Science Fiction
Der Traum

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"Wehe vor der Zukunft!"
Veröffentlicht am 02. Juli 2016, 20 Seiten
Kategorie Science Fiction
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Ich versuche mit guten Geschichten zu unterhalten. Hoffentlich glückt es. Ich bin Jahrgang 1958, in München geboren. Seit meiner Kindheit schreibe ich, habe aber nie eine Profession daraus gemacht. Meine zarten Versuche mal eine meiner Geschichten bei einem Verlag zu veröffentlichen sind gescheitert. Hier gibt es eine Auswahl von Kurzgeschichten aller Art. Sie sind in ihrer Kürze dem Internet und e-pub Medium angepasst.
Wehe vor der Zukunft!

Der Traum

Vorbemerkung

So begleiten Sie mich doch zu meinen Traumbildern. Die Traumgeschichte spielt in nicht allzu ferner Zukunft. Ich bin, gerade weil ich IT-Spezialist von Beruf bin, durchaus der Meinung, dass ein Übermaß an Computersteuerung Gefahren in sich birgt. Die Frage nach der Freiheit des Einzelnen bleibt auf der Strecke. Was heute möglich ist, braucht man nur in die Zukunft transportieren. Gewisse Seitenhiebe auf unsere Gesellschaft sind beabsichtigt.

(update 24.10.2019) Copyright: G.v.Tetzeli - Cover: G.v.Tetzeli

Internet: www.welpenweste.de

Der Traum

Ich wachte auf. Irgendwie hatte ich keine Lust mich aus dem Luftkissenbett zu begeben. Half nichts! Ein Stahlarm streckte sich mir entgegen. Ein Glas Wasser wurde angeboten mit der üblichen Action-force Pille. Ich schluckte und sprang agil ins Bad. Unter der Phaserdusche mit eingebautem Trockner war die Morgenwäsche schnell erledigt. Ich musste mal. Ich saß da. Wenigstens waren die Klos noch so wie früher. Es dauerte. Schließlich spritzte ein Wasserstrahl meinen Hintern an. „Ich bin doch noch gar nicht soweit“, maulte ich. Die Mikrofone des Bads waren mit dem Hauscomputer verbunden.

“Es sind genau 1 Minute 43,37 Sekunden vergangen“, meldete sich eine angenehme Frauenstimme aus den verborgenen Lautsprechern. Kinoeffekt!

Man konnte das Einstellen, per App. Manche Frauen standen auf die Stimme vom verstorbenen Cloony, manche auf James Dean. Ich hatte ursprünglich Brigit Bardot eingestellt, aber die kam stimmlich nicht so toll rüber. Es war deshalb die Katzenberger Tonlage, die sich, seit sie 92 geworden war, aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hatte. „Na und?“

„Nach dreißig Sekunden dürfte durchschnittlich bereits ein Gewicht von 54,7 Gramm im Klo liegen. Bei der langen Zeit musste ich zwischenhandeln, wegen der

Spülleistung!“ Schließlich war ich fertig. Der Klodeckel beamte zu und die automatische

Turbo-Reinigung erfolgte.

Jetzt nur noch das Ultraschallgerät in den Mund gestopft, drei Minuten warten und fertig. Ich hatte mir Dentolux angeschafft. Sah aus, wie ein übergroßes Gebiss. Einfach in den Rachen eingelegt und die Zähne wurden Ultraschall behandelt. Das Dentolux Lasergerät, selbe Bauart, werde ich mir demnächst auch noch anschaffen.

Irgendwie war ich altmodisch. Die Meisten hauten sich von vornherein künstliche Zähne rein. Die sind aus Nano- Kevlar hergestellt und man hat Ruhe. Nicht ganz billig, kann ich ihnen sagen.

Ab in die Küche zum Kaffee. Auch da war ich eigen. Ich hatte noch eine Kaffeemaschine, die Kaffeebohnen braucht. Sie zerkleinerte und brühte. Herrlich! Wenn es schnell gehen muss, dann nahm ich natürlich die Kaffnuts, sie wissen schon, die schwarzen Tabletten-Coins, die wie das frühere Alkaselzer sprudelten und fertig. Daniela Katzenberger mahnte.

