An diesem herrlichen Herbsttag stand ich plötzlich in einem wundersamen Waldstück.
In der Mitte ragte Richtung Sonne eine hohe Tanne empor. Sie wuchs gerade, war schlank, schön und ein wenig stolz.
Nicht weit von ihr stand eine rüstige knorrige Eiche, warscheinlich 200 Jahre alt. Ihre
weitläufige Krone spendete Schatten.
Das Faszinierende war hier, dass in diesem Waldstück zwei Obstbäume wuchsen:
Ein großer, gut verwurzelter Kirschbaum mit vielen Ästen, der scheinbar viele Früchte trug, und ein junger kräftiger Birnenbaum. Was der Wind wohl manchmal so zusammenbringt, dachte ich vergnügt...
Nähe des Waldstücks floss ein ruhiges kleines Bächlein mit klarem Wasser.
Eine große Weide ließ seine langen biegsamen Äste über dem Bach hängen. Die unzähligen grünen Blätter raschelten
beruhigend im sanften Wind.
Doch was sehe ich da?
Am Rande des Waldstücks, da wo es den Hang steil hinunter geht, krallte sich eine Zirbelkiefer mit ihren knorrigen Wurzeln fest in den Boden ein.
Es sah aus, als ob sie weglaufen wollen
würde, doch auf einmal würde es ihr zu steil... Und so blieb sie am Hang stehen, um sich den Blick in die Freiheit, die dort hinter dem Hang wäre, freizuhalten.
Ihre braungraue Rinde roch wunderbar nach
frischem Harz. Die winzigen durchsichtigen
Harztropfen sahen aus wie Tränen aus vergangenen Zeiten. Der geschwungene Stamm ließ erahnen, dass sie dort, am Rande des Waldstücks, jahrelang allen Winden ausgesetzt war und mit vielen Stürmen zu kämpfen hatte. Immer wieder richtete sie sich auf, nach oben, zum blauen Himmel, zur Sonne.
Sie hätte gern eine breitere Krone, wie der Kirschbaum oder wie die alte Eiche, um anderen auch Schatten spenden zu können.
Doch die Art, wie sie ihr Leben lebte,
erlaubte es ihr nicht: Sie sollte schließlich
den Stürmen standhalten und überlebensfähig sein. Statt Blättern hatte sie Nadeln, damit sie in den harten Zeiten, wenn wenig Regen ist, überleben kann ohne auszutrocknen. Ihre Nadeln haben immer ein frisches Grün, auch wenn andere Bäume ihre Blätter längst abgeworfen haben und entblösst da stehen.
In einem dieser Bäume erkannte ich mich...
28.09.17
Bilder: L. Afremov