Fantasy & Horror
Mord - Mala 2

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"Mord - Mala 2"
Veröffentlicht am 29. Januar 2012, 30 Seiten
Kategorie Fantasy & Horror
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Über den Autor:

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Mord - Mala 2

Mord - Mala 2

Beschreibung

So, dann habe ich hier eine zweite Geschichte mit Mala. Eigentlich wollte ich viele Kurzgeschichten mit meinem "Helden" machen, aber so geht es mit Erstlingsprojekten: Man nimmt sich immer mehr vor, weil man nicht weiß, was auf einen zukommt. Aber die zweite gefällt mir persönlich von der Story her ganz gut. Mala wurde gesehen. Angeklagt des Mordes, den seine permanenten Verfolger verübt hatten, wurde er zum Tode verurteilt. Doch des Nachts können Gitter nicht helfen, Dunkelheit auszusperren. Schatten, die nach seinem Leben trachten. Hatte die Geschichte vorgestern erst hochgeladen, allerdings unter das "falsche" Genre gestellt. Wäre mir eigentlich relativ egal, aber als ich damals anfing, wollte ich unbeding eine Horrorgeschichte schreiben, deshalb ist es mir bei Mala doch wichtig. (Das ich das aber immer wieder vergesse XD)

Mala blickte in seiner leeren Zelle umher. Sämtliche Hoffnung fiel von ihm ab und er konnte sich nicht erinnern, wann er sich das letzte Mal so hilflos gefühlt hatte. Heute wird er sterben, das war sicher. Nun, so obwohl sein Tod beschlossene Sache war und bestimmt bald einer der Wärter kam um ihn ab zu holen, hatte er endlich keine Angst mehr. Er war im Frieden mit sich und der Welt.
Es gab für ihn keinen Grund mehr Angst zu haben. Aus unerfindlichen Gründen hatten die Geschworenen den Antrag auf Unzurechnungsfähigkeit abgelehnt, obwohl der ehemalige Künstler felsenfest behauptete, dass die Schatten den Kerl umgebracht hatten. Wahrscheinlich hatten alle einfach angenommen er will auf diese Weise, der Todeszelle entkommen. Doch jedem hätte ein Licht aufgehen müssen, als immer wieder Lärm aus der Zelle kam. Es gab nicht viel Platz zum Ausweichen, also sprang Mala von einem Ende der Zelle zum Anderen, um den Monstern zu entkommen, die ihn schon seit Jahren verfolgten. Die Gefangenen aus den Nachbarzellen sagten jedes Mal, dass sich nichts in der Zelle befinden würde, außerdem würde sich Mala die Wunden, die er davon trug selbst zufügen. Es war auch nicht nützlich, das er als, wenigstens kleine, Verteidigung gegen die Schatten, ein Messer in seine Zelle geschmuggelt hatte.

Allerdings wurden ihm gewisse Zugeständnisse gemacht. Zum Beispiel brannte die ganze Zeit über Licht in seiner Zelle. Das hieß für Mala, dass er sich vor seinen Verfolgern nicht fürchten musste.
Nächtelang konnte er ausschlafen, ohne schweißgebadet aufzuwachen um nach merkwürdigen Geräuschen auszuhalten.
Zum ersten Mal seit zehn Jahren ging es ihm gut. Er hatte sogar wieder damit angefangen sich zu rasieren. Vorher hatte er sich angewöhnt aus zu sehen wie ein Yeti, womit er auch öfter verglichen wurde.
Bis er die Schritte hörte. Die letzten Schritte seines Lebens. Der Wärter kam um ihn zu holen. Mala stand auf, strich sich den orangefarbenen Overall zu Recht, trat zum Gitter und wusste was ihn erwartete.
Es gab nichts zu bereuen. Gleich wäre er wieder bei seiner Frau und seiner Tochter, die er aufgrund eines Fehlers vor langer Zeit verloren hatte.
Als das letzte Mal jemand versucht hatte Mala umzubringen, kamen die Schatten und erledigten ihn.
So ist er auch an die Waffe gekommen, die ihn in die jetzige Situation gebracht hat.
Es ist so wie immer gelaufen:
Er traf Leute, trank mit ihnen und verirrte sich dann in der fremden Stadt. Fand jedoch die dunkelste Ecke die es gab.
Damit begann wieder einmal Malas Kampf gegen die dunklen Wesen, die ihn einfach nicht in Ruhe ließen.
Er wusste nicht wie aussahen. Was er allerdings wusste war, dass sie überall Krallen haben mussten. Das konnten dutzende Narben beweisen, die überall an seinem Körper zu finden waren. Die Waffe an sich war gegen die Wesen absolut nutzlos. Doch wenn er schoss, gab es Funken. Ein wenig Licht, das dafür sorgte, dass sich die Schatten ein wenig verstreuten und erst wieder neu formen mussten. Er schoss auf das Wesen und nutzte die eine Sekunde der Klarheit, um zu entkommen.

