstalten, mir ein Strafmandat zu verpassen. Hast du…“
„Ja, Adam, ganz ruhig“, unterbrach ich seine Empörung, „wir haben es gesehen, alles, wir standen direkt daneben. Das“, ich wies auf Olga hin, die verdächtig ruhig war, „das ist übrigens Olga.“ Mit linkischer Gewandtheit tat ich so, als würde Adam das erste Mal in seinem Leben von ihr hören. „Ich habe dir vielleicht schon mal von ihr erzählt, wir kennen uns aus meiner freiwilligen Dienstzeit. Sie hat ganz spontan gesagt, sie wollte heute mitkommen, kein Wunder, an so einem fantastischen Tag.“
Adam starrte Olga an wie eine Erscheinung. Immerhin half ihm das offensichtlich, sich auf die verabredete Rollenverteilung zu besinnen.
„Olga. Hallo“ grüßte er. Wie man es nur schaffen kann, eine aus zwei Worten bestehende Grußformel sinnentstellend zu verdrehen?
„Guten Tag, Adam. Ich habe schon so viel von dir gehört.“ Olgas Lächeln war vor lauter Freundlichkeit unergründlich. „Und das ist also – dein Einkaufswagen?“ Adam errötete und schnappte sich das Vehikel, dass die Bierflaschen nur so klirrten. „Oskar hat mir vorgeschwärmt, wie hilfsbereit du warst, ihm den Getränketransport abzunehmen“, fuhr Olga fort, „er hat nicht übertrieben, wie ich sehe.“
„Ja. Danke“, antwortete Adam – unbegreiflicher Weise. Dieser verwirrte Kerl mit einem großmuttermäßigen Einkaufswägelchen im Schlepptau sollte also der Traumtyp sein, den ihr vorzustellen ich Olga versprochen hatte. Sie aber beobachtete alles aufmerksam, ohne Spott, ohne sich lustig zu machen. Trotzdem war ich mindestens so sauer wie kopflos.
„Na toll, jetzt sind wir alle da“, stellte ich ärgerlich fest, „dann können wir unser Lager ja endlich aufschlagen.“
Ohne mich umzusehen stapfte ich in Richtung des Flusses drauflos. Sammys gutgemeinte Frage, wo genau ich denn hin wolle, beantwortete ich mit einem noch gereizteren Brummen. Trotzdem folgten mir alle, selbst Olga, und mein heimlicher Wunsch, mit meinem mürrischen Benehmen den ganz großen Eklat herbei zu führen, blieb unerfüllt.
Während ich mit Sammy und den anderen Jungs einige Zankworte wechselte, wie die umsichtiger Weise mitgebrachten Picknick-Decken und Strandmatten am besten zu drapieren wären, bemerkte ich nicht, wie Olga mit Adam ins Gespräch kam. Sie hielten sich abseits, ohne auf Abstand zu uns zu gehen. Geduldig half Olga Adam dabei, sein Einkaufswägelchen zu platzieren, unterdessen sie ihm freundlich entlockte, was er so täte, wenn er nicht gerade viel zu viele Bierflaschen in ein Strandbad schleppte.
„Das muss doch, nichts für ungut, hin und wieder schrecklich langweilig sein, so eine freiwillige Dienstzeit in einem Regierungsamt“, hörte ich sie Adam fragen, als ich mich mit meiner ersten Pulle Bier hingesetzt hatte.
„Oh ja, allerdings“, sagte Adam, „so gerne ich spannende Insider-Geschichten erzählen würde, ich habe keine erlebt, nicht eine einzige. Das Amt beschäftigt sich mindestens zur Hälfte mit sich selbst.“
„Und die andere Hälfte?“ fragte Olga.
„Tja, das ist jetzt vielleicht doch eine Insider-Geschichte.“
„Willst du sie mir verraten?“
„Spannend ist sie leider nicht, dafür um so peinlicher.“
„Ich höre.“
„Nun ja, die ‚Sacharbeit’ des Regierungsamtes, wie sie es amtlich nennen, also die andere Hälfte, wenn du so willst, die besteht allein darin, Eingaben von Bürgern entgegen zu nehmen und ganz genau darauf zu prüfen, ob der oder die Eingebende etwas vom Amt will. Wenn nicht: große Erleichterung, der Eingang wird registriert, veraktet und weggelegt, also vergessen. Wenn doch: großes Unbehagen, dann macht sich ein geübter Referent daran, den Eingebenden so gründlich abzuwimmeln, dass er hoffentlich nicht mehr auf die Idee kommt, nochmal eine Eingabe zu machen.“
„Und wenn doch?“ wollte Olga wissen, „Wenn der Eingebende doch nochmal schreibt?“
„Querulanten sind Chefsache“, gab Adam bündig Auskunft, Olga lachte fröhlich.
