Kapitel 3 Unkontrolliert
,, Sie kennen sich ?“ , fragte Edrick als er zwischen der Tabajaxie und Liron hin und her sah. ,, Kann man so sagen. Entschuldigt mich bitte.“ Er ließ Edrick weiterarbeiten und verließ das kleine Mühlhaus mit Fylla. Hätte ich gewusst das ich der Bote des Ordens seit…“
,, Bote ja ? Ich glaube ich werde noch mal mit jemanden reden müssen. Wirke ich wie ein Bote?“ meinte Fylla . ,, Ich habe diesem Laufburschen gesagt das einer der Oberen des Ordens mit dir reden will. Und der Mann hält mich für eine Botin.“ Liron musste sich selbst ein Lachen verkneifen. Aber diese Verwechslung war vermutlich beinahe schon verständlich. Tabajaxie hatten seit jeher mehr die Unteren Schichten der Gesellschaft gebildet. Lebewesen die vor Jahrhunderten durch einen Magier erschaffen worden waren und wie eine Mischung aus Tier und Mensch wirkten. Die Gesichter wirkten Menschlich aber sah man genauer hin entdeckte man sofort die Unterschiede. Die Ohren vor allem waren sofort als die von Tieren zu erkennen und an einigen Stellen der Haut wuchs Fell das in den Gesichtern aber soweit er wusste mit zunehmenden Alter verschwand. ,, Moment. Einer der Oberen des Ordens… Ihr seid befördert worden?“
,, Nun . Eine Hosti-Invasion abgewehrt, einen bösen Zauberer in die Schranken verwiesen, einen Magieknotenpunkt gefunden und gleich darauf zerstört und das ganze nebenbei noch Überlebt. Das war einigen im grauen Orden eine Beförderung wert. Und jetzt darf ich mich mit der Ordenspolitik herumschlagen. Nun ja. Alexis wird mir dankbar sein.“
Sie hatten sich mittlerweile ein Stück weit von der Sägemühle entfernt und gingen wieder Richtung Stadt. ,, Wieso ? Ich habe eine Weile nichts von ihm gehört.“
,, Nach allem was ich weiß ist er irgendwo in Raven Unterwegs . Keine Ahnung was er da will. Außer Schnee gibt es dort nicht viel. Aber seine letzten Vorhaben waren beunruhigend. Es gab mehrmals die Überlegung einen Jäger auf ihn anzusetzen. Ich habe das allerdings unterbunden.“ Der graue Orden war allgemein bekannt dafür abtrünnige Magier ohne Gnade zu jagen. In besonderen Fällen reichte ihnen allein schon der Verdacht um jemanden zu exekutieren. Das bedeutete natürlich wenn sie überhaupt dazu kamen. Denn Obwohl es sich bei den Mitgliedern des grauen Ordens ebenfalls um Magier handelte, so waren ihre Ziele doch meist weitaus Mächtiger als sie selbst. Deshalb entwickelten die meisten Ordensritter einen ganz eigenen Kampfstil bei dem sie Magie und Stahl miteinander verwendeten. Liron hatte selbst gesehen wie Fylla bei ihrem ersten Treffen eine Gruppe Späher ausgeschaltet hatte. Sie hatte den Kampf mit dem Schwert perfektioniert und die Methode der Hostis übernommen mit zwei Waffen gleichzeitig zu kämpfen. Etwas das leichter klang als es war.
Allerdings schien sie diese Angewohnheit wieder abgelegt zu haben. Sie trug lediglich ein Kurzschwert mit silbernem Griff bei sich. Oder aber sie hatte einfach nicht bewaffnet im Palast auftauchen wollen. Vermutlich letzteres. Was auch die für Fylla , die unauffällige Farben bevorzugte , Kleidung erklären würde. Ein blau gefärbtes Kleid. Genau richtig wenn man dem momentanen Herrscher des Bundes einen Besuch abstatten wollte. Ein erneutes Lachen unterdrückend fragte sich Liron wie viele Ordensleute es wohl gebraucht hatte sie dazu zu Überzeugen. Möglicherweise doch keine, dachte er, der Orden war eine disziplinierte Gesellschaft. Jeder war letztlich bereit alles zu tun um den jeweiligen Auftrag zu Ende zu bringen. Das ging sogar so weit das sich Rekruten beim Eintritt einen neuen Namen zulegten um wirklich alle Verbindungen außer diejenigen zum Orden zu kappen.
,, Aber was ist mit dir ? Wie ist es euch in den letzten Jahren ergangen?“ , fragte Fylla.