Auch dieses mal konnten die Schatten einen kleinen Jagderfolg verbuchen. Als Mala es schon fast zum Licht geschafft hatte, konnte das Wesen ihn noch am Arm erwischen. Er wurde regelrecht geschält.
Schon lange hatte Mala den verdacht, dass er nicht durch Können oder Glück entkam. Er war immer mehr der Meinung, dass sie ihn entkommen lassen.
Nur der Grund war ihm schleierhaft. Vielleicht sollte er nur aufzeigen wie lange er es durchhielt ohne sich aufzuhängen. Wenn das stimmen sollte, hatten die Wesen nun fast gewonnen.

Soweit war es ein normaler Abend in seiner Erinnerung. Das was danach auf ihn zukommen sollte war schon viel unvorhersehbarer. Er wurde verhaftet. Anklage wegen Mordes. Einer der jungen Männer mit denen er gebechert hatte war tot aufgefunden worden. Er hatte eine Kugel ins Herz abbekommen. Es war eine aus Malas Revolver und Schmaufspuren hatte er auch auf seinen Händen.

Er wurde im Eilverfahren angeklagt und zum Tode verurteilt.
Dies war nun der letzte Gang in seinem Leben. Der Gefangene kam an den anderen gefangen vorbei und fühlte sich wie auf einer Schlachtbank. Er selbst, der nun dran glauben musste und in den Käfigen, die die bald darauf den Löffel abgeben mussten. Sie wussten es natürlich alle. Und jeder hatte eine andere Art damit klar zu kommen.
Einige johlten und gröhlten.
Andere beteten, wieder andere mussten weinen.

Jedem war schließlich klar, dass er der Nächste seien konnte.
Man sagt zwar sie wären der Bodensatz der Gesellschaft, aber in den letzten zwei Monaten waren es die einzigen Freunde die Mala hatte. Und nun, nach den glücklichsten Monaten der letzten Jahre, konnte er endlich in Frieden ruhen.
Es gab nur ein einziges Rätsel das er nicht lösen konnte. WIE?
Wie hätte er den Kerl, den er zuvor in einer Kneipe getroffen hatte, erschießen können. Mit Gewissheit hatte Mala geschlafen. Ist so etwas beim schlafwandeln möglich? Schon seit dem Zwischenfall hatte er einen sehr unruhigen Schlaf. Wer hätte das nicht wenn blutrünstige Monster hinter einem her waren? Aber an diesem Abend hatte er an einer ganz anderen Stelle geschlossen, außerdem auf ein anderes Ziel als ein unschuldiger Typ, den er vielleicht eine halbe Stunde kannte. Eigentlich spielte es nun eh keine Rolle mehr.
Es wissen wäre dennoch nett gewesen. Doch Mala war bescheiden und gab sich mit dem zufrieden was er hatte. Eine letzte Reise. Gitterstange um Gitterstange schritt die Gruppe voran. Hielt nur um ein anderes Gitter öffnen zu lassen.
Dann betraten sie den Raum. Er sah eher aus wie eine medizinische Einrichtung. Aber was darin geschehen würde war ganz anders als ein Besuch beim Onkel Doktor.
Lebend hatte er keine Chance daraus zu kommen.
Die tiefen und ernsten Mienen der Gäste zeigten Betroffenheit. Der zum Tode verurteilte hatte noch kurz überlegt so etwas zu sagen wie:
"Sind wir hier auf einer Beerdigung?"
Oder: "Was sollen die ernsten Gesichter? Ist jemand gestorben?"
Ließ es aber dann. Es hatte den Anschein als wären alle anderen betrübter über seinen Tod als er selbst.
Nach all dem Leid war es bestimmt ein erlösendes Gefühl.
Und dann wurde mit dem Prozedere begonnen. Die Mitarbeiter schnallten ihn fest und der anwesende Priester gab ihm seine letzte Ölung.
Nun war ein Entkommen nur noch eine Träumerei fernab der Realität.

