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Der Pinguin und die Vögel - Der Traum vom Fliegen

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"Der Pinguin und die Vögel - Der Traum vom Fliegen"
Veröffentlicht am 10. März 2012, 12 Seiten
Kategorie Sonstiges
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Über den Autor:

Ich ...bin Österreicherin ...studiere Archäologie, Germanistik und Geschichte ...vertrage Kritik, solange sie begründet und ehrlich ist ...lese quer durch viele Genres ...glaube anders als Max Frisch und ähnlich wie Bert Brecht dass Literatur sehr wohl (wenn auch nur in geringem Maße) dazu beitragen kann, gesellschaftiche Veränderungen zu erwirken
Der Pinguin und die Vögel - Der Traum vom Fliegen

Der Pinguin und die Vögel - Der Traum vom Fliegen

Beschreibung

Eine Fabel Vorgegebene Wörter: Zylinder, Kaffeebohne, Hosenträger, Zapfenstreich, Wache, Kartoffel, Korb, Heimat, Kopfkissen, Spiegelbild

Der Traum vom Fliegen

Ein Pinguin zog einst aus, um das Fliegen zu erlernen.

Schweren Herzens verließ er seine HEIMAT um jene aufzusuchen, die ihm beibringen konnten, wie er seine Flügel zu benutzen hatte.

Lange Zeit reiste er ziellos durchs Land bis er endlich auf drei Spatzen traf, die in der Luft Kunststücke aufführten, Kreise zogen, Purzelbäume schlugen und dies alles so unbeschwert, dass der Pinguin ihnen voller Bewunderung eine Weile zusah.

„Die können mir helfen“, sagte er zu sich, fasste sich ein Herz und sprach einen der drei zaghaft an: „Seid gegrüßt, ihr Luftakrobaten. Dürfte ich euch eine Frage stellen?“

„Frag doch, frag“, forderten sie ihn auf.

„Könnt ihr mir beibringen, meine Flügel so zu benutzen wie ihr es tut?“

Die Spatzen ließen sich auf einem Ast nieder und betrachteten den Fremdling von allen Seiten. „Fliegen willst du?“, fragte der eine.

„Deinen unförmigen Körper in die Lüfte erheben?“, fragte der zweite.

„Was gibst du uns für unsere Hilfe?“, fragte der dritte.

Der Pinguin überlegte einen Moment, doch ihm wollte nichts einfallen, das er ihnen überlassen könnte.

„Ach was“, sagte da einer der Spatzen. „Einem Freund zu helfen sollte nichts kosten.“

„Na gut“, stimmte ein anderer zu. „Allerdings benötigst du zwei Dinge, wenn du wirklich fliegen willst.“

„Ja, genau“, meinte der dritte. „Du brauchst einen ZYLINDER und HOSENTRÄGER. Und du hast Glück, denn zufälligerweise wissen wir, wo du diese Gegenstände finden kannst.“

Und so führten ihn die drei Vögel zu einer Vogelscheuche, die verloren inmitten eines kahlen Kornfeldes stand.

„Und jetzt?“, fragte der Pinguin, nachdem er ihren Anweisungen gefolgt war, den Hut aufgesetzt und die Hosenträger um seinen Bauch gebunden hatte, sodass sie, wenn er sich bewegte hinter ihm her schleiften.

„Jetzt erklimmst du diesen Hügel“, wies ihn einer der drei an und zeigte mit dem Flügel auf einen nahe Erhebung in der Landschaft. „Dort oben nimmst du dann Anlauf und springst einfach in die Luft. Du wirst sehen, es wird funktionieren.“

„Vielen Dank, ihr Vögel“, rief der Pinguin den Spatzen noch fröhlich zu, bevor er sich auf den Weg machte, um endlich seinen Traum in Erfüllung gehen zu sehen.

Kaum auf dem Hügel angekommen, rannte er so schnell es ihm seine Füße erlaubten und wie es ihm geraten worden war, stieß er sich im letzten Moment vom Boden ab und streckte die Flügel aus. Die Hosenträger flatterten im Wind.

Ein wunderbares Gefühl machte sich in ihm breit.

Plötzlich jedoch merkte er, dass er wieder nach unten fiel. Sogleich landete er unsanft auf der Erde und rollte den kleinen Hügel hinab.

Kaum dass er zum Stillstand gekommen war, da hörte er schon das Gelächter der Spatzen, die ihm gefolgt waren und seinen Sturzflug beobachtet hatten.

