Ein Kristall. Ein Artefakt. Ein Quantensprung in der Klontechnologie. Und eine Gefahr. Eine Waffe die Welten zerstören kann. Zwei wiederstreitende Interessengruppen spielen ein Spiel, in dem die Menschen, die sie einsetzen, nur Figuren auf einem virtuellen Schachbrett sind. Bis den Figuren klar wird, das es um weit mehr geht als zu überleben. Und das Verlieren keine Option ist.
Dieser Roman basiert auf Motiven des MMPORG (Massively Multiplayer Online Role-Playing Game = Massen-Mehrspieler-Online-Rollenspiel) EVE Online, einem von der Firma CCP aus Island geschaffenem virtuellen Universum, in dem jeden Tag Zehntausende Menschen aus der ganzen Welt miteinander interagieren. Sie sind dort Teil einer sich ständig weiterentwickelnden Geschichte.
Meine Geschichte handelt weder von Online-Spielen noch von Online-Spielern, setzt aber das oben genannte Universum als Basis für die Handlung voraus.
Die nachfolgende Copyright Info ist eine notwendige Formalie, die ich völlig in Ordnung finde. Die Bedingungen finde ich persönlich sehr großzügig, auch wenn sie, natürlich, nicht uneigennützig sind. Um noch einmal klar zwischen Mein und Dein zu differenzieren: Die Geschichte ist meine eigene Schöpfung, die Welt in der sie spielt ist es nicht.
Die Geschichte hat keinerlei Bezug zu real existierenden Personen und Gegebenheiten. Ähnlichkeiten oder Übereinstimmungen wären rein zufällig.
Ich widme diese Geschichte allen, die sich schon einmal die Frage gestellt haben, wo denn eigentlich die Grenzen zwischen der realen und der virtuellen Welt liegen.
Der Text ist in diesem Format insgesamt 537 Seiten lang. Er entspricht dem, welcher, zusammen mit einigen Screenshots, auf scribd.com veröffentlicht wurde (dort 237 Seiten): http://www.scribd.com/doc/83678424/Das-Feuer-Gabriels
COPYRIGHT NOTICE
Kurzeinführung in New Eden
Prelude
Kapitel 1 - Family Business
Kapitel 2 - Der Passagier
Kapitel 3 - Für Volk und Vaterland
Kapitel 4 - Max Speed
Kapitel 5 - Gabriels Feuer
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New Eden wird von fünf Rassen bewohnt: Amarr, Caldari, Gallente, Jove, Minmatar. Alle Rassen sind menschlichen Ursprungs, ihre Vorfahren kamen in diesen Teil des Universums durch ein natürliches Wurmloch, welches irrtümlicherweise für stabil gehalten wurde. Der größte Teil der Besiedlung brach zusammen, als das Wurmloch aufhörte zu existieren, einige wenige schafften es, zu überleben. Erst nach mehr als zehntausend Jahren gelang es den Menschen wieder, Raumschiffe zu bauen, mit denen man zwischen den Sternen fliegen konnte. Nach irdischer Zeitrechnung befinden wir uns im 25ten Jahrtausend.
Quelle: EVE Online
„...
Die frühe Geschichte der Menschheit des New Eden-Cluster bleibt ein Thema vieler Spekulationen. Es gibt kaum stichhaltige Beweise, um die Diskussion zu führen, denn verschwindend wenige Artefakte haben überlebt, um von der Zeit vor der Entstehung der vier modernen Imperien zu erzählen. Die Geschichte der vier Reiche wurde jedoch durch wichtige Ereignisse geprägt - zwei Treffen, und die beiden Kriege.
Das erste, jetzt tausend Jahre her, war das Treffen zwischen den Amarr und Minmatar. Die Amarr, zu diesem Zeitpunkt bereits eine expansive, kaiserlichen Theokratie, welche Dutzende von Sternsystemen kontrollierte, stolperte über die Minmatar, die noch dabei waren, ihr eigenes Sonnensystem zu erforschen. Im Laufe des nächsten Jahrhunderts, und in Übereinstimmung mit den Lehren ihres stabilen und dominanten Priestertums, kamen sie immer häufiger, um gewaltsam Arbeitskräfte von der wachsenden Minmatar Nation zu erhalten. Diese Überfälle gipfelten vor 900 Jahren in einer Groß-Invasion, welche die Annektierung und Versklavung der gesamten Minmatar Zivilisation zur Folge hatte.
Das zweite Treffen begann auf einer gerechteren Grundlage, als die Gallente Nation die Existenz einer anderen Zivilisation anerkannte, die, heute als Caldari bekannt, auf einem benachbarten Planeten in ihrem Heimat-System lebte. Während Gallente Prime ein komfortabler, gemäßigter Planet war, war Caldari Prime eine kaum bewohnbare Eiswelt. Diese Kriterien bestimmten sowohl die Weiterentwicklung der beiden Völker, und den Ton ihrer jeweiligen Kulturen. Die Gallente, selbst in der Außenpolitik mit einem Hauch von etwas überheblichem Genuss, begrüßten gern die Caldari als Handelspartner, und gemeinsam entwickelten sie viele Technologien, so dass beide Kulturen Seite an Seite in einer langsam wachsenden Koalition von unterschiedlichen Gesellschaften wuchsen, welche sich bald in der Gallente Föderation vereinigten.
So wie sie zusammen aufwuchsen, so lebten sich die beiden Völker zunehmend auseinander. Die liberale, individualistischen und easy-going Gallente hatten sich nie wirklich gut mit dem harten, organisierten und kapitalistischen Caldari vermischt, und mit der Zeit wurden ihre Ziele abweichend und ihre Beziehung katastrophal. Die Ereignisse spitzten zu und führten zum brutalen und langwierigen Gallente-Caldari Krieg, der viel Blut und Geld verschwendete. Schließlich waren die Caldari gezwungen, von ihrer angestammten Heimatwelt zu fliehen. In der Tat, die Gesellschaft der Caldari wurde durch den Einsatz erheblicher Ressourcen und die inspirierte Führung ihrer monolithischen Mega-Konzerne zu fernen Sternen geführt. Schließlich kam ein zerbrechlicher Frieden zwischen dem neu gegründeten Staat Caldari und der weiter wachsenden Gallente Föderation zustande, aber keine der beiden Seiten hat vergessen oder vergeben.
Das war der erste Krieg. Der zweite wurde von der Aktion, oder der Untätigkeit, des fünften großen Spielers in der New Eden Cluster-Politik gefällt - den rätselhaften Jovianern (Jove), die nur sehr wenig sagen, aber einen langen Schatten werfen. Sie waren noch neu für die vier Reiche, und ihre Stärke war unbekannt. So versuchten die Amarr, sie zu unterwerfen, wie sie unzählige andere Kulturen seit der Eroberung der Minmatar unterworfen hatten. In der Schlacht von Vak'Atioth schlug ein einsames jovianisches Mutterschiff die komplette Amarr Flotte. In dem Torkeln des Amarrischen Empire, bedingt durch die Größe ihres militärischen Misserfolges, beschlossen die Minmatar, dass ihre Zeit gekommen war. In allen Amarrischen Sklaven-Einrichtungen erhoben sich die Minmatar und warfen ihren Fesseln ab. Das Imperium, nicht in der Lage überall gleichzeitig zu reagieren, um den massiven Aufstand zu unterdrücken, war gezwungen, sich aus einem großen Bereich von Welten, in denen Minmatar Sklaven rebelliert hatten, zurückzuziehen. Diese Regionen des Alls wurde mit der Zeit die Minmatar Republik, ein Gallente-unterstütztes politisches Experiment. Es vereint vier der sieben Stämme der Minmatar unter einer demokratischen Regierung. Während sowohl die Minmatar Republik und das Kaiserreich Amarr sich zurückzogen, um ihre Wunden zu lecken und wieder aufzubauen, fühlen beide Seiten, das zwischen ihnen Dinge unerledigt sind, die nicht ewig aufgeschoben werden können.
In diesem unruhigen Frieden suchten die vier Reiche ein gewisses Maß an Stabilität, und schließlich wurde die gewünschte Stabilität durch die Bildung von CONCORD zur Verfügung gestellt. Mit der ruhigen Hilfe der Jovianer kamen die Reichen zu Abkommen über den Handel, Kommunikation und Diplomatie, und zusammen schufen sie CONCORD und seine nachgeordneten Bereiche, zur Überwachung und zur Verwaltung der interstellaren Beziehungen. Heute unterstützt und verwaltet CONCORD viele Aspekte des modernen Lebens, wo die Zusammenarbeit zwischen Imperien eine Notwendigkeit ist, und sein erweitertes Mandat der fünf Gründungsmitglieder macht den fünfzackigen Stern zu einer vertrauten und respektierten Einrichtung in den Augen aller im gesamten New Eden-Cluster.
Veröffentlicht von CONCORD
...“
(Quelle http://wiki.eveonline.com/en/wiki/History, ins Deutsche übersetzt von Ryek Darkener)
Schiffsgrößen:
Fregatte 40 - 120 m
Kreuzer 150 - 300 m
Schlachtkreuzer 300-500 m
Schlachtschiff 800-1500 m
Träger 2-4 km
Superschlachtschiff 3-5 km
Titan 15-18 km
Frachter 1500 -2500 m
Shuttle 30-50 m
Vor 15 Jahren ...
Das Sonnenfeuer, welches das Explorer Schiff in den letzten Jahren von fünfzig Prozent Lichtgeschwindigkeit heruntergebremst hatte, verblasste. Das Schiff aktivierte den Warpantrieb und nahm Kurs auf einen Gasriesen, den achten Planeten eines noch unbekannten Sonnensystems, in dem es angekommen war.
Es aktivierte die für Menschen gedachten Einrichtungen. Licht ging an. Die lebenserhaltenden Systeme fuhren hoch. Die künstliche Schwerkraft setzte ein. Das Schiff machte einen kompletten Systemcheck. Alles im grünen Bereich. Es aktivierte die Sprung-Klon-Installation und sendete das “Fertig“ Signal an die CONCORD-Zentrale. In wenigen Stunden würden Männer und Frauen kommen, um das Sonnensystem genauer zu untersuchen und für die Menschen in Besitz zu nehmen. Ein weiterer Schritt, diese Galaxis zu erobern.
Es war der Standardplan für die Kolonisierung. Die Explorer Schiffe erzeugten die Brücke für die Materialtransporter. Diese brachten die Teile der Sternentore, mit denen das neue System an das Verkehrsnetz von New Eden angeschlossen würde.
Doch hier war es nicht so. Das Sternentor wurde gebaut, aber es blieb gesperrt. Ausgewählte Wissenschaftler kamen in das System, um nach Erklärungen zu suchen für das, was hier gefunden worden war. Die Spannungen zwischen den Imperien und CONCORD nahmen zu, und das System wurde für die Besiedlung gesperrt. Aus politischen Gründen geriet es in Vergessenheit, und die Explorer Missionen in die umliegenden Sonnensysteme wurden nur noch automatisch durchgeführt, um Eskalationen zu vermeiden. Die Expansion in diesen Raumsektor hinein kam faktisch zum Erliegen, ohne dass der Rest der Welt etwas davon mitbekam.
Es entstand ein Gleichgewicht der Kräfte, und eine Übereinkunft der fünf Fraktionen, dass, was in diesem namenlosen System gefunden wurde, dort auch bleiben sollte.
Doch das ist jetzt Geschichte ...
* * *
Als Nama den Raum betrat, fühlte sie den Hass wie einen Dolch aus Eis in ihrer Brust. Sie straffte ihre Haltung und ging weiter.
„Ich werde keine Schwäche zeigen“, dachte sie bei sich.
„Es war meine Entscheidung, euer Leben zu retten, wenn auch gegen euren Willen.“
Mehr oder weniger. Sie war als Unterhändlerin geschickt worden, um 'ein Problem zu lösen'. Es hatte 'Vorfälle' gegeben, so wie es immer 'Vorfälle' gibt zwischen den Amarr und Minmatar, insbesondere in Sonnensystemen für die nicht klar ist, wem sie gehören. Einige Schiffe waren verlorengegangen, einige Leute waren gestorben, und am Ende hatte man sich geeinigt, einen letzten Versuch zu machen, bevor die Sache wirklich blutig wurde.
„Nama, Du warst angeklagt, das Amarrische Empire verraten zu haben.“
Zuerst lief es wie geplant. Ihr Treffen mit dem Minmatar Unterhändler wurde zum Desaster für die Minmatar. Nachdem sie einige Sätze ausgetauscht hatten, hatte sie es geschafft, dass der andere sich so schuldig fühlte, dass er vor ihr unter Tränen auf die Knie fiel. Er hätte ihr den ganzen Sektor als Wiedergutmachung angeboten, wenn sie danach gefragt hätte.
„Du warst angeklagt, für unsere ehemaligen Sklaven gearbeitet zu haben.“
Nachdem die Minmatar Delegation die Verhandlung unterbrochen hatte, war ein Vertreter von CONCORD zu ihr gekommen.
„Ich bin fasziniert“, hatte er gesagt.
„Sind Sie ein Mitglied der Herrscherfamilie?“
Sie grinste in Gedanken. Nein, sie war es nicht. Aber es wurde gesagt, dass sie, in direkter Linie, ein Nachkomme eines der ersten Propheten sei. Etwas von dessen Fähigkeiten schien sich vererbt zu haben, über siebentausend Jahre hinweg. Sie war stolz darauf. Aber jetzt schien ihr Stolz die Ursache für ihren Fall zu sein.
„Du warst angeklagt, Amarrisches Eigentum in die Hand der ungläubigen Minmatar gegeben zu haben.“
Sie zuckte zusammen. Ja, das hatte sie. Der CONCORD-Agent hatte ihr die Dinge gesagt, die ihre eigenen Leute 'vergessen' hatten, ihr zu sagen. Das umstrittene Sonnensystem war das Letzte, welches das Gleichgewicht in diesem Sektor aufrechterhielt. Auf beiden Seiten warteten kapitale Flotten auf ihren Einsatz, und beide Seiten waren sicher, dass sie gewinnen würden.
Der Vorsitzende und seine Beisitzer erhoben sich.
„Formell haben wir zu urteilen, dass Deine Aktion zum Vorteil beider Parteien war.“
Der CONCORD-Agent hatte ein Treffen mit dem Amarrischen Delegationsleiter arrangieren können, unter sechs Augen. Und wie vorher war es ein Leichtes für sie, auch seine Meinung zu ändern. Da die Argumente faktenbasiert waren, hatte er die Erlaubnis erhalten, ein gleichgewichtiges Abkommen zu vereinbaren.
„Formal haben wir zuzugeben, dass Du keine Seite bevorzugt hast.“
Ein neuer Minmatar Unterhändler war erschienen.
„Formal haben wir festzustellen, dass Du nicht schuldig bist.“
Der Minmatar erzählte Nama, dass sein Vorgänger hingerichtet worden war, wegen Verrat. Er bestand darauf, direkt mit dem Amarr Chefunterhändler zu sprechen, und er bestand darauf, dass sie diesen Ort sofort verließ. Andernfalls wäre ein Krieg unvermeidlich.
„Ich habe ihn mit meinen Worten getötet“, dachte sie, als der Vorsitzende fortfuhr.
„Persönlich möchte ich meine Verachtung für das ausdrücken, was Du getan hast. Es war gottlos und eine Schande für jeden, der sich zu den Amarr zugehörig fühlt. Hast Du wirklich geglaubt, dass es an Dir ist, zu entscheiden, einen Frieden zu akzeptieren oder einen Krieg anzufangen?“
Er erhob seine Stimme.
„Hast Du? Wirklich? Geglaubt, dass Deine Jugend und Deine Fähigkeiten Dir das Recht geben, das Amarrische Volk zu beherrschen?“
„Habe ich?“, dachte sie bei sich und erschauerte. Die Antwort war 'ja', aber sie hielt ihren Mund geschlossen. Sie hätten sie auf der Stelle umgebracht. Und was nun kam, war wie getötet zu werden.
„Nama. Ich habe die große Genugtuung, Dir das Folgende mitzuteilen: Du bist mit sofortiger Wirkung von der Imperialen Akademie ausgeschlossen, für immer. Und sei Dir sicher, dass keine Schule, die einen Funken Amarrische Selbstachtung hat, auch nur darüber nachdenken wird, Dich zu immatrikulieren.“
Sie schlug ihre Hände vor den Mund.
„Weiterhin ist es eine große persönliche Ehre für mich, Dir mitzuteilen, dass Deine Familie den Antrag gestellt hat, ihren Nachnamen aus Deinen Daten löschen zu lassen. Wir haben dem Antrag mit Freude stattgegeben. Du bist verpflichtet, jeden Kontakt zu Deiner Familie zu vermeiden, auf Lebenszeit. Wir sind fertig mit Dir, Nama.“
Tief in ihrem Inneren fing ein sterbendes Kind hilflos zu weinen an. Sie drehte sich um und ließ das Leben, welches sie bisher gelebt hatte, hinter sich. Ein 'Mr. Smith' von CONCORD wartete auf sie.
***
„Haben Sie die Information?“
„Ja.“
„Ist sie vollständig?“
„So vollständig, wie es unter den gegebenen Umständen möglich war.“
„Und?“
„Ja. Die Sache hat Potential. Und natürlich auch Risiken. Wenn wir als Erste damit herauskommen, gehört uns der Markt. Wenn unsere Corps herausbekommen was wir tun, dann rollen unsere Köpfe, und das nicht im übertragenen Sinn. Wenn die anderen Fraktionen es herausbekommen, wird es einen galaxisweiten Krieg auslösen. Ist es die Sache wert?“
Schweigen.
„Wir werden die Welt verändern. Nichts wird mehr so sein, wie es vorher war. Unsere neue Corp wird das bekannte Universum beherrschen.“
„Wie gehen wir weiter vor?“
„Ich habe Schritte eingeleitet, den Gegenstand zu beschaffen. Der erste Versuch war erfolglos, aber damit habe ich gerechnet. Jetzt arbeiten wir mit einem Köder. Und Druck. Viel Druck. Wir haben den Vitoc Markt in Sinq geräumt. Da wird es die nächsten zwei Monate nichts geben. Ist zwar schlecht für die Bilanz, aber das ist ja dann nicht mehr unser Problem.“
„Was ist mit CONCORD?“
„Die wissen von nichts. Die kümmern sich gerade um sich selbst. Spielen Katz und Maus mit einem Unsichtbaren.“
„Ich habe gehört, die Doomsday sei nicht in der gleichen Liga, wie das was CONCORD sucht.“
„Möglicherweise. Was auch immer es war, es hat den gesamten Planeten sterilisiert. Als ob ein Engel mit seinem Schwert alle erschlagen hätte. Das Einzige was wir kennen, was einen solchen Effekt bewirken könnte, ist ein Neutronenstern-Jet. Da ist aber keiner, nicht mal in der Nähe.“
„Faszinierend.“
„Das hat der Dieb auch gesagt. Die phantasieren von getarnten interstellaren Energietunneln, ähnlich den Cynofeldern. Nach über dreitausend Jahren sind die Spuren nicht mehr die wärmsten. Es ist wie vieles was wir heute nutzen, ohne es zu kennen: Sleeper, Yan Jung, Jove, alles Reste von Dingen, von denen wir einst wussten, wie sie funktionieren. Alles in Gebrauch, und kein Mensch weiß wirklich, warum es funktioniert. Wir sind wie Kinder, die im Garten eines Riesen spielen.“
„Was ist mit dem Dieb?“
„Er unterstützt jetzt unsere Klonfertigung. Teilweise.“
Lachen.
