Science Fiction
Project Albagan [1x02] - Thibida

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"Project Albagan [1x02] - Thibida"
Veröffentlicht am 27. Oktober 2010, 32 Seiten
Kategorie Science Fiction
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Project Albagan [1x02] - Thibida

Project Albagan [1x02] - Thibida

Beschreibung

//Fortsetzung der Serie Project Albagan. Neue Episoden gibts in geraden Kalenderwochen Samstags ab 20.15 auf http://s-hilgert.blogspot.com //Zum Inhalt: Das Expeditionsteam auf Inistra findet heraus, wo der Heimatplanet der Fuetron liegt. Zusammen mit einigen Soldaten gehen Mary Lu Rosenthal und Jan Ferden auf die Reise nach Thibida. Dort aber läuft es nicht ganz nach Plan...

26.10.2010, 16.00 Lokaler Zeit // Inistra, Konferenzraum

Einen Tag später saßen alle zusammen wieder im Konferenzraum. Dr. Carabezzoni hatte gute fünf Stunden gebraucht, um allen die silbernen Halsbänder abzunehmen. Anscheinend hatten sie sich in ihre jeweiligen Nervensysteme eingeklinkt und damit bestimmte Signale unterbrochen und dafür andere eingeführt. Carabezzoni war beeindruckt gewesen. Rosenthal weniger. Alle hatten sie rote Wunden an den Stellen, wo die Bänder ‚angeschlossen‘ gewesen waren.

„Aber eins verstehe ich immer noch nicht“, meinte Jan, der als einziger noch immer im Rollstuhl saß, weil sein System die Kombination aus Halsband und Bewusstlosigkeit ziemlich schlecht vertragen hatte. Carabezzoni war aber der Überzeugung, dass sich die Nachwirkungen innerhalb der nächsten ein, zwei Tage geben sollten.

„Und das wäre?“ fragte der Captain.

„Woher wusste das Rettungsteam wo wir waren. Ich meine, nicht das mir das nicht recht wäre, aber wie habt ihr uns gefunden?“

Williamson lachte.

„Daran bin wohl ich schuld“, erklärte sie, „ich war mal Teil eines Projekts zur Auffindung von entführten Soldaten. In meinem Oberschenkel sitzt ein Transponder, der ständig Funkwellen aussendet. Mit dem passenden Gerät kann man den Transponder dann lokalisieren.“

Charleston nickte.

„Obwohl es nicht leicht war, euch da drinnen zu finden. Wir mussten vier Wächter bestechen damit sie uns zu eurem Verlies geführt haben.“

Jan neigte den Kopf.

„Bestechen? Womit das denn?“

Die anderen lachten ob der schon irgendwie naiven Frage.

„Mit etwas Blei,“ lachte der Sergeant, und mit einer Bombe, die ich um den Bauch trug.“

„Sie hatten eine Bombe um den Bauch!?“

Charleston lachte wieder.

„Nein, aber die Mechanikerin, die und Springer hier her befördert hat kann verdammt gut basteln…“

„Heißt das, dass wir bald den Zug benutzen können?“ fragte Rosenthal, die als einzige am Tisch grau und eingefallen aussah. Sie hatte immer noch an ihren Aktionen zu leiden, auch wenn es nicht ihre eigenen gewesen waren.

In diesem Moment öffnete sich die Tür und eine attraktive Frau Mitte zwanzig betrat den Raum. Auf ihrem Kopf saß eine dreckig blaue Wollmütze, darunter quollen ein paar Haare hervor. Im Gesicht waren ein paar Streifen aus Fett und Öl zu sehen.

„Der Zug geht wieder,“ sagte sie ohne Begrüßung.

„Meine Dame und Herren, darf ich vorstellen, Laura Craig, ehemals Bolling Air Base“ stellte Hedgefield die Frau mit einem leicht säuerlichen Gesichtsausdruck vor. Sie wollte schon wieder gehen, als Lukas Rütli den großen Fehler beging zu sagen,

„Eine Frau als Mechanikerin?“

Sofort drehte sich Craig um und fixierte ihn mit ihrem Blick. Auch Rosenthals Augen verengten sich ein Stück.

„Sagen Sie, Dr. Rütli, haben sie schon mal ein Auto repariert?“ fragte Craig kalt.

Rütli nickte.

