Sir David erwachte in seinem Himmelbett, in welches er transportiert worden war. Sein Diener stand daneben parat. „Sir, wie schön, dass Ihr wieder da seid.“ „Was heißt hier wieder?“, fragte er schlaftrunken, als ihn die Erinnerung wie ein Holzhammer traf.
„Mist! Was hat Mutti gesagt? Habe ich jetzt lebenslang Hausarrest? Wir sie mir meine Sammlung antiker Waffen wegnehmen, oder meinen Stoffdrachen Bubu?!“
Seine Diener wandte sich grinsend von seinem Herren ab. „Nein, die Herrin befiehlt, Ihr sollt Lady Worchestershire empfangen.“
Entsetzt verkroch sich der Ängstliche unter seine Bettdecke. „Nein! Nicht das! Ich sol diese schreckliche Person heiraten! Über die habe ich nichts Gutes gehört, die soll ganz gemein sein und kratzen und beißen und alles solches Zeug, ich stehe unter diesen Bedingungen nicht auf!“, antwortete er entschieden unter seiner Bettdecke hervor. „Aber Sir, Ihr müsst doch aufstehen, die Lady wird bald eintreffen und so viel ich hörte soll sie einen sehr würzigen Charakter haben.“ „Menschen können doch keinen würzigen Charakter haben, Dummkopf! Wenn dem so wäre, hätten die Balladenschreiber dies schon einmal verwendet.“
Bevor man sich in einer Diskussion über die Verwendung bestimmter Adjektive zur Beschreibung von Personen verlor, wurde die Tür des Zimmers mit einem lauten Krachen aufgestoßen und die Mutter von Sir David stürmte wie ein Tornado in das Zimmer.
„Himmel Sohn, bist du denn immer noch nicht aus dem Bett heraus! Beeil dich, deine Zukünftige wird bald hier Hofstaat halten!“ „Mutter, ich werde diese Person nicht heiraten, ich liebe sie nicht!“ Lady Blackmore blickte das Bettgespenst von einem Sohn mit Zweifel an. „Ihr jungen Leute, was ihr nur alle habt. Liebe, so etwas gab es bei uns nicht, da wurde geheiratet, was auf den Tisch kam, pardon, wer uns ausgesucht wurde. Ich liebe deinen Vater auch nicht und habe trotzdem 4 gesunde Kinder mit ihm gezeugt.“ „Nur zu dumm, dass meine 3 älteren Brüder alle im Ehebett starben.“ Lady Blackmore zuckte mit den Schultern. „Berufsrisiko. Und jetzt marsch aus dem Bett!“ „Nein?“, erklang es immer noch gut vernehmlich, aber deutlich vorsichtiger unter der Bettdecke hervor. „Du lässt mir ja keine Wahl, Bedienstete, bringt den Badezuber!“
Auf dieses Zeichen hin marschierte eine Garde von bedienstete, ausgerüstet mit Kleidung, Duftwässerchen, einer Wanne voller heißem Badewasser und Tüchern zum Abtrocknen herein. Mit Gewalt zogen sie Sir David aus dem Bett, entkleideten ihn, warfen ihn in den Zuber, wobei er gellend schrie, da das Wasser viel zu heiß war, während ein anderer Bediensteter verschiedene farbige Wässerchen über ihm ausgoss.
„Das Wasser ist zu heiß und ich werde riechen wie 20 Blumenbeete, die Lady wird bei dieser Geruchsexplosion umfallen!“, prophezeite er, während man ihm eilig den Rücken schrubbte. „Das hättest du wohl gerne, was? So jetzt raus mit dem Kerl, sonst schrumpelt seine Haut noch und er sieht wie ein Tattergreis aus.“
So hievten die Männer Sir David Blackmore aus dem Zuber, kleideten ihn in Windeseile an und frisierten ihn rasch.
Nur wenige Minuten später befand man sich im weiten Thronsaal, in den Lady Worchestershire mit Gefolge einzog.
„Lady Worchestershire, welch eine Freude Euch in diesen bescheidenen Mauern begrüßen zu dürfen!“, flötete Lady Blackmore überschwänglich. „Und wie ich mich ebenso freue Euch wieder zu sehen, Mutter“, flötete die andere Lady nicht minder herzlich zurück. Die beiden Frauen fielen sich in die Arme, die dickliche und kleine Lady Blackmore und die große, gärtenschlanke Lady Worchestershire.
„Mutter hat Sie mich genannt, die hohe Lady, hast du das gehört, mein Sohn?“, fragte seine Mutter herausfordernd. Unmissverständlich wurde ihm klargemacht, dass er sich auch sofort stürmisch freuen sollte. „Welch Freude, Lady Worchestershire“, sprach er ein wenig zu fröhlich. „Warum so steif, Geliebter?“, kam es herausfordernd zurück. „Hallöchen, Beatrice“, antwortete David spitz.