„Wie sehen die nächsten Schritte aus?“
„Wir müssen warten. Das Spiel ist eröffnet. Unsere Figuren sind noch nicht in Stellung. In einigen Tagen sehen wir weiter.“
„Einverstanden. Sie melden sich?“
„Wie vereinbart.“
„DAS IST MORD!“
Die junge Gallente Frau war aus dem Stuhl vor dem Schreibtisch hochgeschossen, und für einen Moment sah es so aus, als ob sie über den Tisch springen wollte, der sie vom Sachbearbeiter des Med-Centers trennte. Ihr Gesicht war gerötet, und die Tätowierungen der linken Gesichtshälfte erschienen wie Gräben auf ihrer Haut. Sie hielt sich am Tisch fest, sehr fest, ihre Muskeln traten deutlich an den Armen hervor. Der Sachbearbeiter zuckte zurück und hatte seine Hand in der Nähe des Alarmknopfes. Sie beruhigte sich mit Mühe und strich sich mit der rechten Hand über das kurz geschorene braune Haar, bevor sie sich die Tränen aus den Augen wischte.
Der Verwaltungsangestellte der medizinischen Einrichtung, ein Mann mittleren Alters in einem abgetragenen Anzug, mit leichtem Bauchansatz, sah sie gleichgültig an. Er war sich dessen bewusst, dass er das Todesurteil für die Patientin aussprach. Eine Vitoc-Süchtige. Und eine Cyber-Punkerin als Tochter, die das nicht wahrhaben wollte! Was glaubten diese Leute eigentlich? Dass er der liebe Gott sei?
Tedeya versuchte es ein letztes Mal.
„Sie unterstützen ein politisches Verbrechen. Die Amarr wollen ein gegen sie laufendes Verfahren dadurch beenden, dass die Klägerin durch Entzug des Mittels stirbt, das ihr ohne ihre Zustimmung verabreicht wurde!“
„Davon steht nichts in meinen Dokumenten. Nehmen sie es nicht persönlich, aber ich kann nichts für sie tun. Wenn die einstweilige Verfügung für die Stasis Ihrer Mutter nicht verlängert wird, müssen wir abschalten.“
„Ist das ihr letztes Wort?“
„Ja. Es tut mir leid.“
Tedeya ließ den Tisch los, richtete sich auf und blickte ihrem Gegenüber gerade in die Augen.
„Mir auch.“
Sie nickte dem Angestellten zu. Dieser schaltete das Aufnahmegerät ab, stand auf und begleitete sie zur Tür. Die er dann leise hinter ihr schloss.
Ein Blick auf den Monitor offenbarte ihm die ganze Wertlosigkeit der Patientin:
Yolane Gerad. Alter vierundvierzig. Keine aktiven Partnerschaftsverträge. Eine Künstlerin. Mobiles für Raumschiffe. Er konnte sich nicht vorstellen, dass es dafür Bedarf gab, aber sie hatte wohl gut davon leben können. Und nicht nur sie. Zwei Kinder. Der jüngere Sohn von einem Minmatar. Er schauderte. Wie konnte eine gebildete Gallente sich nur so weit herablassen? Aber offensichtlich ging es noch tiefer, sonst läge sie nicht hier, im Koma, das Amarr-Sklavengift Vitoc im Körper. Es musste alle vierundzwanzig Stunden eingenommen werden, und es war außerhalb der Sklavenregionen so gut wie nicht zu bekommen. Unnötig zu erwähnen, dass Handel und Besitz in diesem Teil der Welt verboten waren. Immerhin hatte der Sohn eine sinnvolle Berufsausbildung begonnen, als Raumpilot und Anwärter auf die Steuerkapsel, den Pod. Wenn er die Prüfungen überlebte, erwarb er das Anrecht auf einen persönlichen Klon, und hatte auch das Geld, einen solchen zu bezahlen. Potentielle Unsterblichkeit! Der Sachbearbeiter beneidete ihn schon jetzt. Auf jeden Fall war er nicht mehr abhängig von der Mutter. Und die Tochter, Tedeya? Kind einer Gallente Liaison, der Vater war nach sechs Jahren abgehauen und später als Krimineller in einer Kloneinrichtung getötet worden. Tedeya ist auffällig. Vergehen gegen Implantatsgesetze. Beruf unbekannt. Aufenthaltsort unbekannt. Sicherheitseinstufung nahe null, von der falschen Seite aus. Auch nicht gerade das wertvollste Mitglied dieser Gesellschaft.
Yolane Gerad war vor zwei Wochen eingeliefert worden. Vitoc Entzug, Endstadium. Üblicherweise wurde dann einfach auf den schnellen Tod des Patienten gewartet, aber hier war es anders. Ihr letzter Partner, ein Gallente Raumpilot, hatte interveniert und eine Stasis-Aufbewahrung erreicht. Er schüttelte den Kopf. Wozu? Die einzigen Personen die Vitoc beschaffen durften waren die Amarr. Nicht gerade die besten Freunde der Gerads, wie es schien. Stasis war in diesem Fall nur eine sehr teure Methode, das Unvermeidliche hinauszuzögern, dazu noch auf Kosten der Steuerzahler.
In einem Punkt hatte Tedeya ihn überrascht. Sie war nicht zusammengebrochen, hatte nicht um Mitleid gefleht. Trotz der Emotionalität der Situation hatte sie klar und sachlich argumentiert, wenn auch vergebens.
Er seufzte und rief das Terminierungsformular ab.
***
Tedeya blieb an der Türe stehen und blickte sich um. Außer ihr war niemand auf dem Gang zu sehen. Sie wartete eine Minute, in der sie interessiert die hellbeige gestrichenen Wände mit den grünen Führungsstreifen betrachtete. Dann klopfte sie erneut an die Tür.
Der Angestellte öffnete und sah sie überrascht an.
„Haben Sie etwas vergessen?“
„Ja. Das hier.“
Ihr erster Schlag brach seine Nase, ihr Zweiter gegen die Kehle verhinderte den Schrei. Der Tritt gegen den Solarplexus warf ihn in das Büro zurück, wo er zusammengekrümmt und bewusstlos liegen blieb. Tedeya betrat das Büro und schloss die Tür. Dann untersuchte sie ihr Opfer. Er wird es überleben, dachte sie mit leichtem Bedauern. Sie fesselte und knebelte ihn mit dem vorhandenen medizinischen Material. Danach wusch sie sich im Waschbecken das Blut von den Händen. Die Schlüssel und seine ID-Karte fand sie in seinen Taschen und auf dem Schreibtisch. Sie aktivierte ihren Kommunikator.
„Ja?“, fragte eine jugendliche Stimme.
„Das Goldfischglas ist defekt, wir brauchen ein neues.“
Die Stimme am anderen Ende fluchte leise.
„Ok. Ich habe eins auf Lager. Übermitteln Sie mir die Lieferadresse so schnell sie können.“
„Einverstanden. Ich melde mich, wenn ich da bin.“
Sie schob seine ID-Karte in das Terminal und ermittelte den Standort ihrer Mutter. Ja, das sollte gehen. Die Räume rechts und links neben ihrem Zimmer waren leicht zu evakuieren, und es lag glücklicherweise an der Außenseite des Gebäudes, was die Sache vereinfachen würde. Im dreiundzwanzigsten Stockwerk. Man konnte nicht alles haben. Sie erteilte sich eine Erlaubnis zum Betreten des Bereiches und kopierte alle zugänglichen Daten des Systems auf ihr Pad. Dann zog sie die Karte aus dem Terminal und steckte sie ein.
Der Angestellte stöhnte und bewegte sich. Tedeya trat ihm in gegen den Kopf, und er wurde wieder still.
„Nimm es nicht persönlich“, flüsterte sie, als sie das Büro verließ.
* * *
Mit der ID Karte war es kein Problem, den Aufzug zu betreten. Als sich die Tür am Ende der Fahrt öffnete, atmete Tedeya schockiert ein. Während im Verwaltungsbereich die Farbgebung noch einigermaßen freundlich gewesen war, herrschte hier die schiere Sachlichkeit. Die Wände waren, wie der Boden, hellgrau gefliest, weißes Licht ließ keinen Platz für Schatten, die Türen wirkten wie Eingänge zu Grabkammern. Hier lagen die Menschen, für die es nur wenig Hoffnung gab, erhalten von moderner Technik, solange das Geld der Patienten oder der Goodwill der Behörden reichte. Tedeya hatte das Gefühl, ein Schlachthaus betreten zu haben.
Die hohe Automatisierung machte nur wenige Menschen erforderlich, die hier in grüner, steriler Kleidung durch die Gänge liefen. Tedeya erntete mehr als einen überraschten Blick, sowohl dafür, dass sie eine einem Kampfanzug ähnliche Kleidung trug, wie auch für die Tätowierung auf der linken Gesichtsseite. Einer der Angestellten legte in einem scherzhaften militärischen Gruß seine Hand an die Stirn.
„Was kann ich für Dich tun, großer Häuptling?“
Tedeya fasste ihn mit der linken Hand an die Kehle und drückte fest genug zu, das er sofort begriff dass auch mehr ging.
„Zimmer 23.134. Sofort!“
Der Mann nickte entsetzt und leistete keinen weiteren Widerstand. Er führte sie hin und schloss die Türe auf. Tedeya nahm ihm die Schlüssel und seinen Kommunikator ab und sperrte ihn in das Zimmer auf der anderen Gangseite. Sie schob die Patienten der links und rechts liegenden Zimmer auf den Gang. Anschließend verschloss und sicherte sie diese Zimmer. Dann ging sie zurück und verschloss auch das gesuchte Zimmer, von innen.
Die aufgehende Sonne tauchte den Raum weiches, rot-goldenes Licht. Im Zimmer befand sich ein Mini Stasis-Container. Üblicherweise waren diese Behältnisse nur für Materialtransporte geeignet, es hatte sich aber gezeigt, dass man auch Menschen für eine gewisse Zeit darin aufbewahren konnte. Das suspendierte Leben ermöglichte es, in Extremsituationen die Zeit zu verlängern, die man auf Hilfe warten konnte. Oder auf den Tod.
Tedeya benutzte den erbeuteten Kommunikator.
„Ja?“
„Ich bin am Platz. Kannst Du den Kommunikator einpeilen?“
Es vergingen einige Sekunden.
„Ich habe ihn. Drei Minuten.“
Auf dem Gang schrillte der Sicherheits-Alarm.
„Ok. Zwei Minuten.“
Tedeya stellte auf Hilfsenergie um und trennte die Energieversorgung vom Container. Dann zog sie ein Universalkabel für Neuronalverbindungen aus ihrer Jackentasche. Sie schüttelte den Kopf und ließ ihn dabei nach vorne sinken. An der hinteren Schädelbasis wurde das Neuro-Interface sichtbar. Sie verband das Kabel mit dem Interface an ihrem Kopf sowie dem Datenanschluss an der Wand hinter dem Container. Für einige Sekunden wurden ihre Augen glasig, als ob sie in weite Ferne blicken würde. Die LEDs an der Tür flackerten, um dann von Grün auf Rot zu springen; diese Tür würde sich mit keinem Schlüssel der Welt mehr öffnen lassen, genau so wenig wie alle anderen Türen dieses Stockwerks. Tedeya löste die Verbindung und atmete tief durch. Dann ging sie zwischen Container und Wand in Deckung.
Auf dem Flugfeld, welches in einigen Kilometern Entfernung vom Med-Center lag, liefen die Maschinen der Gallente Navy Comet, eines Raumjägers, an. Die Flugkontrolle meldete sich.
„Gallente Navy, wir haben keinen Flugplan von ihnen vorliegen. Bitte schalten sie den Antrieb ab, sonst bekommen wir Probleme mit der Koordination.“
„Tower, hier Gallente Navy. Das verstehe ich nicht. Ich habe den doch vor einer Stunde eingereicht. Können sie das bitte noch einmal checken?“
Das Schiff hob ab, zog das Landefahrwerk ein und nahm Kurs auf das Med-Center.
„Negativ. Wir haben keine Daten. Brechen Sie den Start sofort ab!“
„Moment.“
Der Normalantrieb des Schiffes aktivierte für einige Sekunden, und es machte einen Satz über das Gebäude und drehte sich, so dass die linke Schiffsseite parallel mit der Gebäudefront war. Dann sank es langsam herunter, hundert Meter entfernt.
„Flugkontrolle, ich habe hier ein Problem mit meinem Bordcomputer. Ich manövriere per Handsteuerung mit den Feldern.“
„Brauchen Sie Hilfe?“
„Nein, danke. Ich schaffe das schon.“
Romar grinste verbissen und aktivierte die Waffensteuerung. Der Bergbau-Laser fräste ein sauberes Loch in die Gebäudewand um das Fenster an der Stelle, hinter der sich Tedeya befand, und die Transportfelder des Lasers leiteten die Trümmer in den Laderaum des Schiffes.
Tedeya klammerte sich an die Haltegriffe des Stasiscontainers und lief los. Zusammen fielen sie aus dem Gebäude, um einen Moment später vom Traktorstrahl des Schiffes erfasst zu werden. Sie wurden in den Laderaum gezogen, während die Comet bereits in Richtung Weltraum beschleunigte.
* * *
Tedeya verankerte den Stasiscontainer im Laderaum. Dann rannte sie so schnell sie konnte hinauf zum Cockpit.
„Wie sieht es aus?“
„Noch etwa zwei Minuten, bis wir auf Fluchtgeschwindigkeit sind.“
„Verdammt, das wird knapp!“
„Was glaubst Du denn? Dass uns die planetare Flugsicherung so einfach abhauen lässt? Darf ich mal zusammenfassen: Schwere Körperverletzung -“
„Ach was!“
„- Einbruch, Sachbeschädigung, Verstoß gegen alle geltenden Sicherheitsbestimmungen, Diebstahl von Regierungseigentum -“
Zwei Jäger kamen dem fliehenden Schiff auf Abfangkurs entgegen. Romar startete zwei ECM-Drohnen.
„Widerstand gegen die Staatsgewalt. Habe ich etwas vergessen? Mord?“
„Nein. Bisher kein Mord.“
In Tedeyas Stimme lag keine Spur von Humor.
Einer der Jäger hatte die ihn angreifenden Drohne vernichtet und störte nun den Warpantrieb der Fliehenden. Romar änderte seinen Kurs und verringerte den Abstand zwischen den Schiffen. Dann löste er den ECM Schockwellen-Generator aus. Sobald die Erfassung gestört war, aktivierte und überlud er den Nachbrenner, und die Verfolger blieben zurück. Er richtete das Schiff auf einen Asteroidengürtel aus und schaltete den Nachbrenner ab, bevor seine Hitze das ganze Schiff grillte. Trotzdem, die meisten Module hatten bei dem Manöver starke Schäden erlitten. So gut und teuer dieses Schiff auch war, ohne große Reparaturen würde es nicht mehr lange einsatzfähig sein. Sie gingen in den Warp.
„So! Da wären wir jetzt.“
Sie waren an einem Punkt irgendwo im Sonnensystem herausgekommen, einem “Safe Spot“. Romar hatte das Tarnfeld aktiviert und Kurs weg vom Austrittspunkt gesetzt. Solange nicht etwas ihr Schiff in zwei Kilometern Entfernung passieren würde, waren sie sicher.
* * *
Die Physik machte ihnen einen Strich durch die Rechnung. Innerhalb des Tarnfeldes konnte keine Wärme abgeführt werden, und das Schiff hatte einfach zu viel davon, bedingt durch die Überlastung. Die Temperatur im Schiff war jetzt schon unangenehm hoch, und sie stieg weiter.
„Ich habe eine schlechte Nachricht“, sagte Romar.
„In ein paar Minuten wird es im Maschinenbereich so heiß werden, dass die Systeme in die Notabschaltung gehen. Ich kann es zwar überbrücken; wir werden dann aber explodieren.“
Tedeya seufzte.
„Das scheint nicht unser Tag zu werden. Ohne Tarnung haben die unsere Position in kürzester Zeit gescannt. Hast Du alles vorbereitet, für den Fall das Derek zu spät kommt?“
Romar lachte freudlos.
„Da gibt es nicht viel vorzubereiten. Das Einzige was dann geschehen wird ist, dass die Explosion etwas größer ausfällt. Naja, immerhin eine Sache, die wir als Familie gemeinsam durchgezogen haben. Ich wünschte, das Yolane wach wäre. Ich glaube, sie hätte jetzt eine gute Idee.“
„Ja. Sie ist immer ihren Weg gegangen.“
Tedeya grinste in Gedanken an ein früheres Projekt ihrer Mutter.
„Wenn die wüssten, dass man für ihre Aktionskunstwerke die Baupläne der meisten Schiffe des Empire im Kopf haben muss, dann wäre sie schon längst in irgendeiner Strafkolonie gelandet. Erinnerst Du dich noch an den Minmatar, der seine Maelstrom mit 'Tattoos' verschönern ließ, damit alle in der Nähe sehen konnten, wie er sich gerade fühlt? Eins zu eins mit seinen Gesichtstattoos? Als er die Rechnung sah da hatte sein Schiff auf einmal viel Platz zum Manövrieren, da niemand näher als vierzig Kilometer an ihn heranwollte. Und fast hätte CONCORD ihn abgeschossen für einen aggressiven Akt.“
Romar lachte.
„Ja, das war cool. Und das Beste: Er hat noch einmal zehn Prozent draufgelegt, als er gemerkt hat, dass er eine deutlich höhere Energieausbeute seiner Systeme bekam, wenn er die Installation im Standby mitlaufen ließ. Die Minmatar Behörden waren not amused, aber sie konnten Yolane keine Spionage nachweisen. Und bis heute weiß niemand, wie sie es geschafft hat, ein Implantat in ein Schiff einzubauen.“
Die Hitzewarnung bestückte weitere Anzeigen mit roten Symbolen.