„Haben Sie ihr Werkzeug mit dem Schwanz gehalten oder mit den Händen? Oder vielleicht mit ihren Eiern?“

Rütli wurde rot und stotterte etwas vor sich hin.

„Sehen Sie?“ sagte Craig, „Man braucht also weder Eier noch Schwanz um als Mechaniker zu arbeiten. Wenn Sie mir das nicht glauben, können wir ja einen Wettstreit machen. Ich würde sie zu gern verlieren sehen.“

Damit drehte sie sich um und ging festen Schrittes aus dem Raum. Rütli schnappte nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen.

„Machen Sie nichts draus, Doktor. Ich bin auch schon mit ihr aneinandergeraten. Ich lebe auch noch. Damit wäre die Sitzung jedenfalls beendet. Dr. Rosenthal, ich würde gerne noch ein Wort mit Ihnen reden.“

Als alle gegangen waren, sagte der Captain leise,

„Ich weiß, dass sie sich Vorwürfe machen. Ich würde das auch tun. Aber es bringt nichts. Sie hätten das Leben des Soldaten nicht retten können. Keiner hätte das gekonnt.“

„Wir hätten nicht gehen sollen“ flüsterte Rosenthal und eine Träne rann ihre Wange hinab. Der Captain legte seine Hand um ihre Schulter.

„Wir wären irgendwann gegangen. Wahrscheinlich mit dem gleichen Ergebnis. Ich möchte, dass Sie sich darüber im Klaren sind. Wir brauchen Sie hier. Außerdem ist Aktion nach wie vor das Beste Mittel gegen Kummer.“

Eine Träne lief über Rosenthals Gesicht. Abe sie sagte nichts.

„Wenn Sie darüber reden wollen bin ich sicherlich der falsche Ansprechpartner. Ich bin Soldat, kein Psychologe. Aber soweit ich weiß hat unser Doktor ein wenig Erfahrung mit solchen Dingen.“

Rosenthal stand auf und schüttelte dem Captain die Hand.

„Danke.“, sagte sie. Dann drehte sie sich und ging.

24.10.2010, gegen 12.00 Uhr lokaler Zeit // Inistra, Konferenzraum

Der Konferenzraum schien früher mal eine Art Leitungsrat beherbergt zu haben, jedenfalls verfügte er über einen kleinen Vorraum, einen riesigen Bildschirm, einen langen Tisch aus Holz mit feiner Maserung sowie ein Panoramafenster, welches auf der langen Seite des gut fünfzehn Meter langen Raumes eingebaut war.

Am Tisch saßen die Leiter der vier wissenschaftlichen Abteilungen Physik, Chemie, Biologie und Erforschung extraterrestrischen Lebens, sowie der ‚Scheriff‘ Sergeant Charleston mit seinem Deputy Sergeant Williamson. Außerdem natürlich der Captain. Es schien die Sonne, den Raum in helles Licht tauchend, während Mary Lu Rosenthal ihre neusten Erkenntnisse vortrug. Sie hatte einen Schulungsraum gefunden, und sich daraufhin so weit wie möglich durch die Datenbanken gelesen. Mit einem Lernprogramm für Kinder hatte sie sich weiter das Ärgeba, das Alphabet der Chibigo beigebracht.

„Ich glaube, dass ich heute Morgen noch die beste Entdeckung gemacht habe,“, sagte sie gerade. Gespannte Mienen am Tisch.

„In der Datenbank befindet sich eine riesige Unterdatenbank, die nur den Fuetron gewidmet ist. Darin enthalten ist, wenn ich das richtig verstanden habe, auch die Albagan Adresse nach Thibida, dem Heimatplaneten der Fuetron. Ich denke, wir sollten dem mal einen Besuch abstatten.“

Jan lehnt sich vor.

„Ich hoffe jetzt einfach mal, dass du mit ‚mal‘ eine etwas entferntere Zukunft meinst.“

Rosenthal lächelte.

„Eigentlich sollten wir sogar so schnell wie möglich hin,“ sagte sie, „denn hier scheint sich außer uns niemand aufzuhalten. Die Adresse führt allerdings wohl in eine Art sicheres Haus der Chibigo, einen geheimen Außenposten.“

„Der inzwischen, genauso wie diese Stadt, verlassen sein könnte. Oder, noch besser, von den Fuetron ausgehoben. Nein, ich denke, dass wir zuerst die Stadt untersuchen sollten. Das dürfte sowieso fürs erste genug Arbeit sein.“

Der Captain schüttelte den Kopf.