„Da glaubte er doch tatsächlich, er könne fliegen“, höhnten sie im Chor.

Heiße Tränen liefen dem Pinguin übers Gesicht als er sich schwerfällig wieder aufrichtete. „Du wirst dich nie in die Lüfte erheben“, schimpfte einer und warf eine Kaffebohne nach dem Unglücklichen. Mit einem letzten gemeinen Lachen entfernten sich die drei und riefen im Wegfliegen: „Versuch es doch einmal beim Adler. Der würde sich sicher über deinen Besuch freuen. Du solltest dich aber beeilen. Bis zum ZAPFENSTREICH ist es nicht mehr lange und nach Einbruch der Nacht lassen die WACHEn keinen mehr vorbei. Und bring eine KARTOFFEL mit.“

Dies waren die letzten Worte, die er vernahm.

„Der Adler“, murmelte er vor sich her, während er sich die Tränen aus den Augen wischte. „Nennt man ihn nicht König der Lüfte? Vielleicht haben die Spatzen Recht, auch wenn sie mich so böse behandelt haben. Der Adler könnte mir helfen.“

 

So machte sich der Pinguin also auf zum Horst des Adlers und erreichte diesen gerade noch vor Einbruch der Dämmerung, sodass die Falken, die den König bewachten, ihn ohne große Probleme passieren ließen.

„Sei gegrüßt, Herr der Lüfte“, begrüßte er den majestätischen Vogel, dessen Gefieder in den letzten Strahlen der Sonne glänzte. „Ich komme zu dir, um dich um einen großen Gefallen zu bitten.“

Da der Adler schwieg, fuhr der Pinguin ehrfürchtig fort: „Ich weiß, ich bitte um viel, aber es ist mein größter Traum, zu fliegen, wie du, wenn ich dich auch nie an Anmut übertreffen werde.“

„Du willst fliegen?“, bohrte der König nach und brach im nächsten Moment in dröhnendes Gelächter aus. „Du? Hast du dich schon einmal selbst betrachtet? Du kannst nicht fliegen, wirst es auch nie lernen. Dazu muss man geboren sein. Nur Auserwählte können den Himmel erobern. Scher dich fort, Fremder! So einen wie dich brauchen wir hier nicht. Fliegen! Dass du es überhaupt wagst auch nur über so etwas nachzudenken.“

 

Niedergeschlagen verließ der Pinguin den Adler und ließ sich auf einem Stein nahe dem Ufer eines kleinen Sees nieder. Sollte sein Traum tatsächlich auf diese Weise enden? War es denn wirklich so töricht gewesen, daran zu glauben?

Erneut liefen ihm Tränen über das Gesicht.

Traurig betrachtete er sein SPIEGELBILD auf der Wasseroberfläche. Auch der Mond war darin zu sehen.

In der Ferne glitt ein KORB über den See in dem ein großes rotes KOPFKISSEN lag.

Erst ein jammernder Laut riss ihn aus seiner Trauer. Da rief jemand um Hilfe. Der Pinguin stand auf und trat näher an den See heran. Dann sah er es. Ganz nahe an dem Korb spritzte Wasser in die Höhe. Ein kleines Tier versuchte verzweifelt sich oben zu halten.

Ohne zu überlegen sprang der Pinguin ins Wasser. Mit wenigen Schwimmbewegungen hatte er den Ertrinkenden, einen Kater, erreicht und zog ihn umgehend an Land. Dort angekommen, schüttelte sich der andere mehrmals, stellte die Rückenhaare auf und stieß ein zorniges Knurren aus.

Schließlich wandte er sich dem Pinguin zu, der besorgt das Tun des Katers beobachtete. „Ich danke dir, Freund. Du hast mir das Leben gerettet.“

„Das hätte jeder getan“, gab dieser zurück.

„Wieso schaust du so betrübt?“, fragte der Kater, während er sich das Fell trocken leckte.

