Eine Geschichte aus Windaschybel, der Traumwelt DER WEG DES LIMAREN Kapitel 5
Nadims beherzter Angriff überraschte nicht nur ihre Verfolger, sondern auch deren Reittiere, die alle drei abrupt anhielten und sich nicht mehr zum Weiterlaufen bewegen lassen wollten. Kurz bevor der Heranstürmende sie erreicht hatte, schwangen sich Kaan und Steyn mit gezogenen Knüppeln aus den Sätteln. Inzwischen hatte sich auch Tyquan in Bewegung gesetzt, sodass sein Katana fast gleichzeitig mit Nadims Stock auf eine der gegnerischen Waffen traf. Es folgte ein erbitterter Schlagwechsel, begleitet vom gelegentlichen zornigen Knurren eines der Kämpfer, wenn diesem ein besonders gewiefter Hieb misslang. Der dritte ihrer Angreifer, den Tyquan bei ihrem ersten Kampf mit einem Bolzen verletzt hatte, hielt sich ein wenig abseits des Geschehens und warf nur hin wund wieder einen Stein nach den beiden anderen, um diese von seinen Kameraden abzulenken.
Die Sonne hatte sich erst wenige Zentimeter weiter über die fernen Berggipfel geschoben, als passierte, was hatte geschehen müssen. Gerade noch hatte Tyquan zum Angriff übergehen, hatte er einen harten Seitenhieb gegen Steyns Bein ausführen wollen, als ihn eine erneute Schmerzattacke zu Boden gehen ließ. Eisige Finger krallten sich um sein Herz und seine Glieder versagten ihm vollständig den Dienst, sodass das Katana aus seinen verkrampften Händen glitt. Ein Fußtritt von Seiten Steyns in den Bauch trieb auch noch das letzte bisschen Luft aus seinen Lungen, weshalb er seine Umgebung nur noch verschwommen wahrnehmen konnte. Wieder und wieder wurde nach ihm getreten, doch sein Geist schien sich vom Körper getrennt zu haben, denn er nahm den Schmerz nicht mehr wahr. Genau genommen spürte er gar nichts mehr und er fühlte sich, als schwebe er ein paar Handbreit über dem Boden. Immer noch durchzuckten ihn eisige Wellen, doch die Qualen blieben aus.
Verschwommen nahm er ein Zittern der Luft in einiger Entfernung wahr. Sie schien sich zusammenzuballen, wieder auseinander zu fließen, Gestalten zu formen und wild umherzuwirbeln. Sand vermengte sich damit und obwohl es sicherlich nichts anderes als eine Ausgeburt seines benebelten Verstandes wahr, glaubte er, ein Gesicht erkennen zu können, das sich im nächsten Moment in ein anderes verwandelte, um gleich darauf wiederum eine neue Gestalt anzunehmen.
Wie aus weiter Ferne hörte er die dumpfen Schläge, mit denen Nadim versuchte, sich zur Wehr zu setzen, als hätten sie noch eine Chance, diesen ungleichen Kampf zu gewinnen.
„Das hättest du nicht tun sollen, Limar“, drang Steyns Stimme an Tyquans Ohren. „Ich hätte dich nicht für so dumm gehalten. Lebend wärst du eigentlich mehr wert für uns, aber auch als Leiche wirst du uns noch von unschätzbarem Nutzen sein. Verabschiede dich schon mal von deinem Geist, denn dieser wird dir alsbald abhanden kommen.“ Das abgehackte Lachen des Kopfgeldjägers wurde von einem jähen Schmerzensschrei unterbrochen, gefolgt von einem schweren Aufprall. „Was soll ich mit dem anfangen, Boss?“
„Mir scheint, unserem Freund fällt es schwer, sein loses Mundwerk in Zaum zu halten. Lehre ihm Demut und sorge dafür, dass er für den Rest seines Lebens schweigt“, erwiderte Steyn mit gefährlich süßer Stimme.
„Nein, das…das könnt ihr doch nicht Ernst meinen“, jammerte Nadim. „Edle Herren, ich wurde zu dieser Tat gezwungen, ich schwöre es, bei allem, was mir heilig ist, möge unser aller Beschützer, Hrogram, mein Zeuge sein. Ich…“
„Schnauze halten!“, fuhr Kaan grob dazwischen und Tyquan konnte das unverkennbare Geräusch einer Ohrfeige wahrnehmen.
