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Insula araneae - Die Insel der Spinnen (1) - Kapitel 1 - Magicanaturae

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"Insula araneae - Die Insel der Spinnen (1) - Kapitel 1 - Magicanaturae"
Veröffentlicht am 24. August 2011, 40 Seiten
Kategorie Fantasy & Horror
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Über den Autor:

Ich ...bin Österreicherin ...studiere Archäologie, Germanistik und Geschichte ...vertrage Kritik, solange sie begründet und ehrlich ist ...lese quer durch viele Genres ...glaube anders als Max Frisch und ähnlich wie Bert Brecht dass Literatur sehr wohl (wenn auch nur in geringem Maße) dazu beitragen kann, gesellschaftiche Veränderungen zu erwirken
Insula araneae - Die Insel der Spinnen (1) - Kapitel 1 - Magicanaturae

Insula araneae - Die Insel der Spinnen (1) - Kapitel 1 - Magicanaturae

Beschreibung

"Die Spinnen würden zurückkehren in die Herzen der Menschen. Sie würden sie wieder in ihren Bann ziehen. Sie würden sie mit ihrer eigenen dunklen Seele konfrontieren. Dazu waren die Spinnen schließlich da. Um den Menschen die Augen zu öffnen. Dazu brauchte es eben die Angst..."

Magicanaturae

Der Weg war lang und beschwerlich. Schon mit Pferden wäre es eine anstrengende Reise gewesen, doch zu Fuß war es beinahe ein Gewaltmarsch.

Katharina ging ein kleines Stück hinter ihrem Vater, der entschlossenen Schrittes den Weg entlang eilte. Ihr Bruder Rainer lief voraus.

Manchmal fragte sie sich, woher er nur die Kraft dafür nahm. Sie waren nun schon seit annähernd zwei Wochen unterwegs und hatten nicht sehr viel Schlaf bekommen, da es in dieser Umgebung nicht gerade einen Überfluss an Gasthäusern gab.

Mindestens jede zweite Nacht hatten sie unter freiem Himmel verbracht und während dieser ganzen Zeit hatte es unablässig geregnet.

Erst vor wenigen Stunden hatten die Wolken sich zurückgezogen, um der Sonne Platz zu machen.

Ihr welliges braunes Haar, das ihr bis über die Schultern reichte, war total durchnässt.

Als sie bemerkte, dass sie zurückgefallen war, beeilte sie sich, um ihren Vater wieder einzuholen.

Er war ein großer kräftiger Mann, mit spärlichem Haarwuchs und wachen Augen. Vor zwanzig Jahren hatte er im zweiten Inselkrieg mitgekämpft. Seitdem herrschte Frieden auf der Insula araneae.

Die Erinnerung an den Krieg war jedoch geblieben. Auch jetzt, zwanzig Jahre nach Kriegsende, konnte man die verheerenden Folgen noch erkennen. Manche Dörfer waren noch immer wie ausgestorben und die Männer, die an der Front gekämpft hatten, waren nicht mehr dieselben.

Jedenfalls sagte das ihr Vater immer. Der Krieg endete fünf Jahre vor ihrer Geburt. Zum Glück. Ihr Vater wurde jedoch nie müde zu erklären, dass dies noch lange nicht das Ende sei. Er pflegte zu sagen, dass man sich nur in einer Zwischenkriegszeit befand.

Doch daran wollte sie jetzt nicht denken. Immerhin sollte sie sich freuen. Sie würde endlich ihre Mutter wieder sehen. Wie lange war es her, seit sie sie das letzte Mal gesehen hatte? Drei Jahre? Sie war sich nicht einmal mehr sicher.

Doch, natürlich. Rainer war damals zehn Jahre alt gewesen. Das war wahrlich eine lange Zeit.

„Wir sind bald da.“

Die raue Stimme ihres Vaters riss sie aus ihren Gedanken.

„Was?“

Ein Lächeln erschien auf seinem Gesicht. „Du warst wohl mal wieder in Gedanken versunken, habe ich Recht?“ Sie erwiderte sein Lächeln und erklärte: „Ich habe mich nur gerade gefragt, wie lange es schon her ist, seit wir unsere Mutter das letzte Mal gesehen haben.“

Das Lächeln verschwand. „Drei Jahre, vier Monate und achtzehn Tage.“

„Oh.“ Auch Katharinas Lächeln erlosch.

Eine kurze Zeit gingen sie schweigend nebeneinander her, dann fragte sie:

„Wenn du sie sosehr vermisst, wieso ziehen wir dann nicht zu ihr? Es ist doch nicht so, dass du dort keine Arbeit finden würdest. Einen Schmied werden sie dort doch sicher nicht draußen stehen lassen.“ Schon oft hatte sie ihn gefragt, wieso sie nicht nach Magicanaturae ziehen konnten und immer wieder hatte ihr Vater irgendeine Ausrede gefunden. Sie verstand einfach nicht, wieso er sich so dagegen sträubte.

Auch diesmal erwiderte er nur: „Die haben dort genügend Schmiede.“

„Wirklich, davon wusste ich gar nichts.“ Sie wollte einfach nicht locker lassen. Vielleicht gelang es ihr ja heute ihn umzustimmen.

„Das wundert mich nicht, schließlich hast du dir die Stadt ja noch nie angesehen.“

Wo er Recht hatte, hatte er Recht. Sie hatte nie wirklich einen Drang verspürt, sich die Stadt anzusehen. Vielleicht hätte sie es tun sollen, doch wenn sie in Magicanaturae waren, verbrachte sie jede freie Minute mit ihrer Mutter. Die durfte die Ausbildungsakademie jedoch nicht verlassen, was dann bedeutete, dass Katharina gar keine Gelegenheit gehabt hatte, um sich die Stadt anzusehen. Vielleicht sollte sie das nachholen.

