Kurzgeschichte
Der Türrahmen

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"Der Türrahmen"
Veröffentlicht am 18. April 2012, 4 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Ein kleines Teilchen der Masse, dass den Drang verspürt sich abzuheben.
Der Türrahmen

Der Türrahmen

Du trafst dich oft mit mir. In dieser kleinen Hütte, dort unten am See. Du magst meine Rollläden nicht, hast du gesagt. Ich mochte deinen Türrahmen nie. Der Kompromiss lag auf der Hand, wie meine Ungeduld in deiner. Mit dir verbrachte ich wundervolle Jahreszeiten, auch wenn der Winter immer karg war und der Frühling zu erfüllt von uns beiden zu sein schien.

Wenn du Fische gefangen hast und ich sie ausnahm, wenn du mich dabei beobachtest hast, wie ein Stalker mit einem Fetisch für Hände, fühlte ich mich meistens ganz gut. Wenn ich dir zeigen konnte, wo man die besten Pflanzen zum Würzen findet und ich ganz gespannt deinen Blick versuchte einzufangen. Wenn du so da standest und das Grün sich in deinen Augen widerhallte, dann ging es mir ganz gut.

Eines Tages fragtest du mich, ob wir nicht zu dir wollten. Ich sagte ja. Wir spazierten ein Stück, du nahmst meine Hand, ich nahm deine an. Du schienst nervös zu sein, dein Kopf war geneigt und du dachtest nach. Über uns? Unter uns? Mit uns? Mein Kopf war überfordert und wollte die Informationen vergessen. Das war zu viel, viel mehr als sonst.

Nach einer geschlagenen Ewigkeit kamen wir bei dir an. Du hast die Tür aufgeschlossen. Du hast deine Türrahmen gefärbt. Und dann war ich eingeschlossen, verschlossen. Und jeder weitere Schritt war wie ein Trip durch einen mir unbekannten Kanal. Ich war nicht zu Hause und du warst es auch nicht, oder doch?

Du schienst nervös zu sein, meine Hand befreite sich aus deiner. Wenn du mich so anschaust, fühle ich mich nicht so gut. Und mein Atem presste sich gegen den mir unbekannten Raum. Und als die vier Wände versuchten mir den Schädel zu zertrümmern, ja da ging ich. Du sahst mich an, verständnislos, ja auch kompromisslos.

Dieses Bild war auf meiner Netzhaut eingebrannt. Es brannte mehr als mein Atem. Ich wurde ruhiger, man gewöhnt sich daran.

Irgendwann, schließlich und endlich, war ich Daheim. Meine Augen taten immer noch weh. Eine Träne bahnte sich ihren Weg durch mein Gesicht, durch mich, durch ihn.

Ich drehte mich zu meinem Fenster um, der Rollladen war zur Hälfte unten. Konnte nichts ausschalten, war ein Sklave meiner Sinne. Immerhin funktionstüchtig, immerhin lebendig. Während ich mich um mich selbst wand und mein Fingernagel sich in meinen Arm bohrte, kam der Entschluss mit einem gesäuselten Hauch. Meine brennenden Augen weiteten sich und meine Hände berührten den Gurt. So sanft die Berührung, so hart der Akt. Es ging mir besser, seit der Rollladen ganz unten war.

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damnshit
Ein kleines Teilchen der Masse, dass den Drang verspürt sich abzuheben.

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damnshit Umso - besser das du einen schreibst!

Die Geschichte kam einfach, am Anfang hatte ich keine Idee und hab einfach mal geschrieben...ich wusste nur das ein Türrahmen ne Rolle spielen soll -g-

Es ist schön das dir der Text gefällt! :)
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Wie jetzt, noch kein Kommentar? - Dann wird's aber Zeit! Hab dein kleines Bilderspiel hier gerade entdeckt und finde es echt ziemlich gut. Für mich beschreibt es das Zusammensein, das plötzlich nicht mehr ist, wie es vielleicht mal war, wie man's in Erinnerung oder in der Vorstellung hatte. Man fühlt sich eingeengt, bedrängt und bevor alles über einem zusammenbricht, geht man eben. Sehr melancholisch aber auch malerisch irgendwie und schön.

Liebe Grüße
Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
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