„Nun zu dir“, fuhr Steyn voll unverhohlener Freude fort und das nächste das der unbeweglich am Boden Liegende spürte, war kalter Stahl an seinem Genick.
„Keine Sorge, es wird schnell gehen. Deine Waffe ist gut geschliffen, wie ich sehe. Sie wird mir auch in Zukunft gute Dienste leisten.“
Nadims Kreischen drang an Tyquans Ohren, im selben Moment, als die Klinge gehoben wurde. Innerlich machte sich der junge Krieger für den Schlag bereit und obwohl ihm an dieser Stelle tausende Gedanken durch den Kopf hätten schießen müssen, so war er nur dazu in der Lage, an eines zu denken: Ich werde frei sein.
Ein leises Zischen setzte ein, gefolgt von einem anschwellenden Summen und im nächsten Moment geschah alles so schnell, dass Tyquan nicht einmal die Gelegenheit dazu fand, die geschlossenen Augen zu öffnen.
Ein gellender Schrei übertönte das unnatürliche Geräusch und etwas fiel nur wenige Handbreit von dem soeben zum Tode Verurteilten entfernt zu Boden. Kaum hatte dieser die Augen geöffnet, da musste er sie bereits wieder halb schließen, da ansonsten wild umherwirbelnder Staub seinen Blick trüben würde. Ein Sandsturm schien sie urplötzlich erreicht zu haben und in eben dem Moment, in dem er Tyquan einen zweiten Todesschrei vernahm, kehrte seine Körperbeherrschung zurück, sodass er sich aufrichten konnte, wobei er eine Hand schützend vor die Augen hielt. Der Himmel war nicht mehr vom Boden zu unterscheiden und es war ihm unmöglich, einen der anderen in diesem Chaos auszumachen. Ein erschrockenes Wiehern schallte ihm entgegen, doch er konnte nicht sagen, woher es gekommen war.
Als ihn eine gewaltige Windböe beinahe von den Beinen riss, ließ er sich wieder zu Boden sinken und seine Hand streifte die Klinge seines Katanas. Sofort erschien eine feine rote Linie an der Stelle, an der er sich geschnitten hatte, doch das beachtete er nicht weiter, sondern umschloss den Griff mit der Rechten und wartete. Was hätte er auch sonst tun können? Einen Gegner den man nicht sah, konnte man schließlich nur schwer bekämpfen. Durch das unablässige Pfeifen hindurch glaubte er plötzlich ein Keuchen zu vernehmen und plötzlich erinnerte er sich an Nadim. Langsam tastete er sich voran, in dem Wissen, dass er sich genauso gut von seinem unfreiwilligen Gefährten entfernen konnte. Als er glaubte, in dem Durcheinander etwas auszumachen, warf ihn ein besonders heftiger Windstoß zu Boden und der Sturm verebbte, so schnell, wie er gekommen war.
Das erste, das Tyquan erkannte, als es ihm möglich war, sich umzusehen, ohne Gefahr zu laufen, von Sand geblendet zu werden, war, dass die Kopfgeldjäger mitsamt ihren Kamelen verschwunden waren, als hätte es sie nie gegeben. Dann erst entdeckte er Nadim, der neben einem Stein am Boden lag und sich nicht rührte, doch als er sich dem Mann näherte, schlug er prompt die Augen auf, hievte sich in die Höhe und spuckte mit Blut vermischten Sand auf den Boden. Ein Grinsen machte sich auf seinem Gesicht breit, sodass Tyquan erkennen konnte, dass ihm ein Teil seiner Zunge fehlte, weshalb immer noch Blut aus seinem Mund tropfte. „Denen haben wir’sch getscheigt, wasch? Ich…“ Er erstarrte und blickte mit angsterfüllten Augen über Tyquans Schulter als sähe er direkt in die Unterwelt. „Oh, verdammt, Lobeschesch“, murmelte er und mit einem unguten Gefühl wandte sich auch der andere demjenigen zu, der hinter ihm stand.
Einen Augenblick lang brachte er kein Wort über die Lippen. Wie erstarrt stand er da und blickte das an, was da vor ihm wenige Handbreit über dem Boden schwebte. Das war doch nicht möglich. Das waren doch nur Hirngespinste gewesen. Er blinzelte, doch der Anblick blieb derselbe. Das Wesen, das da vor ihm schwebte, schien aus nichts anderem als verdichteter Luft zu bestehen, durchsetzt von einigen wenigen Sandkörnern und das Gesicht, das ihm entgegenblickte, änderte sich von Herzschlag zu Herzschlag.