„Aber vielleicht“, begann sie erneut, doch als sie dem grimmigen Gesichtsausdruck ihres Vaters begegnete, verstummte sie.

Gerade, als sie trotz des eindeutigen Widerwillens ihres Vaters von neuem beginnen wollte, sprang ihr Bruder aus einem Gebüsch und bewarf sie mit Kletten. Diese verfingen sich sofort in ihren Kleidern und in ihren Haaren.

„He, was soll denn das? Weißt du, wie schwer die wieder herauszubekommen sind?“

Rainer lachte nur noch lauter und sprang neben ihr her. Sie riss eine der Pflanzen aus ihren Kleidern und warf sie nach ihm. Ihr Bruder  war fast so groß wie sie selbst und hatte wie ihre Mutter schwarzes Haar, das er kurz trug.

Als er wieder im Wald verschwinden wollte, rief ihr Vater ihn zurück. Anstatt zu erklären, weshalb, deutete er nach vorne. Die beiden folgten seinem ausgestreckten Arm mit den Augen und freuten sich, als sie die Häuser bemerkten. Sie hatten die Stadt fast erreicht.

Bald würden sie ihre Mutter wieder sehen.

 

*

 

Die Stadt Magicanaturae war auf Pfählen erbaut worden. Sie lag in einem Fjord und war somit gut geschützt vor Riesenwellen.

Es gab einen Hafen mit mehreren Anlegestellen, die alle besetzt zu sein schienen und an dem reges Treiben herrschte. Da es hier fast ausschließlich Fischerboote gab, wurden hier auch Fische angepriesen.

Große Schiffe gab es auf der gesamten Insel nicht. Sie wären schlichtweg überflüssig gewesen. Jeder, egal ob gebildet oder nicht, wusste, dass man die Insula araneae nicht verlassen konnte.

Alle, die es trotz besseren Wissens versucht hatten, waren nie wieder zurückgekehrt. Zeugen zufolge, die das Geschehen von einer Klippe aus beobachtet hatten, verschlang der Ozean die Boote. Niemand, der noch ganz bei Sinnen war, würde also versuchen, den Großen Ozean zu überqueren. Deshalb baute man auch keine großen Schiffe. Somit konnte niemand in Versuchung geführt werden.

Hatte man den Hafen passiert, gelangte man zu einem Tor, das von zwei gelangweilt wirkenden Soldaten bewacht wurde. Bevor ein Fremder die Stadt betrat, musste er alle seine Waffen abgeben, außer er führte einen Passierschein mit sich, der es ihm erlaubte, mit seinen Waffen die Stadt zu betreten.

Katharinas Vater besaß keinen solchen Schein, doch die Soldaten kannten ihn bereits und verzichteten deshalb auf eine Durchsuchung.

Gleich nachdem man das Tor passiert hatte, erblickte man die Akademie, in der angehende Heilerinnen ausgebildet wurden. Dort lernte auch ihre Mutter, Alexandra, seit Katharinas Geburt. Damals, so hatte ihre Mutter es ihr zumindest erzählt, wäre sie fast verblutet und hatte geschworen, sich dem Heilen zu verschreiben, wenn sie überlebte.

Sie hatte überlebt und nur wenige Tage später war sie nach Magicanaturae aufgebrochen, um dort ihr Studium zu beginnen. Alexandra war eine Frau, die zu ihrem Wort stand, auch wenn sie dafür ihre Familie aufgeben musste.

Ihr Mann musste sich nun um die Kinder kümmern und nur ab und zu konnten sie Alexandra besuchen. Ihr Studium nahm viel Zeit in Anspruch, doch an manchen Tagen konnte sie machen, was sie wollte.

In einem Brief hatte sie ihnen mitgeteilt, dass es einen solchen Tag in annähernd zweieinhalb Wochen geben würde. Daraufhin war die gesamte Familie aufgebrochen, um diesen Tag mit ihr zu verbringen.

Dieser Tag war jedoch erst morgen.

Vor einem solchen Tag durfte niemand die Akademie betreten, um die Lernenden nicht zu stören. Somit mussten sie einen ganzen Tag in Alexandras Nähe verbringen, ohne mit ihr sprechen oder sie auch nur sehen zu können.

Die positive Seite dessen war jedoch, dass Katharina dadurch Zeit bekam, sich die Stadt anzusehen. Vielleicht fand sie ja irgendeine Arbeit, die ihr Vater ausführen könnte. Dann könnten sie hier leben und ihre Mutter an jedem Tag, der ihr zur eigenen Verfügung stand, besuchen.

Katharina war so versunken in ihre Gedanken, dass sie gar nicht gemerkt hatte, dass sie sich einem Gasthaus genähert hatten. Es war das Gasthaus „Zum besoffenen Esel“, in dem sie ständig ihr Quartier bezogen, wenn sie ihre Mutter besuchten.

Der Wirt war sehr freundlich und seine Frau kochte ausgezeichnet. Deshalb war Katharina auch enttäuscht, als ihr Blick auf ein Schild mit der Aufschrift, Geschlossen, fiel.

Ihr Vater ließ sich jedoch nichts anmerken. Er ging einfach daran vorbei und weiter die Straße entlang. Schon früher war Katharina aufgefallen, dass er sich in der Stadt hervorragend auskannte. Vermutlich hatte er sich die Stadt schon öfters angesehen.

Jetzt bog er nach rechts ab, vorbei an einer Tischlerei und wandte sich gleich darauf wieder nach links.

Angeekelt hielt Katharina sich die Nase zu, als sie an einer Gerberei vorbeikamen. Der Gestank verfolgte sie auch noch, als sie um die nächste Ecke bogen. Vermutlich hatte er sich in ihren Kleidern verfangen.

Noch viele Male bog ihr Vater in Gassen ein und folgte Straßen. Sie kamen vorbei an Metzgereien, Färbereien, Tischlereien, Schneidereien und manchmal auch an Schmieden.