Am Anfang war es noch so, dass er peinlich genau darauf geachtet hatte, dunkle Ecken zu meiden. Doch in letzter Zeit war es ihm egal gewesen und er hatte sich einfach treiben lassen. Auf Dauer konnte das ja nicht gut gehen. Mala entwickelte so etwas wie eine Gleichgültiglteit seinem eigenen Leben gegenüber.

Das Paradoxe war nur, dass er alles tat um die Angriffe zu überleben. Sein Leben war ihm egal, schließlich hatte er keine Familie mehr, noch irgendwelchen Besitz, der nicht in seinen Rucksack passte. Was ihm nicht egal war, dass sie ihn nicht erwischen konnten.

Er hatte es geschafft den Monstern, die ihn erledigen wollten zu entkommen.

Der Arzt, zumindest hoffte Mala das er ein Arzt war, bereitete die Giftmischung vor, die ihn zu seinem Schöpfer bringen sollte.

Von den Wachen wurde er festgeschnallt und der Priester beendete seine Gebete. Es ging los.

Es traf Mala wie ein Schlag unter die Gürtellinie. Sie gaben nie auf. In einem Sekundenbruchteil fiel das Licht aus und ein zerstörerisches Geräusch ertönte. Man konnte es nur vergleichen mit einer Wand, die brutal eingeschlagen wurde. Wahrscheinlich war es auch so. Die ersten Schreie brachten Gewissheit.

Der Priester hatte gerade noch genügend Zeit für ein letztes Stoßgebet, bevor er, mit einem Ruck, in zwei Hälften geteilt wurde.

Der Raum wurde regelrecht verwüstet. Die Barre auf der die Spritze verabreicht werden sollte wurde von umherfliegenden Körpern getroffen. Wie sich herausstellte gerade rechtzeitig, denn eine monströse Klaue versuchte nach ihm zu schlagen. Sie hätte dem ehemaligen Künstler glatt den Kopf abgeschlagen, so wurden nur die Fesseln durchgeschnitten.

Mala war ein sehr gläubiger Mensch und hatte eine Gewissheit, Gott hatte einen unglaublichen Sinn für Humor.

Als er sich aufrichtete bot sich ihm ein Bild des Grauens.

Die Körper der Zuschauer und anderer Gaffer waren nichts mehr als groteske Abartigkeiten der Menschen die sie eins waren. Es sah so aus, als wäre ihr Innerstes nach außen gedrungen.

Die ehemals klinisch weißen Wände, waren nun durch das Blut der Unschuldigen rot gefärbt.

Er rannte los. Sein Körper hatte sich schon in Bewegung gesetzt bevor es ihm überhaupt bewusst wurde. Ein Umstand der ihm schon mehr als einmal das Leben gerettet hatte.

Das Wesen versuchte nun auch nach ihm zu schnappen. Aber der Flüchtling konnte noch rechtzeitig zur Seite springen, sodass der Angriff ins Leere lief.

Wie wild fuchtelte das Unbekannte mit den Armen. Es hatte dabei solche Kraft, dass die gesamte Einrichtung dem Erdboden gleich gemacht wurde.

Mala war nun am gesamten Körper verletzt und seine Gelenke pochten vor Schmerz. Durch Blut, das ihm ins Auge lief, konnte er nur eines offen lassen.

Der Schatten trat auf ihn zu und holte gerade zum Schlag aus, als die Wolken sich lichteten und Mondschein durch das Loch in der Wand schien.

Er hatte mal wieder mehr Glück als Verstand.

Das Loch in der Wand war mindestens ein Meter groß. Es war möglich in die Freiheit zu gelangen. Wenn er schnell genug war konnte er überleben.

Er nahm etwas Anlauf und schaffte es mit einem Hechtsprung auf den Rasen. Er sah die Wolken und wusste zwei Dinge:

Erstens war er draußen.

Und zweitens mussten die Stromleitungen durchtrennt worden sein, denn das ganze Gefängnis fiel in Dunkelheit.

Die Wärter die rechtzeitig die Flucht ergreifen konnten rannten an ihm vorbei. Während die Schreie, der anderen Inhaftierten, wohl ewig in seiner Erinnerung bleiben würden.