„Ach, Kater“, seufzte der Pinguin. „Ich habe erfahren, dass das, was ich mir im Leben am sehnlichsten wünschte für mich immer unerreichbar sein wird. Nie werde ich mich in die Lüfte erheben können, nie werde ich die Welt von oben sehen.“

„Du willst fliegen?“, fragte der soeben Gerettete ungläubig und als er die Sehnsucht in den Augen seines Gegenübers sah, das verträumt zum Mond aufblickte, fügte er hinzu: „Wieso willst du denn fliegen, wenn du ein solch grandioser Schwimmer bist?“

Verwirrt senkte der Pinguin seinen Blick und der andere fuhr fort: „Ich habe noch keinen Vogel gesehen, der jemandem das Leben gerettet hätte. Wie sollte er auch. Bisher ist noch niemand vom Boden in den Himmel gefallen. Du aber bist in der Lage dich sowohl an Land als auch im Wasser zu bewegen. Meinst du nicht, dass das zumindest gleich viel wert ist, wie das Fliegen?“

„Meinst du?“ Der Pinguin klang nicht überzeugt.

„Aber natürlich“, bekräftigte der Kater. „Du solltest es so sehen: Wenn du das, was du unbedingt können willst auf gar keinen Fall erreichen kannst, so solltest du einfach das wollen, was du bereits kannst. Im Grunde ist dein Traum schon lange in Erfüllung gegangen. Du bist zwar kein Segler der Lüfte, dafür aber ein Flieger des Wassers. Wer dich schwimmen sieht, kann nicht bestreiten, dass du bereits ein Flieger bist.“

Der Pinguin überlegte einen Moment und betrachtete den Kater nachdenklich. „Denkst du tatsächlich so?“

Bestimmt nickte die Samtpfote und meinte:

 

„Nur weil wir zu etwas nicht geboren sind, heißt das noch lange nicht, dass wir es nicht versuchen können. Manchmal gelingt es uns aber auf andere Weise, als wir es erwartet haben.“



© Fianna 10/03/2012



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Fianna
Ich
...bin Österreicherin
...studiere Archäologie, Germanistik und Geschichte
...vertrage Kritik, solange sie begründet und ehrlich ist
...lese quer durch viele Genres
...glaube anders als Max Frisch und ähnlich wie Bert Brecht dass Literatur sehr wohl (wenn auch nur in geringem Maße) dazu beitragen kann, gesellschaftiche Veränderungen zu erwirken


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Fianna Re: -
Zitat: (Original von Oskar am 04.07.2012 - 21:33 Uhr) Was soll ich loben was nicht zuvor schon gelobt wurde? Dier ist ein wunderbare und anrührende Fabel gelungen die beim lesen einfach großen Spaß macht und die Moral gut rüberbringt.Toll!

Liebe Grüße

Oskar


Danke dir, für's Lesen!!!
Freut mich, dass meine Pinguinfabel dir gefällt.

Liebe Grüße
Fianna
Vor langer Zeit - Antworten
Fianna Re: -
Zitat: (Original von HollywoodAkuma am 04.07.2012 - 18:20 Uhr) Eine wirklich schön zu lesende Fabel hast du dir da ausgedacht und darüber hinaus noch die angegebenen Wörter klug einegsetzt ;)
Besonders der schöne Schreibstil sticht heraus :)
Gerne wieder! ;)

Liebe Grüße
HollywoodAkuma


Dankesehr!
Das ist ja fast schon zu viel des Lobs :-)
Freut mich, dass sie dir so gut gefällt.

Liebe Grüße
Fianna
Vor langer Zeit - Antworten
Oskar Was soll ich loben was nicht zuvor schon gelobt wurde? Dier ist ein wunderbare und anrührende Fabel gelungen die beim lesen einfach großen Spaß macht und die Moral gut rüberbringt.Toll!

Liebe Grüße

Oskar
Vor langer Zeit - Antworten
HollywoodAkuma Eine wirklich schön zu lesende Fabel hast du dir da ausgedacht und darüber hinaus noch die angegebenen Wörter klug einegsetzt ;)
Besonders der schöne Schreibstil sticht heraus :)
Gerne wieder! ;)

Liebe Grüße
HollywoodAkuma
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Brubeckfan Re: Re: Wirklich sehr schön! -
Zitat: (Original von Fianna am 04.07.2012 - 00:39 Uhr)
Zitat: (Original von Brubeckfan am 04.07.2012 - 00:35 Uhr) Schließe mich den lobenden Vorrednern vom März vorbehaltlos an.
(Äh, wozu war die Kartoffel gut beim Adler? Na ja.)

Verspäteten Glückwunsch, Fianna,

Gerd


Dankesehr!

Die Kartoffel musste irgendwie untergebracht werden und da haben sich die Spatzen dann eben noch einen kleinen Scherz erlaubt :-) Letztendlich hat der Pinguin sie dann ja auch nicht benötigt.