„Da bin ich anderer Meinung. Die Stadt zu durchsuchen wird einige Zeit in Anspruch nehmen, aber da sie uns wohl kaum davonlaufen wird sollten wir die Möglichkeit nutzen uns auf dem Planeten der Fuetron umzusehen.“

Jan schlug mit der Hand auf den Tisch.

„Sind Sie wahnsinnig, Hedgefield? Die Adresse könnte inzwischen zur Falle geworden sein, wir haben nicht die geringste Ahnung was uns dort erwartet!“

Hedgefield stand auf.

„Was ist das hier bitte? Ein verdammter Kindergarten? Ich darf Sie daran erinnern, Ferden, dass ich hier das Kommando habe und Sie verdammt noch mal meinen Befehlen zu gehorchen haben?“

Er setzte sich wieder hin.

„Mal davon abgesehen, dass wir ihren Physiker-Arsch da besser gebrauchen können, als hier. Sgt. Williamson wird das Team leiten, das hinübergehen wird, im Team sind Dr. Rosenthal, Dr. Rütli und Dr. Ferden sowie Mr. McGarrett und einige Sicherheitskräfte. Sollten sie zwölf Stunden später nicht zurück sein schicken wir ein Rettungsteam. Abfahrt ist um 1500, sie sollten sich also beeilen.“

 

Drei Stunden später marschierte das Team den Tunnel hinab in Richtung Portalraum.

„Was ist eigentlich mit dieser seltsamen Konstruktion?“ fragte er missmutig und deutete auf die Schienenkonstruktion an der Seite.

„Wir haben oben eine Art Zug gefunden, aber er funktioniert nicht. Ich habe aber Jack Springer schon damit beauftragt uns einen Mechaniker hier herzuschicken.“

Schweigend liefen sie weiter, wobei Jans Gesicht immer länger wurde. Schließlich erreichten sie jedoch das Portal, bauten die Verbindung auf und stiegen hindurch. Jan bemerkte, dass die Verbindungssequenz hier viel problemloser von statten ging, als auf der Erde, aber das war vermutlich nur eine Frage der Technik.

Die Soldaten unter Führung von Sgt. Williamson gingen zuerst durch. Als sie ihr OK gaben, folgten die Wissenschaftler, und zum Schluss ging auch McGarrett, der Survival-Experte hindurch.

 

Auf der anderen Seite bemerkte Jan erst einmal ein Ziehen in den Beinen. Er fühlte sich schwer und unwohl, bis ihm aufging, dass auf diesem Planeten eine andere Gravitation herrschen musste. Den anderen war es ebenfalls aufgefallen.

Sie befanden sich in einem dunklen Raum, der nach abgestandener Luft roch. Er war klein, gerade groß genug um das Albagan beherbergen zu können, welches in diesem Moment mit einem Plopp in sich zusammenfiel. Mit Taschenlampen leuchteten sie durch den Raum, aber er war bis auf das Albagan-System völlig leer. An einem Ende befand sich eine Tür. Williamson zeigte auf zwei ihrer Soldaten und dann auf die Tür. Die beiden nickten, öffneten die Tür und sicherten den Bereich dahinter. Dann gaben sie über ihre Kehlkopfmikrofone ein OK durch.

Vorsichtig traten sie in den Raum dahinter. Es handelte sich um ein Dielenartiges Zimmer, welches den Staubfäden nach zu urteilen lange nicht mehr gepflegt worden war. An einer Seite befand sich ein mit Vorhängen abgedunkeltes Fenster. Jan schritt darauf zu und öffnete sie einen Spalt breit. Etwas gelbliches Licht schien hinein, aber das Fenster war zu blind um wirklich etwas erkennen zu können. Jan wollte gerade etwas sagen, als sich plötzlich mit einem lauten Knall die Tür zu ihrer Rechten öffnete und eine Gruppe bewaffneter Wesen hereinstürmte. In Windeseile fielen drei der vier Soldaten, die sie begleitet hatten. Instinktiv nahm Jan die Hände hoch. Williamson und der verbliebene Soldat ließen ihre Waffen fallen. Das nächste, an das Jan sich erinnerte war ein heller Blitz und dann bodenlose schwärze.