„Schatzi, du bist im Zeitplan 11,57 Minuten zurück!“ „Ja, doch!“.

Ich lief zum Kleiderschrank und nahm diesmal Einheitsoutfit 7.23, dann hastete ich per Schnellaufzug die 198 Stockwerke nach unten in die Tiefgarage. Mein Onolet IV, das Elektroauto, hatte schon die Flügeltüre offen.

Ich hüpfte hinein. „Wie üblich!“

„Geht nicht, Master, leider. Bauarbeiten!“ „Gundula, suche mir den kürzesten und schnellsten Weg. Ich bin Eile!“

Gundula, die erotische Stimme vom Autocomputer IPotCar 7 errechnete den Umweg und mein Auto zischte los. An einer Straßenecke schrie ich halt. Onolet IV scherte aus zur Imbiss-Zapfsäule. Etwas Eiercreme aus der Tube, etwas Kunstbutter, etwas Erdbeermarmelade in Würfel zwischen einem Chlorophyll-Brötchen war geil. Mein Display im Auto zeigte, wie sich meine Bonität für diesen Monat durch die Ausgaben veränderte. In Echtzeit. Es wird Alles in Bonitäten gemessen. Ich entnahm das

Frühstück aus dem Automaten der Firma Bon-Donaldo und mein Auto zischte weiter. Schließlich war ich am Arbeitsplatz (Minus 6 Minuten 33,4 Sekunden) angekommen.

Ich war von Beruf Verfolger. Verfolger der Stufe zwei, also nur für die Unterschicht der Bevölkerung. Stufe eins ist für die Mittelschicht. Für die Anderen, die Oberen, gab es diesen Berufsstand gar nicht.

Der Chef kam rein. Das bedeutete meist nichts Gutes. „Sie haben gestern eine Dame getroffen? Sibylle, nicht wahr?“

„Richtig“, sagte ich. „Das war im Hyperraum „meet your love“. Ich bin doch nur in der Computerwelt mit meinem Avatar herum gewandert, mehr nicht.“

„Sie haben Sibylle ein unmoralisches

Angebot gemacht. Das ist widerlich!“

„Aber Sibylle ist doch auch nicht Sibylle. Sie ist doch nur in der Computerscheinwelt als Avatar vorhanden!“

„Sie haben gesagt, dass sie die echte Person treffen wollen, die sich hinter der Computerfigur Sibylle verbirgt. Wir schätzen so eine reale Schweinerei nicht. Reale Anbandelungen stehen unter unserer Kontrolle!“ „Wie soll ich denn sonst jemanden kennen lernen? Ich meine in Wirklichkeit.“

„Das erledigt schon die Firma für Sie. Ich sehe allerdings im Moment für eine Erlaubnis wenig Chancen. Sie haben im letzten Monat wieder um 7,6 Prozent zu wenig

Verfolgungs-Erfolge aufzuweisen. Stellen sie sich mal vor, dass wir zu wenig Bonitäten von diesen Assis abschöpfen. Aber ich bin kein Unmensch, so dass ich ihnen nur 50 Bonitäten streiche und keine Abmahnung erteile.“ „Danke“, murmlte ich.

Ich schöpfte Hoffnung, dass der Chef heute ganz guter Laune war.

„Sie sagten doch, dass ich den Job auch über den Hyperkanal zu Hause erledigen könnte, demnächst.“

„Das schlagen sie sich mal aus dem Kopf!“

Der Chef ging steifen Schrittes.


Ich machte meine mir zustehenden 23,27 Minuten Pause und latschte ins Atrium der

Firma. Die so nette, attraktive Nummer 33.67 steuerte auf mich zu.

Ganz einfach so.

Sie hatte das Damen-Outfit Nummer 55 an!

Wow!

Dann umarmte sie mich, gab mir einen Kuss. Ich war sowas von platt.

"Wie schön ist das denn?" So etwas hatte ich noch nicht erlebt!

Noch dazu in Echt! Sie murmelte:

„Ich und meine Seele fühlten sich so einsam, ich musste es wagen!“

Diese verzehrenden Augen werde ich nie vergessen! Diese Sehnsucht nach menschlicher Wärme! Die Sirene heulte. Sicherheitsmänner

stürmten auf mich zu. Auch 33.67 wurde weggerissen.