Da nahm ihn seine Mutter bei der Hand, besser gesagt, sie zerquetschte diese ihm förmlich und zerrte ihn etwas abseits. „Was soll denn der Quatsch?!“ „Sie hat doch gesagt, ich soll nicht so steif sein.“ Seine Mutter warf tödliche Blicke. „Du hast dich vor der Nummer 6 in der Thronfolge gefälligst ordentlich zu benehmen. Vor ihr stehen nur noch, der König nicht mitgerechnet, dessen 2 Söhne, sein Enkel, des Königs Bruder, dessen Sohn und der Hund des Königs.“ „Na toll, ich wollte schon immer am Hinterteil eines Hundes in der Thronfolge stehen.“ Seine Mutter knallte ihm eine mit der rechten Kelle, seine Wange sollte noch einige Tage lang der handabdruck zieren. „Das sagt die Nummer 236 in der Thronfolge! Du wirst dich jetzt mit ihr unterhalten, vielleicht ein wenig spazieren gehen und es wird dir gefallen, hast du mich verstanden?“ „Ja, Mama“, antwortete der Ängstliche monoton.
„Lady Worchestershire, entschuldigt unsere kurze Unpässlichkeit, aber mein Sohn wollte Euch etwas fragen.“ „Ja. Ähm. Lady, wie fühlt es sich eigentlich an, wenn man hinter einem Hund in der Thronfolge steht?“ Er spürte einen Stoß in seinen Rippen. „Das wolltest du nicht fragen“, kam es herrisch von seiner Mutter. „Wollen wir einen kleinen Spaziergang unternehmen“, presste er zwischen seinen Lippen hervor. „Sehr gern“, womit ihm die Lady demonstrativ ihre zarte Hand reichte.
Im Schlossgarten gingen die beiden jungen Leute eine Weile schweigend zusammen. „Es ist entwürdigend“, brach Beatrice das Schweigen. „Wie meinen?“ „Hinter einem Hund in der Thronfolge zu stehen, meine ich. Überhaupt, was ist mit dir, hast du irgendeinen Zaubertrank genommen, der dir plötzlich Hoden hat wachsen lassen?“ Erschüttert blieb Sir David wie angewurzelt stehen. „Wie belieben?“ „Normalerweise ist mein kleiner Schoßhund doch nicht so aufsässig. „Ich bin nicht dein Schoßhund!“ Beatrice lachte höhnisch. „Noch nicht, aber bald, die Hochzeit ist praktisch schon arrangiert und wage es ja nicht ihr fernzubleiben, notfalls lasse ich dich auch in Ketten vor den Altar zerren und erzwinge unter der Folter deine Zustimmung, mein süßer kleiner Hosenscheißer“, kam es fast schon liebevoll, also die letzten Worte, von den Lippen der hochaufgeschossenen Frau und sie küsste David neckisch.
„Was finden die Männer bloß an dir?“ „Ich bin die Nummer 6 in der Thronfolge, reich, hübsch, kultiviert und habe ein gebärfreudiges Becken. Man könnte ich auch eine vollkommene Frau nennen.“ David blickte unglücklich in die Ferne. „Deine beiden Männer zuvor sahen das scheinbar nicht ausreichend für eine dauerhafte Beziehung.“ Mit einem bösartigen und zugleich anziehenden Grinsen blickte ihn Beatrice an, sie hatte etwas von einer schönen fleischfressenden Pflanze, metaphorisch gesprochen. „Wie oft soll ich es dir denn noch sagen, es waren Unfälle.“ Der Sir lachte verächtlich. „Ja, der Erste ist von den Zinnen gestürzt und der Zweite im Burggraben ertrunken und das kurz nachdem du von ihnen jeweils eine Tochter geboren hast. Ach ja, ich erinnere mich dunkel gehört zu haben, dass beide gefesselt waren.“ Beatrice Worchestershire zuckte mit den Schultern. „Männer.“
Beide wandten sich erneut dem Schloss zu. „Bevor wir da drin wieder heile Welt spielen möchte ich noch wissen warum du ausgerechnet mich heiraten willst.“
„Weil ich dich wirklich liebe. Ich liebe dass du nicht widersprichst, ich liebe den alten und ehrwürdigen Namen deines Geschlechts, ich liebe dass du kultiviert bist und nicht die geringste Spur inzestösen Einschlages zeigst, ich liebe den Gedanken, dass du keine andere haben kannst als mich, denn andere Frauen meines Standes würden dich doch niemals freiwillig nehmen. Und noch mehr liebe ich dich, wenn wir erst einmal verheiratet sind und du mir einen gesunden Sohn geboren hast.“ „Denn sonst werde ich gefesselt versucht haben meinen Kopf durch eine Schlinge zu stecken, die sich dann leider um meine Kopf legte, als der Stuhl, auf dem ich stand, unter mir umfiel.“ Beatrice lachte gellend. „Ja, das wäre mal was Neues.“