Mit bitterem Eifer biss ich einen weiteren Schluck Bier hinunter. Es passte mir nicht. Dass Adam und Olga so mühelos in ein so unbeschwertes Gespräch kamen und dabei offenbar ein Konversations-Gefallen aneinander fanden, mindestens, das war in etwa das gewesen, was ich mir vage für die Umsetzung meines Planes vorgestellt hatte; trotzdem passte es mir nicht. Weil die beiden ohne mein Zutun miteinander klarkamen? Nein, das war es nicht, im Gegenteil hätte es mich noch mehr genervt, hätte ich die beiden wie zwei verstockte Kleinkinder dazu anhalten müssen, sich miteinander zu beschäftigen. Vielmehr beunruhigte mich, wie wenig Mühe Adam sich gab – und wie gut er dennoch bei Olga ankam. Ich hatte mir vorgestellt – und natürlich gehofft, Adam würde diese Vorstellung hellsichtig erkennen –, er würde sich mächtig ins Zeug legen und mit der von uns allen bei derlei Gelegenheiten praktizierten Mischung aus Angeberei und Selbstironie alles versuchen, um Olga zu beeindrucken. Nichts davon. Er ließ, genau wie Olga, sich entspannt im Strom der guten, immer besser werdenden Stimmung treiben. Ob er an meinen Plan überhaupt noch dachte und an meine verzweifelte letzte Hoffnung, die diesen Plan trieb? Es hatte kaum den Anschein.
Als Olga fragte, ob er denn nicht studieren könnte, antwortete Adam: „Och, na ja, ich wüsste noch gar nicht, wofür ich mich da entscheiden sollte, hab aber auch noch nicht viel darüber nachgedacht.“
„Aber so von den Noten her würde es passen?“ fragte Olga.
„Hm, kommt natürlich aufs Fach an...“
„Quatsch!“ unterbrach ich Adam, um mich endlich doch noch ins Gespräch einzuklinken. „Mit dem Abschluss, den Adam hinbekommen hat, würde er überall genommen. Er lag ja nicht weit hinter unserem Jahrgangsprimus, der Adam.“
Olga musterte mich, während eine ungeduldige Falte über ihrer Nase erschien: „Du musst glaube ich nicht für ihn sprechen, und schon gar nicht über ihn in der dritten Person, wenn er sich mit mir unterhalten will. Oder wandelt sich dein Loblied der Freundschaft gerade in die Absicht zur Bevormundung?“
Eine schlagfertige Entgegnung auf eine derart gründliche Abfuhr wollte mir beim besten Willen nicht einfallen. Also tat ich das Zweitbeste, errötete im Farbton einer reifen Fleischtomate und wandte mich beleidigt ab.
Cupator Re: - Zitat: (Original von EagleWriter am 27.07.2012 - 22:20 Uhr) Gefällt mir bis jetzt ganz gut und werde mir den Rest bei Zeiten auch noch durchlesen *Lesezeichen gesetzt* lg E:W Vielen Dank für das positive Echo. Den Hinweis, dass es einen Rest gibt, den Du bei Zeiten lesen willst, habe ich gerne aufgenommen, nämlich in dem Sinne, dass es vielleicht nicht so geschickt von mir war, den gesamten Text in ein einziges Buch zu packen. Meine bisherigen Erfahrungen mit dieser Plattform zeigen mir, dass auch ich selber so meine Schwierigkeiten mit Texten über, na, sagen wir: zwanzig dieser Seiten habe. "Der vergessene Likör" hat gleich einundachtzig Seiten, das ist vermutlich abschreckend. Ich glaube, ich werde einen tranchenweisen Re-Launch machen, vielleicht ist es "Fortsetzungsroman" interessanter. |
EagleWriter Gefällt mir bis jetzt ganz gut und werde mir den Rest bei Zeiten auch noch durchlesen *Lesezeichen gesetzt* lg E:W |