„Ja. So etwas brauchten wir hier auch. Etwas, was die Hitze irgendwohin transportiert. Ted, was machen wir jetzt?“
Der Kommunikator aktivierte.
„Derek hier. Wo seid ihr?“
„Hier Tedeya. Wir feiern gerade eine Grillparty mit uns als Menü. Wenn Du schnell genug bist, bekommst Du noch was ab.“
„Bitte?“
„Unser Schiff ist Schrott. Wir hoffen auf Dein Timing. Richte Dich nach den Koordinaten aus und warte auf den 'Bewegen' Befehl.“
„Geht es nicht auf die übliche Art?“
„Nein. Die Behörden werden uns in einer Minute, nachdem wir die Tarnung deaktivieren erfasst haben.“
Tedeya aktivierte die Fernsteuerung der Comet, sie und Romar machten sich dann auf den Weg in den Laderaum. Dort angekommen öffnete Romar den Stasiscontainer.
Yolanes Körper verlor die zeitlose eisige Starre, als die suspendierten biologischen Prozesse wieder in Gang kamen. Aber der Unterschied war nicht groß. Sie blieb bewusstlos und atmete sehr flach. Ihr Gesicht hatte einen stark grünlichen Ton.
„Fortgeschrittenes Stadium der Vitoc Vergiftung“, stellte Romar sachlich fest. Dann explodierte er.
„Diese verdammten Amarr!“
Er hieb seine Faust gegen den Container. Tedeya holte ihn zurück.
„Dafür haben wir jetzt keine Zeit. Uns bleiben ein, zwei Stunden, bis sie tot ist. Ich hoffe, das Derek uns nicht belogen hat, was das Vitoc angeht. Für ihn.“
Sie nahmen Yolane aus dem Container und trugen sie ein paar Meter weiter, bis zu einer markierten Stelle im Laderaum.
Tedeya deaktivierte die Tarnung und sprach in den Kommunikator.
„Bewegen. Jetzt.“
„On my way.“
Sie betätigte das Fluchtprogramm. Die Laderaumscanner erfassten die drei Menschen und Hangar-Bots bauten in Sekundenschnelle eine provisorische Schutzhülle um sie, die 'Can'. Sie würde nur kurz im Weltraum halten und war völlig schutzlos gegen Angriffe und kosmische Strahlung. Das Schiff stieß die Can aus, und das Programm beschleunigte das Schiff mit maximal überlastetem Antrieb. Ein kometenhafter, kilometerlanger Schweif wurde schnell kleiner, und es war nicht zu unterscheiden, ob nur der Antrieb leuchtete oder das Schiff bereits brannte.
„Spam in Space“, kommentierte Tedeya zynisch, während sie das Schiff auf dem Pad über die Außenkamera verfolgte.
Dereks Helios erschien neben der Can, wie ein Geist der aus einem Nebel auftaucht. Der Traktorstrahl zog die Can an eine Laderaumschleuse. Der Container schmiegte sich an das Schiff, so dass die drei Insassen die Schleuse benutzen konnten. Die Can verschwand im Antriebsstrahl der Helios, und das Schiff wurde wieder unsichtbar. Sekunden später erschienen mehrere Jäger und griffen die Navy Comet an. Sie explodierte sofort in einem spektakulären Feuerball.
„Glaubt nicht dass die glauben euch getötet zu haben“, war Dereks Stimme im Laderaum vernehmbar.
„Die haben das Schiff mit Sicherheit gescannt, bevor sie es gesprengt haben.“
„Ja, mach uns nur Mut, das brauchen wir jetzt“, war Tedeyas Antwort.
Derek verließ den Pod und kam zu seinen Passagieren in den Laderaum.
„Die Tarnung ist aktiv, wir sind auf einem Safe Spot. Ihr habt hier einen ganz schönen Wirbel veranstaltet.“
Er hielt inne und warf einen besorgten Blick auf Yolane.
„Kommt alle mit. Schnell!“
Romar und Tedeya nahmen Yolane zwischen sich und folgten Derek zu den Passagierkabinen.
Derek hatte einen Raum vorbereitet. Neben dem Bett befanden sich ein tragbarer medizinischer Scanner, Spritzbesteck und diverse Flaschen für Infusionen.
„Vitoc ist im momentan im ganzen Sektor nicht zu bekommen. Irgendwer hat einen immensen Betrag lockergemacht, um den ganzen Markt hier leerzukaufen. Und außerdem ist jeder Händler, der nicht dorthin verkauft hat, verraten worden. Da geht ein ganz großes Spiel ab.“
Er zeigte auf eine der Infusionsflaschen.
„Dafür bekommst Du in diesem Sektor momentan ein Schlachtschiff. Oder einen Schuss in den Rücken. Verrückt.“
Er schüttelte den Kopf.
„Ich habe Vorrat für eine Woche. Wenn sie aufwacht.“
Er desinfizierte Yolanes Arm und brachte dann die Infusionsnadel an. Tedeya öffnete das Ventil am Schlauch.
„Das war’s. Mehr können wir im Moment nicht für sie tun“, sagte Derek.
Es war ihm anzusehen, dass er gern hiergeblieben und Yolanes Hand gehalten hätte. Er riss sich aus seiner Träumerei.
„Wir müssen weiter. Ich sehe zu, dass wir in Bewegung bleiben. Aus dem System heraus kommen wir jetzt sowieso nicht. Die werden jedes Schiff an den Sprungtoren anhalten und durchsuchen. Ihr könnt euch über die Schiffskommunikation mit mir in Verbindung setzen.“
Er sah Tedeya scharf an.
„Komm nicht auf die Idee, Dich hier irgendwo anzuschließen. Ich mag keine anderen Leute in meinem Kopf.“
Tedeya zuckte schuldbewusst zusammen.
„Cybersex ist nicht meine Ausrichtung. Nicht mehr.“
Derek gab nicht nach.
„Ich weiß, dass Du weit mehr drauf hast als das. Es mag uns später helfen. Aber ich will ohne Not weder meine Gefühle noch meine Geheimnisse mit Dir teilen. Ich denke Du verstehst das.“
Er grinste schief.
„Es sei denn, Du willst Yolane erklären, das ja eigentlich nichts zwischen uns passiert ist. Bei dem Gespräch möchte ich dabei sein.“
Tedeya lachte auf.
„Ok. Du hast gewonnen. Für den Moment.“
„Aye.“
Derek verließ die Kabine.
Romar sah Tedeya fragend an.
„Würde es Dir etwas ausmachen, mir zu erklären, worüber ihr gesprochen habt?“
Tedeya verschluckte sich fast.
„Eigentlich weißt Du schon alles, Brüderchen. Was macht ein Kapselpilot? Na?“
Romar sah Tedeya irritiert an. Das war Grundschulwissen.
„Er verbindet sich auf neuraler Ebene mit den Schiffssystemen, um sie effizienter steuern zu können.“
Tedeya drehte Romar den Rücken zu.
„Und was ist das?“
„Ein Standardanschluss für neurale Verbindungen. Na und? Den haben viele.“
„Und was passiert, nur einmal angenommen, wenn ich mir jetzt ein Interfacekabel besorge und mich hier - “, sie zeigte auf den Anschluss in der Wand, “verbinde?“
„Dann kommst du für einige Jahre in eine geschlossene Einrichtung.“
„Ja, vielleicht. Aber was passiert davor?“
„Das ist verboten und sehr gefährlich.“
„Ach! Wirklich!“
Tedeya sah Romar an, als ob er aus einem anderen Universum stammen würde.
„Lernt ihr eigentlich nichts über das reale Leben in eurer Ausbildung? Glaubst Du im Ernst, das alles schön und rein ist, nur weil Du dann Teil einer eine Maschine geworden bist?“
Romar wurde rot.
„Nein, aber -“
„Wenn etwas möglich ist, dann gibt es immer jemanden, der es auch macht. Und dafür bezahlt. Oder sich bezahlen lässt. Und andere, die ausprobieren, was darüber hinaus möglich ist. Es ist toll, es ist cool.“
Sie seufzte, sich erinnernd.
„Und es ist krank, ja. Wir sollten alle froh sein, dass es für so etwas noch keine funktionierenden Automaten gibt. Ewige Erfüllung aller Wünsche. Höhepunkte bis zum Tod. Keine Möglichkeit zu entkommen. Menschen halten so etwas von Glück nur eine begrenzte Zeit durch. Die meisten überleben es.“
„Ich wusste nicht -“
„Sei froh!“
Sie wandten sich Yolane zu, und den medizinischen Geräten, die eine Stabilisierung ihres Zustandes anzeigten.
* * *
Nach einer Weile setzte sich Tedeya an den Tisch auf der anderen Seite des Raumes und aktivierte ihr Pad.
„Sag Bescheid, wenn sie aufwacht. Ich habe hier noch etwas zu erledigen.“
„Etwas von dem ich besser nicht wüsste, was es ist?“
„Jetzt ist es aber genug!“ brauste Tedeya auf.
„Wenn Du es genau wissen willst, der Angestellte im Med-Center hat mir freundlicherweise die Akten von Yolane überlassen. Die sehe ich jetzt mal durch.“
„Ich dachte die sind verschlüsselt?“
„Sind sie auch.“
Sie zeigte Romar die ID-Karte.
„Zum Glück sparen die, wo sie können. Keine Fingerabdrücke oder so was. Nur die Karte und der Code.“
„Und den hast Du?“
„Nein, aber ein aktives Life-Abbild seines Benutzerkontos. Und da er sich nicht abgemeldet hatte bei meinem zweiten Besuch, habe ich, was ich brauche. Ich muss nur die Karte in den Kartenleser tun.“
„Das ist verboten!“
„Stimmt. Besser Du störst mich nicht weiter.“
Romar schwieg, und Tedeya ging die Aufzeichnungen durch.
„Das verstehe ich nicht!“
Romar sah ihr über die Schulter.
„Der Angestellte hatte das Terminierungsformular auf dem Schirm. Er hätte nur noch die Daten eintragen und es abschicken müssen, um die Stasis zu beenden. Aus dem hinterlegten Workflow geht aber hervor, dass die Terminierung keine zulässige Option gewesen wäre!“
„Kannst Du Dich mal in einfachen Worten ausdrücken, Ted?“
Sie holte tief Luft.
„Üblicherweise ist es ein einfacher Verwaltungsvorgang. Wenn die Ressourcen gestrichen werden, dann stirbt der Patient.“
Romar knirschte mit den Zähnen.
„Soweit verstehe ich das auch.“
„Hier ist aber dafür gesorgt worden, dass diese Anweisung nicht zur Ausführung gekommen wäre! Und der Angestellte hat es offensichtlich nicht gewusst, sonst hätte er das Formular nicht aufgerufen. Irgendwer wollte, das Yolane am Leben bleibt. Aber wer? Und warum?“"---------------"
„Die Frage nach dem Warum kann ich möglicherweise beantworten“, sagte eine schwache Stimme hinter ihnen.
Ryek saß in der Stationsbar in den Lower Decks und sah den an- und abfliegenden Schiffen zu. Ohne es wirklich wahrzunehmen, trank er seinen dritten 'Microwapdrive extra' mit großen Schlucken, und bestellte mit einem Handzeichen den Vierten. Der Barkeeper zog überrascht die Augenbrauen hoch. Seiner Erfahrung nach waren die Gäste schon nach dem zweiten nicht mehr capstabil, und nach dem dritten 'gepoddet'; offensichtlich besaß dieser Gast spezielle Implantate oder hatte seinen Geist von seinem Körper abgekoppelt. Er führte die Bestellung aus und zuckte innerlich zusammen, als Ryek mit einem weiteren großen Schluck das Glas zur Hälfte leerte.
„Probs gehabt?“ fragte er mit professioneller Anteilnahme.
Ein Blaster, der einen Moment vorher nicht da gewesen war, lag auf dem Tresen und zeigte in Richtung des Barkeepers.
„Ich bring euch alle um“, flüsterte Ryek. “Alle.“
Seine Stimme klang tonlos und klar, nicht wie man es von einem stark Betrunkenen erwarten sollte.
„Gleich jetzt? Oder können wir vorher darüber reden?“ Der Barkeeper war einigermaßen stolz auf seine Menschenkenntnis, sie hatte ihm hier schon oft das Leben gerettet. Wenn Ryek hätte 'alle umbringen' wollen, wäre das bei der Geschwindigkeit, mit der er den Blaster gezogen hatte, bereits passiert gewesen. Also konnte man es sich, mit der entsprechenden Unverschämtheit, leisten neugierig zu sein.
Ryek entspannte sich etwas und nippte an seinem Glas. “Nicht schlecht der Saft. Noch einen.“
Der Barkeeper erbrach sich innerlich, hatte aber keine andere Wahl als den Wunsch zu erfüllen. Vielleicht starb sein Gast ja, bevor er um sich schoss. Er stellte das Glas auf die Theke und sah Ryek herausfordernd an.
„Nagut. Ich arbeite in der Security einer Corp. Naja, Security trifft die Sache nicht wirklich. Meistens jedenfalls. Wir pflegen sehr die Individuali -“, er schluckte, “dingsda. Deshalb ist nie wer da, wenn’s Krieg gibt.“
Er grinste.
„Money for nothing and the Chicks for free.“
Der Barkeeper grinste zurück. Das hörte sich eigentlich ganz entspannt an. Warum wollte sein Gast dann den Alkoholtod sterben?
„Aaaalso. Irgendwie muss ich natürlich auch da meine ISK verdienen. Zum Glück haben wir viele Kunden. Du weißt schon, Transporte, Mining, Feinde der Fraktionen eliminieren, das ganze Pod-Piloten Programm. Dazu noch etwas Forschung und Produktion.“
Der Barkeeper nickte, und Ryek leerte das eine Glas und griff nach dem anderen.
„Gestern bin ich von einer längeren Tour zurückgekommen und wollte nach Bestätigung der Auftragserfüllung meine ISKies haben. Ich gehe in meinem Terminal also ins Menü für 'Auftrag abschließen'. Das heißt: Ich wollte in das Menü gehen. Ging aber nicht.“
Er nippte an seinem Glas.
„Tut ihr denn keinen Alkohol mehr in die Drinks? Naja. Wie ich schon sagte: Es ging nicht. Dafür kam ein Popup-Fenster, das mich darauf hinwies, dass die Abrechnungen ab jetzt mit einem neuen, effizienten Prozess verwaltet würden. 'Bitte melden Sie sich in dem System an' hieß es da. Name, Einheit, Mitarbeiternummer, blablabla. Ich habe eine halbe Stunde gebraucht, um die Daten aus anderen Teilsystemen unserer Datenverarbeitung zu beschaffen, und ich bin sicher, die Kollegen ohne meine Berechtigungen benötigen Tage dafür.“
Ryek griff nach dem Glas und verfehlte es knapp. Er sah überrascht auf seine Hand, überlegte es sich anders und sah dem Barkeeper direkt in die Augen. Der blinzelte, und danach war der Blaster vom Tisch verschwunden.
„Geht noch.“
Ryek nickte zufrieden und griff nach dem Glas.
“Wo war ich stehen geblieben? Ach ja, Anmeldung. Ja, das war dann irgendwann vorüber.“
„Und dann konntest Du wahrscheinlich Deinen letzten Auftrag erfassen und die Auszahlung veranlassen?“
Ryek knirschte mit den Zähnen.
„Fasssst. Beinahe. Nachdem ich den Auftrag eingegeben hatte, natürlich alles manuell kopiert, habe ich die 'Senden' Taste gedrückt. Schon 5 Minuten später erhielt ich die Information, das mein Auftrag bearbeitet wird.“
Er legte seine rechte Hand flach auf den Tresen und zog langsam seine Finger an, um eine Faust zu machen. Auf dem Schiffsmetall der Theke waren deutlich die Kratzspuren von 5 Fingern zu sehen, feine Metallspäne lagen neben der Faust.
„In der Mitteilung waren diverse andere Dokumente eingebettet:
- Nachträgliche Materialanforderung für die verbrauchte Munition.
- Schadensbericht zum Verlust von 2 Drohnen
- Bestätigungsanforderung für die Behörden, dass ich die Piraten rechtmäßig und mit Einverständnis abgeschossen habe
- Wartungsanforderung für das verwendete Schiff, Kosten zulasten meiner Bounty
Und zu guter Letzt: REISEKOSTENABRECHNUNG!“
Ryek schlug seinen Kopf auf den Tresen. Das Glas machte einen kleinen Sprung.
Der Barkeeper sah Ryek mitleidig an, und dachte bei sich “Warum bin ich eigentlich noch nicht tot?“
„Das Ganze in dreifacher Ausfertigung, anschließend Übertragung in die Datenverarbeitung. Aufgrund der derzeitigen Auslastung bitten wir zu entschuldigen, dass unser Shared Service Center Ihre Anfrage frühestens in 2 Wochen bearbeiten kann.“
Ryek lächelte schief.
„Keine Angst, ich zahle in bar.“
Der Barkeeper wurde kreidebleich.
„Nein! Bitte nicht! Wir haben hier alles auf Elektronik umgestellt, wenn ich Bares annehme, brauche ich eine Stunde, um das zu verbuchen!“
Er nahm das jetzt leere Glas vom Tresen und begann mit fahrigen Bewegungen, es zu säubern.
„Die Getränke gehen aufs Haus. Ausnahmsweise. Ich habe heute meinen karitativen Tag.“
Im Geiste verabschiedete er sich von seinem Tageslohn. Fehlende Beträge wurden glücklicherweise noch ohne Papierkrieg vom Gehalt abgezogen.
Ryek sah den Barkeeper überrascht an.
„Wirklich? Na dann danke ich auch schön. Wie heißt es so treffend: Geteiltes Leid ist halbes Leid.“
Seine Miene hellte sich auf.
„Gut zu wissen, dass ich nicht der einzige Looser in diesem verdammten Universum bin. Weißt Du, was ich jetzt mache? Ich steige in einen unserer Frachter, lade ihn voll mit dem teuersten Zeug, was ich in den Hangars finden kann, und fliege dann Richtung 0.0, die unabhängigen Regionen. In jedem System, in das ich springe, werde ich dann im Local meine traurige Geschichte erzählen und außerdem sagen, dass meine Corp der dortigen diesen Verwaltungsprozess kostengünstig verkaufen wird, sollte ich abgeschossen werden. Eine Doomsday ist ein Dreck dagegen. Und ich werde erst zurückkehren, wenn ich ALLE 0.0 Systeme ohne Schaden bereist habe. Dann habe ich auch etwas Text für die Reisekostenabrechnung. HAH!“
Er erhob sich, grinste breit und machte sich auf den Weg zum Ausgang. Sein Gang ließ kein Anzeichen erkennen, das er eigentlich keine 5 Schritte hätte gehen können.