 

Jan Ferden erwachte in einem Meer aus Schmerzen. Vorsichtig öffnete er die Augen. Er befand sich in einem düsteren Raum ohne Fenster. Er konnte eine zusammengekrümmte Gestalt vor ihm erkennen und eine weitere in seinem rechten Augenwinkel. Er versuchte sich zu drehen, um erkennen zu können, ob noch jemand da war, aber sein Körper gehorchte ihm nicht. Seine Fingerspitzen konnte er zwar bewegen, aber das war’s dann auch. In diesem Moment öffnete sich zischend eine Tür, schräg über Jans Position. Er staunte nicht schlecht, als er Mary Lu Rosenthal sah. Er wollte etwas sagen, doch auch das konnte er nicht. In diesem Moment ging ein Ruck durch seinen Körper und wie von selbst – nein, wirklich von selbst, völlig ohne sein Zutun - drehte sich sein Körper und stand auf. Als er stand probierte Jan es noch einmal. Aber er konnte nach wie vor nicht mehr als seine Fingerspitzem bewegen, seine Augenlieder und seine Zunge. Und das war‘s.

„Ihr fragt euch sicher, was das hier soll“, sagte Mary Lu mit sonorer, emotionsloser Stimme, als die verbliebenen Mitglieder des Teams vor ihr standen.

„Ihr habt unerlaubt den Planeten der Fuetron, der Herren, betreten, niedere Chibigo. Wir wissen alles über euch, warum ihr hier seid und was ihr wollt. Ihr wollt uns besiegen. Aber ihr werdet wieder Scheitern, so wie ihr letztes Mal gescheitert seid ihr erbärmlichen Würmer.“

Jan bemerkte, wie sich in Mary Lus Augen Tränen sammelten. Dann sah er das seltsame silbrige Band, welches sie um den Hals trug. Vermutlich hatten die Fuetron irgendwie von ihrem Geist Besitz ergriffen, um sich mit ihnen verständigen zu können – und um ihre Macht zu demonstrieren.

„Für euren Versuch, ihr Elenden, werdet ihr teuer bezahlen. Ihr könnt euch nicht bewegen, dass wissen wir zu verhindern. Und nun, werdet ihr sterben. Kwihiit Muldaan!

Die letzten zwei Worte kamen nicht aus Rosenthals Mund, sondern schienen von überall her zu stammen. In diesem Moment setzte sich Rosenthal in Bewegung, ruckartig. Langsam stakste sie auf den verbliebenen Soldaten zu. Kein Laut störte das Knacken, mit dem sie ihm das Genick brach. Jan sah wie eine Träne ihre Wange hinablief. Sie schüttelte sich wie ihn Krämpfen, dann stakste sie weiter. Zu Jan.

 

In Rosenthals Kopf schrie alles. Mary Lu versuchte krampfhaft wieder die Kontrolle über ihren Körper zu erlangen, aber sie hatten ihr nur ihre Augen gelassen und den Rest ihres Geistes in die hinterste Ecke ihres Kopfes gesperrt und sie konnte nichts dagegen unternehmen. Verzweifelt versuchte sie ihrem Körper Einhalt zu gebieten, doch seit sie dieses seltsame Band um den Hals hatte, hatten die Fuetron ihren Körper übernommen.

„Oh, wie sie sich windet,“ lachte Rosenthals Mund, „sie schreit und tritt und beißt in ihren Gedanken, aber alles bringt nichts. Ihr werdet alle sterben, und dann werden wir eure Leichname zurück durch das Portal schicken als Gruß an eure Freunde da draußen.“

Ein Fuetron erschien im Türrahmen. Das Wesen sah aus wie auf dem Bild auf der Scheibe. Jan sah, dass Rosenthal bleich wurde, während das Wesen seinen schmalen Mund verzog, und Rosenthals Körper sich in Bewegung setzte. Plötzlich hatte Jan eine Idee. Noch immer standen sie beisammen, Und Jan fieberte, wie er sich mit den anderen verständigen sollte. Rosenthal streckte die Arme aus, zwei Meter von Jan entfernt. Dann blieb sie plötzlich stehen. Der Fuetron zischte mit seinen flachen Nüstern, dann drehte sich Rosenthal um ein paar Grad und ging weiter zu Paul McGarrett. Jan fragte sich wieso, bis er aus den Augenwinkeln erkannte, dass dieser die gleiche Idee gehabt haben musste wie er, nur das er auch einen Weg gefunden haben musste diese auch in die Tat umzusetzen: Der Schotte versuchte durch die Bewegungssperre hindurch seinen eigenen Tod zu simulieren. Keine leichte Aufgabe, aber der Survival-Experte hatte es offensichtlich geschafft die Sperre zu umgehen.