,, Ich träume wieder.“ Antwortete er nur. ,, Es ist beunruhigend.“
,,Was ?“
Liron versuchte seine Vision irgendwie in Worte zu fassen. ,, Ich bin an einem mir völlig unbekannten Ort. Überall sind Knochen und dann sind da Zemas und… Adriana.“
,, Werden diese neuen Visionen vielleicht durch das ausgelöst was du mit dem Magieportal in Licentia angestellt hast ?“
Liron überlegte kurz. Er wusste, dass ihn dieser Tag im Herzen des Berges verändert hatte. Für einen Moment lang wäre er in der Lage gewesen alles zu tun,, Nein das ist es nicht. Es ist etwas völlig anderes aber jedes Mal wenn ich fast glaube danach greifen zu können… Ich weiß es einfach n nicht. Noch nicht. Aber es wird nicht durch den Magieknoten ausgelöst. Ich erinnere mich kaum noch daran was ich in diesen Minuten getan habe. Aber ich wüsste es wenn die Portale der Auslöser wären. Ich habe sie.. versiegelt das weiß ich. Sie sind jetzt vollkommen harmlos.“
,, Und das Wissen ist noch in deinem Kopf ? Sicher das das ungefährlich ist.“
,, Sicher nicht. Aber ich lebe mittlerweile Zehn Jahre damit und geschehen ist bisher nichts. Das Wissen ist da.. aber es ist als wäre es hinter einer verschlossenen Tür. Es ist in greifbarer Nähe aber ich kann es nicht einsetzen. Doch manchmal…. Sickert etwas durch.“
Gedankenverloren griff er nach seinem Schwert und ließ die Klinge in seine Handfläche wandern.
Die darauf eingekerbten Runen schimmerten in der Sonne schwach bläulich.
,, Niemand hat diese Schriftzeichen bisher wirklich Übersetzen können. Jeder Gelehrte den ich gefragt habe hat nur den Kopf geschüttelt. Aber ich kann es lesen als wäre es normale Schrift.“
,, Und das nennst du etwas. Aber jetzt bin ich neugierig. Was steht da?“
,, Reflektion“ , antwortete er als sie das kleine Dorf vor den Eingang passierten der sie zu Licentias Untergrundtor führen würde.
,, Sonst nichts ? Und darüber haben sich gelehrte jetzt seit über 50 Jahren den Kopf zerbrochen. Oder verheimlicht ihr etwas? “
,, Das müsst ihr mich grade Fragen . Aber nein und wenn doch dann aus guten Gründen.“ Tatsächlich sagte er nicht alles was er wusste. Ob aus gutem Grund oder nicht das war ihm selbst allerdings nicht ganz klar.
Als sie am anderen Ende der Tunnel wieder die Stadt betraten wartete dort bereits jemand. Ein Mann den Liron als einen der Boten des Ratsherrn Rexin erkannte. Was konnte der wollen?
,, Verzeiht. Aber mein Herr wünscht euch zu sprechen.“
,, Würde euer Herr auch ein Nein akzeptieren ?“ , fragte Liron zurück. Das letzte was er momentan gebrauchen könnte war eine erneute Auseinandersetzung mit dem Magierlord über seine Entscheidung bezüglich der Hostis. Diese Dispute endeten nur immer damit, dass früher oder später einer der beiden entnervt den Raum verließ. Meist war das Liron. Einmal jedoch hatte er Aventus wörtlich aus dem Raum geworfen. Der Kopf der Magierfamilie, der der Stadt Erane als Ratsherr Vorstand, hatte ihn beschuldigt mit seinen Aktionen noch den Bund in den Untergang zu treiben.
Und damit hatte er bei Liron einen wunden Punkt getroffen.
Die beiden waren allein in einem der zahlreichen Sälle des Palastes gewesen und Liron hatte eigentlich einfach nur auf die Tür deuten wollen. Und die Kontrolle verloren. Eine Energie welle hatte den völlig wehrlosen Zauberer durch die Tür auf den Gang geschleudert. Liron hielt seine, bei der Schlacht um Licentia erwachte Magische Begabung so gut er konnte Geheim. Nicht dass es ihm etwas ausmachte ein Magier zu sein, aber er Schulte seine Begabung nicht und so war sie für ihn so gut wie nutzlos. Mehr als einige kleine Zaubertricks bekam er nicht hin. Außer aber er Verlor die Kontrolle darüber. Wie an jenem Tag. Der herausgeworfene Zauberer hatte nur eine Weile wie betäubt an der Wand des Flures gelegt bevor Liron ihn aufgefordert hatte zu gehen. ,, Raus.“ Hatte er dem Zauberer nur entgegnet und der war überraschenderweise wirklich ohne Wiederworte gegangen. Offenbar hatte er ihm tatsächlich Angst gemacht. Allerdings hatte er ihm das auch nie verziehen. Für einen Zauberer der noch unter Gerret Giller selbst an der Akademie von Dynastes ausgebildet worden war, war es sicher eine Demütigung von jemanden Besiegt zu werden der was sein Wissen anbelangte nicht einmal mit einem Bettelmagier mithalten konnte.