Der Barkeeper sah Ryek nach und fragte sich, wo er wohl einen Blaster beschaffen könnte...
„Ryek Darkener?“
Die Stimme kam aus dem Nichts. Zumindest hatte Ryek den Eindruck. Er war sich sicher, dass einen Moment vorher niemand in der Nische zwischen den beiden Lokalen gestanden hatte. Ob es an den Drinks von eben lag? Da war wohl einer schlecht gewesen. Auf jeden Fall stand jetzt ein Mann mittleren Alters vor ihm, wahrscheinlich Amarr. Kräftig gebaut, mit interessanten Piercings unter Lippe, Nase, und auf der Stirn, die den Blick auf seine stechenden Augen lenkten.
„Und wenn’s so wäre?“, knurrte er.
„Dann würde ich Sie bitten mitzukommen. Unauffällig.“
Der Fremde zeigte seinen Ausweis. CONCORD - DED.
„Jetzt bin ich wirklich in Schwierigkeiten“, dachte Ryek. Er ging seine Aktionen der letzten Wochen in Gedanken durch, fand aber nichts, was ihm die Ehre dieses Kontaktes hätte eingebracht haben können. Er zuckte mit den Schultern und folgte dem Fremden.
„Würde es ihnen etwas ausmachen, mir ihren Namen zu nennen?“
„Oh, Verzeihung. Natürlich nicht. Nennen Sie mich einfach Mr. Smith“, sagte der Fremde, ohne mit der Wimper zu zucken.
„Ah, sie kamen mir gleich so bekannt vor.“
„Ja, die Welt ist klein, nicht wahr?“
An der nächsten Kreuzung stand ein Automatikfahrzeug. Sie stiegen ein.
„DED Büro, Ebene 34“, sagte Mr. Smith. Er reichte Ryek eine Pille.
„Das ist gegen den Kater, den Sie nicht haben werden.“
Ryek schluckte die Pille hinunter. Das Fahrzeug setzte sich in Bewegung.
„Können Sie mir sagen, worum es geht? Habe ich irgendwo falsch geparkt?“
Mr. Smith lächelte humorlos.
„Nicht wirklich. Wir haben da ein Thema bei dessen Bewältigung sie uns behilflich sein könnten. Es soll natürlich nicht zu ihrem Schaden sein, wenn sie uns unterstützen.“
„Sie meinen ich bekomme dann einen ganzseitigen Nachruf im Scope-Magazin? Beim letzten Mal wo ich mit CONCORD zu tun hatte hat es mich einen Orca Frachter und fast mein Leben gekostet.“
„Ja. Aber am Ende hat es sich doch gelohnt. Oder?“
Mr. Smiths Blicke durchbohrten Ryek.
„Ruhm und Geld vergehen so leicht. Aber sie war in Ordnung.“
„Ich versichere Ihnen, dass 'sie' es nicht als Teil des Auftrags getan hat.“
„Ich denke wir sind weiterhin gute Bekannte, aber man sieht sich nicht oft. Grüßen Sie sie von mir. Abgesehen davon das ich jetzt hier bin geht es mir gut.“
Mr. Smith lächelte vor sich hin.
„Diese Einstellung werden sie brauchen. Es ist natürlich kein Zufall, dass wir auf sie gekommen sind. Es gibt da einige - sagen wir - interessante Informationen. Gerüchte. Alte Akten. Aber ich gehe davon aus das sie stimmen, und das sie wissen, wovon ich rede.“
Ryeks Mine verhärtete sich.
„Sie sprechen in Rätseln.“
„Die Informationen sind nur mir bekannt. Und natürlich würden sie weitergegeben, wenn mir bei meinem derzeitigen Auftrag etwas passieren sollte, Ryek. Oder soll ich sie lieber mit Joret Tsen ansprechen?“
Das Messer verharrte so knapp vor der Kehle von Mr. Smith, dass seine Haut leicht geritzt wurde; dann verschwand es wieder. Mr. Smith nahm ungerührt ein Taschentuch und wischte sich das Blut vom Hals.
„Damit wäre auch das zweite Gerücht geklärt.“
„Ich nehme an, dass sie ein Angebot haben, das ich nicht ablehnen kann?“ knurrte Ryek.
„Ja. Habe ich. Was ich ihnen jetzt sage, wissen dann außer uns beiden nur wenige. Und die Leute, die noch im Sonnensystem sind, das wir unter Quarantäne gestellt haben.“
Ryeks Interesse war geweckt.
„Die Explorer Sonden haben vor fünfzehn Jahren ein System entdeckt, das Spuren von Zivilisation aufweist, die es in den dunklen Jahren recht weit gebracht hat. Keine Warptechnologie, aber ein komplett besiedeltes Sonnensystem. Zwei Städte auf einem erdähnlichen Planeten, einige Stationen auf anderen Planeten, das Übliche einer pre-Warp Kultur.“
„Und? Das gab es schon häufiger. Warum die Quarantäne?“
„Der Planet wurde sterilisiert.“
„Was meinen Sie mit sterilisiert? Planetares Bombardement? Ein lokaler Krieg?“
„Nein. Genau das nicht. Was passiert, wenn Sie den Warpantrieb ihres Schiffes unter Umgehung der Sicherheitsrichtlinien überlasten?“
„Wenn ich es lange genug mache, dann explodiert das Schiff. Aber das haben Sie sicher auch vorher gewusst. Der Kollateralschaden ist recht gering, wegen der Quantenfluktuation, allerdings wird dabei in erheblichem Umfang Neutronenstrahlung frei. Die zerstört in erster Linie wasserhaltige Strukturen und lässt andere weitgehend unbe - Nein!“
„Doch.“
„Um einen Planeten zu sterilisieren, müsste man einen Stern sprengen. Oder einen Neutronenstern-Jet fokussieren. Theoretisch. Der müsste dann aber im selben Sonnensystem sein.“
„Theoretisch. Fakt ist, dass alles Leben auf dem Planeten durch Neutronenstrahlung vernichtet wurde. Die baulichen Strukturen sind weitgehend intakt. Die Technik, die wir gefunden haben, ist weit davon entfernt, so etwas gebaut zu haben. Und die Systeme im Umkreis, soweit wir sie bisher erkunden konnten, sind unbewohnt. Und es gibt keinen Neutronenstern in unmittelbarer Nähe, dessen Jet dieses System getroffen haben könnte. Das war vor fünfzehn Jahren. Wir haben das also zu den Akten gelegt und betreiben da ein Sprungtor, das nur Schiffe mit CONCORD Erlaubnis passieren lässt. Und das sind wenige, glauben Sie es mir. Vor fünf Jahren gab es einen Zwischenfall. Ein Amarr Wissenschaftler ist mit einem Artefakt aus diesem System geflohen. Wir haben seine Spur eine Weile verfolgen können, dann ist er verschwunden. Ich nehme an, dass ihm etwas sehr Endgültiges zugestoßen ist.“
„Kann passieren.“
„Ja. Wie auch immer. Wir haben Anhaltspunkte, dass dieses Artefakt noch existiert, und das sich einige Leute dafür interessieren, die es besser nicht haben sollten.“
„Eine Waffe?“
„Eigentlich nicht. Genauer gesagt, wir wissen es nicht, die Daten sind dürftig. Also ist es ist etwas, was wir nicht kennen, und was wir nicht einschätzen können. Und das macht uns nervös.“
„Können Sie mir mehr darüber sagen?“
„Nein. Nicht jetzt. Wir haben Informationen, die den Aufenthaltsort des Artefaktes vermuten lassen. Die derzeitigen Besitzer scheinen Zivilisten zu sein.“
„Und warum schicken Sie dann einfach nicht einen Mr. Smith hin, der das Ding an sich nimmt?“
Mr. Smith sah Ryek unverwandt an.
„Was wissen Sie über CONCORD?“
„Das, was alle wissen: CONCORD ist eine Einrichtung, die aus den fünf Fraktionen Amarr, Caldari, Gallente, Jove und Minmatar gebildet wurde, um die Verhältnisse zu regeln und große Kriege zu vermeiden. Oder?“
„Genau. Und alle Regierungen und kriminellen Organisationen aller Fraktionen haben ihre Leute bei CONCORD. Und sie werden es sofort erfahren, wenn ich ein Team anfordere, um das Artefakt zu bergen. Ryek: Ich habe die Information seit einem halben Jahr. Und wenn es nach mir gegangen wäre, wäre ich damit in den Ruhestand gegangen und gestorben. Aber die Dinge haben sich geändert. Offenbar haben auch andere erfahren, wer das Artefakt haben könnte und wo es sich befinden könnte. Diese anderen gehen auch nicht direkt vor, aus dem gleichen Grund. Aber sie gehen mit der gleichen Erbarmungslosigkeit vor wie wir.“
Ryek fröstelte.
„Und hier kommen sie jetzt ins Spiel. Sie werden das Artefakt beschaffen.“
„Warum ich? Und wie?“
„Weil Sie es können. Und weil niemand außer mir weiß, dass Sie es können. Und weil ich Sie in der Hand habe. Sie kennen die Halbwertzeit aufgedeckter illegaler Klone.“
Ryek ballte seine Fäuste.
„Ja. Aber ich bin keine Ein-Mann Armee.“
„Ihr Gegner ist eine kleine Gruppe. Keine Soldaten. Ein Pod-Pilot und seine Geliebte. Und ihre zwei Kinder. Ich erwarte nicht, dass Sie sie töten müssen, das Ziel rechtfertigt aber jedes notwendige Mittel. Sobald sie sich bewegen, werde ich es erfahren. Und Sie werden sie dann abfangen. Und herausbekommen, wo sich das Artefakt befindet. Und es mir bringen.“
„Einer gegen vier? Sind sie sicher, dass die sich nicht wehren?“
„Ich bin sicher, dass sie von Ihrer Schnelligkeit überrascht sein werden.“
„Und wenn es nicht klappt?“
„Das ist ihr Problem.“
„Na super.“
Das Fahrzeug hielt vor dem DED-Büro.
„Eine gute Nachricht habe ich für Sie. Sie bekommen eine Unterstützung mit.“
„Ich arbeite immer allein.“
„Lernen Sie sich kennen. Danach steht Ihnen die Entscheidung offen. Ich bin sicher, dass Sie überrascht sein werden.“
Mr. Smith lächelte geheimnisvoll.
„Da bin ich mal gespannt, womit Sie mich heute noch überraschen wollen. By the Way: Wieso ziehen sie das nicht alleine durch? Sie sind doch CONCORD.“
„Ich werde überwacht. Genau wie Sie. Vermute ich.“
Sie stiegen aus.
„Sie sind ja genauso paranoid wie ich“, sagte Ryek.
„Natürlich. Sonst würde ich woanders arbeiten.“
Ryek betrat den Konferenzraum. Außer einem Tisch für Sitzgelegenheiten für acht Personen hatte er keine sichtbare Einrichtung. Mr. Smith folgte Ryek und schloss die Türe.
„Ich werde ihnen jetzt etwas zeigen, was Sie nicht glauben werden. Setzen wir uns.“
Sie setzten sich gegenüber, und Mr. Smith sprach in seinen Kommunikator.
„Nama, kommst Du bitte herein?“
Eine junge Amarr trat ein. Ryek schätzte ihr Alter auf um zwanzig. Hochgewachsen, schlank, mit kurzgeschnittenem braunem Haar. Schmales Gesicht, gebräunt, hohe Wangenknochen. Eine Schönheit. Aber ihre typisch grünen Augen passten nicht zum jugendlichen Auftritt. Sie zeigten einen Schmerz, verborgen, nicht zum Alter passend. In diesen Augen zu versinken würde den Untergang bedeuten. Eine Aura von Stärke umgab sie. Ryek war sicher, er hätte sie wahrgenommen, selbst wenn der Raum komplett dunkel gewesen wäre. Seine Implantate bestätigten das, aber ohne Information warum.
Ryek bemerkte, dass er aufgestanden war, konnte sich aber nicht erinnern, das bewusst getan zu haben.
Ihre Stimme war klar und ohne Zögern.
„Gib mir Deine Waffe.“
„Aye.“
Ryek nickte und händigte ihr seinen Blaster aus. Wieso dachte er an ein Konzert, mit ihr als Solistin? Die Implantate blockierten die durcheinandergeratenen Hormone, aber es war zu spät. Sie hatte die Waffe auf ihn gerichtet. Ihr eisiger Blick durchbohrte ihn.
Ryek schüttelte den Kopf, um die Benommenheit zu vertreiben.
„Verdammt, wie hat sie das gemacht?“
Nama sicherte den Blaster und gab ihn Ryek zurück. Etwas Undefinierbares verließ seine Gefühlswelt, er spürte einen Schmerz und das Verlangen, das es nicht so sein sollte. Er musste sich zusammenreißen, um nicht in Tränen auszubrechen.
„Sie ist ein Naturtalent“, sagte Mr. Smith.
Ryek schluckte.
„Ja. Definitiv“
Ryek gab den Implantaten den Auftrag, weiterhin die Emotionen zu blockieren.
„Sie hat beim letzten 'Zwischenfall', vor einigen Jahren, mit den Minmatar auf der Amarr-Seite verhandelt. Der Minmatar-Gesandte wurde anschließend hingerichtet, weil er vor ihr auf die Knie gefallen ist. Hätte CONCORD nicht die Moderation gehabt, dann hätten sich die Minmatar wahrscheinlich entschuldigt, dass sie der amarrischen Invasion Widerstand geleitet haben.“
Nama lächelte überlegen.
„Wir konnten Nama bewegen, beide Seiten positiv zu beeinflussen. Es gab nicht nur einen Waffenstillstand, sondern auch Ansätze für ein sektorweites Friedensabkommen. Und beide Seiten haben darauf bestanden, dass Nama nicht mehr an den Verhandlungen teilnimmt.“
„Kann ich mir vorstellen.“
Ryek war immer noch erschüttert.
„Es wird angenommen, dass Nama in direkter Linie Nachkomme eines der Propheten ist. Soweit es möglich ist, siebentausend Jahre in die Vergangenheit zu sehen. Nein, sie hat keinen Anspruch auf irgendwelche Herrschertitel“ sagte Mr. Smith, um Ryeks Frage zuvorzukommen.
„Es ist die Macht ihres Glaubens an ihre Fähigkeit, den Sie spüren.“
Namas Lächeln wurde intensiver, und Ryek wurde kalt. Sehr kalt.
„Ich möchte mich nicht entschuldigen. Mr. Smith war sicher, dass Sie nur das glauben, was Sie sehen.“
„Nenn mich Ryek.“
Er sprach mit rauer Stimme weiter.
„Aye. Ich glaube. Und ich werde Dich töten, wenn das noch einmal passiert.“
„Das war der Zweck der Übung.“ sagte Mr. Smith.
„Nama ist Ihr Passagier. Ich habe ein Angebot das Sie nicht ablehnen können. Und sie werden jede Hilfe brauchen die Sie bekommen können.“
„Das haben Sie schon auf der Fahrt hierher gesagt“, knurrte Ryek.
„Ja. Nama hat ebenfalls Informationen erhalten. Wenn klar ist, ob sie beide zusammenarbeiten, dann erkläre ich den Rest.“
„Ist Nama genauso 'freiwillig' dabei wie ich?“
Nama sah Mr. Smith an.
„Diese Information steht ihm nicht zu.“
Mr. Smith zögerte.
„Es ist Namas Entscheidung, Ihnen das mitzuteilen.“
„Schon ok. Ich kann mir da einiges zusammenreimen. Ihr Amarr seid ja so stolz auf eure Traditionen. Und Familienmenschen. Dann bleiben zwei interessante Möglichkeiten. Erstens: Mr. Smith hat mir Namas vollen Namen nicht gesagt, damit ich nicht vorab vor Ehrfurcht erstarre.“
Er grinste breit. Nama zuckte zusammen und warf ihm einen mörderischen Blick zu.
„Danke, Eure Heiligkeit.“
Ryeks Grinsen wurde noch breiter.
„Damit hast Du Dich verraten. Zweite Möglichkeit: Deine Friedensaktion ist bei Deinem Volk und Deiner Familie nicht auf Gegenliebe gestoßen. Vielleicht hast Du sogar zuerst den Auftrag erhalten, die Sache im Sinne Amarrs zu regeln. CONCORD hat Dich überredet, zu versagen.“
Nama spannte ihren Körper an, als wollte sie sich im nächsten Moment auf Ryek stürzen.
„Was fällt Dir ein, Ungläubiger -“
„Deine Familie hat Dich aus ihrem Stammbuch gestrichen. Du bist nichts mehr. Ich nehme an, dass Du an einer Eliteschule studiert hast. Nun leider nicht mehr. Wie schade!“
Mr. Smith stellte sich zwischen die beiden.
„Richtig geraten. Und Namas Mitarbeit an diesem Auftrag wird dazu führen, dass sie voll rehabilitiert wird.“
„Aber bis dahin -“
Ryek ließ den Satz offen.
„Bis dahin kann ich auch dann nicht tiefer fallen, wenn ich Dich töte, Ryek Darkener“, zischte Nama.
Ryek sah Mr. Smith an. Er nahm seinen Blaster, prüfte ob er gesichert war, und reichte ihn dann Nama. Sie nahm ihn an sich, trat einen Schritt zurück, entsicherte die Waffe und richtete sie auf Mr. Smith.
„Sie stehen im Weg.“
„Wir treffen uns gleich in Ihrem Büro. Wenn ich mich mit Nama darauf verständigen sollte, wie wir miteinander umgehen werden“, sagte Ryek.
„Ohne Zeugen.“
Mr. Smith signalisierte Zustimmung und ging zur Tür.
„Ich sehe wen auch immer dann in zehn Minuten. Machen sie bitte nichts kaputt, was sich nicht wieder reparieren ließe. Wie ich schon sagte: Sie beide sind meine einzige Chance, meinen Auftrag zu erfüllen.“
Er schloss die Tür und machte sich auf den Weg. Nach einigen Metern blieb er stehen. Hatte er da etwas - nein, das konnte nicht sein. Und falls doch, dann würde er den Überlebenden töten müssen. Er ging weiter.
Es klopfte an der Tür.
„Herein.“
Die Tür öffnete sich, und Nama trat ein. Sie machte einen wütenden Eindruck, der von dem Blaster unterstützt wurde, den sie auf Mr. Smith richtete.
„Sie hätten es mir sagen müssen!“
„Was?“
„Sie hätten mir sagen müssen dass er mehr als nur aufgerüstet ist.“
„Und warum?“
„Ja, warum haben Sie es ihr nicht gesagt?“, fragte Ryek, der hinter Nama eingetreten war.