Ihr Vater hatte also nicht gelogen. Wieso sollte er auch. In jeder vernünftigen Stadt musste es mindestens eine Schmiede geben.

Katharina hatte inzwischen die Orientierung verloren und verließ sich einfach darauf, dass ihr Vater den Weg kannte. Auch die Akademie konnte sie von hier aus nicht mehr sehen, obwohl sie doch auf einer Anhöhe lag.

Als sie zu ihrem Bruder blickte, schien der nicht annähernd so orientierungslos zu sein wie sie. Das ärgerte sie maßlos. Jeder schien sich hier besser auszukennen als sie.

In diesem Moment schwor sie sich, heute die ganze Stadt zu besichtigen und sich jeden einzelnen Weg zu merken.

Als sie darüber nachdachte, wie verwundert ihr Vater und ihr Bruder dreinschauen würden, wenn sie ihnen genau erklärte, wo welche Händler ihre Stände hatten, wurde sie erneut in ihren Gedanken unterbrochen.

Ihr Vater hatte angehalten und nun standen sie vor einem kleinen, schäbig aussehenden Gebäude, an dem ein kleines Schild angebracht war, auf dem in kaum lesbaren Lettern stand: BETTEN FREI

Entgeistert starrte Katharina auf das Gebäude. Ihr Vater war schon eingetreten und ihr Bruder versetzte ihr einen Schubs, der sie stolpern ließ. Nach einem zornigen Blick in seine Richtung, folgte Katharina ihrem Vater.

Es gab nur zwei kleine Fenster, durch die nicht genügend Sonnenlicht hereinkam, um den gesamten Raum zu erhellen. In einer Ecke brannte eine Kerze, ansonsten war es jedoch dunkel.

Hinter einem Tresen stand ein Mann. Man konnte nur seine Umrisse erkennen. Er schien ziemlich dick zu sein. Sein Kopf war rund und auch in dem wenigen Licht konnte man erkennen, dass seine Ohren abstanden. Er sah aus wie jemand, dem man besser nicht den Rücken zukehrte, wenn man nicht mit aufgeschlitzter Kehle dastehen wollte.

Katharina rügte sich für diese Gedanken. Man sollte jemanden nicht von außen beurteilen, wenn man ihn nicht kannte. Wieso war das bloß so schwer?

Während sie so nachgedacht hatte, hatte ihr Vater bereits bezahlt und der dickliche Mann rief nach jemandem.

Wenige Minuten später standen sie in einem Zimmer, das zehn Betten enthielt. Wenn man es Betten nennen wollte. Eigentlich waren es nur Strohsäcke mit Bettlaken.

Wenigstens hatten sie ein Dach über dem Kopf.

„Also gut“, begann ihr Vater, „ihr könnt euch jetzt ein Bett aussuchen und euch etwas ausruhen, dann gehen wir gemeinsam etwas essen. Ich warte unten auf euch. Kommt runter, wenn ihr ausgeruht genug seid.“

Kaum hatte er sich umgewandt und hatte den Raum über die Stiege verlassen, sagte Rainer: „Ich bin doch kein Mädchen, das sich mitten am Tag ausruhen muss.“ Dann folgte er seinem Vater. Auch Katharina war nicht müde, jedenfalls nicht mehr. Irgendetwas sagte ihr, dass ihr Vater das auch nicht angenommen hatte. Doch warum hatte er sie dann loswerden wollen?

Verärgert wandte sie sich um und folgte ihrem Bruder nach unten. Sie suchte so verzweifelt nach Abenteuern, dass sie ihren Vater verdächtigte irgendetwas auszuhecken.

Kaum war sie unten im Eingangsraum angekommen, erblickte sie auch schon ihren Vater und Rainer, die auf sie warteten. Dann hatten sie also nicht erwartet, dass sie sich schlafen legen würde. Sie fragte sich, was sie getan hätten, wenn sie sich doch dafür entschlossen hätte sich auszuruhen.

Sie schob den Gedanken beiseite. Immerhin kannte ihr Vater sie zu gut. Wenn Rainer etwas nicht tat, weil er dachte, nur Mädchen würden so etwas tun, dann tat sie es erst recht nicht.

So war es nun mal und so würde es immer bleiben.

Ihr Vater wusste das.

 

*

 

Anstatt in einem Gasthaus zu essen, wie Katharina es erwartet hatte, kauften sie sich bei einem Lebensmittelhändler einen Laib Brot, ein großes Stück Käse und ein Stück Speck.

Danach suchten sie nach einem geeigneten Ort, wo sie die Mahlzeit verspeisen konnten. In die schäbige Herberge, in der sie die Nacht verbringen würden, wollte noch keiner von ihnen zurück. So setzten sie sich an den Rand eines Brunnens und verzehrten dort ihre Jause.

Am Abend erst würden sie etwas Warmes zu essen bekommen. Zumindest hatte ihr Vater das gesagt.

Während sie aßen, beobachtete Katharina die Menschen in ihrer Umgebung. Die meisten davon waren Frauen, die in einfache Kleider gehüllt waren. Einige davon nähten vor ihren Häusern und genossen die Sonne, andere sprachen miteinander oder passten auf ihre Kinder auf. Die Männer, die Katharina sah, blickten ziemlich böse drein.

Zwei standen an eine Hauswand gelehnt da und sprachen miteinander.

Währenddessen schienen sich zwei andere zu streiten. Der eine stieß den anderen und kurz darauf rauften sie am Boden. Um die beiden herum bildete sich sofort eine Zuschauermenge, die die beiden Raufbolde eifrig anfeuerte.

Zwei Frauen, die nähten und sich dabei unterhielten, schüttelten nur den Kopf.

Als ihr Vater sich erhob, wurde Katharina bewusst, dass sie die einzige war, die noch nicht fertig gegessen hatte.