Es war ein Cocktail aus vielen verschiedenen Gefühlen des Entsetzens.

Wut entbrannte in dem Mann, für den solche Situationen allmählich zum Alltag gehörten.

Beinahe hätte er sich den dunklen Angreifern entgegen gestellt. Doch er rannte. Er rannte um sein Leben.

Wenn er es bis in die Stadt schaffen würde, wäre er sicher. Ein kleiner Bruch in ein Kleidungsgeschäft und er sähe nicht mehr wie ein Knacki aus. Die Polizei würde sicher mit dem Aufstand im Gefängnis so viel zu tun haben, dass er ungeschoren davon kommen würde.

Sein Leben würde wie gewohnt weiterlaufen. Was keine wünschenswerte Besserung zu diesem Moment wäre, aber er würde morgen noch Leben. Merkwürdigerweise kam ihm nicht einmal der Gedanke, seine offenen Wunden zu behandeln. Anscheinend hatte er sich schon daran gewöhnt. Zwei Monate Frieden hatte er gegen das hier eingetauscht.

Die pechschwarze Nacht hatte alle Ruhe aus dem Leben gebracht. Die durchgeschwitzte Gefängniskleidung klebte an Malas Haut und Schweiß vermischte sich mit seinem Blut.

Die Horrorbilder dieser Nacht gingen ihm nicht aus dem Kopf.

Es gab einen Grund für sein Alkoholproblem. Es hieß Angst. Hinter jeder Ecke vermutete er eins der Wesen die ihn erbarmungslos jagten.

Er folgte der Hauptstraße. Sie war voller Schlaglöcher, dafür aber hell erleuchtet. Würde er es über die Brücke schaffen, käme er in die Stadt. Von da aus wäre es ein Kinderspiel. Züge fuhren die ganze Nacht und bevor ein Fahrverbot erteilt werden konnte säße er bequem auf einem der Sessel und wäre auf dem Weg in ein anderes Land. Er ging immer zu Fuß. Dies hatte viele Vorteile. Zum Beispiel geringe Reisekosten. Er konnte in Ruhe auf ein Ticket sparen. Jetzt müsste er es natürlich mit stehlen versuchen, aber in großen und ganzem kam er gut über die Runden.

In der Stadt angekommen, fiel sein Blick auf eins der Einkaufszentren. Natürlich wäre es sicherer gewesen in einen kleinen Laden einzubrechen, aber es fehlte die Orientierung. Also musste der ehemalige Künstler die Erstbeste Möglichkeit nutzen, die sich ihm dar bot.

Außerdem erhoffte er sich ein wenig Geld aus den Registrierkassen.

Gott sei dank hatte Mala daran gedacht einem der Wärter die Taschenlampe abzunehmen. Drehte er den Deckel ab und schaltete er sie dann an, erhellte sie ein ganzes Gebiet. Als er durch die Gänge schritt, spürte er ihre Blicke der Wesen auf sich ruhen.

Sie beobachteten ihn. Warteten und dachten daran wie sie ihn quälen konnten. Er wusste das.

Er konnte es förmlich spüren wie sie ihn mit ihren Zähnen und Klauen foltern und ermorden würden.

Sie würden ihn nie kriegen! Niemals. Das war das einzige, was ihn am Leben hielt. Er folgte den Schildern zu einem bekannten Herrenausstatter. Beim durchstöbern der Regale fühlte er sich fast wie ein normaler Mensch.

Ein Anzug wäre wohl nicht so passend in Anbetracht der Umstände. Es war schon fast achtzehn Jahre her das er das letzte Mal einen getragen hatte. Damals hatte seine Tochter ihren Schulabschluss gemacht und nach den Ferien hätte sie angefangen zu studieren.

Doch es kam anders.

Erinnerungen die nicht mehr von Bedeutung waren.

Ein dunkelblauer Rollkragenpulli und eine braune Hose, mehr brauchte er nicht. Um Schuhe würde er sich kümmern wenn das Timing besser wäre.

Er stellte die Taschenlampe auf eine Holztäfelung und nahm sich die Sachen. Kurz hatte er überlegt ob er einen Schuldschein hinterlassen sollte. Aber er hatte nichts zu schreiben dabei, also löste sich dieser Vorschlag in Wohlgefallen auf.

Mit dem Overall wischte er sich den Schweiß vom Körper und zog sich sein neues Outfit an.

Im Vergleich zu vorher eine klare Verbesserung.