„Sagen Sie es ihr. Ich weiß es.“
Mr. Smith sah Nama kalt an.
„Weil man am schnellsten aus unangenehmen Erfahrungen lernt. Wenn man sie überlebt. Wie mir scheint, hast Du gelernt, Nama.“
„Ja. Autsch.“
Sie reichte Ryek den Blaster. Ihre Wut verschwand, aber die Anspannung blieb. Ryek gab eine kurze Zusammenfassung.
„Es war knapp. Wenn sie ihre Gefühle beherrscht hätte, dann hätten Sie jetzt ein Problem, Mr. Smith. Auf der anderen Seite: Sie wird in der Lage sein, das notwendige tun, denke ich. Und sie wird denselben Fehler nicht noch einmal machen.“
„Wurde jemand verletzt?“
„Nur mein Stolz“, sagte Nama.
„Und?“
„Und nichts, Mr. Smith. Ryek ist unverletzt. Können wir jetzt zur Sache kommen?“
Mr. Smith zögerte einen Moment.
„Na gut. Sie beide wissen, das CONCORD auf der Suche nach einem gestohlenen Artefakt ist. Es handelt sich hierbei um einen Gegenstand, der wie ein roter Kristall aussieht, ungefähr daumennagelgroß. Die Struktur ist nicht natürlichen Ursprungs, und die bisherigen Untersuchungen gaben keinen Hinweis darauf, woraus und wie dieser Gegenstand gefertigt wurde.“
Er zeigte den beiden ein Bild auf dem Wandschirm.
„Sieht ziemlich unspektakulär aus“, sagte Ryek.
„Eine rote Glasperle, könnte man auch als Ring tragen und warum sieht mich ihr Monitor so seltsam an?“
Er griff sich an den Kopf.
„Haben sie hier irgendwelche Schweinereien installiert?“
„Wollte ich auch gerade fragen“, sekundierte Nama.
Sie schüttelte den Kopf, wie um eine Erinnerung zu verdrängen. Mr. Smith schaltete das Bild aus.
„Ich vergaß. Wenn man eine Aufnahme oder einen Scan dieses Gegenstandes macht, dann erhält man dazu ein schwaches Echo von dem, was es ist. Was man mit unseren Mitteln weder greifen noch messen kann. Ich kann nicht sagen wie
Im Aufenthaltsraum der Curse befanden sich die vier Gefangenen. Ryek hatte sie freundlich aber bestimmt aufgefordert, ihr Schiff durch die verbundenen Schleusen zu verlassen, und sie hierhin komplimentiert, mit vorgehaltener Waffe.
Er hatte sie gebeten, es sich den Umständen entsprechend bequem zu machen, etwas Kaffee dazulassen, und sich dann auf den Weg zur Brücke seines Schiffes gemacht.
„Und jetzt?“, fragte Derek.
„Weiß ich auch nicht. Immerhin hat er uns nicht getötet.“
Tedeya rieb sich den schmerzenden Nacken.
„Was hat er euch denn so erzählt?“
„CONCORD ist auf der Suche nach dem Artefakt, deswegen wir erpresst werden. Und wie es aussieht, ist CONCORD bei der Wahl der Mittel, es zu beschaffen, nicht weniger zimperlich als die Puppenspieler“, gab Romar seine Überlegung bekannt.
„Und wenn wir kooperieren?“, fragte Tedeya.
„Gibt es dann Vitoc auf Lebenszeit für Yolane?“
Yolane sah ihre Tochter böse an.
„Entschuldige Mutter, aber ich arbeite gerade im Zombie-Modus. Leben für alle bei Kooperation? Oder ein Genickschuss bei der Übergabe, wie es auch bei den anderen ziemlich sicher sein wird?“
„Ich weiß es nicht. CONCORD weiß dasselbe wie die Puppenspieler. Dass wir das Ding haben. Keiner weiß, wo es ist. Bisher hat Ryek nicht versucht, diese Information aus uns herauszupressen. Da gibt es also Unterschiede.“
Derek ging darauf ein.
„Ich sehe das so: Wenn CONCORD das Teil nicht bekommt, werden sie uns verschwinden lassen, um zu verhindern, dass jemand anderes es erhält. Die Puppenspieler werden uns so lange am Leben lassen, bis sie haben was sie wollen. Was mir nicht klar ist, in wie weit diese beiden Parteien voneinander wissen. Meine Befürchtung ist, mehr als gut für uns ist. Wenn wir uns zu lange an einem Ort aufhalten, dann werden vermutlich beide Seiten kommen. Wir können auch nicht weglaufen. Unsere Gefangennahme hat das nur deutlicher gemacht.“
„Ihr seid mir da voraus“, meldete sich Romar.
„Ich will erst einmal wissen, was hier überhaupt gespielt wird. Und worum gespielt wird.“
„Guter Punkt,“ bestätigte Tedeya.
Yolane hatte sich entschieden.
„Also, wir werden Ryek unsere Geschichte erzählen, soweit sie bis jetzt bereits Vergangenheit ist. Und dann hoffentlich von ihm erfahren, was das Ganze soll. Habt ihr schon mal darüber nachgedacht, was die ganze Veranstaltung bisher gekostet hat. In ISK, aber auch politisch?“
„Mehr als ich auf dem Konto habe“, witzelte Derek.
***
Ryek trat ein.
„Schön, dass ihr euch Zeit für mich genommen habt.“
Seine Blicke schienen alle durchbohren zu wollen.
„Ich habe gerade mit Mr. Smith von CONCORD gesprochen. Um es kurz zu machen: Wir haben ein Problem. Und dieses Problem sind wir. Wir alle.“
Die anderen sahen ihn verwirrt an.
„Um dieses Problem zu lösen, fangen wir jetzt so an, wie ihr es erwartet. Dann kommen wir zu dem Teil, den ihr nicht erwartet. Hoffentlich. Und dann sehen wir weiter.“
Er holte Luft.
„Ich habe jeden von euch bereits kurz befragt. Ich erzähle jetzt eure Geschichte, wie ich sie verstanden habe, und wenn ich etwas falsch wiedergebe, dann korrigiert ihr mich.“
Er wies mit seiner rechten Hand zu einer Sitzecke.
„Macht es euch gemütlich. Fragen?“
„Was soll das?“
„Tedeya, nicht wahr? Ich versuche, unser aller Leben zu retten, auch wenn es Dir im Moment nicht so erscheint.“
Er ging zur Kaffeemaschine, behielt Tedeya aber im Auge. Als sich alle gesetzt hatten, kam er mit dem Getränk zurück und setzte sich in den Sessel ihnen gegenüber.
„Also. Es begann damit, das Yolane vor einigen Jahren einen Kristall geschenkt bekam, mit dem sie aber nicht viel anfangen konnte. Nachdem das mit ihrem Amarr Partner ziemlich schiefgegangen war, hat sie sich vielleicht auch nicht so ausführlich damit beschäftigt. Ja, ich habe von Deinen Installationen gehört. Warum Dich CONCORD deswegen noch nicht aus dem Verkehr gezogen hat, das wissen nur die Götter.“
Yolane grinste.
„Yolane hatte also ihr Leben zu retten, heißt eine Quelle für Vitoc aufzutun. Dann ergab sich die Verbindung mit Derek.“
Derek wurde rot, erwiderte aber Ryeks Blick.
„Ich nehme zur Kenntnis, dass Yolane auch andere Qualitäten an Dir gefunden hat. Und gerade deshalb nicht wollte, das Du ihr auf Dauer illegal Vitoc beschaffst.“
„Aye.“
„Yolane schenkt Derek den Kristall, wissend, dass er sie so immer in seiner Nähe hat. Unter uns: Ich finde Vitoc da harmloser.“
Er zwinkerte Derek für alle sichtbar zu.
„Hm.“
„Also weiter. Kurz nachdem ihr eure Beziehung neutraler gestaltet habt, sind Leute bei Yolane eingebrochen, die nach dem Kristall gesucht haben. Sie haben ihn nicht gefunden, aber das Vitoc mitgenommen, welches sie hatte.“
Yolane nickte.
„Danach ist in Sinq der Vitoc Markt zusammengebrochen. Habt ihr auch nur eine Idee davon, wie viel ISK man dafür in die Hand nehmen muss?“
„Ich kann mir vorstellen, dass das recht teuer ist“, meinte Derek.
„Ja, laut Scope Magazin etwa zehn Milliarden ISK. Pro Woche.“
„Oha!“
Romar war beeindruckt.
„Und das alles für einen unscheinbaren roten Kristall. Nun ja. Nach einer Woche war Yolanes Vorrat aufgebraucht, Sie fällt ins Koma und wird von Tedeya und Romar ins Med Center gebracht. Die Amarr stellen sich taub, schließlich läuft der Prozess gegen sie ja noch, und Derek erwirkt eine Stasis Aufbewahrung. Für einen Monat. Ein Monat in dem der Markt für Vitoc weiterhin platt ist. Derek, wer hat Dir das Vitoc gegeben?“
„Die Puppenspieler. Wer sonst?“
„WAS?“
„Was glaubst Du denn Yolane? Die haben mich überwacht. Ich bin an meine Quellen nicht herangekommen, nirgendwo in ganz New Eden!“
Derek schluckte.
„Ja. Und dann haben sie mir diesen Vorschlag gemacht. Beschaff uns den Kristall, und wir sorgen dafür. das Yolane einen Vitoc-freien Klon erhält. Sie sagen, dass sie bei der Erstellung die veränderte DNA ausfiltern können.“
„Was nicht geht.“
Jetzt galt Tedeya die Aufmerksamkeit.
„Nein. Es geht nicht. Nicht mit uns bekannter Technik. Die Vitoc Abhängigkeit ist weit tiefer gehend. Die bekannten Gegenmittel verzögern nur den Tod unendlich lange, sie heilen aber nicht. Das ist zumindest die Information, die ich erhalten habe. Yolane reagiert auf kein bekanntes Gegenmittel.“
Sie sah ihre Mutter bedauernd an.
„Sorry, aber wenn von den Puppenspielern keiner etwas entwickelt hat, was aus unserer Sicht weit in der Zukunft liegt, wirst Du immer Vitoc brauchen.“
„Ich habe es mir fast gedacht“, sagte Yolane resignierend.
„Das ist der Punkt an dem wir uns jetzt befinden“, nahm Ryek den Faden wieder auf.
„Nehmen wir einmal an, die Puppenspieler, wie ihr sie nennt, haben eine Möglichkeit gefunden.“
„Ja?“
„Dann würden sie sie trotzdem niemals euch zur Verfügung stellen, Derek. Egal was sie mit Dir ausgemacht haben. “
Derek senkte den Kopf und starrte auf den Boden.
„Aber wir sind noch nicht am Ende. Wenn es denn eine solche Technik gäbe, dann würde sie vielen Menschen die Möglichkeit bieten, die Klontechnik zu nutzen.“
„Warum?“
„Yolane, die Kapselpiloten durchlaufen einen harten Ausleseprozess, und nur die wenigsten die ein Raumschiff fliegen können sind auch in der Lage, den Pod zu meistern. Im Pod lässt du Deinen Körper so weit hinter dir, das du ihn nur noch als Hülle wahrnimmst, ein Aufenthaltsort von vielen. Deshalb hat ein Pilot, der im Kampf seinen Klon verliert, häufig Anpassungsschwierigkeiten mit seinem Körper. Beim gewollten Klon-Transfer ist es ähnlich, aber nicht so stark. Ein unausgebildeter Mensch stirbt dabei. Es sei denn, es gäbe eine Möglichkeit, weit mehr zu übertragen, als es uns bisher möglich ist. Dann wäre es nicht wie ein Sprung in ein unbekanntes Gewässer, sondern wie Einschlafen und wieder aufwachen. Deine Kopie wäre dann näher am Original.“
Derek lächelte schräg, Yolane erwiderte sein Lächeln.
„Ich glaube, der Kristall hat damit zu tun. Er scheint eine Art von Schlüssel zu sein, vielleicht auch ein holistischer Datenspeicher. Ich weiß es nicht.“
„Ja! Möglich!“
Derek stand auf.
„Yolane, es ist wirklich so! Wann immer ich das Ding in die Hand nahm, war es so, als ob Du neben mir stehen würdest!“
„Das Ding hat eine Kopie von mir gemacht?“
Es war Yolane anzusehen, das diese Einschätzung nicht in ihrem Sinne war.
„Super! Vielleicht kann es mich dann auch vervielfältigen?“
„Bisher ist die Erschaffung einer lebensfähigen Kopie eines Bewusstseins gescheitert. Ich glaube, an prinzipiellen Dingen. Ich lasse dahingestellt, ob diese Prinzipien religiöser oder technischer Natur sind“, wandte Ryek ein.
„Und es braucht mehr als nur den Kristall. Eine Technik die wir nicht kennen, und - verdammt!“
„Ryek?“
Ryek war aufgesprungen.
„Ich bringe ihn um!“
„Ryek? Alles in Ordnung?“
Dereks Stimme klang besorgt.
Es war zu sehen, wie Ryeks Implantate schalteten. Sein erregter Gesichtsausdruck verschwand, als ob man sein Gesicht übermalt hätte.
„Ja. Für den Moment. Ich habe gerade etwas begriffen, was mir gar nicht gefällt.“
Er schüttelte sich.
„Egal. Ich glaube, eure Erpresser benötigen den Kristall. Und vielleicht auch Yolanes technische Expertise. Da bin ich mir aber nicht sicher.“
Yolane nickte.
„Daran habe ich auch schon gedacht.“
„Was haben Sie denn so in Ihrem Keller, Frau Frankenstein?“ stichelte Tedeya.
„Ha. Ha.“
„Und was sie noch brauchen ist etwas, was nicht technisch herstellbar ist. Etwas, was es so gut wie nicht in diesem Universum gibt. Eine Fähigkeit. Und ehrlich gesagt, ich verstehe gerade nicht wirklich, warum CONCORD das zulässt, womit ich beauftragt wurde. Aber ich werde es herausbekommen.“
Die Maske verschwand. Ryek kämpfte immer noch mit seiner Fassung.
„Sei es drum. Dann will ich auch euch gegenüber so offen sein wie es möglich ist.“
* * *
Er bat Nama herein.
„Darf ich meinen Passagier vorstellen. Nama -“
Romar war aufgesprungen. Sein Schlag traf Nama voll ins Gesicht und warf sie um.
„Mörder! Sklavenhalter! Euer eigenes Imperium ist nicht mehr groß genug? Jetzt müsst ihr auch noch die versklaven die euch nicht vor tausenden von Jahren zum Opfer gefallen sind!“
Seine Stimme überschlug sich. Er wollte sich erneut auf sie stürzen, um einen Moment später festzustellen das Ryek seinen Blaster ihn auf ihn gerichtet hatte. Romars Augen brannten, und er hätte fast Ryek angegriffen, trotz der offensichtlichen Unterlegenheit.
Nama stöhnte schmerzvoll und stand auf. Ihre linke Gesichtshälfte war feuerrot.
„So! Jetzt reicht es. Seht zu wer euer Scheissuniversum rettet! Auf mich braucht ihr nicht mehr zu zählen!“
Sie warf den Kopf in den Nacken, drehte sich um und verließ den Raum.
Ryek warf den Blaster an die gegenüberliegende Wand. Die Waffe zerfiel in ihre Einzelteile. Dann sah er Romar an, und Romar hatte das Gefühl, etwas verkehrt gemacht zu haben. Etwas, was ihn gleich sein Leben kosten würde.
Ryek senkte den Blick und zuckte resignierend die Schultern.
„Romar -“
„Nein.“
Er packte Romar bei den Schultern und sah ihn an.
„Erkläre es Nama.“
„Was?“
„Was Du getan hast. Und warum. Und komm mir jetzt nicht mit dem Minmatarscheiss über die Versklavung.“
Romar knurrte unwillig, und die anderen sahen Ryek verständnislos an.
„Nama ist der Schlüssel. Und sie ist allein. So verdammt allein wie Du es Dir gar nicht vorstellen kannst. Sie muss verstehen, warum Du das eben getan hast, und es akzeptieren. Sonst ist die Mission gescheitert. Erkläre es ihr. Entschuldige Dich.“
„Nein.“
„Wir werden alle sterben wenn Du es nicht tust.“
„Wirst Du uns töten?“
„Nein. Die Leute die mich beauftragt haben. Oder die Leute die euch erpressen. Sei nicht so naiv!“, fuhr Ryek ihn an.
„Derek, Yolane -“
Derek nickte.
„Wir reden gleich über die Details, Ryek. Ich glaube, dass wir uns einig werden. Romar!“
„Ja.“
Widerwillig.
„Rede mit ihr. Findet einen Weg, um zusammenzuarbeiten. Wir haben Gegner, denen es furchtbar egal ist, ob wir Caldari, Minmatar, Gallente oder Amarr sind. Wir sind nur Figuren auf deren Schachbrett. Und das müssen wir ändern. Sehr schnell.“
Romar nickte, wenn auch nicht ganz überzeugt.
„Tu es für Deine Mutter“, legte Derek nach.
Romar lachte. Yolane stimmte ein.
„Das ist ja wohl der älteste Spruch des Universums.“
Ryek grinste ihn breit an.
„Ja. Und er wirkt immer noch. Oder?“
Yolane nickte. Ihr Mund formulierte ein unhörbares 'Bitte'.
„Ja, gut, ihr habt mich überzeugt dass das eben falsch war“, gab Romar widerwillig nach.
Er wandte sich zum Ausgang.
„Und wo finde ich sie?“
Ryek gab ihm die Daten und begleitete ihn auf den Gang.
„Romar. Sei offen zu ihr. Nett, wenn es denn sein muss. Und ein guter Tip von einem, der sie schon etwas kennt: Poker nicht mit ihr. Sie durchschaut jeden Bluff.“
„Jeden?“
„Jeden. Das ist ihr Talent. Unter anderem. Nama ist unsere Karte, hier lebend herauszukommen, und eine sehr attraktive dazu.“
„Ist mir gar nicht aufgefallen.“
„Ja, ich weiß, ihr Minmatar steht mehr auf die athletischen Frauen.“
Er wich dem Schlag aus und fasste Romars Hand.
„Romar. Es ist wichtig. Wir haben keine andere Chance.“
* * *
Es klopfte an der Tür. Nama saß auf der Schlafcouch und hatte ein feuchtes Tuch auf ihre Wange gedrückt.
„Lasst mich in Ruhe, ihr Idioten!“
Es klopfte erneut.
„Was?“
Die Tür öffnete sich langsam, und Romar steckte vorsichtig seinen Kopf hinein, um im nächsten Moment dem Handtuch auszuweichen.
„Verschwinde! Oder hast Du vor, mir den Rest zu geben?“
Romar machte ein verbissenes Gesicht, überwand sich und trat ein.