Als Jan sah, wie sich die Lippen des Schotten bläulich einfärbten, wusste er auch wie. Sofort hielt er den Atem an. Interessant, das schien zu funktionieren. Leider besaß er aber nicht das Durchhaltevermögen des Schotten, der bereits wachsbleich im Gesicht war. Aus den Augenwinkeln sah er wie Rosenthal zögerte. Offensichtlich hatte der Fuetron nicht damit gerechnet, dass sich sein Opfer lieber selber umbrachte. Dann aber zuckte Rosenthal mit den Schultern und trat einen Schritt während McGarrett bewusstlos zusammenklappte. Auch Jan sah bereits Schlieren vor den Augen und im nächsten Moment wurde ihm schwarz vor Augen. Er bekam schon nicht mehr mit, wie er auf dem Boden aufschlug.

 

Mary Lu Rosenthal erkannte den Plan ihrer Kumpane ebenfalls. Wenn man sie für tot hielt würde man sie vielleicht so durch das Portal werfen. Obwohl sie nicht glaubte, dass es funktionieren würde, hoffte sie, dass es ihnen zumindest einen Zeitvorteil verschaffen würde, um einen vernünftigen Plan zu entwickeln. Das ganze hatte jedoch ein großes Problem: Während nun auch Williamson sich selbst in die Bewusstlosigkeit versetzte, hatte Lukas Rütli noch nicht begriffen was los war. Verzweifelt versuchte sie einen Weg zu finden ihm den Plan der anderen verständlich zu machen, bevor sie ihn töten musste. Langsam setzte sich ihr Körper in Bewegung. Eine weitere Träne lief ihr über das Gesicht, als sie feststellte, dass selbst wenn sie Lukas jetzt noch warnen würde es vermutlich zu lange dauern würde bis er bewusstlos war. Verzweifelt versuchte sie die Kontrolle an sich zu reißen. Der Fuetron hinter ihr gab ein kehliges Geräusch von sich, ein Lachen vermutlich.

Nur noch wenige Meter trennten sie von dem schweizer Physiker. Er war bleich vor Angst und man sah in seinen Augen die Verzweiflung. Wie ein Zombie streckte Rosenthal die Arme aus. Noch zwei Meter.

Noch ein Meter.

Lukas Rütlis Gesicht wurde so weiß wie seine Augäpfel.

Rosenthal schloss die Augen. Ihre Hände berührten Rütlis Hals.

Es Knallte. Rosenthal hielt inne. Sie öffnete die Augen. In Rütlis Augen lag ein flehender Ausdruck. Dann nahm sie die Hände von seinem Hals.

Rosenthal stutzte. Sie besah sich ihre Hände. Probeweise drehte sie ihren Kopf. Sie hatte die Kontrolle wieder. Sie seufzte laut und drehte sich um. Der Fuetron lag auf dem Boden.

„Ich dachte, Sie könnten ein bisschen Hilfe gebrauchen“, sagte Sergeant Charleston und hob die Maschinenpistole in seiner Hand hoch, während zwei weitere Soldaten sich um die Bewusstlosen kümmerten. Rosenthals Beine wurden weich und sie sank auf die Knie.

„Sie brauchen nicht vor mir zu knien, Dr. Rosenthal, aber wenn sie sich schon bei mir bedanken wollen, können sie mir ja helfen ihre Jungs wieder fit zu bekommen.“

Rosenthal weinte vor Erleichterung.

 

23.10.2010 // Inistra

Dr. Jan Ferden drückte einen Schalter auf einem der Kontrollpulte in der runden Kammer über dem Portalraum. Auf einmal flammten überall Lichter auf, im Portalraum, im Gang, in der Kontrollkammer. Jan war beeindruckt. Mary Lu Rosenthal schaute nach oben und sah, dass über dem Albagan-Portal der Raum in eine riesige Kuppel überging, die aus Obsidian zu bestehen schien und bestimmt an die zehn Meter hoch war. Ringförmig an den Rändern der Kuppel angeordnet und in regelmäßigen Abständen bis zum Scheitelpunkt angebracht waren Leuchten, die den Raum in ein helles Licht tauchten. Um sie herum flammten Monitore auf und Schalter begannen zu leuchten. Jan grinste. Scheinbar hatten sie die zentrale Stromversorgung gefunden, nach einer guten Stunde des Suchens und Probierens.