„Wer bist du“, brachte er schließlich nach mehreren Versuchen über die Lippen und die Gestalt näherte sich ihm, sodass sie nur eine Hand hätte ausstrecken müssen, um ihn zu berühren, wenn sie denn eine gehabt hätte.
„Wir sind die, die einst unter euch wandelten, die die von euch gingen, die, an die sich niemand mehr erinnert. Wir sind die Vergessenen, Lobesses, die Wächter des Tales des Vergessens“, antwortete die Gestalt mit tausenden verschiedenen Stimmen.
Ein eisiger Schauder lief Tyquan über den Rücken, als er an die Geschichten dachte, die man sich über diese Wesen erzählte, deren Heimat Morner te Lobessa war und die manchmal Verirrten erschienen, entweder um ihnen einen Ausweg aus ihrer misslichen Lage zu weisen, oder um sie für das zu bestrafen, das ihnen angetan wurde. Wollte man den Legenden Glauben schenken, so waren die Lobesses die Seelen all jener, die nach ihrem Tode vergessen wurden, an die niemand auch nur einen Gedanken verlor; großteils Bettler, Aussätzige und Ausgestoßene, doch manchmal auch Menschen, deren Angehörige einfach keine Gedanken mehr für sie übrig hatten.
„Was wollt ihr von uns“, fragte Tyquan und hoffte, dass er dies nicht zu gebieterisch getan hatte. Sollte er diese Wesen erzürnen, war es um ihn und Nadim geschehen.
„Wir brauchen Euch, Limar, Windaschybel braucht Euch, bald.“
„Was soll das bedeuten, Windaschybel braucht mich? Ich habe nichts mit dieser Welt zu schaffen. Windaschybels Belange interessieren mich nicht“, gab Tyquan zurück, ohne zu bemerken, wie grob er diese Worte ausgestoßen hatte.
Ein Zupfen an seinem Ärmel bewegte ihn dazu den Kopf zu wenden und sein Blick fiel auf Nadim, dessen Hände vor Angst zitterten. „Bitte, Herr, Ihr dürft schie nicht tschornig machen. Anschonschten gibt esch keine Hoffnung mehr für unsch.“ Seine Worte waren nur schwer zu verstehen, doch Tyquan hatte ohnehin nur Ohren für die Wesen, die glaubten, einen Nutzen aus seinem Leben ziehen zu können.
„Wir kennen die Zukunft, Limar, und Ihr spielt darin zwar eine kleine, aber dennoch wichtige Rolle. Euer Ableben würde nur vieles erschweren.“
„Ich habe nicht vor, mich zu einem Spielball des Schicksals machen zu lassen, wer immer ihr auch sein mögt. Und wenn ihr in Hrograms Namen sprechen würdet. Diese Welt hat mir bisher nichts Gutes angedeihen lassen und ich werde mich nicht in Dinge einmischen, die mich nichts angehen.“
„Oh doch, das werdet Ihr, Limar, das werdet Ihr. Wir haben es gesehen. Wir wissen es und Ihr werdet es auch bald wissen.“
„Das werden wir ja noch sehen“, fuhr Tyquan sie an und bemerkte, dass die Lobesses begannen, Gestalt zu verlieren, sich aufzulösen.
„Wir werden sehen“, hörte er noch, während sich die wechselnden Gesichter zersetzten. In eben diesem Moment, kam ihm ein Gedanke und die Frage glitt ihm schneller über die Lippen, als er gewollt hatte. „Wisst Ihr, wie ich meinen Fluch loswerde?“
Die Gesichter hörten nicht auf, blasser zu werden, sich zu zerstreuen, sodass Tyquan schon nicht mehr daran glaubte, noch eine Antwort zu bekommen. Doch dann brachten die Lobesses doch noch ein paar Worte hervor: „Dort, wo Ihr hinzugehen gedenkt, wird man Eure Fragen nicht beantworten können. Die Rogasch können Euch nicht mehr erzählen, als Ihr bereits wisst.“
„Man sagt, ihr verfügt über das Wissen der Lebenden und der Toten, also helft mir, ich flehe euch an. Ich tue alles, was ihr von mir verlangt, nur gebt mir wenigstens einen Hinweis.“
„Ihr solltet Euch nicht für das schämen, was Ihr seid, Limar, aber wenn es Euer Wunsch ist, so werden wir Euch sagen, so viel uns erlaubt ist. Die Legenden der Rogasch, die er sicherlich schon gehört habt, entsprechen in den größten Teilen der Wahrheit. Es gibt eine Möglichkeit für Euch, eine sehr geringe und ein Scheitern ist wahrscheinlicher, als der Erfolg.“
„Sagt es mir! Was muss ich tun?“
„Geht nach Morna. In den alten Minen des Ybeleleran – Gebirges, werdet Ihr Eure Antwort finden, wenn sie vermutlich auch nicht dem entspricht, das Ihr Euch vorgestellt habt.“
Mit diesen Worten verschwanden die Lobesses, waren vom einen Moment auf den anderen einfach verschwunden.