„Das ziehe ich gerade ernsthaft in Erwägung. Aber Ryek hat es verboten.“
„Finde ich nicht komisch, Sklave.“
Er riss sie hoch und drückte sie an die nächstgelegene Wand.
„Das ist auch nicht komisch!“
„Ach. Und was soll ich sagen?“
Romar beruhigte sich etwas und ließ sie los.
„Es ist ja nicht Deine Schuld, dass Du Amarr bist -“, murmelte er.
„Ich bin stolz darauf, Du Klotz! Meinst Du im Ernst, dass nur ihr das Recht habt, auf eure Rasse stolz zu sein?“
Er schlug die Augen nieder.
„Ich weiche dem Thema aus. So komme ich nicht weiter.“
„Weiter? Wobei?“
Höhnisch.
„Du hast Yolane gesehen, meine Mutter?“
Sie nickte.
„Sie sieht sehr krank aus. Todkrank. Aber was kann ich dafür?“
„Ihr Partner, vor Derek -“
„Ja?“
„War ein Amarr. Soll ich weiter reden oder kommst Du von alleine darauf?“
Sie zuckte zusammen.
„Aber Yolane ist doch Gallente. Das ist doch nicht zulässig -“
Romar sah aus, als ob er sie gleich wieder schlagen würde.
„Entschuldige, aber das ist nun einmal so. Andere Rassen nur mit individueller und beglaubigter Zustimmung. Ich gehe davon aus, das Yolane nicht zugestimmt hat?“
„Natürlich nicht!. Und sie ist resistent gegen alle gängigen Medikamente. Nur Vitoc funktioniert bei ihr.“
„Scheiße. Das tut mir leid.“
„Das hilft ihr aber nicht.“
Jetzt packte sie ihn und warf ihn mit erstaunlicher Kraft gegen die Wand. Romar verlor den Halt und rutschte zu Boden. Überrascht setzte er sich auf.
„Wir wollen mal etwas festhalten, großer Minmatarkrieger. Ich. War. Es. Nicht. Und ich war auch nicht bei der Versklavung der Minmatar dabei. Von mir aus hättet ihr in euren Wäldern bleiben können.“
Sie wischte sich imaginären Staub von der Kleidung.
„Klar soweit?“
Romar zog ihr die Füße weg, aber sie rollte sich im Fallen zur Seite und wich seinem Angriff aus.
In den folgenden Minuten ging der größte Teil der Kabineneinrichtung zu Bruch, aber keiner von beiden konnte einen Vorteil erringen, und keiner von beiden wollte den anderen wirklich ernsthaft verletzen.
Schließlich landete Nama einen Schlag in Romars Bauch, der ihn zwang, sich auf die Couch zu setzen. Nama setzte sich neben ihn, schwer atmend.
„Und weswegen bist Du jetzt hergekommen?“
„Um mich bei Dir für meinen ungerechtfertigten Angriff zu entschuldigen.“
„Im Ernst?“
„Nein. Ryek hat gesagt, dass er mich umbringt wenn ich es nicht tue.“
„Ja. Das hätte er auch getan, soweit ich ihn kenne.“
Beide versuchten, wieder zu Atem zu kommen.
„Hätte nicht gedacht das ihr Amarr so viel drauf habt.“
„Ach!“
„Ja, verdammt. Ryek hatte Recht. Ich entschuldige mich für dafür, das ich Dich ohne Grund vor allen geschlagen habe. Es tut mir leid.“
Er wollte aufstehen. Nama zog ihn zurück.
„Was ist?“
Sie legte ihren Arm um ihn.
„Ich habe eben gewonnen, aber Du hast nicht verloren. Du schuldest mir mehr als nur ein 'es tut mir leid'. Wie wäre es mit etwas Gesellschaft für den Anfang? Ich brauche jemanden mit dem ich vernünftig reden kann, und Du scheinst hier der einzig Greifbare zu sein.“
Sie ließ ihn los.
Er wollte aufstehen, es blieb aber beim Versuch. Nama lächelte ihn einladend an.
„Widerstand ist zwecklos.“
* * *
„Mr. Smith?“
Die Covert Ops Fregatte und die Curse lagen nebeneinander auf einer versteckte Position im Beke System. Die Reparaturdrohnen der Curse machten sich daran, die Panzerung der Helios provisorisch wiederherzustellen, nachdem die Struktur mit Bordmitteln soweit repariert werden konnte, dass es im ganzen Schiff Atmosphäre gab.
Ryek saß allein in der Kommandozentrale und berichtete Mr. Smith von den Ergebnissen der Aktion.
„Das passt ganz gut in meine Ermittlungsergebnisse. Die Familie hat Yolane gerettet, und jetzt sind sie im Amarr-Raum, zu einem unbekannten Ziel. Das, welches sie genannt bekommen haben, wäre eine Falle gewesen. Haben Sie eine Ahnung, wo sich der Kristall befindet?“
„Nein. Das hat mir bisher niemand verraten, und ich bin mir auch nicht sicher, ob es alle wissen.“
„Trotzdem. Sie werden den Kristall bereitstellen, um Yolane zu retten. Was nicht geschehen wird.“
Ryek knirschte mit den Zähnen.
„Sie gehen recht leichtfertig mit dem Leben anderer Menschen um.“
„Meinen Sie? Von meinem Standpunkt aus versuche ich, diese Leben so einzusetzen, das sie den maximalen Nutzen für das Empire haben. Ein Leben, das untergeht, um Milliarden zu retten, ist für mich ein gutes Verhältnis. Da nehme ich mich selbst nicht aus.“
„Gut zu wissen. Ich komme bestimmt darauf zurück.“
„Ryek, so wie es aussieht, müssen wir die Leute weiterreisen lassen, um die Hintermänner aufzuspüren.“
„Das heißt, die ganze Aktion war vergebens?“
„Nein. Ganz im Gegenteil. Meinen Informationen zufolge ist einer der Köpfe der Erpresser ein Caldari, der hier im Amarr-Raum gute Geschäfte mit Klontechnik macht. Er kauft Material ein, mit Lieferung Richtung Citadel, aber irgendwo auf dem Weg verliert sich die Spur. Wir vermuten eine Einrichtung in der Nähe von Jita.“
„Wer will schon nach Jita? Da muss man doch mittlerweile Platzkarten bestellen.“
„Eben. Der größte Haufen ISK im Empire. Aber wir wissen fast nichts. Nur das ein Caldari namens Jeo Chan in Genesis legal in rauen Mengen Teile für Klonfabrikation einkauft, um sie im Caldari Raum verschwinden zu lassen. Wenn es eine Caldari Klon Corp ist, dann machen sie das, was sie tun, so geheim, dass wir bisher nicht dahinter gekommen sind. Sie brauchen den Kristall, und sie brauchen Nama.“
Ryek spürte den Stich in der Brust.
„Das heißt?“
„Unsere Gegenspieler haben den nächsten Zug gemacht. Jeo ist, wie von uns beabsichtigt, auf Nama aufmerksam geworden. Auf ihre Fähigkeit, ihr Schicksal, und ihren Groll auf CONCORD, die ihr das Ganze eingebrockt hat.“
„Ich dachte, ihr habt sie ausgebildet?“
„Laut ihrer Vita als Wiedergutmachung. Wer hätte sie auch sonst genommen?“
„Rekrutiert ihr immer so eure Agenten?“
„Nein. Alternativ hatte Nama auf der Mission, die sie bei den Amarr unmöglich gemacht hat, einen tödlichen Unfall gehabt. Wie ich sagte: Ein Leben für viele. Aber sie hat damals ja freiwillig kooperiert.“
„Ihr hattet nur vergessen, ihr zu sagen, welche Folgen das für sie haben wird?“
„Ja. Kommen wir zu ihrem nächsten Auftrag. Jeo Chan wird sie bald kontaktieren. Nama soll sich ihm anschließen und mit ihm in die Höhle des Löwen fliegen. Allein.“
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Nama verließ das Bett, in dem sie mit Jeo gelegen hatte, und ging, nackt wie sie war, in den nächsten Raum. Sie nahm ihren Kommunikator auf und stellte Kontakt zu Derek her.
„Ja?“
„Nama hier. Ihr seid unterwegs?“
Sie sprach mit normal lauter Stimme.
„Ja, sind wir. Was können wir erwarten?“
„Den Tod. Aber das habt ihr ja schon vorher gewusst. Hier gibt es nichts für euch. Ihr müsst uns hier herausholen.“
Sie fühlte Dereks Enttäuschung und Zorn über die Lichtjahre hinweg. Aus den Augenwinkeln sah sie Jeo im Türrahmen stehen. Sie drehte ihm den Rücken zu.
„Das heißt, die Puppenspieler haben uns belogen?“
„Nein Derek. Haben sie nicht. Es ist tatsächlich möglich, einen sauberen Klon für Yolane anzufertigen. Und viel mehr. Sehr viel mehr.“
Sie seufzte.
„Ihr habt alle keine Ahnung, um was es hier geht.“
„Und Du weißt es jetzt?“, fragte Derek.
„Verräterin!“
Jeo stand im Raum, nackt, seinen Blaster in der Hand. Nama legte den Kommunikator zur Seite.
„Ich?“
Ihre Frage war mit solcher Unschuld gestellt, das Jeo zögerte.
„Ja. Du. Aber es wird Dir nichts nützen. Wir werden das von Dir erhalten, was wir brauchen, auch ohne Deine Unterstützung.“
Nama breitete ihre Arme aus und ging langsam auf Jeo zu.
„Du willst mich also für den feuchten Traum eines größenwahnsinnigen Amarr opfern? Jeo, an der Spitze ist nur Platz für einen, und das bist nicht Du.“
Sie umarmte ihn, die Augen niedergeschlagen. Jeos Hand mit der Waffe befand sich zwischen ihnen auf Brusthöhe. Er umarmte sie mit der anderen Hand.
„Ja, es wird mir sehr schwer fallen ohne Deine Gesellschaft.“
Nama erwiderte die Umarmung, und ihre rechte Hand lag nun auf seiner Waffenhand.
„Ehrlich gesagt, ich bin froh, dass es vorbei ist“, flüsterte sie mit zuckersüßer Stimme.
Jeo erstarrte und sah in ihre Augen. Sie waren kalt wie der Weltraum.
„Was -“
Seine Stimme versagte.
Nama führte Jeos Hand sanft nach oben und legte ihren Kopf an seine Brust.
„Fly safe, Jeo.“
Sie krümmte ihren Zeigefinger um den seinen.
Der Schuss riss Jeos Kopf ab und verteilte ihn über den ganzen Raum. Nama ließ den Torso fallen und wandte sich wieder dem Kommunikator zu.
„Derek?“
„Nama! Was ist da los?“
„Frag nicht. Bleibt auf Kurs. Wenn ihr das System erreicht habt, versteckt ihr euch und wartet auf meinen Anruf. Ich werde euch hineinlassen, und dann müssen wir improvisieren.“
„Was ist mit Ryek?“
„Sieht nicht gut aus. Ich weiß nicht, ob wir ihn lebend hier herausbekommen.“
„Nama: Warum soll ich glauben, dass Du noch auf unserer Seite bist?“
Nama lachte auf.
„Das spielt keine Rolle Derek! Ihr kommt hierher, weil ihr mich braucht, so oder so. Wenn ich euch verrate, macht es für euch keinerlei Unterschied. Also setz Deinen Arsch in Bewegung, klar?“
Am anderen Ende hörte sie Derek heftig einatmen.
„Aye, Nama.“
„Wann seid ihr da?“
„In etwa zwei Stunden.“
„Wunderbar. Dann kann ich ja noch duschen und mein Haar richten.“
„Ich verstehe nicht.“
„Rot. Zuviel rot. Ich melde mich.“
Sie beendete das Gespräch und ging ins Schlafzimmer. Dort warf sie den Kommunikator und den Blaster auf das Bett, und verschwand in der neben liegenden Dusche.
* * *
Wie viele große Unternehmen verfügt auch die Imperial Academy über einen eigenen lizenzierten Anflugbereich, der unabhängig vom allgemein zugänglichen Raumhafen betrieben wird. Hier können kleine Schiffe bis zur Kreuzer-Klasse andocken, und die Passagiere müssen nicht bis zu einhundert Kilometern Weg in Kauf nehmen, um ihre Ziele zu erreichen.
Die Anflugkontrolle war rund um die Uhr besetzt, um Gäste und Patienten nicht warten zu lassen.
Schichtführer Werdan Bertag sah überrascht von seinem Schreibtisch auf, als die Tür zum Leitstand aufging und eine junge Amarrfrau im Eingang erschien. Außer der Bedienmannschaft hatten nur Sebard und Jeo Zutrittsrechte, und die Tür war alarmgesichert. Die Frau stand in der Tür, sah sich um und erschien unschlüssig, was sie als Nächstes tun sollte. Werdans Hand verhielt über dem Alarmknopf, als ihre Blicke sich trafen.
„Ich benötige Deine Hilfe“, sagte sie, und Werdan stand auf, um zu helfen. Woraus auch immer die Unterstützung bestehen würde, er würde alles tun, um ein 'Danke' zu hören.
Nama trat ein, schloss die Tür und verriegelte sie von innen. Dann wandte sie sich Werdan zu
„Welche An- und Abflüge sind in nächster Zeit geplant?“
„Das ist vertraulich“, wollte Werdan sagen, aber er sagte es nicht.
„Ein Anflug in etwa einer Stunde. Gäste von Sebard. Er wird sie persönlich abholen.“
Das konnte doch nicht alles gewesen sein! Sie wollte doch bestimmt mehr wissen. Sie musste mehr wissen wollen! Werdan wurde nicht enttäuscht.
„Ist es schwer, das Andocken zu kontrollieren?“
Die beiden Operatoren sahen von ihrer Arbeit auf.
„Lasst euch nicht stören. Weitermachen.“
Namas sanfte Stimme duldete keinen Widerspruch. Es gab nichts Wichtigeres, als sofort mit der Arbeit weiterzumachen.
„Nein, eigentlich kann das auch der Computer alleine“, erklärte Werdan.
Er ging zur rechten Konsole und schaute dem Operator über die Schulter.
„Hier, das ist der Verkehr, mit den Schiffskennungen. Das Schiff, das mit uns Funkkontakt hat, wird hervorgehoben. Da unsere Möglichkeiten wegen der Flugsicherheit sehr eingeschränkt sind, musst Du nur das Schiff erfassen und das 'Andocken' Sensorfeld berühren. Fertig. Den Rest macht die zentrale Anflugkontrolle, sobald das Schiff das Anflugprotokoll bestätigt hat.“
„Und wie nehme ich Kontakt auf?“
Werdan zeigte auf die linke Konsole.
„Kennung antippen, Kanal öffnen.“
Sie lächelte ihn vielversprechend an. Werdan hatte das Gefühl, seine Sache sehr gut gemacht zu haben. Bestimmt gab es eine Belohnung.
Nama sah sich um. Links ging es in einen Aufenthaltsraum, der keinen weiteren Zugang hatte.
„Wie heißt Du?“
„Werdan Bertag.“
Nama trat zwei Schritte zurück.
„Werdan, sei bitte so gut und mach mit Deinen Kollegen eine Pause. Geht in den Raum nebenan, legt euch auf den Boden und verhaltet euch ruhig, bis ihr abgelöst werdet.“
Wie? Was? Ein Schleier fiel von Werdans Bewusstsein. Er wollte an seinen Arbeitsplatz stürzen, verharrte aber im Ansatz, als er den auf ihn gerichteten Blaster sah. Auch die anderen erwachten aus ihrer Trance.
„Ich zähle bis drei.“
Namas Stimme zeigte die erwünschte Wirkung. Bei “zwei“ waren die Operatoren im Nebenraum und hatten die Tür zugezogen.
„Sehr schön.“
Sie feuerte auf die Tür. Ein faustgroßes Loch entstand auf Kopfhöhe, und von der anderen Seite kamen entsetzte Schreie.
„Ich hoffe ihr wisst, wie man liegt.“
Sie setzte sich auf einen der freigewordenen Plätze, so dass sie die Eingangstür und die Nebenraumtür im Auge behalten konnte.
Sie aktivierte die Kommunikation.
„Derek, wo bist Du?“
„Einen Sprung weg. Was ist hier eigentlich los? CONCORD hat Anweisung gegeben, das alle Schiffe in diesem Sektor mit Autopilot zu fliegen haben. Alle anderen Schiffsbewegungen werden gestoppt und untersucht.“
„Wie schnell kannst Du hier sein?“
„Dreißig Minuten, falls ich nicht abgeschossen werde.“
„Mach es so. Uns rennt hier die Zeit weg.“
„Yolane -“
„Ich sagte Dir bereits, dass es hier nichts für sie geben wird, es sei denn sie will herausfinden, wie lange man unter extremen Bedingungen am Leben bleiben kann.“
Sie bediente ein paar Sensorfelder.
„Die Andockkontrolle ist konfiguriert. Hier übermittle ich Dein Ticket. Sobald Du im System bist, warp to Zero. Ihr müsst mich hier abholen, mit Widerstand ist zu rechnen. Ich lasse meinen Kommunikator an, damit ihr mich anpeilen könnt. Wir müssen in die Intensivstation nahe der Klon Transfer Einrichtung.“
„Werden wir Unbeteiligte gefährden?“
„Nein, Derek.“
Nama hoffte, dass das keine Lüge war.
„Der Bereich hat im Moment nur einen Zweck. Uns.“
„Wie schön. Lernen wir auch den Chefarzt kennen? Ich bin privat versichert.“
„Ich hoffe nicht. Falls ihr ihn seht, schießt. Überhaupt, schießt auf alles, was auch nur den Anschein hat, sich euch in den Weg zu stellen. Wir sind hier in der Zentrale der Puppenspieler.“
„Aye. Anflug initiiert. Wir sehen uns dann.“
Nama beendete die Verbindung und nahm mit dem Blaster die Eingangstür ins Visier.
***
Derek nahm die Hände von der Steuerung.
„So, wir treiben jetzt getarnt ein System vor Azedi. CONCORD hat alle Schiffe angewiesen, mit Autopilot zu fliegen, und vor Verstößen gewarnt. Und an unserem Ziel läuft Nama Amok, wie es aussieht.“
„Nicht ganz. Noch nicht.“
„Wie soll ich das verstehen, Tedeya?“
„Sie hat ganz offensichtlich wahnsinnige Angst. Solange sie in Bewegung bleibt, irgendetwas tun kann, wird sie die Kontrolle über sich behalten. Wenn sie anfängt, über alles nachzudenken, wer weiß?“
„Ich habe auch Angst. Jetzt. Um uns alle. Aber wir wollen da rein, obwohl wir wissen dass es eine Falle ist?“
Yolane nickte.