Ihr Bruder war nach unten zu der Rauferei geeilt und schloss sich nun der begeisterten Zuschauermenge an. Wie zuvor die beiden Frauen, schüttelte nun auch Katharina unbewusst den Kopf, stand dann auf und wischte einige Brösel von ihrem dunkelgrünen Kleid. Es war wirklich lästig, ein Kleid tragen zu müssen. Zu Hause, am Land, trug sie viel lieber Jungenkleider, doch immer, wenn sie in eine Stadt reisten, musste sie diese grässlichen Kleider anziehen.

Ihr Vater hatte ihr erklärt, dass es den Frauen in den Städten nicht erlaubt war, Hosen zu tragen. Der Anstand verbot es ihnen. Bei den ersten Besuchen hatte Katharina sich noch furchtbar darüber aufgeregt, hatte es mit der Zeit aber akzeptiert, was jedoch nicht hieß, dass sie solche Gesetze nicht bescheuert fand.

Jeder sollte tragen dürfen, was er wollte.

Wieder (sie wusste schon nicht mehr zum wievielten Mal an diesem Tag) wurde sie in ihren Gedanken unterbrochen.

„Ich habe deinem Bruder gesagt, er kann sich frei in der Stadt bewegen, doch er soll wieder bei der Herberge sein, bevor die Sonne untergeht. Du kannst dir jetzt aussuchen, ob du lieber ihn oder mich begleitest.“

„Wieso kann ich mir die Stadt nicht allein ansehen?“

Ihr Vater seufzte. „Es ist zu gefährlich für ein Mädchen in deinem Alter, allein durch die Stadt zu wandern.“

„Wieso zu gefährlich? Ich bin schon fünfzehn! Hast du das etwa schon vergessen?“ Katharina musste sich zusammenreißen, um ihn nicht anzuschreien.

„Das ist es ja gerade“, sagte ihr Vater, als wäre das Erklärung genug. Als er jedoch sah, dass seine Tochter sich keineswegs beruhigt hatte, fügte er hinzu: „Kathi, du bist jetzt im heiratsfähigen Alter. Ich kann dich nicht allein in einer Stadt herumlaufen lassen, in der es lauter junge Burschen gibt, die keinen Anstand haben. Verstehst du das?“

Die Wahrheit wäre gewesen, dass sie es nicht verstand und sie hätte ihm das auch gerne gesagt, doch sie beherrschte sich und sagte stattdessen: „Reicht es denn nicht, wenn ich Anstand habe, oder denkst du ich könnte ihn verlieren, wenn mir solche Burschen begegnen würden. Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass du nur so wenig Vertrauen in mich hast.“

Ihr Vater wollte etwas erwidern, doch bevor er dazu kam, sagte sie: „Ich gehe mit Rainer. Aber sicherlich nicht, weil ich denke, dass ich meinen Anstand verlieren könnte.“ Während sie vom Brunnen hinabsprang, sagte sie: „Ich kenne mich nur in der Stadt nicht genug aus, um den Weg allein zurückzufinden.“ Dann lief sie zu ihrem Bruder, der bereits auf sie wartete.

 

*

 

Die Stadt war langweiliger, als sie erwartet hatte. Sie hatte gehofft, irgendetwas zu erleben, stattdessen musste sie den ganzen Tag mit ihrem Bruder verbringen.

Katharina mochte ihren Bruder, solange er sich von ihr fernhielt und sie nicht nervte. Den ersten Teil erfüllte er zum Großteil. Er war nicht oft in ihrer Nähe. Stattdessen traf er sich mit anderen Jungen in seinem Alter, die er wohl von ihren früheren Besuchen kannte.

Mit diesen ging er Katharina jedoch gewaltig auf die Nerven. Nicht nur, dass sie sie ständig auslachten, sie konnte sich nicht einmal revanchieren, da sie mit dem Kleid, das sie trug, nicht so schnell war wie die Jungen.

Schließlich verlor sie endgültig die Geduld, als die Knirpse mit Mist auf sie losgingen. Katharina suchte das Weite. Sie hatte keine Lust, wie ein Bettler zu riechen, dessen Schlafstätte sich neben einem Misthaufen, der ihn wärmte, befand.

Doch auch diesmal waren die Jungen schneller als sie. Sie musste sich etwas einfallen lassen. Als sie um eine Ecke bog, stürzte sie in das nächst beste Gebäude.

Beinahe wäre sie über die Türschwelle gestolpert, doch sie fing sich wieder und sah sich hastig um. Wie es aussah, war sie in eine Schmiede gestolpert. An den Wänden hingen Hämmer und andere Werkzeuge, von denen Katharina nicht genau wusste, wofür sie waren und in einer Ecke standen ein Schmiedeofen und ein Amboss.

Hinter einem Tisch, der gleich links neben dem Eingang positioniert war, saß jemand. Er hatte dunkles Haar, das ihm bis zu den Schultern reichte und schien nicht besonders groß zu sein. Der Schmied (wer sollte es sonst sein) hielt ein Buch in der Hand, in dem er wohl gelesen hatte, bevor sie hereingestürzt war.

Als Katharina nach draußen sah, bemerkte sie, dass die Jungen vorbeigelaufen waren, doch als sie sich wieder umwenden wollte, hörte sie plötzlich eine Stimme rufen: „Da ist sie!“

Gleich darauf stürzten drei Jungen herein, alle mit einer Portion Mist bewaffnet.

Katharina hob abwehrend die Hände, auch wenn sie wusste, dass es nicht viel brachte. Die Jungen holten aus, doch da erhob sich plötzlich der Schmied und sagte mit einer erstaunlich jung klingenden Stimme ganz ruhig: „Wenn auch nur ein kleines Stückchen Mist auf diesem Boden landet, werdet ihr erfahren, wozu diese Geräte benutzt werden.“

Die Jungen und auch Katharina folgten mit dem Blick der ausgestreckten Hand des Mannes, der auf eine der Wände deutete, an der Geräte hingen, die nicht gerade angenehm aussahen. Die Jungen schienen dasselbe zu denken, denn sie senkten die Arme und gingen wieder nach draußen.