Doch dann bohrte sich etwas Kleines und Kaltes in seinen Rücken. Eine junge nach Authorität dürstende Stimme hinter ihm rief:

„Keine Bewegung oder ich schieße!“

Im Laufe der Jahre hatte Mala schon häufig Polizisten und Wachmänner verprügelt. Doch dieses mal kam ihm eine Idee. Warum sollte er sich der Gefahr aussetzen erschossen zu werden, wenn er doch einfach nur die Taschenlampe ausmachen müsste.

Denn die Schatten kümmerten sich immer zuerst um die Anderen bevor sie sich Mala zuwanden.

Doch dieser junge Kerl würde es nicht überleben. Die Schatten lechzten nach Blut. In jeder Faser konnte er es fühlen.

Eine kleine Bewegung der Hand und sein Problem wäre gelöst. Denn der Lichtkegel des Wächters sorgte dafür, dass die Monster, die um sie lauerten, nicht angreifen konnten. Es wäre genügend Zeit die Lampe wieder einzuschalten.

Langsam griff er nach dem Licht zu seiner Rechten.

„Ich habe gesagt, du sollst dich nicht bewegen!“

Im Gegensatz zu seiner sonstigen Gemütslage, war Mala erstaunlich ruhig. Er hatte sich mit dem abgefunden, was er vorhatte.

„Ich will nur die Taschenlampe holen, ich hab Angst vor Dunkelheit“, entgegnete der ruhige Choleriker.

„Ganz ruhig und keine plötzlichen Bewegungen.“

Die Schatten ließen andere Menschen normalerweise in Ruhe. Doch dieser in braun gekleidete Wicht bedrohte ihre Beute. Das konnten sie noch nie leiden.

Mala nahm die Lampe in die Hand und betätigte den Knopf. Ein kurzer Windhauch und der Ansatz eines Schreis, waren das letzte Lebenszeichen das der Wachmann von sich geben konnte. Es war so als hätte ihn die Schwärze verschluckt.

Der Lichtkegel vom gerade Verstorbenen hatte den Intriganten Mala bisher geschützt, doch nun er sah wieder die Umrisse eines mit Stacheln und Zähnen geschmückten Unwesens.

Schnell schaltete er die Taschenlampe wieder ein. Etwas zu langsam, denn wie sich herausstellte, hatte der Ärmel etwas abbekommen.

Es hingen ja noch mehr von denen hier rum. Der Flüchtling, der nun auch für den Tod eines jungen Wachmannes verantwortlich war, nahm gleich zwei mit und machte sich auf die Suche nach einem Rucksack, Geld und einer Apotheke.

In einem Einkaufszentrum sollte es nicht sehr schwer sein, Entsprechendes zu finden, doch trotz dutzender Geschäfte, die sich um ihn herum befanden, konnte er nichts finden. Schließlich brach er in einen Militärshop ein und besorgte sich ein Verbandskasten.

Seine klaffenden Wunden brannten stark, als er sie unbeholfen, aber dennoch erfahren, verband.

An Schmerz hatte er sich schon gewöhnt. Das war das Erste an das er sich gewöhnen musste. Schließlich begann er seine erste Flucht nach dem Mord an seiner Frau und an seiner Tochter.

Jetzt nicht! Er musste sich konzentrieren.

Wahrscheinlich würde die Polizei in diesem Moment Straßensperren aufstellen. Mala musste sich endlich in Bewegung setzen. Ein Zug kam vielleicht in Frage? Nein, zu viele Menschen. Einer könnte ihn für verdächtig halten und die Polizei rufen oder sogar erkennen und selbst etwas unternehmtn, bevor er flüchten konnte.

Ihm blieben nur zwei Möglichkeiten. Sich verstecken oder Vorbeischleichen. Was unwahrscheinlich wäre, da er sich immer noch in einer Stadt aufhielt, in der er sich nicht auskannte. Die Wahrscheinlichkeit sich als Fremder raus zu schmuggeln, während man gesucht wird ist verschwindend gering.

Er musste den Schutz der Dunkelheit nutzen um zu verschwinden.

Doch vorher hatte er noch etwas vor. Es war ein tiefes Verlangen in ihm, zu erfahren wie der Typ mit seiner Waffe erschossen werden konnte. Es ging einfach nicht anders. Mala ging an den Ort, an dem die Leiche gefunden wurde. Er war der Letzte der Richter, so hieß der junge Student, lebendig gesehen hatte. Nach der durchgezechten Nacht hatte er sich in der Seitengasse übergeben, die Mala nun betrat.

