Prolog ~ Der Auftrag
Fred Einauge ließ sich ächzend auf dem klapprigen Stuhl nieder. Das Knarren was dieser daraufhin von sich gab war im überfüllten Schankraum des „ Dreibeinigen Huhns“ nicht zu hören. Irgendwo zwischen Theke und Tür war ein Mann auf den Tisch gestiegen und hatte mit den Worten:
„ Jawohl! Auf meinen Schenkeln fühlt sich deine Frau erst richtig wohl, du drittklassiger Gemüsebauer!“ eine Schlägerei von ungeahntem Ausmaße herraufbeschworen. Innerhalb von einer Sekunde hatte man ihn vom eben diesem Tisch gezerrt, noch eine Sekunde später hatte er seine Schneidezähne einbüßen müssen und so war das ganze schnell eskaliert. Obwohl der Schrei kaum verklungen war prügelten sich dort schon lautstark an die dreißig Leute.
„ Schön dich hier zu sehen.“
Fred wendete seine Aufmerksamkeit seinem Gegenüber zu. Alfonso war ein dürrer Mann, dessen straffe unnatürlich helle Haut wohl noch nie die Sonne gesehen hatte. Er trug den wohl hässlichsten Hut der Welt, fand Fred und hatte seine spindeldürren Finger auf dem Tisch verschränkt. Sein Gesicht strahlte förmlich die Falschheit aus, die hinter diesen Zügen lag und wieder einmal konnte Fred sich nur mit Mühe beherrschen nicht sofort wieder aufzustehen.
„ Ist ja toll das du dich freust! Vielleicht kannst du dich für mich mitfreuen, ich kriege das gerade echt nicht hin.“ mit diesen Worten krempelte Fred sich die Ärmel seines dreckigen Hemdes nach oben und legte seine beiden Arme auf den Tisch.
„ Warum so unfreundlich?“ fragte Alfonso beflissen nach.
„ Keine Ahnung, vielleicht weil du mir gegenüber sitzt? Ja, ich glaube das wird es sein!“
Fred Einauge dachte nicht einmal eine Sekunde daran die Stille, die auf diese Worte folgten zu unterbrechen. Die Männer saßen sich gegenüber und blickten sich an, das hieß Fred fixierte nach einigen Momenten lieber eine erfreulich unbekleidete Frau die einige Tische hinter Alfonso saß.
Die Schlägerei hinter ihnen führte zu einem abruptem Ende als der Wirt mit geladener Armbrust hinter der Theke hervorschoss und wie ein kleiner aufgebrachter Terrier ( mit einer riesigen gespannten Armbrust ) zu brüllen und schimpfen begann.
„ Und? Wie lief deine letzte Reise?“ fragte Alfonso in die Stille hinein. Fred hatte doch gewusst das er die Stille nicht brechen würde, auch wenn man bei diesem Krach eigentlich nicht von Stille sprechen konnte. Er dachte kurz nach. Gesprächspause war das Wort gewesen das diesen Zustand passend beschreiben würde.
„ Scheiße! Fast noch ein bisschen schlimmer als die vorige.“ antwortete er und sparte sich das gespielte Mienenspiel auf Alfonsos Gesicht zu betrachten, die Frau hinter ihm hatte sich nach vorne gelehnt um ihr Essen zu schneiden und Fred hatte einen wunderbaren Einblick auf... Genau in dieser Sekunde beugte Alfonso direkt in sein Blickfeld, wahrscheinlich hatte er bemerkt das Fred gut einen halben Meter neben sein Gesicht starrte.
„ Aber bei der vorigen Reise hast du all deine Ware an diese Straßenräuber verloren, bist dann noch über zwei Wochen im Gefängnis gelandet und wurdest dann, als du wieder frei warst, noch einmal überfallen, wo sie dir dann auch noch deine Kleider genommen haben, „ er machte eine kleine Kunstpause,“ und du nackt die letzten Tage reisen musstest.“ schloss er.
Fred steckte sich den Zeigefinger seiner rechten Hand ins Ohr und säuberte es mal wieder gründlich. Das hatte er schon viel zu lange nicht mehr gemacht.
„ Bei dieser hatte ich halt noch ein bisschen mehr Pech, aber ich bin sicher solche Geschichten willst du gar nicht hören. Ist besser für dein Schlafverhalten wenn du nicht allen Scheiß kennst der mir passiert ist. Also warum bin ich hier?“
Alfonso brauchte einen Moment um den erstaunten Gesichtausdruck von seinem Gesicht zu wischen. Dann als er sich gesammelt hatte flüsterte er leise und geheimnisvoll:
„ihhss hebrt etd entraf füi tuch.“ das zumindest verstand Fred bei dem Krach der im Hintergrund herrschte ( man hatte dem Wirt seine Armbrust entrissen und er war kurzerhand mit in die Schlägerei eingestiegen ).