„Wir kriegen dich noch“, sagte Rainer und folgte seinen Freunden.

Katharina atmete auf. „Danke für Eure Unterstützung.“ Der Schmied lachte auf. „Wir sind beinahe im gleichen Alter. Du kannst ruhig du zu mir sagen.“ Er trat ins Licht.

Und es war wirklich, wie er gesagt hatte. Er konnte nicht älter als siebzehn sein. Sein Gesicht war freundlich und seine braunen Augen strahlten vor Lebenslust. „Ich bin Thomas, aber meine Freunde nennen mich Tom.“ Er streckte ihr die Hand hin.

Zögernd ergriff Katharina sie und sagte: „Katharina.“

„Das ist aber ein ziemlich langer Name. Hast du keinen Spitznamen?“

Sie dachte kurz über diese Frage nach. „Nun ja, mein Vater nennt mich Kathi.“

Er ging an ihr vorbei und blickte aus der Tür. „Warum waren die hinter dir her? Hast du ihnen etwas getan?“

„Das waren Freunde meines Bruders.“

„Oh. Na ja, jetzt bist du sie jedenfalls los.“ Tom blickte sie wieder an.

Entsetzt erwiderte sie: „Was?“ Katharina trat auf die Tür zu und blickte hinaus. Er hatte nicht gelogen. Rainer und seine Freunde waren verschwunden.

„Verdammt noch mal.“ Sie stampfte mit dem Fuß auf. „Wie soll ich denn jetzt zurückfinden?“ Verärgert ging sie nach draußen und sah sich dort noch einmal um, doch weit und breit waren keine spielenden Jungen zu sehen.

Unentschlossen, was sie jetzt machen sollte, blickte sie sich um. Sie wusste noch, aus welcher Richtung sie gekommen war. Das war einmal ein Anfang. Vielleicht war ihr Bruder ja dort.

Mit ein wenig mehr Selbstvertrauen schritt sie um die Ecke, doch auch dort fand sie ihren Bruder nicht vor. Noch schlimmer, sie konnte sich nicht einmal daran erinnern, hier je gewesen zu sein.

Orientierungslos sah sie nach links und nach rechts. Katharina war einfach gelaufen und hatte nicht darauf geachtet, wohin. Jetzt musste sie die Konsequenzen für ihr unbedachtes Handeln tragen.

„Hast du dich verlaufen, schönes Fräulein?“

Katharina erschrak, als jemand hinter ihr sprach. Als sie sich umwandte, sah sie drei junge Männer, die sie hämisch angrinsten. Der, der sie angesprochen hatte, fragte nun: „Bist du etwa ganz allein unterwegs? Sollen wir dir helfen, den Weg zurück zu finden?“

„Nein, danke. Ich brauche keine Hilfe.“ Katharina verfluchte sich für die Angst in ihrer Stimme. Hastig drehte sie sich um und wollte sich von den Männern entfernen, doch einer von ihnen griff nach ihr.

Angsterfüllt riss sie sich los und rannte, doch ihre Flucht endete abrupt, als sie in jemanden hineinlief, der sie sogleich festhielt. Wo war sie da bloß wieder hineingeraten? Hätte sie doch bloß auf ihren Vater gehört. Wild trat sie um sich, doch der Griff des Mannes war zu fest. Nun kamen auch noch die anderen drei. Ihr Grinsen war noch breiter geworden.

Verzweifelt wollte Katharina um Hilfe schreien, doch der Schrei blieb ihr im Hals stecken. Anstatt es erneut zu versuchen, biss sie dem Mann, der sie hielt, so fest sie konnte in die Hand. Dieser schrie auf und ließ einen kurzen Moment locker. Diesen kurzen Augenblick nützte Katharina, riss sich erneut los und trat einem der Männer in den Unterleib. Er krümmte sich und ging zu Boden. Die anderen versperrten ihr jedoch den einzigen Ausweg. Noch einmal versuchte sie, um Hilfe zu schreien, doch ihre Stimme war nicht laut genug. Einer der Männer wollte wieder nach ihr greifen, doch sie wich zurück. Dabei stolperte sie über den Mann, der am Boden lag und fiel ebenfalls hin. Die zwei anderen Männer kamen auf sie zu. Zitternd richtete Katharina sich wieder auf, dann rannte sie, so schnell sie konnte, auf die beiden Männer zu, die erstaunt stehen blieben. Sie wich den Männern aus und wäre ihnen beinahe entkommen, wenn ihr nicht ein Fass im Weg gestanden wäre. Sie wollte darauf springen und bemerkte zu spät, dass das Fass keinen Deckel hatte.

Im letzten Moment versuchte sie mit den Füßen auf dem Rand des Fasses aufzukommen, doch sie rutschte ab und fiel hinein.

Es war mit Wasser gefüllt. Bis zu ihrer Hüfte reichte es und durchtränkte ihr Kleid. Die Männer lachten. Tränen traten ihr in die Augen.

Wo war der Lebensgeber in solchen Augenblicken? Arme packten sie und zogen sie aus dem Fass. Unkontrolliert begann sie zu schluchzen. Innerlich verachtete sie sich dafür. Wie oft hatte sie sich ausgemalt, wie sie sich verteidigte? Wie oft hatte sie behauptet, sie würde in ausweglosen Situationen nicht eine Träne vergießen?

Alles nur Wunschdenken.

Doch wieso sollte sie sich nicht wehren? Sie konnte sich entscheiden, ob sie sich wehren oder es einfach akzeptieren würde.

Da fiel ihr plötzlich das Messer ein, das in ihrem Stiefel steckte. Der Mann, der sie aus dem Fass gehoben hatte, ließ sie los. In diesem Moment zog sie ihr Messer und stach auf ihn ein. Wiederum griffen Arme nach ihr und wollten ihr das Messer entwenden. Doch sie hielt es so fest in der Hand, als wäre es ihr Herz. Wie eine Wilde stach sie damit um sich.