„Ja.“
„Warum? Es ist klar dass die Puppenspieler ihren Teil nicht einhalten werden! Du wirst sterben Yolane!“
„Natürlich Derek. Ich war schon so gut wie tot. Ich glaube in Ungefähr zu verstehen was Nama uns angedeutet hat.“
„Was?“
„Derek, Du hast Dich nie viel mit den Dingen beschäftigt, mit denen ich arbeite. Außer mit dem Kristall, den ich Dir geschenkt habe. Und genau den habe ich nicht gemacht, sondern nur, nennen wir es einmal 'programmiert'.“
„Na und?“
„Ich mache mobile Gestaltgebung von Objekten aller Größen.“
„Aah ja.“
Sie schlug spielerisch nach ihm.
„Ich verbinde Technik miteinander auf ungewöhnliche Weise, um den Gefühlen meiner Kunden Ausdruck zu verleihen. Gefühle in Farben und Töne zu übersetzen. Romar hat Dir bestimmt vom Minmatar Schlachtschiff erzählt?“
„Ja, klang recht lustig. Aber was hat das hiermit zu tun?“
„Bei meiner Arbeit verwende ich technisches und medizintechnisches Gerät. Letztlich programmiere ich zum Beispiel Implantate so, dass sie, in bestimmten Bereichen, wie Spiegel für die Gefühle meiner Kundschaft funktionieren. Sehr experimentell, nicht wissenschaftlich abgesichert, und das meiste was ich mache geht schief.“
Sie grinste.
„Moderne Alchemie!“
„Und?“
„Derek, dieser Kristall hat Eigenschaften, für die man zu dem Gebiet auf dem ich spiele abgesichertes Wissen haben muss. Und technische Verfahren, die es vielleicht in tausend Jahren geben wird!“
Derek war beeindruckt. Tedeya fragte nach.
„Aber das Ding gibt es bereits? Kommt es also technologisch aus der Zukunft. Im Ernst Mam, ist das nicht etwas weit hergeholt?“
Yolane schlug sich mit der Hand an den Kopf.
„Ignoranten! Meine eigenen Kinder! Was habe ich falsch gemacht?“
Die anderen drei sahen sie belustigt an.
„Ja, was wohl. Die falschen Typen ausgesucht?“ grinste Romar.
„Entschuldige, war nicht so gemeint.“
„Naja, immerhin hatte ich bei fünfundsiebzig Prozent Glück. Guter Schnitt, oder? Was ich meine ist, von wo stammt die Technik, die wir heute nutzen? Alles selbst erfunden?“
„Nein.“
Derek ging ein Licht auf.
„Also etwas aus unserer Pre-Warp Zeit. Irgendetwas, was mehr als dreitausend Jahre alt sein kann, aus den dunklen Jahren?“
„Sehr wahrscheinlich. Und hoffentlich einzigartig.“
„Ich habe das Ding nie in den Griff bekommen. Es wird eventuell über Gehirnströme gesteuert. aber meine sind nicht komplex genug dafür. Es hat nur für eine Kopie gereicht.“
Tedeya wurde hellhörig.
„Kopie von was?“
Yolane wurde rot und verlegen.
„Von mir.“ Und leise: “Für Derek.“
„All inclusive? Das kann kein Scanner, den ich kenne, und ich kenne einige. Etwas geht immer verloren, das steht nur nicht im Handbuch.“
„Hier nicht. Zumindest nicht, soweit ich es messen konnte.“
„Messen? Es ist illegal, solche Geräte unlizenziert zu besitzen. Mrs. Frankenstein, das gibt mir aber zu denken“, frotzelte Derek.
Yolane blieb unbeeindruckt.
„Die Kopie ist exakter als es messbar ist. Wenn es auch meine Seele kopieren könnte, dann wäre ich ein Gott.“
„Wow! Das ist teuer. Damit könnte man die Klontechnik revolutionieren! Mam, Du weißt, dass Du eigentlich nur einen Schritt von einem neuen Körper entfernt bist?“
„Ja Tedeya. Aber ich habe Angst. Angst, dass ich dann kein Mensch mehr bin.“
„Aber Du liebst einen Klon. Ist das nicht, vorsichtig gesagt, inkonsequent?“ erwiderte Derek leicht verstimmt.
„Das ist der Punkt. Ich liebe Dich. Jetzt, nach Wochen, nach Deinem Abschuss, bist Du wieder Du für mich. Aber was ist, wenn ich nicht mehr ich bin nach dem Transfer?“
„Der Kristall gibt da wohl ausreichend Sicherheit. Und für diese Sicherheit würden viele Menschen ihre Seele verkaufen.“
„Ja Romar. Die Puppenspieler haben das bereits getan.“
„Das bringt uns zum Thema zurück. Wir sollen hier wie Sturmtruppen rein, Nama und Ryek raushauen und dann verschwinden, ohne das uns die Puppenspieler und CONCORD auf den Fersen bleiben.“
„Derek, genau das ist der Plan. Alles einsammeln was Wert für die hat, sich dann irgendwo verkriechen und dann verhandeln. Und wenn es nichts zu verhandeln gibt, zusammen sterben.“
„Seid ihr dabei?“
Derek streckte seine Hand aus. Drei andere Hände trafen sich mit seiner.
„Eine Gruppe Amateure gegen den Rest der Welt! Wir müssen verrückt sein!“
„Natürlich sind wir das. Wir haben einige Minuten Vorsprung wenn das alles klappt“, meinte Tedeya.
„Dann wollen wir mal! Ich hoffe, ich finde wenigstens ein Messer für jeden.“
* * *
Die Helios kam am oberen Ende der Imperial Academy Station heraus, zwei Kilometer entfernt von der Andockrampe des Universitätsbereiches und fünfzig vom allgemeinen Flugbetrieb. Die Automatik griff nach dem Schiff, und ein Traktorstrahl zog es in die hinein. Der Dockbereich war überschaubar, und glänzte in sanftem Gold.
„Ich frage mich, wie viel davon echt ist“, sagte Romar halblaut
„Es müsste rot sein vom Blut der Sklaven.“
Die Automatik setzte das Schiff sanft im Inneren der Box ab, auf den Trägern, die dem Schiffstyp entsprechend aus dem Boden auftauchten. Ein Luxus gegenüber den üblichen Haltefeldern. Die Schleuse am unteren Ende des Schiffes öffnete sich, und eine Rampe fuhr aus. Noch bevor sie den Boden berührte, liefen drei Personen herunter und zur Zutrittsschleuse.
Dereks Kommunikator aktivierte.
„Hier Nama. Hinter der Schleuse findet ihr ein Rettungsfahrzeug. Ich habe es euch freigeschaltet. zuerst holt ihr mich ab. Macht schnell!“
„Roger.“
„Wieso seid ihr nur zu dritt?“
„Romar bleibt an Bord. Er hat eine Sonderaufgabe.“
„Aye.“
„Ihr kommt durch das Nebenportal für Notfälle. Von dort aus zehn Stockwerke nach oben.“
„Wir haben Deine Position auf dem Pad.“
Der Türmechanismus piepte. Nama fuhr gedankenschnell herum und richtete den Blaster auf die Tür. Ihr Schuss zerstörte die Schlosssteuerung. Von draußen kam ein wütender Aufschrei. Sebard!
„Wie lange glaubst Du Dich hier halten zu können?“ fragte er.
„Wie lange glaubst Du hier noch überleben zu können?“ fragte Nama zurück.
„CONCORD ist unterwegs, und sie werden bestimmt einige Fragen an Dich haben.“
„Vergiss CONCORD! Dieses System gehört mir! Genauso wie der ganze Sektor! Die Amarr werden CONCORD hinauswerfen, sobald sie der Wahrheit zu nahe kommen! Ergib Dich, solange noch Zeit ist, und erspare Dir einen unangenehmen Tod!“
„Tod? Du lügst, Sebard! Ohne mich läuft das Ganze doch überhaupt nicht! Jeo war entbehrlich, ich bin es nicht!“
Die Stimme auf der anderen Seite der Tür wurde sachlich.
„Nama, Du überschätzt Deine Position. Das, was ich benötige, setzt nicht voraus, dass Du in einem Stück vorhanden bist. Und das was ich brauche werde ich mir jetzt holen.“
Die Schritte entfernten sich von der Tür. Eine Minute später war ein Zischen zu hören, welches in ein Rauschen überging. Die Tür vibrierte, und in der Kommandozentrale wurde es schnell warm. Die Tür färbte sich vom stumpf grau des Schiffsmetalls rot, hellrot und dann weiß.
„Vergiss es Sebard“, flüsterte Nama. Sie stellte den Blaster auf breite Streuung und setzte ihn an ihren Kopf.
Von draußen waren Schüsse und Schreie zu hören.
„Nama, alles in Ordnung? Wir hatten ein paar Schwierigkeiten, hierher zu kommen.“
„Seid ihr allein?“
„Im Moment ja.“
„Zerschießt die Tür, schnell!“
Nama warf sich in Deckung hinter den Schreibtisch.
Die Tür zerplatzte und glühende Schrapnells verwüsteten den Raum. Gleichzeitig mit dem Feueralarm aktivierte die Löschanlage des Kontrollraumes und durchnässte Nama in Sekunden bis auf die Haut. Sie riss sich hoch und stolperte halb blind durch die Türöffnung. Einen Moment später rannte sie los, an den überraschten Rettern vorbei.
„Folgt mir!“
Sie stürmte um die nächste Biegung und schoss, mehr aus Prinzip als aus Erkenntnis. Die drei Sicherheitsleute, in die sie hineingerannt war, gingen schwer verletzt zu Boden.
„Nehmt ihre Waffen! Weiter!“
Sie hörte ein “Scheiße!“ hinter sich.
„Derek! Die bekommen Hilfe! Wir nicht!“
Derek schluckte eine Antwort herunter, und sie liefen weiter, Nama hinterher.
Sie stiegen in das Fahrzeug. Noch bevor die Türen wieder geschlossen waren, beschleunigte es auf maximale Geschwindigkeit ...
...
Derek stürzte durch die Tür und blieb stehen, als sei er gegen eine Wand gerannt. Sein Gesicht wurde kreideweiß, er machte einige Schritte rückwärts, drehte sich um und übergab sich.
Tedeya schob Derek grob zur Seite, griff sich ein in der Nähe liegendes Laken und warf es über den OP-Tisch. Das Laken färbte sich schnell rot. Sie warf einen Blick auf die angeschlossenen Instrumente und Geräte. Abgesehen von den Hirnströmen verliefen alle anderen Anzeigen in nahezu flachen Linien.
„So häufig, wie ich in letzter Zeit auf Intensivstationen bin, sollte ich über eine Festanstellung nachdenken“, murmelte sie.
„Wo ist die Klontransfer-Einheit? Nama!“
Nama bediente ein Terminal.
„Ich habe es! Drei Stockwerke unter uns. Ein Sektor weiter!“
Tedeya warf Nama Ryeks Pad zu und nahm den 'E-Pen' an sich.
„Worauf warten wir noch? Nama. Zeig uns den Weg.“
Namas Augen leuchteten in einem unirdischen Feuer.
„Gehen wir.“
Tedeya schob den Tisch auf den Gang. Die anderen gruppierten sich darum.
Derek hob den Blaster auf, den er hatte fallen lassen, und feuerte auf die Sicherheitskräfte, die um die Ecke kamen. Nama ignorierte die Kampfhandlungen und ging voraus.
„Lasst die Waffen fallen und legt euch auf den Boden! Sofort! Dann wird euch nichts passieren!“
Als sie an der Kreuzung ankamen, lagen die Wachen zitternd am Boden, die Hände über dem Kopf, als ob sie befürchteten, dass die Decke im nächsten Moment herunterfiele. Sie nahmen die herumliegenden Waffen auf und rannten bis zum nächsten Aufzug im Transferbereich.
„Der Aufzug ist blockiert! Wir kommen hier nicht weiter!“
Yolanes Stimme überschlug sich.
Tedeya hatte eine Idee.
„Die Nottreppe runter und haltet mir den Weg zum Transferraum frei! Ich löse das Problem mit dem Aufzug!“
Sie entfernte mit einem glatten Schnitt des 'E-Pens' die Bedienfläche des Aufzuges.
„Beeilt euch!“
Nama nickte, wissend.
„Ja. Los!“
Mit Ausnahme von Tedeya und Ryek rannten sie die Not-Treppe hinunter. Derek sprengte die Tür zur Klon-Transfereinrichtung und trat die Reste zur Seite. Nama und Yolane sicherten den Gang. Derek betrat den Raum und aktivierte das Transfersystem.
„Wie weit seid ihr?“
„Am Ziel. Der Weg ist frei und gesichert.“
„Ist der Klon-Transmitter betriebsbereit?“
„Ja. Aber die Steuereinheit ist gesperrt.“
„Starte das System und trenne die Steuereinheit ab. Ich bin in dreißig Sekunden bei euch und werde die Steuerung übernehmen.“
„Bitte?“
„Tu es einfach, verdammt!“
Derek tat wie ihm geheißen. Er hörte im Kommunikator das Zischen des Lasers. Dann schnelle Schritte. Auf der Nottreppe!
