Sonstiges
Die Angst vor Selbstständigkeit und Freiheit

0
"Freiheit ist nichts, wovor man sich fürchten sollte..."
Veröffentlicht am 24. Februar 2012, 18 Seiten
Kategorie Sonstiges
© Umschlag Bildmaterial: Eigenfotographie
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Ich ...bin Österreicherin ...studiere Archäologie, Germanistik und Geschichte ...vertrage Kritik, solange sie begründet und ehrlich ist ...lese quer durch viele Genres ...glaube anders als Max Frisch und ähnlich wie Bert Brecht dass Literatur sehr wohl (wenn auch nur in geringem Maße) dazu beitragen kann, gesellschaftiche Veränderungen zu erwirken
Freiheit ist nichts, wovor man sich fürchten sollte...

Die Angst vor Selbstständigkeit und Freiheit

Einleitung

philosophisches Essay

Wirft man einen Blick auf die Geschichte der Menschheit, so begegnet man immer wieder Berichten über einzelne Menschen, Gruppen und sogar ganze Völker, die sich erhoben, um für ihre Freiheit zu kämpfen und für das Recht, selbst über ihr Leben bestimmen zu dürfen. Freiheitskämpfer wie Andreas Hofer, William Wallace und Vercingetorix beflügeln seit jeher die Fantasie der Menschen und rufen eine gewisse Bewunderung hervor. Sie werden als Helden gefeiert und man spricht voller Stolz über sie.

Die Begeisterung für den Freiheitsgedanken ist also durchaus bei uns allen vorhanden; allerdings nur,

solange es andere sind, die etwas dabei riskieren.

Sobald es nämlich darauf ankommt, sich selbst für das einzusetzen, woran man glaubt und eigene Entscheidungen zu treffen, schwindet der Enthusiasmus der meisten, was in gewisser Weise sogar verständlich ist.

Die Gattung Mensch ist nun einmal wie fast jedes Lebewesen in erster Linie auf ihr eigenes Wohl, ihre eigene Sicherheit, bedacht. Und was ist schon einfacher, als nichts zu tun, wenn ohnehin jedwede Art von Tätigkeit ihren Sinn verloren zu haben scheint? Schließlich hält die Zeit nicht an. Auch wenn man sich vollkommen aus dem Geschehen

heraushält, so dreht sich die Welt doch weiter, der Sommer weicht dem Herbst und sowohl Wissenschaft als auch Technik führen dazu, dass Konzerne immer wieder neuere, bessere und bedienungsfreundlichere Gerätschaften auf den Markt bringen können, die die Lebensqualität erhöhen und dabei, vom Konsumenten unbemerkt, die persönliche Entfaltung in den Hintergrund stellen. Somit reicht es doch vollkommen, auf die Umwelt zu regieren anstatt selbst etwas zu tun.

Auf diese Weise betrachtet, möchte man fast meinen, dass wir Sklaven unserer Umgebung sind, die gar nicht anders können, als stur den neuesten Trends zu

folgen, Stunden vor dem Fernseher zu verbringen und vor eigenen Entscheidungen zurück zu schrecken.

Letztere bringen schließlich nur all zu oft auch negative Auswirkungen mit sich. Lassen wir andere für uns denken, so gibt es immer jemanden, auf den wir die Schuld für unsere missliche Lage schieben können. Entscheiden wir aber selbst, so müssen wir uns mit eigenen Niederlagen abfinden und wer erfährt schon gerne, dass er nicht vollkommen ist?

Eine Eigenheit des Menschen ist es, in Krisenzeiten nach einem Sündenbock zu suchen und Politiker sind für diesen Job wie geschaffen. Sie machen

Versprechungen, buhlen um die Gunst der Wähler und wenn sie erst erreicht haben, was sie wollen, setzen sie alles in den Sand. Die Wirtschaft geht den Bach hinunter, die Neutralität unseres Landes scheint nicht all zu ernst genommen zu werden und selbst unsere Unabhängigkeit als Staat scheint durch die EU bedroht zu sein. In unseren Augen scheinen die Staatsmänner alles Mögliche zu tun, um uns zu schaden, anstatt Nutzen zu bringen.

Doch, wie können wir uns anmaßen, über diejenigen zu schimpfen und zu fluchen, die wenigstens versuchen, etwas aus ihrer Freiheit zu machen? Mag sein, dass manche es aus den falschen

Gründen tun, vielleicht um schnell viel Geld zu verdienen, oder um möglichst viel Macht zu erlangen; mag sein, dass einige schwarze Schafe unter ihnen sind, aber zumindest versuchen sie, Veränderungen zu erwirken, wenn auch oft nur mit mäßigem Erfolg. Solange wir uns aber hinter unserer Unselbstständigkeit verstecken, nicht selbst nach dem Ruder greifen und aus unverhohlener Unzufriedenheit weder zu Wahlen gehen, noch uns näher informieren, sollten wir uns zumindest nicht den Mund über diejenigen zerreißen, die ihre Interessen vertreten. Schließlich steht es jedem offen, seinen eigenen Weg zu gehen und wenn man

Veränderungen will, sollte man sich auch selbst dafür einsetzen, anstatt nur große Reden zu schwingen.

