Beschreibung
Eine Geschichte über ein Mädchen, dass das Leben zu verstehen lernt... [Kapitel 1]
Schneesturm
„Nun sag schon!“ Shy zwinkerte mir grinsend zu. Ich stöhnte. Shy ist einer dieser Menschen, die man nur zu gerne einmal richtig anschreien würde. Denen man gerne sagen würde, dass sie richtig nerven und einfach mal für kurze Zeit ruhig sein sollen. Aber man sagt es ihnen am Ende doch nicht, weil man sie echt gern hat. Dabei könnte man Shy für eine richtige Spießerin halten. Sie trägt immer sehr schlichte Klamotten, einen perfekten Dutt und eine gut gesäuberte Brille. Shy ist sehr hübsch, hat aber meistens einen strengen und gleichzeitig wissenden Blick aufgelegt. Sie ist die perfekte Schauspielerin und lässt sich meistens ihre Gefühle nicht anmerken. Und außerdem ist sie meine beste Freundin gewesen. Na ja, zumindest am Anfang dieser Geschichte war sie das. Aber mehr sollte ich nicht verraten, sonst wäre die Geschichte sicher langweilig.
Mein Name ist Lily Fuy, ein verrückter Name für ein verrücktes Mädchen. Ich lebe in einem kleinen Dorf nahe Hamburg. Es ist so winzig, dass nur wenige Touristen sich hier her verirren. Ich lebe hier, seid ich denken kann. All meine Nachbarn sind wie eine große Familie für mich. Denn neben meiner Mutter Luisé habe ich keine Verwanden. Mein Vater und Lu haben sich in Paris kennengelernt. Als er aber nach einem Onenightstand von mir erfuhr, hat er Lu sofort verlassen. Und ich glaube, man nimmt es mir nicht übel, wenn ich ihn dafür hasse.
Der Tag, an dem meiner Meinung alles begann, war der 9.Dezember. Es hatte zum ersten Mal ein wenig geschneit und ich und Shy saßen zusammen in dem Cafe ihrer Tante an einem der gemütlichen Kamins. Es war wie immer sehr leer im „Maloue Moon“ ,was wohl daran lag, dass sich die Einwohner wegen dem Schnee nicht auf die Straßen trauten. Sonst war es dort immer sehr voll und es war meistens schwer, unseren Stammplatz zu ergattern. Es waren acht Uhr und ich kann mich noch erinnern, wie Shy andauernd neue Kakaos bestellte, um unser Gespräch in die Länge zu ziehen. „Was soll ich denn sagen?“,fragte ich , während ich versuchte, meinen Kakao auf ex zu leeren. Was aber in einem Hustanfall endete. Shy kümmerte mein Anfall nicht und ich glaube, es wäre ihr auch total egal gewesen, wenn ich erstickt wäre. Sie hätte im Krankenhaus gewartet, bis ich aufgewacht wäre und dann hätte sie gefragt: „Und weißt du jetzt die Antwort?“
„Na du weißt schon.“,sagte sie , während ich röchelte. „Das Thema mit dem großen T“ Ich trank einen großen Schluck Kakao und hustete : „Was meinst du?“ „Jetzt tu nicht so, das weißt du ganz genau! Und hör endlich mit diesem künstlichem Gehuste auf, dass nervt.“ Mir stockte kurz vor Zorn der Atem. Dann trank ich noch einen Schluck Kakao und sagte mit etwas bebender Stimme: „Tut mir Leid, Shy, dass ich hier fast krepiert wäre!“ Shy schaute mich kurz irritiert an, dann nickte sie. „Ja, danke. Also, was ist jetzt?“ „Ich habe immer noch keinen blassen Schimmer wovon du redest.“ Shys Gesichtszüge veränderten sich. Sie wirkte ziemlich steif. „Um deinen langsamen Gehirnzellen auf die Sprünge zu helfen, wiederhole ich die Frage noch einmal. Was hältst du eigentlich von Till?“ „Till wer?“
Ich gebe heute ehrlich zu ,dass ich diesem Thema gerne aus dem Weg gegangen bin. Ich bin mir noch immer nicht bewust, warum. Ich glaube, dass es daran lag, dass ich es hasste über Jungs zu reden.
„Du kennst doch nur einen Till!“ Shys Geduldsfaden riss in letzter Zeit schneller als sonst. Sie schien mich schon länger für ein kleines Kind zu halten und traf sich nur noch mit mir ,um zu tratschen. Manchmal saßen wir uns auch einfach nur schweigend gegenüber, bis ihr Handy klingelte und sie schnell weg musste. Ich frage mich manchmal, wieso ich mich überhaupt noch mit ihr getroffen habe. Denn, ob ihr es mir nun glaubt oder nicht, ich wusste, dass sie oft schlechte Dinge über mich erzählte. Sie und ihre Gymnasium Freundinnen ignorierten mich meistens. Und ich bin im Nachhinein wirklich froh darüber.
„Nein, ich kenne Till Schweiger, Till Salz , Till Mond...“,begann ich ,aber Shy unterbrach mich. „Jetzt erfindest du aber Namen! Ich meine Till Rein, den aus deiner Klasse!“ Ich antwortete nicht, sondern begutachtete meine Fingernägel. Ich hörte ein Rascheln, schaute aber nicht auf. Ich spürte noch einen leichten Luftzug, ein leises Klicken und es war ruhig. Ich schaute auf. Shy war gegangen.
Â
Nachdem ich die Rechnung bezahlt hatte und noch ein wenig sitzen geblieben war, verließ auf ich das kleine Lokal. Draußen fegte ein eisiger Wind durch die verlassene Straße. Ich knöpfte meinen Parka zu und setzte meine Kapuze auf. Dann machte ich mich auf den Weg. Ich ging an den kleinen Urlaubshäuschen vorbei, die nie jemand bewohnte. Meine Gedanken kreisten nur noch um das Gespräch im Cafe. Shy hatte mich kurz umarmt und mich zur Sitzecke geführt. Ich hatte nichts gesagt, weil mir klar war, dass sie es ignorieren würde. Sie hatte sofort angefangen zu erzählen, wie toll es mit Mike liefe und das auch ich mir mal einen Freund suchen sollte. Ich sagte weiter hin nichts. Dann fing sie mit Till an. Ich schwöre euch , dass ich wirklich kein Interesse an ihm hatte. Meine Schritte verlangsamten sich, bis ich stehen blieb. Am Ende der Straße stand eine dunkle Gestalt. Sie war in einen Mantel gehüllt und schaute mich durch die zugezogene Kapuze an...