„Sprich lauter, verdammt! Uns belauscht schon keiner.“ erwiderte Fred genervt
„ Ich habe einen Auftrag für dich!“ wiederholte sein Gegenüber.
„ Nein!“ und mit diesen Worten machte Fred Anstalten aufzustehen.
Alfonso packte ihn an den Armen und versuchte ihn auf dem Stuhl zu halten, was ungefähr so aussah als ob sich eine dünne Katze an einen dicken Bären hängte.
„ Hör dir doch wenigstens an was ich zu sagen habe!“ bettelte er.
„ Deine letzten Aufträge sind der Grund warum ich ärmer bin als die ärmste Kirchenmaus und mehrere Wochen im Gefängnis saß, also lass mich in Ruhe!“
Mit diesen Worten schüttelte Fred die lästigen Arme Alfonsos ab und stand auf. Ein letzter Blick auf die Frau hinter Alfonso, doch sie dachte gar nicht daran sich noch einmal nach vorne zu beugen, sie blickte ihm eher direkt in die Augen und fuhr sich mit dem Zeigefinger einmal über die Kehle. Verdammt. Heute war wirklich nicht sein Glückstag, aber sein letzter Glückstag war auch sein siebter Geburtstag gewesen.
Fred hatte schon zwei Schritte ins Gedrängel hinter ihm gemacht als Alfonso aufstand und hinter ihm herrief:
„ Dich erwarten 25.000 Kaiser ( Währung ) wenn du den Auftrag abschließt.“
Fred blieb in der Bewegung stehen. Er schloss die Augen und atmete einmal tief durch. Alfonso diese kleine Kanalratte wusste genau das er ihn hatte, da half es auch nicht mehr zu schauspielern. Er drehte sich um und setzte sich Alfonso wieder gegenüber.
„ Wer zahlt einem abgerissen Taugenichts wie mir 25.000 Kaiser? Und vor allem für was?“
Alfonsos Gesicht war ein abartiges Grinsen, was Fred nur zu gerne eingeschlagen hätte.
„ Du bist also interessiert? Auch wenn ich mir das, ehrlich gesagt, schon fast gedacht habe. Das Geld müsste ausreichen um Alfred...“
„ Wenn du noch einmal meinen Alten erwähnst schlage dir beide Schneidezähen aus, und ramme sie dir in die Ohren, bei jedem anderen hätte ich natürlich Angst das ich damit das Gehirn der betreffenden Person beschädige, aber da diese Sorge bei dir nicht besteht...“
Wieder diese ( diesmal wusste Fred das richtige Wort sofort ) Gesprächspause. Doch etwas war anders als eben. Diesmal hatte Fred Einauge einen guten Grund, oder eher 25.000 gute Gründe das Gespräch wieder aufzunehmen:
„ Was muss ich wo kaufen oder verkaufen?“
Alfonso spielte mal wieder den überraschten was ihm von mal zu mal schlechter gelang.
„ Du weist bereits worum es geht?“
Fred beugte sich weit zu ihm vor und sagte dann mit normaler Stimme, was in einer ruhigen Kneipe wie ein Flüstern geklungen hätte:
„ Ich bin zu fett geworden um noch kämpfen zu können. Ich hatte noch nie die Disziplin die man sich von Leibwächtern oder Attentätern wünscht. Aber... Ich habe bisher noch jedem beschissenen Kaufmann seine Ware für weit unter dem Wert abgenommen, weshalb bin ich sonst Händler? Und wenn ich das mal so sagen darf: Der beste den es... sagen wir in dieser Kneipe gibt!“
Zum ersten Mal am heutigen Tag, ach was, in den ganzen Jahren seit Fred Alfonso kennen gelernt hatte sah er so etwas wie ein ehrliches Lächeln in seinem Gesicht. Er blickte sich immer noch grinsend in der Kneipe um und betrachtete die gut vierzig Kunden die sich hier aufhielten.
„ Ich würde sagen du bist der mit Abstand geeignetste für den Auftrag.“
„ Das“, erwiderte Fred und hob den Arm, „ stand noch nie außer Frage und jetzt lade mich zu einem Bier ein und erkläre was ich machen soll.“