„Kein Problem wird gelöst, wenn wir träge darauf warten, dass sich andere darum kümmern.“, meinte bereits Martin Luther King.

Selbstständigkeit bringt zwangsweise aber auch Verantwortung mit sich. Denn sobald der Mensch erkennt, dass er frei ist, alles zu tun, was ihm beliebt, gibt es einfach viel zu viel, was er falsch machen könnte, selbst wenn er dabei die besten Absichten hegte.

Wie der deutsche Philosoph Arthur Schopenhauer schon sagte: „Die Freiheit besteht darin, dass man alles tun kann,

was einem anderen nicht schadet.“

Was aber bedeutet es, jemandem zu schaden? Ist es nicht schon Schaden genug, wenn man seine freie Meinung über etwas äußert und dabei jemand anderes zutiefst vor den Kopf stößt? Wo endet die Freiheit eines jeden und wo fängt die Verantwortung an? Wird die Selbstbestimmung nicht ohnehin durch Gesetze und Verordnungen auf ein solches Maß zurückgestutzt, dass das, was von ihr übrig bleibt, kaum mehr nennenswert erscheint? Ist es nicht dumm und naiv, sich seines eigenen Glückes Schmied zu nennen, wenn die wichtigsten Entscheidungen doch von Menschen getroffen werden, die man

noch nicht einmal persönlich kennt?

All diese Fragen und noch viele mehr veranlassen die meisten dazu, in ihrer eigenen Welt zu leben, sich der Scheuklappen nicht zu entledigen, die ihnen von Geburt an die Sicht versperren. Schließlich existieren wir in der Wirklichkeit und nicht in der Möglichkeit. Denn alles, was möglich wäre, ist für viele nicht mehr als eine Träumerei, die sich des längeren Nachdenkens und Anstrebens nicht lohnt. Wir werden dazu erzogen, dass Träume nur mit genügend Geld zu verwirklichen sind und damit machen wir uns zu dessen Untertanen. Dieser Glaube ist es auch, der uns unfrei macht, denn

wo wären wir ohne Träume, ohne die Zuversicht scheinbar Unerreichbares greifbar machen zu können?

In seinem Roman „Die Vollendung des Königs Henri Quatre“, legt Heinrich Mann seinem Protagonisten folgende Worte in den Mund: „…selbst den Fremden will ich ins Gedächtnis zurückrufen, dass die Menschheit nicht dazu geschaffen ist, ihren Träumen zu entsagen, die nur ungenügend bekannte Wirklichkeiten sind. Das Glück ist wirklich da. Gerechtigkeit und Wohlstand sind für jeden erreichbar.“

Und damit hat Mann Recht, denn es liegt an jedem selbst, sein Leben in die Hand zu nehmen und etwas daraus zu machen.

Würde jeder über sich selbst bestimmen, nach der Verwirklichung seiner Träume streben, so wäre die Welt vielleicht eine bessere.

Doch die Freiheit birgt auch viele Gefahren und Verlockungen. Nur all zu schnell kann man nämlich auch zum Egoisten werden, wenn man erst einmal erkannt hat, dass man sich selbst, als einer von wenigen, von den Fesseln der Unfreiheit losgerissen hat, während andere noch hilflos und blind darin verstrickt sind. Denn diejenigen, die sich vor der Selbstständigkeit fürchten, lassen sich all zu leicht ausnutzen und sind dann oft auch zu schrecklichen Taten fähig. Schließlich glauben sie nicht

die Verantwortung für ihr Handeln zu tragen, da sie ja nur das tun, was ihnen gesagt wird. Sie glauben gar keine andere Wahl zu haben. Doch jeder, der zu einigermaßen klarem Denken in der Lage ist, ist im Grunde schon frei. Seine Taten entspringen seinen Entscheidungen und somit muss er auch darüber Rechenschaft ablegen. Die letzte Wahl liegt schließlich immer bei einem selbst.

Folglich ist die Unfreiheit nicht weniger gefährlich als ihr Gegenstück, wenn sie nicht sogar diejenige ist, vor der man sich am meisten fürchten sollte. 