Plötzlich packte jedoch jemand ihre Hand und drehte sie nach oben. Sie ließ das Messer fallen und ihre Verzweiflung kehrte zurück.

Verloren. Sie hatte endgültig verloren. Nun gab es nichts mehr, was sie noch retten konnte. Sie hatte verloren.

In diesem Moment gab sie sich auf.

 

*

 

Noch immer war nichts geschehen. Der Mann stand immer noch da und hielt ihre Hand fest. Ein Weinkrampf hatte sie befallen. Inzwischen tat ihr alles weh. Sie wollte nur noch, dass es vorbei war. Durch ihr endloses Schluchzen hindurch glaubte sie, eine Stimme zu hören.

Sie versuchte, sich auf die Worte zu konzentrieren, doch dies gelang ihr erst, als sie sich dazu zwang. Noch immer weinte sie, doch es gab kurze Pausen zwischen ihren Weinanfällen. In diesen Pausen konnte sie die Worte verstehen und sie stockte.

„ …ist ja schon gut. Es ist vorbei. Sie können dir nichts mehr tun. Es ist vorbei, Kathi.“

Dieses letzte Wort ließ sie in ihrem Schluchzen innehalten. Sie hob den Kopf und blickte dem Mann ins Gesicht, der vor ihr stand und ihr das Messer abgenommen hatte.

Es war Tom.

Noch nie war sie so glücklich gewesen, jemanden zu sehen. Sie entspannte sich ein wenig, lehnte sich dann gegen ihn und begann erneut zu weinen. Er ließ ihre Hand los und nahm sie in den Arm. „Ist ja schon gut. Es ist vorbei.“

Immer noch zitterte sie unkontrolliert.

Es dauerte ziemlich lange, bis sie sich wieder gefangen hatte. In der ganzen Zeit blieb Tom bei ihr und hielt sie fest.

Schließlich löste sie sich aus seinem Griff und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Plötzlich schämte sie sich dafür, dass sie ihre Schwäche so offen gezeigt hatte. Sie wandte sich ab und sah etwas auf dem Boden liegen.

Es war ein Mann und er rührte sich nicht mehr. Er war tot. Als sie sich umsah, erkannte sie, dass drei der vier Männer hier lagen und sich nicht mehr rührten. Erschrocken drehte sie sich wieder zu Tom um. „Warst du das?“

Er blickte ihr fest in die Augen, als er ihr antwortete: „Nein.“

„Aber wer … ?“ Katharina stockte und sah an sich herab. Ihr Kleid war blutverschmiert und auch an ihren Händen klebte Blut. Zuerst verstand sie nicht recht, wieso, doch dann fiel es ihr wieder ein.

Das Messer.

Sie schlug sich die Hand vor den Mund und wieder rannen ihr Tränen über das Gesicht. Leise sagte sie: „Ich war es. Ich habe diese Männer umgebracht. Ich habe Leben ausgelöscht.“

Erneut überfiel sie ein Weinkrampf.

Sie bemerkte zuerst gar nicht, dass Tom sie bei der Hand genommen und aus der Gasse geführt hatte.

Er drängte sie dazu, sich zu setzen. Dann ging er vor ihr in die Knie. „Du hast dich nur verteidigt. Diese Männer sind selbst schuld daran.“ Katharina blickte ihm in die Augen. „Ich hätte sie nicht töten müssen. Ich wollte sie doch nur verletzen. Ich wollte ihnen entkommen und sie nicht töten. Ich bin eine Mörderin.“

„Nein“, entgegnete Tom, „du bist das Opfer, zwar kein wehrloses Opfer, aber du warst das Opfer. Wenn man diese Männer erwischt hätte, wären sie ohnehin hingerichtet worden. Es wäre auf dasselbe hinausgelaufen.“

Katharina versuchte sich zusammenzureißen und um sich abzulenken, fragte sie: „Wieso warst du es, der mich gefunden hat?“

„Nun ja.“ Er richtete sich wieder auf und zog sie ebenfalls auf die Füße, dann ging er mit ihr die Straße entlang. „Weißt du, ich habe gehört, wie du gesagt hast, dass du ohne deinen Bruder den Weg zurück nicht mehr finden würdest. Deshalb bin ich dir hinterher. Dann habe ich gesehen, wie du dich von einem der Männer losgerissen hast und weggelaufen bist. Ich bin euch sofort hinterher. Auf der Straße bin ich dann aber mit einem Mann zusammengestoßen. Ich bin hingefallen und habe kurz die Orientierung verloren. Als ich mich wieder aufgerichtet hatte, wart ihr verschwunden. Ich habe jede einzelne Gasse nach euch abgesucht und gefunden habe ich dich nur, weil einer dieser Mistkerle aus dieser Gasse gerannt kam. Ich bin sofort hier hergelaufen und du hast mit dem Messer auf mich eingestochen.“

Erst jetzt fiel Katharina ein Blutfleck auf seiner Jacke auf. Sie hatte ihm in ihrer Raserei in die Schulter gestochen.

Tom bog ab und betrat ein Haus. Er schob sie auf einen Stuhl und erklärte ihr, sie solle warten.

Hastig eilte er die Stiege hinauf.

In der Dunkelheit sah sie Bilder. Sie sah die Männer, die tot am Boden lagen. Sie hatte sie getötet und nichts, was sie tat oder sagte, konnte etwas daran ändern.