Liebe Grüße
Fianna

Danke. He, nu aber in die Falle, Kind...
Vor langer Zeit - Antworten
Fianna Re: Wirklich sehr schön! -
Zitat: (Original von Brubeckfan am 04.07.2012 - 00:35 Uhr) Schließe mich den lobenden Vorrednern vom März vorbehaltlos an.
(Äh, wozu war die Kartoffel gut beim Adler? Na ja.)

Verspäteten Glückwunsch, Fianna,

Gerd


Dankesehr!

Die Kartoffel musste irgendwie untergebracht werden und da haben sich die Spatzen dann eben noch einen kleinen Scherz erlaubt :-) Letztendlich hat der Pinguin sie dann ja auch nicht benötigt.

Liebe Grüße
Fianna
Vor langer Zeit - Antworten
Brubeckfan Wirklich sehr schön! - Schließe mich den lobenden Vorrednern vom März vorbehaltlos an.
(Äh, wozu war die Kartoffel gut beim Adler? Na ja.)

Verspäteten Glückwunsch, Fianna,

Gerd
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Re: Re: Ah, hier hast du ... -
Zitat: (Original von Fianna am 13.03.2012 - 15:37 Uhr)
Zitat: (Original von PhanThomas am 11.03.2012 - 22:38 Uhr) ... die Moral sehr, sehr schön herausgearbeitet. Man sollte sich eben auf seine Stärken konzentrieren und sich nicht an seinen Schwächen festmachen lassen. Ja, wirklich eine tolle Fabel. :-) Gut, die zehn Begriffe hätte man meiner Meinung nach etwas besser unterbringen können, aber ehrlich gesagt wüsste ich selbst nicht, wie man das hier besonders elegant machen könnte, hihi, daher das nur am Rande. Und es war ja auch absolut nichts Unpassendes dabei. Tolle Geschichte jedenfalls.

Übrigens, zum Thema Vögel, die nicht fliegen können:
http://www.youtube.com/watch?v=sdUUx5FdySs
Vielleicht kennst du's ja noch nicht. ;-)

Liebe Grüße
Thomas


Ok, so wie der Kiwi aus dem Video hätte es mein Pinguin auch machen können :-) Vielleicht versucht er es ja noch irgendwann in ferner Zukunft.

Liebe Grüße
Fianna

Hm, das macht so'n Vogel aber nur einmal, ne? ;-) Übrigens hast du gewonnen. Also falls du's nicht ohnehin schon entdeckt haben solltest. Glückwunsch also! :-)
Vor langer Zeit - Antworten
Fianna Re: Ah, hier hast du ... -
Zitat: (Original von PhanThomas am 11.03.2012 - 22:38 Uhr) ... die Moral sehr, sehr schön herausgearbeitet. Man sollte sich eben auf seine Stärken konzentrieren und sich nicht an seinen Schwächen festmachen lassen. Ja, wirklich eine tolle Fabel. :-) Gut, die zehn Begriffe hätte man meiner Meinung nach etwas besser unterbringen können, aber ehrlich gesagt wüsste ich selbst nicht, wie man das hier besonders elegant machen könnte, hihi, daher das nur am Rande. Und es war ja auch absolut nichts Unpassendes dabei. Tolle Geschichte jedenfalls.

Übrigens, zum Thema Vögel, die nicht fliegen können:
http://www.youtube.com/watch?v=sdUUx5FdySs
Vielleicht kennst du's ja noch nicht. ;-)

Liebe Grüße
Thomas


Ok, so wie der Kiwi aus dem Video hätte es mein Pinguin auch machen können :-) Vielleicht versucht er es ja noch irgendwann in ferner Zukunft.

Liebe Grüße
Fianna
Vor langer Zeit - Antworten
Fianna Re: Hach, -
Zitat: (Original von Luzifer am 12.03.2012 - 19:51 Uhr) da könnte man ja wirklich ins Träumen geraten.
Die Verarbeitung der Begriffe ist hier wirklich ein kleines Manko, aber besser hätte man es auch nicht machen können.
Das ist wirklich eine klasse Geschichte.

Viele Grüße
Luzifer


Dankesehr!
Ja, die Begriffe hätte ich vielleicht wirklich besser einbauen können. Vielleicht überarbeite ich den Text ja irgendwann noch einmal.

Liebe Grüße
Fianna
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