Gedichte
Schubladen

Manchmal wünschte ich, es würde Schubladen geben,
eine Kommode in meinem Leben,
in die ich Dinge hineinpacken kann,
ich schließe die Lade
und dann fängt ein neues Kapitel an.

Manchmal wünschte ich, ich könnte mir Kummer ersparen,
Erinnerungen nach Kategorien aufbewahren
in Fächern, die fest verschlossen sind,
unzugänglich,
damit ich nur die guten find.

Manchmal wünschte ich, ich hätte einen Raum
für unliebsame Begebenheiten, für echten Abschaum,
für Schmerzen aus der Vergangenheit,
die ich nicht will
in dieser guten neuen Zeit.

Manchmal wünschte ich, ich könnte Dinge wegschließen,
dich mich ärgern, die mir mein Leben verdrießen,
die mich graue Haare bekommen lassen,
ich will sie nicht,
aber ich bekomme sie nicht zu fassen.

Meist aber weiß ich, was auch geschieht,
jeder Mensch singt irgendwie sein eigenes Lied.
Er trällert seine eigene Melodie,
ob gut, ob schlecht,
ich nehme sie hin, ich akzeptiere sie.

Solche Schubladen wird es nämlich im Leben
leider für niemanden irgendwann geben.
Doch akzeptieren wir das Leben, nehmen wir es wahr,
auch Ungeliebtes, Schlechtes,
dann wird uns gewahr, dass das Leben trotz allem
auch lebenswert war.