„Nicht schlecht“ kommentierte Captain Mike Hedgefield, der hinter sie getreten war. Der Expeditionsleiter beugte sich über eins der Kontrollpunkte.

„Und was ist mit der dritten Tür, habt ihr schon was gefunden um sie zu öffnen?“

„Und was ist mit Ihrer angeblichen Intelligenz“, fragte Jan bissig zurück, „haben Sie die schon irgendwo gefunden? Wenn Sie nämlich auch nur ein bisschen Grips im Vakuum hätten, wären Sie sicherlich darauf gekommen, dass wir nicht alles gleichzeitig können.“

Damit wandte er sich wieder dem Kontrollpult zu. Hedgefield wollte gerade zu einer empörten Bemerkung ansetzen, als ihn jemand über Funk rief.

„Das wird ein Nachspiel haben“ murmelte er und ging.

Jan machte ein abfälliges Geräusch.

„Soldaten! Ich hasse sie alle. Verdammtes Pack.“

Rosenthal sah vom Kontrollpult auf und drehte sich zu ihm.

„Wieso denn? Er hat dir doch nichts getan.“

„Er ist Soldat. Das reicht.“

Rosenthal schüttelte den Kopf.

„Wenn du jetzt Iraker wärst oder Afghane würde ich das verstehen, aber als Deutscher? Das letzte Mal waren wir bei euch vor 65 Jahren zu Besuch.“

Sie lächelte. Jan nicht.

„Irgendwann erklär‘ ich’s dir. Jetzt lass uns erst einmal einen Weg in die eigentliche Stadt finden.“

Rosenthal schüttelte den Kopf, sagte aber nichts. Gemeinsam besahen sie sich jeden Knopf und jeden Hebel, drückten sich durch Menüs und Programme und verstanden buchstäblich nur einen Bruchteil dessen, was sie sahen. Und das obwohl Rosenthal erstaunlich viel verstand im Vergleich zu Jan, der sich dumm und dümmer vorkam bei Mary Lus Sprachgenie. Sie hatte fast alle Wörter und Zeichen von der Platte auf der Erde im Kopf, und so fanden sie schließlich den Eingang in die Stadt Inistra.

Fünf Minuten später standen sie in einem schier unendlich langen Tunnel. Er war oval, gut vier Meter hoch und an die zehn breit. In der Mitte verlief eine Art Absperrung, rechts davon waren Kabel und schienenartige Stangen zu erkennen. Links befand sich ein Weg, in dem alle paar Meter Stufen eingelassen waren um den Höhenunterschied zu kompensieren. Da sie das Vehikel, welches rechts verkehren sollte nicht finden konnten, waren sie gezwungen zu Laufen. Und das dauerte lange.

Jan besah sich beim Laufen die Wände und Decke des Tunnels. Am Scheitelpunkt verlief eine durchgehende Leuchtleiste, die den Tunnel in ein gelbliches Licht tauchte. Alles schien aus rohem Fels geschlagen zu sein, auch wenn hier alles sehr viel glatter abgeschliffen war als weiter unten.

Nach einer guten halben Stunde erreichten sie eine verzierte Wand. Sie war von mehreren Strahlern in weißes Licht getaucht und war so hoch wie der Tunnel. Der Stein, aus dem sie gemacht war, war weiß und hatte goldfarbene Verzierungen. Jan trat vor und fand prompt eine Auflage, auf die er seine Hand legte. Rosenthal wollte ihn stoppen, doch in diesem Moment löste sich ein Stück der Mauer und schwang als riesiges Tor auf. Den Expeditionsteilnehmern stockte der Atem. Vor ihnen befand sich eine riesige, reich verzierte Halle. Die Decke befand sich gute vier Meter über ihnen, während der Raum selbst gute sechzig Meter lang und dreißig breit war. In der Mitte hing eine Kugel von der Decke, die blaues Licht verstrahlte, während die Wände in regelmäßigen Abständen von unten mit Spotlights angestrahlt wurde. Alles verstrahlte Glanz und Reichtum, was im krassen Gegensatz stand zum Aussehen der Portalkammer.