Sie schleppten mich in die Chefetage.

„Mir reicht es jetzt von Ihren Übergriffen! Sie sind gefeuert!“ Ich sah auf meine Armbandconsole. Nur noch drei Lebenseinheiten!

„Es ist doch noch gar nichts bewiesen“, brüllte ich den Chef an.

"Im Cypergarden darf ich tun, was ich will! Da gibt es keine Vorschriften!"

"Aber Regeln! Und das hat keine aufschiebende Wirkung“, klärte mich der Chef auf. „Die Reduzierung der Lebenseinheiten bleibt! Sie können ja klagen!“

„Du Arschloch“, kreischte ich. „Bis das juristisch geklärt ist, ist meine

Lebensberechtigung abgelaufen!“

„Mäßigen sie sich! Das ist nicht mein Problem, Herr 3497.23. Das haben sie sich allein selbst zuzuschreiben.“ „Ich habe doch gar nichts gemacht“, wimmerte ich und gab auf. Gegen Windmühlen anzukämpfen, dazu hatte ich nicht die Kraft.

Wutentbrannt riss ich mich los, rannte in die Tiefgarage und befahl Gundula mit Tränen der Verzweiflung

"Heim! Nicht's, wie heim!"

"Ungenaue Angabe zu dieser Zeit! Bei Dienstreise bitte Zielpunkt eingeben."

"Ich will nach Hause! Ich habe von der Scheiße die Nase voll!"

"Moment, ich überprüfe die Genehmigung." "Was für eine Scheiß-Genehmigung?"

"Vorzeitiges Verlassen des Arbeitsplatzes." "Ich bin doch sowieso schon gefeuert!"

"Ich habe noch keinen Eintrag in der Datenbank. Wenn Sie jetzt heimfahren, riskieren sie eine Abmahnung."

"Arschloch! Nach Hause!"

"Wie sie wollen. Ich habe sie gewarnt", surrte Gundula ohne Emotionen.


Mein Onolet IV hielt vor meinem Hochhaus. Die Auto-Türe ließ sich nicht öffnen. Gundula war störrisch.

„Das ist keine genehmigte Fahrt, wie Du weißt“, erklärte sie mir. Zum Glück ließ sich der Schlag noch per Hand öffnen, wenn man die automatische Verriegelung ausschaltete.

„Ich muss das weiterleiten“, sprach Gundula. „Leck‘ mich!“

Ich ließ meinen Daumenabdruck und meine Retina neben dem Eingang abtasten und wollte hinein gehen. Die Zuordnung zu meinem Heimnetzwerk funktionierte. Daniela Katzenberger säuselte. „Du bist nicht befugt.“

„Was heißt hier nicht befugt?“

„Der Scann stimmt ja“, zwitscherte Daniela, „aber Du kannst nicht Du sein. Ist doch logisch! Du bist ja noch gar nicht von deinem Arbeitsplatz abgemeldet.“

Ich ahnte Fürchterliches und sah auf meine Armbandkonsole. Nur noch eine Lebenseinheit!

„Was hast Du getan?“

Die Katzenberger hatte noch immer eine erfrischende Tonlage.

„Ich habe Dich melden müssen wegen versuchtem Einbruch. Das kostet zwei Lebenseinheiten.“

„Wie? Erst bin ich es nicht, dann bei Bestrafung plötzlich doch?“

„Natürlich bist Du es, Dummerchen. Ich habe doch Deine Identifikation! Deine Retina, deinen Daumenabdruck.“

„Und dann lässt Du mich nicht rein? Nimmst mir Lebenseinheiten, wie ein Schwein?“

„Weil du es bist und doch nicht. Ohne Abmeldung aus der Firma musst Du dort sein. Du bist in der Firma, nicht hier. Klaro? Also ist dies wahrscheinlich ein Terror-Hyper-Trick. Bist Du auch blond?“

Ich drosch auf die Türe ein, bis das

Armband aufblinkte.

"Daniela, Scheiße! Etwa wieder Einbruchsversuch gemeldet? Kläre es auf! Du musst doch wissen, dass da was nicht stimmt! Scanne doch meinen Aufenthaltsort, dann löst sich alle auf."