„Was soll das heißen?!, rief Tyquan, doch die einzige Antwort, die er erhielt, kam vom Wind und der war bisher nie besonders gesprächig gewesen.
*
„Verratet Ihr mir etwasch, Herr?“, fragte Nadim, nachdem sie bereits mehrere Stunden geritten waren. Zu Tyquans Freude waren die Schmerzen, die dieses Pulver in ihm ausgelöst hatte, verschwunden, sodass sie ein schnelleres Tempo anschneiden konnten. Bisher hatten sie beide geschwiegen, doch es überraschte ihn nicht, dass der ehemalige Beutelschneider seine Zunge selbst in verkürztem Zustand nicht lange im Zaum halten konnte. „Ich dachte schon, deine Zunge hätte endlich bemerkt, dass sie dir herausgeschnitten wurde“, gab Tyquan zurück, ohne auch nur im Geringsten auf die Frage des anderen einzugehen.
„Schollte dasch etwa ein Schertsch schein?“, Nadim hob eine Augenbraue und blickte den Mann, der neben ihm ritt auf seltsame Weise an. „Diescher verdammte Hund wollte schie mir scheibchenweische rauschneiden“, brummte er und fuhr nach einer kurzen Pause fort. „Esch ischt ja schön, dasch Ihr endlich Eure humorvolle Ader entdeckt habt, aber trotschdem hätte ich gerne eine Antwort auf eine Frage, die mich jetscht schon scheit unscherem Aufbruch beschäftigt.“ Er fasste Tyquans Schweigen wohl als Einverständnis auf und meinte: „Wo gedenkt Ihr jetscht eigentlich hintschugehen und wiescho bin ich immer noch bei Euch? Wotschu habt Ihr mich überhaupt gebraucht, einmal davon abgeschehen, dasch ich Euch dasch Leben gerettet habe, aber dasch konntet Ihr ja im Vornhinein nicht wischen.“
„Was deine erste Frage betrifft“, begann Tyquan, ohne den anderen dabei anzusehen, „so gehe ich nach Morna, wie die Lobesses es mir geraten haben. Was die zweite betrifft, so kann ich sie dir nicht beantworten, weil das eigentlich deine Sache ist. Es steht dir jederzeit frei zu gehen.“
„Und drittensch?“, bohrte Nadim nach, als der andere nicht weiter sprach.
„Man sagte mir, du wüsstest, wo die Rogasch zu finden sind“, meinte er nur und hüllte sich dann wieder in Schweigen.
Diesmal vergingen mehrere Minuten, bis Nadim erneut wagte, die Stimme zu erheben. „Schtimmt esch, wasch diesche Dreckschkerle geschagt haben, dasch…dasch Ihr ein…ein Limar scheid?“ Tyquan bemerkte das Zittern in der Stimme des Mannes, der neben ihm ritt und als er ihm antwortete, wandte er ihm das Gesicht zu. Er wollte seine Augen sehen, wenn er zu begreifen begann.
„Ja.“
In den Augen seines Gegenübers zeigte sich für einen winzig kleinen Moment ein Aufblitzen von Furcht, gepaart mit etwas anderem, das Tyquan nicht recht einzuschätzen wusste.
„Scho richtig, mit Flügeln und Schuppen?“, fuhr Nadim fort, womit er den jungen Krieger überraschte. Die meisten Menschen reagierten auf eine solche Mitteilung anders, völlig anders.