 

Wir müssen endlich aufhören, nur zu überleben und anfangen zu leben. Dies

kann aber nur gelingen, wenn wir die Angst vor der Selbstständigkeit ablegen. Freiheit ist nichts, wovor man sich fürchten sollte, wenn man von sich selbst und seinen Absichten überzeugt ist. Viel mehr sollte man die Freiheit als Geschenk ansehen, das es einem ermöglicht, alles zu tun, was man will; das einem offenbart, dass selbst der am weitesten entfernte Traum erreichbar ist; das aufzeigt, dass jedes Geschehen nicht nur einer Kette von Zufällen entspringt, sondern auch abhängig ist von den Entscheidungen eines jeden einzelnen. 

Schon der athenische Staatsmann Perikles erkannte: „Das Geheimnis des Glücks ist die Freiheit, das Geheimnis

der Freiheit aber ist der Mut.“

Letztendlich bedeutet Freiheit, dass das Leben jedem selbst gehört. Man muss nur mutig genug sein, sich aus seiner Bequemlichkeit zu erheben, es anzunehmen und etwas daraus zu machen.



© Fianna Januar 2012

0

Hörbuch

Über den Autor

Fianna
Ich
...bin Österreicherin
...studiere Archäologie, Germanistik und Geschichte
...vertrage Kritik, solange sie begründet und ehrlich ist
...lese quer durch viele Genres
...glaube anders als Max Frisch und ähnlich wie Bert Brecht dass Literatur sehr wohl (wenn auch nur in geringem Maße) dazu beitragen kann, gesellschaftiche Veränderungen zu erwirken


Leser-Statistik
142

Leser
Quelle
Veröffentlicht am

Kommentare
Kommentar schreiben

Senden
Sealord Das ist ein sehr guter Text! Ich kann Dir nur beipflichten!
LG Uwe
Vor langer Zeit - Antworten
Fianna Dankeschön für deinen Kommentar und die Coins!

Freut mich, wenn mein Text dich anspricht!

Liebe Grüße
Anna
Vor langer Zeit - Antworten
Zentaur Sehr gute und wahre Gedanken. Hervorragend geschrieben.
Jeder sollte darüber nachdenken und ,so wie es geschrieben hast, Mut zur Selbstständigkeit beweisen.
lg Helga
Vor langer Zeit - Antworten
Fianna Freut mich, dass es dir gefällt :-)

Dankesehr für's Lesen, Kommentieren und Hinzufügen zu deinen Favoriten!

Liebe Grüße
Anna
Vor langer Zeit - Antworten
Heidrun Ein sehr nachdenklich stimmender Text!
Deine Marion
Vor langer Zeit - Antworten
Fianna Freut mich immer, wenn ich mit meinen Texten zum Nachdenken anregen kann :-)

Danke dir für's Lesen und den Kommentar!

Liebe Grüße
Anna
Vor langer Zeit - Antworten
Tintoletto Deine Zeilen sind wirklich absolut lesenwert! Jeder sollte sich mit diesen Gedanken einmal auseinandersetzen ... auch meine Vorfahren, die Hugenotten, denen ich ein Werk gewidmet habe, mußten schmerzlich erfahren, was es bedeutet, für seinen Glauben einzustehen!
GlG. Tinto
Vor langer Zeit - Antworten
Fianna Freut mich, wenn meine Gedanken Anklang finden :-)

Danke dir für's Lesen, den Kommentar und das Hinzufügen zu deinen Favoriten!

Liebe Grüße
Anna
Vor langer Zeit - Antworten
EagleWriter Immer wieder ein schöner Gedankengang

lg
E:W
Vor langer Zeit - Antworten
Fianna Re: -
Zitat: (Original von RogerWright am 08.09.2012 - 15:04 Uhr)
Eine sehr interessante betrachtung des Themas Freiheit, die auch die Probleme von zu viel Freiheit nicht aus den Augen lässt, obwohl man diese noch intensiver hätte beachten können, aber dann wäre die stringente Herangehensweise deines textes nicht mehr passend gewesen.
Was waren das denn damals für Texte, die so viel besser waren, dass es dieser nicht weiter gebracht hat?
Ein auf jenden Fall shr intensiver Text, weil er sich ernsthaft mit diesem Thema auseinandersetzt und auch in die tiefe geht, nicht nur plakativ an der Oberfläche kratzt.


Da ich den Text ursprünglich zu einem Zitat verfasst habe, wäre es zu weit abgeschweift gewesen, den Gedanken von zu viel Freiheit, weiter auszubauen.
Ich habe keine Ahnung, welche Texte weitergekommen sind, aber ich hätte sie selbst gerne gelesen.
Ich war jedenfalls froh, endlich mal einen Anreiz zu haben, über dieses Thema zu schreiben, da ich es schon lange vorhatte, jedoch nie wirklich die Inspiration dazu gefunden habe.

Danke für's Lesen und Kommentieren!

Liebe Grüße
Fianna
Vor langer Zeit - Antworten
Zeige mehr Kommentare
10
34
0
Senden

67412
Impressum / Nutzungsbedingungen / Datenschutzerklärung