Von nun an würden diese Bilder sie in ihre Träume verfolgen und jedes Mal, wenn es dunkel sein würde wie jetzt … . Dunkel. Es war dunkel. Die Sonne war bereits untergegangen. Sie hätte längst bei der Herberge sein müssen. Ihr Vater machte sich bestimmt schon Sorgen. Ruckartig stand sie auf und ging auf die Tür zu. Kaum hatte sie diese durchschritten, rief Tom: „Geh jetzt nicht schon wieder ohne dich zu verabschieden!“ Katharina wandte sich um. „Ich muss zu meinem Vater. Er macht sich bestimmt schon Sorgen.“

Der junge Mann kam die Stiege herunter. Irgendetwas hielt er in den Händen, doch Katharina konnte nicht erkennen, was es war. „Mit diesem blutverschmierten Kleid würde ich nicht auf die Straße gehen. Das wäre gefährlich. Die Soldaten würden dich aufhalten. Hier, nimm das.“

Er hielt ihr das Bündel hin, das er in der Hand gehalten hatte. Sie griff danach und schüttelte es auseinander. Es war ein Kleid. „Es gehört meiner Schwester, aber sie trägt es sowieso nie“, erklärte Tom. „Das kann ich nicht annehmen. Es käme mir vor wie Diebstahl“, erwiderte Katharina. „Du kannst es mir ja wieder zurückgeben, aber wenn du unbeschadet zurück zu deinem Vater willst, solltest du es anziehen und mir sagen, wo du wohnst.“

Sie seufzte. „Na gut. Ich ziehe es an, aber ich gebe es dir wieder zurück.“ Tom nickte nur und drehte sich um. Hastig zog Katharina das blutverschmierte Kleid aus und schlüpfte in das Kleid von Toms Schwester.

Es war ihr ein bisschen zu groß, doch sie wollte sich nicht beklagen. „Fertig“, sagte sie nur und Tom drehte sich wieder um.

„Steht dir gut. Jetzt musst du mir nur noch sagen, wo du wohnst, dann bringe ich dich dorthin.“ Er sah sie fragend an.

Katharina versuchte, sich an einen Namen zu erinnern, doch sie wusste nur noch, wie der Besitzer der Herberge ausgesehen hatte. Wenn sie sich recht erinnerte, hatte es auch kein Schild gegeben, das einen Namen gezeigt hätte. Deshalb zuckte sie nur mit den Achseln. „Ich weiß nur noch, wie der Wirt ausgesehen hat.“

„Das ist doch schon einmal ein Anfang. Also, wie hat er ausgesehen?“

Angestrengt versuchte Katharina sich zu erinnern. Er war ziemlich dick, hatte einen runden Kopf und abstehende Ohren.“ Nun dachte Tom intensiv nach und nach einigen Sekunden sagte er: „Tut mir leid, das sagt mir gar nichts.“

„Verdammt“, schimpfte Katharina.

„Schon gut, reg dich nicht auf“, beschwichtigte sie Tom, „ich glaube, ich kenne jemanden, der wissen könnte, von wem du sprichst. Komm mit!“

 

*

 

Zielstrebig hatte Tom sie durch Straßen und Gassen geführt. Katharina hatte schon nach wenigen Abzweigungen wieder völlig die Orientierung verloren. Sie ging dicht neben Tom, um ihn nicht aus den Augen zu verlieren. Noch einmal bog er um eine Ecke, dann ging er auf ein großes Gebäude zu. Auf einem Schild über der Tür stand: „Zum lachenden Narren“

Tom hielt ihr die Tür auf und sie trat ein. Als ihr der Geruch von gebratenem Fleisch in die Nase stieg, lief ihr das Wasser im Mund zusammen und ihr Magen meldete sich. „Mir scheint du hast seit längerem nichts mehr gegessen“, sagte Tom grinsend.

Katharina zuckte nur mit den Schultern, weil sie nicht wusste, was sie sagen sollte. Es war beinahe fünf Tage her, seit sie das letzte Mal etwas Warmes gegessen hatte.

Tom führte sie zu einem Tresen und deutete ihr, sie solle sich setzen.

„Ich muss zu meinem Vater“, erklärte sie nachdrücklich. „Du weißt aber nicht, wie du dorthin findest. Deshalb sind wir hier. Ein Wirt kennt fast jeden und dieser Wirt kennt diesen Mann, von dem du gesprochen hast, ganz bestimmt.“

Da sie nicht wusste, was sie sonst machen sollte, setzte sich Katharina auf einen der hohen Stühle, die beim Tresen standen. Auch Tom setzte sich.

Schon nach wenigen Minuten kam der Wirt. Als er Tom erblickte kam er sofort auf die beiden zugeeilt. „Dass ma’ dich wieder einmal sieht. Ich hab’ schon glaub’t, du würd’st gar nit’ mehr kommen.“ Der Wirt sprach seltsam. Man verstand zwar, was er sagte, doch bei manchen Worten verschluckte er Silben.

„Ich suche jemanden, Felix. Deshalb bin ich auch hier.“

Sofort wurde der Wirt hellhörig. „Egal, wen’s such’st, ich kenn ihn.“ „Das hatte ich gehofft.“ Tom lächelte ihr kurz aufmunternd zu.

„Ich suche jemanden, der ziemlich dick ist, einen runden Kopf und abstehende Ohren hat.“ Der Wirt dachte kurz nach. „Abstehn’de Ohren. Da gibt’s viele. Geht’s auch ein bisschen genauer?“ Fragend blickte der Wirt Tom an, der wiederum Katharina anblickte. „Nun ja, er sah aus wie jemand, dem man nicht den Rücken zukehren sollte.“

„Natürlich! Jetzt weiß ich, wen’s mein’st. Den Oskar aus der Viaregina.“ Katharina blickte Tom fragend an. „Die Viaregina? Viaregina? Ach ja, das ist doch die Straße, wo dieser Brunnen gebaut worden ist, oder?“ Er sah den Wirt fragend an. Dieser nickte begeistert. Es schien, als wollte er auch etwas sagen, doch Tom packte Katharina am Arm und führte sie aus dem Gasthaus.
 