„Tedeya! Nein!!“
„ Mr. Smith betrat den Raum, in dem Yolane am Kristall herumwerkelte. Sie schien es geschafft zu haben, eine stabile technische Datenverbindung zu installieren, allerdings fanden die Daten, die sie bekam, nicht den Weg zu einer Erkenntnis, ihrem Gesichtsausdruck nach. Trotzdem, Mr. Smith war erstaunt und beunruhigt, was sie in der kurzen Zeit bereits geschafft hatte. „Das ist eine Jove Konfiguration!“ Mr. Smith hatte plötzlich eine Waffe in der Hand, die auf Yolane zeigte. „Wo haben Sie das her?“ Yolane fixierte Mr. Smith, als ob er ein aufgespießtes Insekt wäre. „Als ich vor zwanzig Jahren ein Bild auf dem Klo aufhängte, bin ich ausgerutscht und mit dem Kopf an die Toilettenbrille geschlagen. Als ich wieder aufwachte, hatte ich ein klares Bild vor mir -“ „Sie wollen mich auf den Arm nehmen!“ „Natürlich. Glauben Sie im Ernst, dass die Jove die einzige Rasse sind, die Geistesblitze hat?“ „Sie weichen meiner Frage aus.“ „Blödsinn! Ich experimentiere schon lange mit verschiedenen Techniken, um meine Schiffsinstallationen zu verbessern, zum Beispiel daran, Implantate auch außerhalb des Kopfes zu betreiben. Für mich ist das naheliegend, die Teile sind genügsam und sehr leistungsfähig, außerdem recht billig, zumindest die Standard. Langer Rede kurzer Sinn: Irgendwann erschien mir diese Konfiguration als die richtige. Und sie hat funktioniert. Wenn Sie mich fragen warum: Ich weiß es nicht. Dafür fehlt mir die Ausbildung. Ich nahm Werkzeug, welches legal zu kaufen ist, und habe es nach meinen Vorstellungen zusammengesetzt. Hätte ich damals gewusst, welches Potential der Kristall hat, hätte ich ihn bestimmt näher untersucht.“ Sie seufzte. „So war es eine Möglichkeit, mit meinem Geliebten in Kontakt zu bleiben, wenn auch -“, sie stockte, “- nur auf der Gefühlsebene. Nur aus Ihrer Sicht, nicht aus meiner.“ Mr. Smith steckte die Waffe wieder ein. „Ich muss dazu einen Bericht schreiben. Irgendwann. Bis dahin werde ich versuchen zu vergessen, wer meine Auftraggeber sind.“ Yolane nickte, und ihre Augen blitzten. „Dann können Sie mir in der Zwischenzeit vielleicht zur Hand gehen oder mich führen? Im Moment muss ich mich aufs Raten und weibliche Intuition verlassen, ich hätte gern etwas mehr. Dann ginge es auch schneller.“ Mr. Smith sah für einen Moment aus, als ob er Yolane doch erschießen wollte. Dann gab er nach. „Sie haben Recht. Wir müssen hier alle geben, was wir geben können.“ Er beugte sich über die Geräteskizze, die Yolane angefertigt hatte. „An dieser Stelle müssen Sie noch eine Datenleitung aktivieren, und dort benötigt es eine Hochfrequenz-Energieversorgung. Ein Shuttlemodul sollte reichen. Das wird Ihnen einen Tag Fehlersuche sparen, und gut genug funktionieren, um alleine weiterzukommen.“ Yolane starrte ihn an. „Mr. Smith -“ „Ich habe das nicht gesagt. Und ich war auch nicht hier. Vergessen Sie das nicht, wenn sie jeden Menschen auf dieser Station retten wollen.“ „Welche Station?“ „Ich bewundere Ihre Konzentration, Yolane. Wir haben in der Zwischenzeit an einem Außenposten angedockt, der ziemlich abgelegen ist. Solange hier niemand aktiv funkt, werden wir kaum aufzuspüren sein. Die schlechte Nachricht ist, dass Sie sehr bald zeigen müssen, ob der Kristall Ryek wieder zurück in seinen Klon transferieren kann. Wie sieht es da aus?“ Yolane schloss die Augen. „Kann ich weiter auf Ihre Hilfe rechnen, Mr. Smith?“ „Ja, solange es meinen Zielen dient.“ „Fair enough. Die Sache ist wie folgt. Ich bekomme das Ding in einem Tag zusammengebaut. Es benötigt aber eine komplette Bedienungsmannschaft, und ein Sicherheitssystem.“ „Sicherheitssystem?“ „Sicherheitssystem. Sie, Mr. Smith. Ich habe den Verdacht, dass der Kristall Energien freisetzen kann, die, sagen wir es einmal so, über das hinausgehen, was man von einem Objekt dieser Größe erwarten würde. Im Notfall müssen Sie genau das verhindern, indem Sie die Bedienungsmannschaft neutralisieren.“ „Sie meinen töten?“ „Wenn das die einzige Option ist, ja.“ „Gut. Weiter.“ „Der andere Teil ist komplex, aber zu schaffen. Ich kann die Technik bedienen, Nama den Teil mit der 'Meta-Technik', und Ted wird dann den aktiven Part bei der Reanimation übernehmen müssen.“ „Ich verstehe nicht.“ Yolane grinste Mr. Smith unverschämt an. „Natürlich verstehen Sie! Es ist gefährlich und verboten. Eindringen in das Bewusstsein eines anderen Menschen, wobei wir hier aber zuerst nur die leere Hülle haben werden.“ „Dazu brauchen Sie einen erfahrenen Neuralmanipulator.“ „Oder?“ „Ich verstehe. Tedeya hat einschlägige Erfahrungen. Und von ihren Implantaten her könnte sie das leisten.“ „Ich hoffe darauf, dass beim Transfer noch etwas bei ihr gespeichert wurde, was uns hilft.“ „Es ist trotzdem sehr gefährlich. Wir wissen nicht, wie der Kristall reagiert, und ob er das unterstützt. Sie könnten alle den Verstand dabei verlieren.“ „Naja, Sie wissen dann zumindest, wo er sich befindet.“ Yolane deutete auf den Kristall. „Haben Sie mit Nama und Tedeya gesprochen?“ „Ja. Sie sind dabei.“ „In Ordnung. Ich treffe noch einige Vorbereitungen, dann werden wir morgen Abend beginnen. Schritt für Schritt. Und Yolane?“ „Ja?“ „Ich werde mir Ihre DNA bei Gelegenheit sehr genau ansehen. Das was Sie hier leisten, ist außergewöhnlich.“ „Für eine Frau?“ „Nein. Für einen Nicht-Jove.“ Er drehte sich um und verließ den Raum. * * * „Und? Wird es funktionieren?“ fragte Tedeya. Yolane machte einen verwirrten Eindruck. „Was? Ja, ich denke schon.“ „Ist etwas? Du siehst aus als ob Du einen Geist getroffen hättest“, fragte Nama. „Einen Geist? Klar, habe ich. Mehrere.“ Yolane zuckte mit den Schultern. „Was solls. Wir machen zuerst einen Scan des Klons, um zu sehen was wir finden. Das Verfahren beruht zur Hälfte auf Technik, und zur Hälfte auf Dingen, die wir nicht messen können.“ „Ich glaube nur was ich messen kann“, sagte Tedeya mit Überzeugung. „Wer misst misst Mist“, war Yolanes Antwort. „Kannst Du Dich bitte auf den Tisch stellen, Tedeya?“ fragte Nama in unschuldigem Ton. Tedeya stand auf, stieg auf den Stuhl und dann auf den Tisch. Dann sah sie Nama verwundert an. „Ich - was - Du!“ Es sah aus, als ob sie sich im nächsten Moment auf Nama stürzen wollte. „Und jetzt sag mir was Du gemessen hast“, konterte Nama. Tedeya hielt mitten in der Bewegung an. Dann stieg sie vorsichtig wieder vom Tisch herunter und setzte sich. „Deine Imps haben - vielleicht - eine Änderung Deines Hormonhaushaltes festgestellt. Aber bestimmt nicht, was diesen ausgelöst hat“, erläuterte Nama. „Das Artefakt kann diese - Schwingungen - sowohl speichern als auch erzeugen. Deshalb funktioniert ein Klontransfer damit viel besser als mit uns bekannter Technik. Um diesen Teil zu steuern, muss man meine Fähigkeiten haben. Aber ohne Dein Interface käme man nicht in den anderen Klon.“ Sie schauderte. „Wir können nur hoffen, dass wir den Leuten, die das gebaut haben, niemals begegnen werden.“ „Ja“, stimmte Tedeya zu. „Irgendwie erinnert mich das an die Jove, an Mr. Smith“, merkte Nama an. „Nur viel stärker. Pre-Jove? Hat Mr. Smith sich dazu geäußert?“ „Er sagte, es sei für uns alle eine sehr gute Idee, diesen Gedankengang nicht weiter zu verfolgen“, beendete Yolane die Diskussion, und ignorierte die fragenden Mienen der beiden anderen. „Können wir? Ich beschreibe euch jetzt das Verfahren.“ Sie holte tief Luft. „Erstens: Ich steuere die Stabilität des Systems aus dem Nebenraum. Zweitens: Tedeya geht über das Neuralinterface in das System, und in Ryeks Klon. Und bricht sofort ab, wenn sie etwas Ungewöhnliches feststellt. Mit sofort meine ich: automatisch. Konfiguriere Deine Imps bitte daraufhin.“ Tedeya nickte. „Nama: Ich nehme an, das der Kristall ein Feld erzeugen wird, das sich mit Deinen Gehirnwellenmustern synchronisieren lässt.“ „Aye.“ „Wie ihr dann Kontakt miteinander aufnehmt und haltet: Keine Ahnung. Wenn ihr keinen Kontakt bekommt: Sofort abbrechen!“ „Warum?“ fragte Nama. „Weil ihr euch sonst innerhalb des Kristalls wiederfinden werdet. Zumindest euer Bewusstsein. Und dann haben wir leider niemanden mehr der einen Transfer steuern könnte.“ Sie nickte, als sie ihren Schrecken sah. „Ich hoffe genug aufzeichnen zu können, um bestimmte Funktionen auch technisch abbilden zu können. Aber im Moment -“, sie ließ den Satz offen. „Im Moment sollten wir einen Schritt nach dem anderen machen“, wiederholte Nama. „Wenn alles stabil bleibt, dann versuchen wir, Tedeya als Sonde zu verwenden. Bei Ryek“, fuhr Yolane fort. Sie wurde rot. „Es ist wie Cybersex. Nur das der Kunde nicht zu Hause ist. Verdammt! Was tun wir hier eigentlich?“ „Ich glaube, so ist es angenehmer. Meiner Erfahrung nach“, wandte Tedeya ein. „Es wird darauf hinauslaufen, dass das System einen 'leeren' Ryek im Klon anlegen wird, einen Datensatz ohne Verbindung zu den eingeschlossenen Informationen. Ich werde es so gut es geht visualisieren, Du wirst also den Eindruck haben, etwas zu sehen, Tedeya. Und innerhalb bestimmter Grenzen kannst Du dann die Umgebung steuern.“ „Fangen wir an, bevor ich Angst bekomme“, meinte Tedeya. Nama und Tedeya legten sich auf die vorbereiteten Liegen, Mr. Smith und Yolane brachten die Kontakte an und überprüften den Aufbau des Gerätes. „Wir gehen langsam vor“, mahnte Yolane. „Und erst dann entscheiden wir, ob wir in der Lage sind, ihm zu helfen. Noch zwei Hirntote mehr bringen uns nicht weiter.“ *** „Ich gehe rein.“ Die Umgebung verschwand vor Tedeyas Augen, um gegen einen rein weißen Raum getauscht zu werden. „Ted? Hörst Du mich?“ „Als ob Du in mir wärst Nama.“ Sie spürte einen stechenden Schmerz am ganzen Körper. „Noch so ein Scherz, und ich sprenge Dir den Schädel“, sagte Nama im Gesprächston. „Ja, verstanden. Entschuldige.“ „Was siehst Du?“ „Nicht viel. Alles ist weiß. Die Wände scheinen transparent zu sein. Und kommen auf mich zu. Rechts und links sehe ich zwei Schemen. Wahrscheinlich männlich. Ryek? Aber wer ist dann der andere?“ Tedeyas körperlose Manifestation berührte die beiden Wände. Sie wurde sanft auf die eine Seite gezogen, dann auf die andere. Schemenhafte Erinnerungen durchfluteten Sie. Ein Slaverhund, Zahlen, der Einschlag einer Rakete in einem Shuttle, ein Getränkeautomat. Irgendwie passten die Erinnerungen nicht überall zusammen. Sie wurde hin und her geworfen. Dann wurde es schwarz. *** „Tedeya?“ „Hmmm?“ „Tedeya!“ Sie schlug die Augen auf. „Was denn?“ Mr. Smith hielt ihr ein unbekanntes Gerät an den Kopf, dann nickte er. „Das war knapp.“ „Wovon reden Sie?“ „Sie wären Ryek beinahe in sein Grab gefolgt.“ Tedeya schauderte. „Wie das?“ „Sie haben versucht, an zwei Orten gleichzeitig zu sein. Und keiner dieser Orte war Ihre Position. Offensichtlich ist die Struktur des Patienten, nun ja, vielschichtig.“ „Ich dachte, ich komme besser zurecht, wenn ich mehr erfahre. Aber die Erinnerungsstücke passten nicht zusammen.“ „Ich glaube, Du hast den Auftrag nicht richtig verstanden, Ted.“ „Wieso Yolane?“ „Wir versuchen, ihn wiederherzustellen, nicht eine weitere Kopie seines Bewusstseins zu ziehen.“ „Ich dachte, es geht umso besser, je mehr Details ich habe.“ „Das ist der falsche Weg“, sagte Mr. Smith. „Sie müssen im leeren Klon ein Abbild erschaffen. Mit den Daten der letzten Übertragung, und mit den Resten aus Ihrem Kopf. Tedeya, dieses Abbild wird tot sein. Der nächste Schritt ist es, das Abbild dem eingeschlossenen Verstand wie einen Spiegel erscheinen zu lassen. Der eingeschlossene Verstand muss zweifeln, was das Spiegelbild ist. Er muss, von sich aus, versuchen herauszubekommen, was das Abbild ist, welches sich in der Realität befindet. Realität bedeutet hier: Aktuellere Daten, Sinneseindrücke. Sie müssen geben, Tedeya, nicht nehmen.“ Tedeya war nicht überzeugt. Nama schaltete sich ein. „Lass uns eine kurze Pause machen, Ted. Yolane, kannst Du in der Zwischenzeit mit Mr. Smith noch einmal die Technik checken?“ Yolane nickte verstehend. „Gerne. Mr. Smith, laufen Sie jetzt nicht weg, das ist Ihre Show.“ *** „Wir werden alle wahnsinnig werden und sterben. Alle drei. Wenn Du versuchst, Details zu erfahren.“ Nama rang mit der Fassung. „Das eben war - fast - eine Geistesverschmelzung. Eine Summenbildung. Viel mehr Vergewaltigung geht nicht. Ich frage mich langsam, zu welchem Zweck dieses Ding hier tatsächlich gemacht wurde. Aber im Moment ist nicht die Zeit für Fragen. Wir können es nutzen, rudimentär.“ Sie hob die Stimme. „Tedeya!“ Tedeya fuhr zusammen. „Rudimentär! Die Leute die das hier gebaut haben sind im Gehirn anderer Menschen spazieren gegangen wie in einem Einkaufszentrum! Mit dem Ding hier als Einkaufstasche! Und dass es nicht nur empfangen, sondern auch senden kann, das wissen wir schon lange, sonst wären wir heute nicht hier!“ Sie beruhigte sich etwas. „Unser Wissen, unsere Gedanken, unsere Gefühle sind in diesem Kristall Daten in einer Metadatenbank. Wenn wir nicht verdammt aufpassen, werden sie nur noch dort sein.“ Tedeya sah Nama mitfühlend an. Sie nahm ihre Hände. „Jetzt verstehe ich. Du bist genauso ein Freak wie ich.“ Nama nickte. „Ja. Natürlich. Alle Menschen sind das. Aber wir beide sind ausgebildete Freaks.“ Sie lachte hart. „Ted, kriegst Du das hin? Ich muss den Kristall moderieren, und kann Dir nicht helfen bei Deiner Arbeit. Wenn Du die Synapsen da drin nicht allein reppen kannst müssen wir aufgeben, sonst gehen wir dabei drauf.“ Tedeya atmete tief ein und aus. „Wir versuchen es noch einmal.“ „Bleib an der Oberfläche, Ted. Das reicht. Stelle eine virtuelle Struktur auf, mit der sich das eingeschlossene Bewusstsein verbinden kann; es muss ein Loch von innen in die Wand schlagen, und braucht dann etwas um sich daran festzuhalten. Sonst geht es verloren. Anders gesagt: Die Person stirbt dann.“ Tedeya zuckte zurück. Nama lächelte hintersinnig. „Es wird schon schiefgehen. Kannst Du singen?“ „WAS?“ „Ob Du singen kannst. Immerhin bist Du die Tochter einer künstlerischen Mutter.“ Tedeya grinste schief. „Ja. Ein wenig. Darin bin ich aber nicht so gut wie bei den Martial Arts.“ „Kannst Du allein in einem Raum singen? So das jemand Dich durch eine dünne Wand hören könnte? Etwas Bewegendes? Dieser blöde Kristall benötigt Emotionen als Katalysator. Emotionen der Person dessen Daten bearbeitet werden sollen. Wenn Du eine Vorstellung von Musik erzeugen kannst, egal ob allein oder mit Orchester, dann würde es die Chancen auf Erfolg deutlich steigern. Du musst nicht wirklich -“ Sie lachte. „Verdammt, es ist doch sowieso alles nur virtuell. Also: -“ Tedeya unterbrach sie. „Ich weiß. Ich habe schon einiges, angeblich nur virtuell, gemacht, was Du sicher nicht wissen willst.“ „Umso besser. Also?“ „Na gut.“ Selbstbewusst. “Ja, das bekomme ich hin.“ Nama sah Tedeya nachdenklich an. „Gut. Dann lasse es uns noch einmal versuchen. Wir kennen das Risiko, und wir meinen, der Typ da drin ist es wert. Yolane hat den Apparat zusammengebaut, und wir können ihn bedienen. Weil wir ausgebildete Freaks sind. Und, by the way: Pass auf das Du dich nicht verliebst. Dieser virtuelle Kontakt ist, und Du sagtest ja schon dass Du das kennst, sehr nah an der Realität.“ Tedeya sah Nama ungläubig an. „Darf ich Dich daran erinnern, dass dieser Ryek mich bei unserer ersten Begegnung um ein Haar getötet hätte? Dass er uns alle wie Schachfiguren einsetzt, wie es ihm gerade passt? Und wir beide, seine Opfer, halten es für eine gute Idee, ihn nicht einfach hirntot da liegen zu lassen. Romantische Gefühle stelle ich mir anders vor!“ „Du machst Dir etwas vor Ted. Du bist so, wie Du bist weil Du es so wolltest. Keiner hat Dich je gezwungen, Deinen Kopf mit Nanotechnik vollzustopfen. Und das ist auch nicht sehr romantisch.“ „Und wenn schon!“ Sie warf ihren Kopf zurück. „Hey, er könnte, seinem Klon-Alter nach, mein Vater sein!“ Nama schluckte das 'na und?' herunter, und lenkte ein. „Ich wollte eigentlich nur sagen, dass Du auf Dich aufpassen sollst. Und auf mich. Und auf Yolane. Technisch gesehen werde ich das Fundament sein, auf dem Du arbeitest. Bau. Also. Keine. Scheiße!“ Tedeya brauchte ein paar Sekunden, um das Konzept in ihre Implantate zu übertragen und zu akzeptieren. „Aye. Jetzt habe ich es kapiert, glaube ich. Lass uns anfangen, bevor ich es mir anders überlege.“ Nama reichte Tedeya beide Hände, und sie hielten sich eine Weile fest. Dann nickten sie sich zu. Nama seufzte. „Falls es Dir hilft, Tedeya: Ich habe mich auch schon häufig gefragt, ob ich überhaupt noch ein Mensch bin. Die Antwort ist simpel: Es ist meine Entscheidung.“ *** „Fertig?“ „Fertig.“ Wieder war es der weiße Raum. Aber diesmal hielt Tedeya die Wände auf Abstand. Yolane stellte die Verbindung zur Klonapparatur her. Im Inneren des Raumes entstand eine Struktur, entfernt menschlich, entfernt männlich. „Hey, wollt ihr mich veralbern?“ „Was meinst Du, Tedeya?“, fragte Yolane. „Dass meine Anatomiekenntnisse deutlich über die einer Fünfjährigen hinausgehen! Mutter, bitte! Wir sind hier alle erwachsen!“ Im Hintergrund kicherte Nama. „Zum Glück könnt ihr nur die Gedanken lesen, die ich an euch richte! Hoffentlich!“ Das Bild wurde plastisch und lebensecht, Tedeya steuerte die Datenreste bei, die sie gespeichert hatte. „War doch gar nicht so schwer bisher.“ Sie ging um das Abbild herum. „Sieht gut aus. Ich meine, vollständig. Ihr könnt ihn jetzt anziehen.“ Sie sah an sich herunter. „Und mich auch, wenn ihr gerade dabei seid.“ „Es gab keine Reaktion? Er muss tot sein“, lästerte Nama. „Zumindest woanders. Wie fest ist das Abbild hier verankert? Und wie gut reagiert es auf Reize?“ „Schwer zu sagen.“ Yolane sah einige Daten durch. „Von der Konsistenz her vergleichbar mit einem realen Menschen. Er wird aber nicht umfallen, da ich ihn auf dem Grid fixiert -“ „ - habe. Musste das sein Ted?“ „Ich hätte ihn auch woanders hin treten können.“ „Denk bitte daran, dass er alle Verletzungen spüren wird, wenn wir Erfolg haben.“ „Ja, weiß ich. Entschuldigung.“ Es klang nicht sehr geknickt. „Macht das unter euch aus, im richtigen Leben. Wenn Du Dich das traust.“ „Hey! Was soll der Scheiß! Für das was ich hier für Volk und Vaterland mache habe ich mal eine Menge ISK bekommen! Und meine Gegenüber waren deutlich beweglicher! Und haben nie versucht, mich umzubringen!“ Tedeya wurde richtig wütend. Nama versuchte, sie zu beruhigen. „Ted, mach langsam. Ich kann den Datenstrom kaum noch kontrollieren, und der Kristall saugt das alles wie ein Schwamm auf!“ „Ok. Dann eben auf die zarte Tour. Mit viel Kontrast. Habt ihr eine Idee was wir nehmen können? „Tedeya? Ich kann Dir gerade nicht folgen.“ „Mam? Hoher Kontrast gleich Schwarzweiß, wie die uralten Filme. Gibt es in der Stationsdatenbank irgendwas richtig kitschiges, mindestens zwanzigtausend Jahre alt. Bar mit Musik zum Beispiel?“ Yolane sah sich in der Datenbank um. Tedeya hörte sie röcheln, als ob sie neben ihr stände. „Argh! Nein! Ted, bist Du sicher, dass Du das willst?“ „Wird es helfen? Mr. Smith?“ Yolane sah zu Mr. Smith hinüber und zeigte ihm auf dem Monitor, was sie ausgegraben hatte. Mr. Smith räusperte sich, seine Mundwinkel zuckten. „Wenn das nicht hilft, dann hilft gar nichts.“ „Allerdings musst Du die Szene anders enden lassen als im Original, Tedeya. Happy End mit allem Drum und Dran, aber eine jugendfreie Version. Bitte.“ „Wieso denn das? Und wovon sprichst Du überhaupt?“ „Ted, die Antwort auf Deine erste Frage ist, das Deine Hormone im realen Körper das was Du in der Matrix tust reflektieren. Überlege also sehr genau, was Du tust und was Du willst. Und die Antwort auf die zweite Frage ist, dass ich die Szene jetzt herunterlade, sie ist in Schwarzweiß. Du wirst den Text gleich können. Eigentlich bist DKapitel 5 - Gabriels Feuer