Hier musste es geschehen sein. Er ging einen Schritt näher hinein. Wieder spürte er die blutdurstigen Blicke in seinem Nacken. Den Schatten konnte er nicht entkommen. Sie waren immer da.

Er versuchte den Abend im Geiste nach zu stellen. Sie kamen aus der Kneipe, Richter steuerte sofort auf die Mülltonnen zu und fiel, sich übergebend, in sie hinein. Der Anblick war nur halb so schlimm wie der Geruch. Bevor sich Mala selbst nicht mehr unter Kontrolle halten konnte, beschloss er sich einen hellen Platz zum schlafen zu suchen.

Geld für ein Hotel hatte er nur selten. Selbst wenn, waren es nur die billigen Absteigen, bei denen man sich wünschte doch draußen schlafen zu können.

Dann gab es einen kleinen Überfall der Schatten.

Die Straßenlaterne unter die er sich hinlegte und unter der er tatsächlich einschlief, ging aus. Wäre das ganze Glasgebilde nicht geplatzt, hätte er immer noch dagelegen und die Wesen, die schon seit Ewigkeiten versuchten ihn zu töten, wären wunschlos glücklich gewesen.

So gab es zum Glück von Mala ein lautes Klirren, welches ihn, keine Sekunde zu spät, aus seinen Träumen riss. Er hatte gerade genügend Zeit sich zur Seite zu rollen und so dem, ansonsten tödlichen, Schlag des schwarzen Riesen vor ihm zu entkommen. Meistens war es so, dass er mehr Glück hatte als Verstand. Er richtete sich so schnell auf, wie er konnte und rannte, so schnell er konnte, die Straße entlang. Er musste eine Lichtquelle finden.

Soweit war es nichts Besonderes.

Die Bar war nicht weit entfernt und hatte einen hell erleuchteten Eingang. Hoffentlich hatte er nicht so lange geschlafen, dass sie schon geschlossen war.

Die langen Tentakel der Kreatur versuchten nach ihm zu schnappen. Seine Schulter wurde aufgeschlitzt und fing an heftig zu bluten. Mala musste sich beeilen. Er musste es nur hinter die nächste Ecke schaffen. Doch das Wesen ließ nicht locker und ein harter schlag riss den gesamten Rücken auf. Nur noch ein paar Meter. Ein Katzensprung und er wäre in Sicherheit. Jetzt durfte er nicht sterben, nicht so kurz vor dem Ziel.

Die Kanone in seiner Tasche war die letzte Möglichkeit. Sie konnten nicht verletzt werden, aber durch das Mündungsfeuer, lösten sie sich für eine Sekunde auf. Eine Sekunde, die ihm schon mehr als einmal das Leben gerettet hatte. Er zog den Hahn des alten Revolvers und schoss blindlings.

Aber es war nicht so wie sonst! Das Monster das die Silhouette von acht Armen hatte, verschwand nicht oder löste sich in Nebel auf. Es blieb einfach stehen, in sicherem Abstand zur lauten Lichtquelle. Es kam Mala merkwürdig vor, doch hatte er keine Zeit darüber nach zu denken. Es waren nur noch wenige Meter, er konnte schon den Trubel hören, den die Feiernden machten. Die Bar war noch auf. Heute hatte er wohl mehr Glück als er eigentlich verdiente. Langsam beruhigte er sich wieder. Mit einem weiteren Blick über die Schulter, ging er noch einmal sicher, das sich der Schatten nicht bewegte.

Der schwarze Schatten rührte sich nicht. Nur das unwillkürliche Zucken der Tentakel und Arme waren zu sehen und das war schon bedrohlich genug. Es wartete. Doch auf was?

Darüber konnte Mala jetzt nicht nachdenken. Er schleppte seinen muskulösen und vernarbten Körper um die nächste Ecke und betrat den lebensrettenden Lichtkegel der Beleuchtung.

Richter lag immer noch ohnmächtig in den Mülltonnen.

Es war also nicht lange her, dass er ihn zurück gelassen hatte. Er trottete an ihm vorbei.

„Nabend Kumpel…“, brachte er stöhnend und krächzend hervor. Er setzte sich neben seinen Bekannten ins Licht und starrte nach oben.