„Wow“ hauchte Rosenthal. Jan nickte voller Ehrfurcht. Gemeinsam schritten sie durch die Halle. Ihre Schritte hallten von den Wänden wieder. Zwei große, ovale Tore befanden sich etwa auf mittlerer Höhe des Saals jeweils rechts und links von ihnen. Rosenthal ging langsam auf die rechte zu. Anscheinend gab es in der Stadt Bewegungssensoren, denn in diesem Moment glitt die zweiflügelige, gut vier Meter breite Tür auf und gab den Blick frei auf einen weiteren Gang. Einen langen Gang. Mary Lu sah staunend hinein. Jan tippte ihr auf die Schulter.

„Erinnerst du dich an die Ringstruktur auf der Karte?“ fragte er. Rosenthal nickte.

„Könnte es sein, dass dieser Gang einmal komplett drum herum führt?“

Rosenthal legte den Kopf schief.

„Doch, könnte sein. Aber wenn ich mir die Biegung ansehe, würde ich sagen, dass dieser Gang irre lang sein muss.“

Captain Hedgefield, der neben ihnen stand, lächelte.

„Sie sagten doch, dass es viel Arbeit werden würde das alles zu untersuchen.“

Mary Lu verdrehte die Augen. Gemeinsam gingen sie ein Stück in den Gang hinein. Er hatte dieselbe Form wie das Tor, und wirkte auf Jan wie ein versteinertes Raumschiff: Lediglich die Lauffläche mit ihren drei Metern Breite war gerade, der Rest des Ganges war gewölbt. Der Boden war mit großen polierten Granitplatten belegt, die Wände mit einem hellen Stein ausgekleidet, der Jan unbekannt war. Alle dreißig oder vierzig Meter stach eine dünne schwarze Säule aus der runden Wand hervor. Bei näherem Hinsehen stellten sie fest, dass es ich um Obsidian handelte. Die Decke bestand aus einem Stein, der ebenfalls schwarz war und ebenso wie der Boden glatt geschliffen und poliert war. Eine spätere Analyse sollte ergeben, dass es sich dabei um Vulkangestein handelte, aber das nur nebenbei. Helle Leuchtstreifen am Übergang zwischen Decke und Wand tauchten den Gang in ein fast natürliches Licht.

Ehrfürchtig schritten sie durch den Gang, bis sie vor einer in die linke Wand eingelassenen Tür stehen blieben. Über dem Rahmen leuchtete ein blaues Symbol auf: Ein großer Kreis mir einem kleinen Kreis, die sich auf etwa ein Uhr berührten.

„Es ist das Symbol der Chibigo“, erklärte Rosenthal, „das war auch auf der Platte.“

Als sie auf die Tür zutraten gab es ein metallisches Pling, und die Tür glitt leise auf. Vor ihnen befand sich ein kurzer Gang, dahinter ein dunkler, kleiner Raum, etwa fünf mal zehn Meter groß. Rosenthal trat ein und fühlte sich sofort an den Kontrollraum unten am Portal erinnert. Auch hier waren überall Pulte an den Wänden befestigt und hingen Monitore von den Wänden. Instinktiv drückte sie einen der Knöpfe, woraufhin das gesamte System zum Leben erwachte. Auch hier fingen Lämpchen an zu blinken und Monitore leuchteten auf. Dann gab es ein klickendes Geräusch, und die vordere Wand glitt zur Seite, den Blick freigebend auf ein sonnenbeschienenes Tal gute zweihundert Meter unter ihnen. Jan erkannte es sofort wieder.

„Es ist das Tal, das wir auf der Scheibe gesehen haben!“ rief er aus.

Die anderen nickten. Rosenthal wandte sich an Captain Hedgefield.

„Vielleicht sollten wir ein Team schicken, das zumindest den Ringgang einmal komplett abgeht. Vielleicht finden wir ja irgendeinen Hinweis, wo die Chibigo abgeblieben sind.“

Der Captain nickte.

„Und was machen wir hier in der Zwischenzeit?“ fragte er.

„Das gleiche.“

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Sele

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Fianna Eine gelungene Fortsetzung - Die Idee mit den Halsbändern, die Gedanken kontrollieren, finde ich wirlich toll. Einmal etwas anderes.
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