Bettelmagier war ein Landläufiger Begriff für Zauberer die nur eine unzureichende Ausbildung in ihren Fähigkeiten hatten und sich teilweise mit Illegalen Aktionen wie Überfällen bereicherten. Aber auch ein Name für jene Magier die es vorzogen im Exil als Einsiedler zu leben. Manche die dieser zweiten Kategorie angehörten erlangten, alleingelassen mit sich und ihrer Gabe, überraschend große Macht.
,, Sagt eurem Herrn ich komme sobald es geht. Fylla, würdet ihr hier warten? ich denke nicht das das lange dauert.“
,, Wisst ihr ich bin auch nicht ohne Grund hier und ich denke das dem Orden…..“ aber bevor sie weiterreden konnte war Liron bereits verschwunden. Dann würde sie die schlechten Nachrichten wohl noch etwas aufschieben. Und vielleicht könnte sie in der Zwischenzeit etwas praktischerer Kleidung ergattern. Sie fragte sich immer noch wer im Ordensvorsitz auf die Idee gekommen war ausgerechnet sie nach Licentia zu schicken.
Liron machte sich gar nicht erst die Mühe an die Tür des Raums zu klopfen. Er wollte das so schnell wie möglich hinter sich bringen. Als er den Saal betrat wartete dort bereits der grauhaarige Rexin und sah zu einem der Fenster heraus auf die Stadt. Fast wie er selbst heute Morgen.
,, Ich will es kurz machen Liron.“ , begann Aventus. ,, Wir waren nicht immer einer Meinung.“
,, Wenn man es höflich ausdrücken will.“
,, Solange ihr mich nicht wieder rauswerft.“ Bis jetzt hatte er sich noch immer nicht vom Fenster abgewendet. ,, Was ich sagen will Liron ist. Ich bin nicht euer Feind. Wir hatten unsere Differenzen. Aber ihr habt heute ein für alle Mal Bewiesen, dass ihr euch durchsetzen könnt. Und das respektiere ich, ich habe nichts gegen euch persönlich, ich glaube nur das der Weg den ihr geht möglicherweise der Falsche ist.“
,, Ist das alles ?“
,, Ich denke nicht das es sonst noch etwas zu sagen gibt. Ich teile eure Ansicht nicht… aber vielleicht könnt ihr mich ja noch vom Gegenteil überzeugen.“ , meinte der Zauberer als Liron den Raum verließ.
Liron dachte über die Worte des Zauberers nach als er sich seinen Weg zurück durch die Straßen Licentias suchte. Und wusste immer noch nicht wie er das seltsam Ruhige Gespräch werten sollte. Als Entschuldigung ? Das er Fylla in der Menge auf den Straßen entdeckte ersparte ihm noch länger darüber nachdenken zu müssen. Sie hatte sich von irgendwoher einen staubigen alten Reisemantel besorgt der die auffällige Farbe ihrer aufgezwungenen Kleidung etwas dämpfte. Wenn man sein halbes Leben mit Weglaufen und die andere Hälfte als Späher des Bundes bei den Hostis verbracht hatte zog man Unauffälligkeit wohl jedem Luxus vor.
,, Das war.. anders.“ , meinte Liron nur auf die Frage was der Ratsherr gewollt hatte. ,, Wo habt ihr den Mantel her ?“
,, Wenn der Orden an einem nicht Spart dann sind es Spesen. Und wenn die mich so losschicken habe ich wohl jedes Recht mir was Passenderes zu suchen.“
,, Also was ist genau los ? ihr seid doch nicht nur hier um einen alten Freund zu besuchen und über alte Zeiten zu reden, so gerne ich das auch glauben würde.“
,, Früher hättest du das womöglich sogar. Aber nein deshalb bin ich nicht hier. Du weißt, dass der Orden sämtliche Artefakte aus dem Krieg gegen Ruben Darelto aufbewahrt. Richtig ?“
,, Worauf wollt ihr hinaus ?“ Liron gefiel gar nicht worauf das ganze hinauszulaufen schien.
Fylla atmete einmal durch. ,, In einer der Festungen des Ordens wurde… eingebrochen. Sämtliche Bewacher wurden getötet und… Liron… sie haben Rubens Zauberbuch gestohlen. Irgendjemand da draußen befindet sich jetzt im Besitz des Blutbuches.“
Liron spürte so etwas wie Unruhe in sich aufsteigen. Bisher hatte er nur Geschichten von dem Buch gehört. Die Zauberer des alten Reichs hatten all ihr Wissen darin verewigt und das letzte Mal als ein Magier in dessen besitz gelangt war, hätte er beinahe den ganzen Kontinent unterworfen.
,, Und ihr wollt das ich euch helfe herauszufinden wer ?“
,, Nun es war mein Vorschlag euch um Hilfe zu bitten. Deshalb wurde ich auch geschickt.“
,, Ganz wie in alten Zeiten. Nur das uns diesmal hoffentlich keine Armee auf den Fersen ist.“