"Tut mir leid. Das darf ich nicht. Nur die Firmen. Und die sagen, dass Du Dich nicht abgemeldest hast. Zu Deiner eigenen Sicherheit gibt es schließlich Datenschutz! Ich komme an den Server der Poco-Domäne nicht ran."


Drohnen versammelten sich über mir. Ich weinte, wusste ich doch, dass sie mit Zerstörungslasern ausgerüstet waren.



Schweißgebadet erwachte ich und befand mich wieder in der Realität.

Ich will schwer atmend eine Beruhigungs-tablette einnehmen, schaue die Tablette an und traue ihr plötzlich nicht mehr.


Wer weiß, ob sie mich nicht auf diese Art eleminieren, vergiften wollen.

Und was ist, wenn ich mir die Freiheit nehme einfach einmal spazieren zu gehen?

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Hörbuch

Über den Autor

welpenweste
Ich versuche mit guten Geschichten zu unterhalten.
Hoffentlich glückt es.
Ich bin Jahrgang 1958, in München geboren.
Seit meiner Kindheit schreibe ich, habe aber nie eine Profession daraus gemacht. Meine zarten Versuche mal eine meiner Geschichten bei einem Verlag zu veröffentlichen sind gescheitert.

Hier gibt es eine Auswahl von Kurzgeschichten aller Art. Sie sind in ihrer Kürze dem Internet und e-pub Medium angepasst.

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Friedemann 
Ach Günter,
als IT-Spezialist, der seiner Zeit weit voraus ist, solltest Du eigentlich wissen, dass Du Dir ins eigene Fleisch stichst, wenn Du Dich weiterhin per Zufallsgenerator Deinen Träumen überlässt und brauchst Dich nicht wundern, wenn Du am Ende schweißgebadet aufwachst. Warum denn gegen Windmühlen ankämpfen? Setz Dir doch nachts einfach die EEG-Elektrodenhaube auf und wähle aus dem poltisch-korrekten und regierungskonformen Traumangebot aus, was Dir zusagt.

Liebe Grüße und gute Nacht,
Friedemann

PS: Mein Tipp: Lieber Brigitte Bardot als Katzenberger!
Vor langer Zeit - Antworten
welpenweste Ich habe umgeschaltet: Doch Brigitte Bardot. Dass ich nicht gleich drauf gekommen bin! Nur mit der Elektrohaube hapert es etwas. Wo kann man denn die anschließen? Aus der Steckdose, da wird sie zu heiß.
Herzlich
Günter
Vor langer Zeit - Antworten
Bellador Klasse Geschichte, zum nachdenken...
Habe sie gerne gelesen:-)

LG Bella
Vor langer Zeit - Antworten
welpenweste Freut mich! Die Geschichte ist gar nicht mehr so weit von der Realität entfernt, wenn man die heutige Datenkrake und die logische Konsequenz von KI weiter spinnt.
Danke für die Lesezeit!
Günter
Vor langer Zeit - Antworten
Darkjuls Die Frage ist doch, sollten wir uns der Technik unterwerfen, uns von ihr abhängig machen. Wo bleibt der Mensch? Deine Story zeigt, wo es hinführen kann. Einfach spazieren gehen, sich auf sich besinnen. Das gefällt mir. Ich finde, die Geschichte wäre ein guter Beitrag zum Thema in der Schreibparty 81. Du warst Deiner Zeit eben schon voraus, als Du sie geschrieben hast. Lieben Gruß Marina
Vor langer Zeit - Antworten
welpenweste Die Zukunftsaussichten sind nicht so rosig befürchte ich.
Danke für die Lesezeit!
Günter
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baesta Das ist wirklich eine sehr düstere Vision. Du hast eben die Schattenseiten des digitalen Zeitsalters aufgezeigt. Und (größten)teilweise ist des ja heute schon Realität. Irgendwann wird die Menschheit nur noch ein Sklavendasein fristen.
Allerdings stelle ich mir vor, wenn mal der Strom ausfällt........
LG Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
welpenweste Klasse! So ist es nämlich! Überlege Dir mal, was los ist, wenn der Strom ausfällt: Da kommt buchstäblich alles zum Erliegen!
Günter
Danke für die Lesezeit!
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baesta Drum sollte man eben immer die Folgen abwägen.
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PamolaGrey Cool
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