©Fianna 2009 

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Über den Autor

Fianna
Ich
...bin Österreicherin
...studiere Archäologie, Germanistik und Geschichte
...vertrage Kritik, solange sie begründet und ehrlich ist
...lese quer durch viele Genres
...glaube anders als Max Frisch und ähnlich wie Bert Brecht dass Literatur sehr wohl (wenn auch nur in geringem Maße) dazu beitragen kann, gesellschaftiche Veränderungen zu erwirken


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Fianna Re: Flüssig erzählt... -
Zitat: (Original von EwSchrecklich am 04.04.2012 - 15:42 Uhr) ...uznd spannend.
Werde mir wohl gleich den zweiten Teil vornehmen, bin schon gespannt wie's weitergeht.
Jedenfalls wieder super erzählt.

lg


Dankesehr.

Liebe Grüße
Fianna
Vor langer Zeit - Antworten
EwSchrecklich Flüssig erzählt... - ...uznd spannend.
Werde mir wohl gleich den zweiten Teil vornehmen, bin schon gespannt wie's weitergeht.
Jedenfalls wieder super erzählt.

lg
Vor langer Zeit - Antworten
Fianna Re: Liest sich spannend, Deine Geschichte -
Zitat: (Original von baesta am 03.04.2012 - 19:22 Uhr) aber ich glaube, Du hast den Titel falsch geschrieben. Spinnen heißen, glaube ich, auf Latein >Arachneach< vergessen. Und mir stellt sich die Frage, in welcher Zeit diese Geschichte spielt.
Ansonsten gibt es nichts zu "meckern" Die Handlung steigert sich und man darf gespannt sein......

Liebe Grüße
Bärbel


Danke für deinen Hinweis, aber ich habe extra im Stowasser nachgsehen und es heißt Aranea. Da es allerdings ein Fantasyroman ist, habe ich ohnehin nicht so großen Wert auf sprachliche Richtigkeit gelegt, was man daran erkennen kann, dass ich den Titel im Grunde falsch übersetzt habe, da "Insula araneae" eigentlich "Die Insel der Spinne" und nicht "Die Insel der Spinnen" heißen müsste. (Im Laufe der Geschichte wird sich aber herausstellen, dass auch die richtige Übersetzung zutreffend wäre)
Ich dachte mir allerdings auch, dass sich Namen im Laufe der Jahrhunderte oft verändern, weshalb ich mir die Freiheit genommen habe, die lateinische Grammatik ein wenig zu vernachlässigen:-)

Was die Zeit angeht, in der die Geschichte spielt, so würde ich es in einem fiktiven späteren Mittelalter ansiedeln.

Danke für's Lesen.

Liebe Grüße
Fianna
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Liest sich spannend, Deine Geschichte - aber ich glaube, Du hast den Titel falsch geschrieben. Spinnen heißen, glaube ich, auf Latein >Arachneach< vergessen. Und mir stellt sich die Frage, in welcher Zeit diese Geschichte spielt.
Ansonsten gibt es nichts zu "meckern" Die Handlung steigert sich und man darf gespannt sein......

Liebe Grüße
Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
Fianna Re: Sehr schöne Einführung in die Geschichte -
Zitat: (Original von Chimera am 04.01.2012 - 11:11 Uhr) kann ich nur sagen. Es macht wirklich Spass zu lesen, wie du diese mittelalterlich anmutenden Welt von der kleinen Familie aus immer weiter entfaltest.
Die Charaterisierung der auftauchenden Akteure gefällt mir ebenfalls, wobei du noch genügend Spielraum für künftige Entwicklungen lässt.

Ich bin wirklich gespannt, wie und ob die Handlungen in diesem Abschnitt sich in der Zukunft der Geschichte auswirken.

Danke dir, Fianna.

Liebe Grüße
Chimera



Vielen Dank, dass du dir die vielen Seiten angetan hast. Es freut mich, wenn es dir bisher gefällt.
Vor langer Zeit - Antworten
Fianna Re: Sehr schöne Einführung in die Geschichte -
Zitat: (Original von Chimera am 04.01.2012 - 11:11 Uhr) kann ich nur sagen. Es macht wirklich Spass zu lesen, wie du diese mittelalterlich anmutenden Welt von der kleinen Familie aus immer weiter entfaltest.
Die Charaterisierung der auftauchenden Akteure gefällt mir ebenfalls, wobei du noch genügend Spielraum für künftige Entwicklungen lässt.

Ich bin wirklich gespannt, wie und ob die Handlungen in diesem Abschnitt sich in der Zukunft der Geschichte auswirken.

Danke dir, Fianna.

Liebe Grüße
Chimera



Vielen Dank, dass du dir die vielen Seiten angetan hast. Es freut mich, wenn es dir bisher gefällt.
Vor langer Zeit - Antworten
Chimera Sehr schöne Einführung in die Geschichte - kann ich nur sagen. Es macht wirklich Spass zu lesen, wie du diese mittelalterlich anmutenden Welt von der kleinen Familie aus immer weiter entfaltest.
Die Charaterisierung der auftauchenden Akteure gefällt mir ebenfalls, wobei du noch genügend Spielraum für künftige Entwicklungen lässt.

Ich bin wirklich gespannt, wie und ob die Handlungen in diesem Abschnitt sich in der Zukunft der Geschichte auswirken.

Danke dir, Fianna.

Liebe Grüße
Chimera
Vor langer Zeit - Antworten
Epilog Spannend und... - flüssig erzählt. Sehr gut.
Liebe Grüße
Rainer
Vor langer Zeit - Antworten
ShiningEnzian also mein Interesse haste auf jeden Fall geweckt. Ich werde es auf jeden Fall weiterlesen. Einfach nur super. Aus dir könnte mal wirklich eine super gute Schriftstellerin werden *-*
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NORIS eine tolle story - auf deren fortgang ich sehr neugierig bin

lg heidemarie
Vor langer Zeit - Antworten
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