Beschreibung
Hallo liebe Leser :),
ich dachte mir heute ganz spontan, nun ist die Zeit um eine Halloween-Geschichte zu schreiben. Darauf gebracht hat mich ein wunderbares Lied von der schottischen Band "Biffy Clyro", es heißt "Bubbles". Dieses Lied und eine meiner Freundinnen, die der Hauptfigur zumindest leicht ähnelt, haben mich zu dieser Geschichte gebracht.
Ich hoffe es gefällt euch & Kommentare sind natürlich erwünscht! ;)
Das Mädchen ist erst Vierzehn. Sie ist in sich gekehrt und still. Sie hat ein paar Freundinnen. Sie sind schon viel reifer als sie. Das Mädchen heisst Sina. Sina sitzt oft am Fluss. Es ist still dort. Dort ist nie ein Mensch. Sie sind alle beschäftigt, arbeiten, kochen, gehen mit dem Hund. Das interessiert Sina nicht. Sie verbringt nicht viel Zeit mit ihren Freundinnen. Sie heißen Paula und Katharina. Sina ist komisch, sagen viele. Immer angespannt, als hätte sie eine Leiche im Keller. Keiner weiss, warum Sina so still ist, keiner weiss warum sie so oft am Fluss ist, keiner weiss, warum sie keine Zeit mit ihren Freundinnen verbringt. Nur Sina selbst weiss es. Sie weiss es, ohja. Sie traut den Menschen nicht.Sina traut den Menschen nicht, denn die Menschen sind gefährlich.Sie schätzen Situationen falsch ein, sehr oft sogar. Sina versteht Menschen nicht. Sie kann ihre Gedanken nicht lesen, versteht ihre eigenen ja kaum, sie sind wirr und ergeben keinen Sinn. Es ist Halloween und es ist schwarze Nacht draussen. Sina ist ängstlich.
Sie mag die Dunkelheit nicht, denn sie versteht sie nicht, genau wie die Menschen, sie versteht sie nicht. Sie streckt die Hand aus und will das Wasser berühren. Sie mag das Wasser. Es ist still und sie versteht es. Doch da ist kein Wasser. Dort ist Eis, kaltes Eis, über dem ganzen Fluss, und Sina versteht es nicht. Sina nimmt eine Taschenlampe aus ihrer Tasche und leuchtet auf das Eis. Es ist rot. Das Eis ist rot. Und Sina versteht es. Weiter unter dem Eis, unter dem Eis ist eine Hand. Das Rote ist Blut. Und Sina versteht es, aber sie will nicht verstehen. Sie nimmt ihre Sachen und läuft weg, weg, in den Wald. Und dort bleibt sie stehen. "Sina.", sagt eine Stimme, sie kennt die Stimme, es ist Paula. "Sina, hast du Angst? Verstehst du es?". Sina schüttelt den Kopf in der Dunkelheit, nein, sie versteht es nicht, nicht mehr, sie will nicht verstehen, sie kann es nicht, sie kann es einfach nicht. Und in der undurchdringlichen Schwärze taucht etwas auf. Ein anderes Mädchen. Sina weicht zurück. Sie hat Angst, sehr große Angst. Wieder nimmt sie ihre Taschenlampe und leuchtet auf das Mädchen.
Und die Schwärze verschwindet. Sina sieht das Mädchen. Es ist Paula, ihre Freundin Paula, aber sie sieht anders aus. Ihre Haut ist weiss und ihr Haar nass vom Schnee, und sie sagt: "Sieh nur, Sina, es ist Halloween. Weisst du was das ist, Sina? Es ist ein Fest der Toten, ein Fest, Sina, ein Tag wie eine Nacht voller Qual. Du bist mittendrin, Sina, und es gibt keinen Weg raus.". Sina weint, und sie läuft weg, hört Paula keuchen und ihre nassen, nackten Füße auf dem Boden. Und Sina versteht es nicht, denn Paula ist lebendig, aber sie scheint tot. Sina flüchtet nach Hause, wo sie alleine ist. Ihre Eltern lassen Sina oft alleine, sie haben viele Freunde und gehen oft Essen. Sina ist alleine, und ihr ist kalt und sie hat Angst. Sie geht ins Badezimmer, sie möchte duschen, sie möchte, dass ihr warm wird und ihre Angst davon gespült wird. Sie stellt das heiße Wasser an, das heiße Wasser, das dampft und den ganzen Raum mit Wärme füllt. Sina sieht in den Spiegel, sieht in ihr Gesicht.
Sie fasst es an,und spürt Nässe, und Sina versteht es nicht, versteht nicht den Schweiß und die Tränen.
Und der Spiegel beschlägt.
Sina kann nichts mehr sehen, nicht sich selbst. Und sie kann nicht mehr atmen, als sie die Schrift auf dem Spiegel sieht. Dort steht "dreh dich nicht um", doch Sina kann nicht anders, sie versteht es nicht, versteht nicht was passiert und warum es passiert. Und neben der prasselnden Dusche in der einladenen, weißen Wanne liegt ein ebenso weißes Mädchen, und sie hat dunkle Haare und grüne Augen, es ist Katharina, Sinas Freundin Katharina. Sie lächelt und ihre Zähne sind gelb und sie sagt: "So ist Halloween, Sina, keiner kommt um dir zu helfen.". Sina weint und schreit, immer lauter und lauter, und sie stürmt aus der Tür und verschliesst sie. Sie hofft, es wäre ein Traum, so schläft sie ein. In der Nacht weckt sie ein Kratzen, ein Kratzen an der Badezimmertür, und sie hört ihr Lachen und Katharina knackt das Schloss. Und Sina weint.
Unter ihrem Bett ist eine Hand, sie greift nach ihr, und Paula lacht, sie weiss es ist Paula, sie kann es riechen, sie weiss es, sie versteht es. Und sie weiss, wo sie sicher ist, am Fluss, hinter dem Haus.Sina springt auf und rennt, nimmt die Gartentür, um Zeit zu gewinnen. Doch es nützt ihr nichts.
Und sie versteht es nicht, warum ihre Freundinnen lebende Leichen sind, warum sie sie holen wollen, holen in das verdammte Reich der Toten. Und Sina rennt und sie weint und weint, und weiss, sie werden sie kriegen. Und es bleibt ihr nur eins: Sie springt, springt auf das kalte Eis, und das bricht. Und sie sinkt in dem Fluss, ihrem geliebten Fluss, und weiss sie ist sicher. Sie treibt unter dem Eis und ist sicher. Und sie spürt das Wasser in ihren Lungen, spürt die Kälte, doch es fühlt sich gut an, denn sie versteht die Kälte, sie versteht das Wasser. Und sie wird immer ruhiger und ruhiger. Immer ruhiger, bis Sina reglos unter dem Eis treibt, mit einem leichten, eingefrorenen Lächeln auf den Lippen. Sie hat die Schreie nicht gehört, die Schreie ihrer Freundinnen Katharina und Paula, die nach ihr riefen und ihr sagten: "Sina, es ist Halloween! Es war ein Scherz! Komm wieder! Wir tun dir nichts!".
Doch Sina wusste es nicht, und sie wird es nie wissen, denn nun ist Sina im Reich der Toten, und im nächsten Jahr, weiss die tote Sina, ist wieder Halloween, wieder das
Fest der Toten, ein Tag wie eine Nacht der Qual. Und nächstes Jahr wird Sina wiederkommen, und sie wird ihnen das geben, was sie verdient haben. Denn sie versteht es. Sie versteht die Kälte. Sie versteht den Tod.