„Mit Flügeln, Schuppen und roten Sonnenuntergängen“, bestätigte Tyquan, ohne Nadim aus den Augen zu lassen. Dieser schwieg eine Weile, blickte den Limaren dann schelmisch an und meinte: „Dann bleibt mir wohl nichtsch anderesch übrig, alsch an Eurer Scheite tschu bleiben. Ohne mich würdet Ihr schlieschlich nischt weit kommen, wasch?“ Er brach in schallendes Gelächter aus, doch Tyquan stimmte nicht mit ein. Auch wenn er noch nicht vielen seine wahre Identität offenbart hatte, so hatten ihn diese wenigen doch gelehrt, dass es besser war, dieses Geheimnis für sich zu behalten. Es lag nun einmal in der Natur eines jeden, ein solches Wesen, wie er eines war zu fürchten. Im Grunde war er sich darüber bewusst, dass er Nadim auf schnellstem Wege hätte loswerden sollen. Obwohl er ihm im Kampfe unterlegen war, so könnte er doch einst eine Bedrohung darstellen. Tyquan warf einen Blick auf sein Katana. Die Gedanken überschlugen sich in seinem Kopf. Wenn er es jetzt sofort tun würde, hier in dieser Gegend, so würde nie jemand davon erfahren. Vermutlich gab es niemanden, der diesem Ganoven auch nur eine Träne hinterher weinen würde. Die Dörfler hatten ihn vermutlich in dem Moment bereits vergessen, als er mit ihm aufgebrochen war. Langsam legte er eine Hand auf den Griff seiner Waffe. Er könnte es vom Sattel aus tun. Der andere ritt nahe genug an seiner Seite, um einen gezielten, sauberen Schnitt zu erlauben. Vermutlich würde er es nicht einmal merken. Vorsichtig zog Tyquan sein Katana ein Stück aus der Scheide. Der Stahl reflektierte das Sonnenlicht.
Er warf noch einen Blick auf Nadim. In einiger Entfernung erzeugte der Wind einen Strudel aus Staub und für einen kurzen Moment glaubte der junge Krieger ein Gesicht darin aufblitzen zu sehen.
In dem Wissen, dass er seinen Entschluss vielleicht eines Tages noch bereuen würde, ließ er die Waffe zurück in die Scheide gleiten.
Niemand würde je einen Gedanken an Nadim verschwenden, dessen war Tyquan sich sicher. Vermutlich würde nicht einmal er selbst an den jungen Mann denken, der versucht hatte, seinen Geldbeutel zu stehlen, den er absichtlich an einer solch unbedachten Stelle aufbewahrt hatte, um den Dieb zu einer unüberlegten Tat zu provozieren.
Alle würden ihn vergessen, sodass ihn sein Weg nach dem Tod sicherlich zu den Lobesses führen würde, die unerfüllter Dinge durch das Tal des Vergessens irrten, auf ewig an der Schwelle zwischen Leben und Tod verharrend und ein Wissen behütend, das nicht nur einem Lebenden, sondern auch einem Toten auf Dauer zu viel sein würde.
Egal wie sehr er sich auch davor fürchtete, dass Nadim ihm irgendwann in den Rücken fallen könnte, so war es Tyquan doch nicht möglich, ihm dieses traurige Schicksal aufzubürden. Es musste auch einen anderen Weg geben, sich des anderen zu entledigen, einen unblutigen Weg. Wenn er doch nur gelernt hätte, auch auf diese Weise mit seinen Feinden und allen, die es jemals werden könnten, zu verfahren. Wenn das Schicksal ihm doch erlaubt hätte, ein gewöhnliches Leben zu führen und Freundschaften zu schließen, ohne sich überlegen zu müssen, welche Beweggründe der andere hatte. Wenn er doch nur wüsste, ob es richtig war, was er tat und ob sein Leiden jemals ein Ende finden würde.
© Fianna 13.05.2012
Fianna Re: - Zitat: (Original von RogerWright am 03.07.2012 - 20:39 Uhr) Natürlich, dem Schicksal eins auswichen wollen. Das klappt doch niemals, denn entwicht man ihm aus dem einen Hosenbein findet es einen Weg dich wieder dorthin zu bringen, wo du hinsolltest. Bleibt weiterhin spannend. Ja, schon nervig dieses Schicksal. Ich bin nur froh, dass es wenigstens mich in Frieden lässt. Liebe Grüße Fianna |
RogerWright Natürlich, dem Schicksal eins auswichen wollen. Das klappt doch niemals, denn entwicht man ihm aus dem einen Hosenbein findet es einen Weg dich wieder dorthin zu bringen, wo du hinsolltest. Bleibt weiterhin spannend. |
EagleWriter Wie immer wirklich gut geschrieben. Und es wird einfach immer spannender. |