Beschreibung
Ein Psychiater, der mit dem Tod seiner Frau kämpft, das beschreibt wohl am Treffendsten, was die 10 Begriffe des diesmaligen Storybattles meinen Hirnwindungen entlockten mit offenem Ende zum Spekulieren, bitte unterlasst nach dem Lesen dieser Geschichte mir einen Psychiater zu empfehlen, das hat keinen Sinn mehr... :-)
Herr Doktor, ich bin immer noch da!“, tönt mir voller Häme der Mann, welcher mir gegenüber sitzt ins Gesicht. „Ich weiß, will aber niemanden sehen“, schleudere ich ihm entgegen. „Ist es wegen Ihrer Frau? Die, die zu schnell durch die Kehre fuhr und gegen den Baum krachte? Sie ward gefunden, zerschmettert in den Überresten ihres Wagens, vollkommen zerbröselt! Wie ein hartes Brötchen mit einem Hammer! Vollkommen matsche!!“
„Raus mit ihm!“, schreie ich entsetzt. Die Wachmänner packen den dürren Körper. Die Wortmaschine rattert weiter, mir wird schlecht. Zum Glück schlagen die Männer sofort die massive Tür zu, ich bin allein im Gesprächsraum. Ich arbeite seit Jahren mit irren Menschen zusammen, jedoch hat mich noch niemals einer so sehr in Angst und Schrecken versetzt wie dieser. Er scheint mich zu kennen, ein Schatten aus den Untiefen meiner Vergangenheit, der mich jetzt quält, gerade jetzt, da mein Nervenkostüm jeden Augenblick, bei jedem falschen Ton zu reißen droht.
Ich will nur noch nach Hause. Die Dämmerung hat bereits eingesetzt. Ich fahre mit der Straßenbahn, das Auto nutze ich nicht mehr. Meine Frau ist in einem Auto verunglückt, diese Art der Fortbewegung wurde mit in diesem Moment zuwider.
Endlich daheim, hier gibt es nur mich, sonst nichts. Meine geliebte Anna wird diese Räume nie mehr erhellen, ich bin allein, nur meine Gedanken sind da noch, diese verdammten Gedanken! Lebendig steht sie plötzlich vor mir, blutverschmiert das Gesicht, die Knochen aus der weißen Haut hervortretend, traurige Augen blicken mich an. „Warum hast du mich fahren lassen?“, fragt sie vorwurfsvoll. „Was hätte ich den tun können?!“, schreie ich das Phantom an. „Du hättest mich nicht fahren lassen dürfen, wärst doch du gefahren, du warst immer der bessere Fahrer von uns beiden, warum hast du mich nicht zurückgehalten?“ „Anne, gottverdammt, woher sollte ich das denn wissen?!“, brüllte ich unter Tränen in Richtung des Teppichfußbodens. „Ich bin tot, du nicht, dabei wollten wir doch immer zusammen sein, wann folgst du endlich?“ Ich hielt mir die Hände vor die Ohren, doch die Stimme erschallte, wie ein Chor aus tausend Gräbern, in meinem Kopf. „Lass mich in Frieden! Ich will leben!“, spie ich wie Galle und rannte in die Küche, ein Glas Wasser trinken.
„Ich habe dir einen Rosinenkuchen gebacken, den magst du doch so gerne. Den haben wir früher gegessen, als wir noch zusammen waren, als ich noch lebte“, erklang es neben mir. Annas Phantom stand jetzt wieder neben mir, mit einem solchen Kuchen in den Händen, erschrocken warf ich das Glas, es zerschellte an der nächsten Wand, es war durch sie hindurch gegangen.
Mit letzter Kraft schleppte ich mich in das Wohnzimmer, öffnete die Minibar und kippte mir einen ordentlichen Schluck Whiskey pur hinter die Binde. Das süße Gift brach wie eine gewaltige Lawine über mich herein, lähmte meine Sinne, meinen Geist, meinen Verstand. Die bösen Bilder meiner toten Frau verschwanden, die graue Masse, die sich Gehirn schimpft war auf Standby.
Schwarz und weich wird die Versenkung, bald steigen aus ihr Bilder aus besseren Tagen herauf. Als ich damals mit meiner Frau die Reise nach Florida unternahm, wir mit einem gemieteten Seegelschiff hinausfuhren, es war eher eine winzige Nussschale mit notdürftig geflickten Segeln, aber das störte uns damals nicht, für uns war es die Gorch Fock. Und im seichten Wasser Seegurken und andere faszinierende Tiere beobachteten. Es waren leichtere, unbeschwerte Zeiten.
Alles war ein Abenteuer, selbst so niedrige Dinge wie das Hinaustragen des Mülls zur Mülltonne schien einen großen Mehrwert zu haben, solange man es für den Anderen tat, bei dem Gedanken musste ich unwillkürlich lachen.
„Du hast es verspielt, du hast es zerstört!“, rief die Stimme des Patienten mir schallend entgegen. „Du hattest alles, aber du hast es geopfert, deine eigene Bequemlichkeit hat es beendet und jetzt ist es deine Feigheit diesem Zustand ein Ende zu setzen, der es dir unmöglich macht einen besseren Ort aufzusuchen.“ „Ich will aber noch nicht scheiden!“ „Dann quäl dich weiter, denn du kannst es nicht, du wirst die Schatten jeden Tag erleben, du kannst uns nicht entfliehen, niemals, niemals!“
Nein, das stimmte nicht. Erneut nahm ich einen kräftigen Schluck des Whiskeys. Ich konnte das Spiel weiter treiben, so lange, bis nur noch glückliche Erinnerungen da waren, dann gibt es keine Schatten mehr…