Rechts neben ihm ging die Tür auf und einige der Gäste kamen heraus.

„Hey, ich dachte ihr wärt schon längst weg? Habt es nur bis zu den Tonnen geschafft was?“, sagte einer der Feiernden.

Mala blickte ihn genervt an:

„Halt die Klappe man.“

Erst jetzt entdeckten die Umherstehenden die Verletzungen und liefen auf ihn zu. Drei der Vierergruppe halfen Richter auf.

Ein schriller Schrei durchzog die Straße. Eine Frau bemerkte nun Richters offene Augen und das Blut, dass aus seinen Wunden lief.

Nun reimten sich die Anderen auch zusammen, was in ihren Augen, geschehen sein musste. Nur Mala war davon überzeugt, zu wissen was wirklich geschah. Doch wer würde ihm glauben. Schon vor Jahren hatte er versucht zu erklären wie seine über alles geliebte Frau und sein Kind getötet wurden.

Das Ergebnis war, dass er sich seit dem auf der Flucht befand. Doch dieses mal konnte er nicht flüchten. Er war körperlich ein Wrack. Froh war er, dass er noch atmete und in diesem Zustand sich gegen drei junge, starke Männer durchsetzen, war für ihn ein Ding der Unmöglichkeit. Die Gruppe rief die Polizei, nachdem sie die Waffe fanden.

Nach der Untersuchung, gab es keinerlei Zweifel, dass Mala geschossen haben musste. Er erzählte einem Psychologen von den Schatten, doch das Gericht und die Jury tat seine Geschichte als Versuch ab, mit Unzurechnungsfähigkeit davon zu kommen. So wurde er zum Tode verurteilt. Seine schweren Verletzungen soll er sich selbst zugefügt haben, oder bei dem Kampf soll er in einen Scherbenhaufen gefallen sein.

Jetzt war er wieder an der Ecke, in der Richter tot aufgefunden wurde.

Nichts erinnerte mehr an den Vorfall. Das Licht der Reklametafel war an, also beschloss er seine Taschenlampe aus zu schalten.

Er war außerdem nicht allein. Mal abgesehen von den Schatten, die ihn auf Schritt und Tritt verfolgten waren noch die üblichen Besucher der Kneipe am kommen und gehen. Sein Blick folgte ihnen; sowie die Hoffnung nicht erkannt zu werden. Ständig kamen auch Polizeiautos, die nach Entflohenen suchten, doch niemand schien ihn zu sehen.

Es war diese eine Frage, die ihm immer durch den Kopf ging.

„Wie kamen die Kugeln in Richters Körper? Hat das Wesen ihn mit den Kugeln getötet, die ich abgeschossen habe? Aber wie?“

Er versank in Gedanken.

So stark, dass er das drohende Unheil gar nicht mitbekam, dass sich auf leisen Sohlen an ihn heranschlich.

Mala wurde mit voller Wucht getroffen und sank zu Boden.

„Na, wie gefällt dir das du Penner hä!“

Es war einer der Vierergruppe, mit denen er in der Bar vor Monaten getrunken hatte. Einer hatte ihn erkannt und eine Eisenstange gefunden.

Der junge Mann schlug weiter auf Mala ein. Es wäre erheblich einfacher gewesen, wenn die Beine und die Seite, die vorher von dem Monster aufgeschlitzt wurden, nicht so höllisch schmerzen würden. Ihm musste schnell was einfallen, sonst würde er unter den heftigen Angriffen draufgehen.

Es gelang dem Künstler ein Bein des Angreifers zu erwischen, und so konnte er Richters Rächer auf den Boden werfen.

Es war mehr wie ein Gerangel auf dem Boden als ein wirklicher Kampf, doch Mala hatte den Kerl, dessen Name er vergessen hatte, fast besinnungslos geprügelt, als ein lauter Knall die Szenerie durchbrach. Dann noch einer. Zwei Kugeln trafen seinen Rücken.

Ihm wurde schwarz vor Augen.

Das Letzte was Mala hörte war ein Gespräch zwischen Stimmen, die er schon irgendwo mal gehört hatte, vor kurzem erst:

„Das dauert aber ziemlich lange bei ihm.“

„Tja, bei Manchen geht’s schneller und bei Anderen langsamer. Wer ist als Nächstes dran?“

„Zelle 2B. Schade, eigentlich ein netter Kerl….“

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