Mordsspaß
„Sag mal Arno? Hättest du Lust mal was nach der Arbeit gemeinsam zu machen? Essen oder so?“, fragte Lavendula etwas verschämt, während sie über den Rand ihrer täglichen Ausnahmsweise – Kaffee – Tasse hinweg blinzelte.
„Das klingt irgendwie…als könnte es ganz nett werden. Aber ich weiß nicht recht…“
Die knuffte ihm aufmunternd in die Seite.
„Ach komm! Wir jonglieren mit Zahlen seit 3 Wochen zusammen und wissen eigentlich nichts voneinander. Findest du nicht wir sollten mal über was
anderes reden als die Zahlen und Prozente?“
Irgendwas in mir sagte mir, dass da jemand wirklich sehr intensiv an meine Tür klopfte, sodass sie schon fast aus den Angeln fiel. Aber ich blieb unschlüssig.
„Ja schon, aber gibt das nicht irgendwie…Gerede?“
„Die Chancen sind signifikant hoch. Aber ich finde, wenn man sich trifft, daran ist doch nichts Schlimmes, oder? Einige der Kollegen hängen nach der Arbeit mehr mit den Anderen rum als mit ihren Frauen. Warum sollen wir das nicht auch dürfen?“
Gutes Argument, das musste man ihr
lassen.
„Wegen den Blümchen und den Bienchen und alledem…“
Ihr wäre fast die Brille ins die Kaffeetasse gefallen. Sie musste sich zusammenreißen um nicht laut loszulachen.
„Darf hier niemand Sex sagen?“, fragte sie belustigt und sofort drehen sich die Köpfe aller Männer zu ihr, wenn sie es nicht sowieso schon taten. Dabei übersah Michael, der gerade einen Karton mit Akten trug einen am Boden liegenden Bleistift, rutschte auf diesem aus, der Karton fiel gegen Jochen, den das unerwartet traf. Wankend stieß der Peter an, der sich gerade Kaffee
eingegossen hatte und der nun den brühend heißen Trank in den Schritt von Dieter schüttete, welcher laut schreiend auf die Toilette rannte.
„Upps“, entfuhr es Lavendula und sie begab sich wieder zum Schreibtisch nach einem flüchtigen Blick auf ihre Digitaluhr mit den verwirrend vielen Anzeigen.
„Du musst deine Flagge in ihren Venushügel rammen!“
Ich verschluckte mich an meinem Bier. „Erich!“
„Arno, wir sind doch beste Kumpels. Da kann ich ja ehrlich zu dir sein. Ich meine, jetzt von Freund zu Freund, wir
wissen beide, wie alles weitergeht, oder?“
Ich rollte mit den Augen.
„Du lernst eine Frau kennen und die mag dich und warum? Weil du anders als alle anderen nicht ausstrahlst, dass du die Schnitte flachlegen willst. Super gerade für diejenigen, die mit solchen Männern keine guten Erfahrungen gemacht haben. Ihr lernt euch kennen aber schon bald ist die Luft raus, weil du selbst ihnen zu langweilig wirst. Und dann suchen sie sich ihren Hengst.“
„Im Schnitt dauert das 6 Monate“, sprach ich halblaut.
„Genau wie ich es sage! Es ist fast der erste Monat rum, wenn du weiter
wartest dann wird irgendwer anderes das Liebchen nehmen. Und die Chancen stehen ja gar nicht schlecht diesmal, denn sie ist genauso ein Nerd wie du! Eine scharfe Frauenversion von dir sozusagen.“
Immer und immer wieder durfte ich mir das anhören. Ich konnte es schon mitsprechen, was Erich jetzt als Monolog an die Welt an sich hielt, ich war jetzt gar nicht mehr wirklich gemeint.
„Weißt du was Frauen wollen? Männer mit dem gewissen Etwas. Leider haben das nicht alle Männer, also schaffen sie es sich, meistens mit Geld und Macht. Du hingegen, hast weder das Eine noch
das Andere besser gesagt könntest du Letzteres haben, aber du verschwendest dein Potenzial. Versau es bitte bei deinem sexy Zahlenteufelchen nicht schon wieder, wie bei den 3 anderen Frauen vorher.“
„4, es waren 4. Ich weiß dass du den umoperierten Mann nicht mitzählst aber es war eine Frau, du Konservativer!“
„Sagen wir 3 und ein halb? Ich rate dir dringend jetzt zuzuschlagen!“
Erich war sowas wie der Hengst der Abteilung. Das mochte man seinem Vornamen nicht ansehen, aber er war Außendienstler und lernte verdammt viele Frauen kennen, die sich nicht nur
in Versicherungsfragen tatkräftigen rat bei ihm holten. In solchen Dingen war er versierter, aber trotzdem gefiel mir seine Einstellung überhaupt nicht. Lavendula hatte zu viel im Kopf als dass ich so plump sein konnte.
Wir saßen nach der Arbeit in einem kleinen Café, wo diese Möchtegernautoren saßen, die obskure Drehbücher und Romane tippten. Das konnte man auch daheim aber da sah ja niemand, wie beschäftigt und fleißig sie waren. Außerdem konnte man leicht beeindruckbare Frauen so abschleppen, was bedeutend unwahrscheinlicher war, wenn man zu Hause blieb.
„Frappuccino ist so ein
Aussteigergetränk. Es ist noch Cappuccino, also enthält es noch Koffein, doch zugleich ist es leicht gefroren, wie ein Softeis und man kann es konsumieren wie einen Saft. Hilft mir alles um vom Kaffee runterzukommen, den musste man damals im Büro ständig am Institut trinken, weil alle irgendwie einschliefen, wenn sie nur Wasser oder Tee tranken. Aber ich plappere rum, erzähl mal von dir“, meinte Lavendula im lockeren Tonfall, während sie ihre Beine überschlug. Sie hatte ihren Blazer ausgezogen und lümmelte in einem der bequemen Sessel mir gegenüber. Den Haarknoten hatte sie gelöst, sodass ihre pechschwarzen Haare in Kaskaden über
ihre Schultern flossen. Auch die Brille trug sie nicht, sodass man direkt ihre smaragdgrünen Augen bewundern konnte, die einen wachsam, wie eine Wildkatze auf Beutezug ansahen, nein, eher durchdrangen.
„Ach ich weiß nicht, ich hab so irgendwie nichts zu erzählen. Ich war verheiratet, bis meine Frau dann einen Anderen hatte und wir geschieden worden sind.“
„Oh, das ist aber nicht schön. Habt ihr noch Kontakt.“
„Nein, sie ist tot.“
Lavendula sog etwas länger an ihrem Frappuccino.
„Ja und sonst arbeite ich eben und hab
eine kleine Wohnung und den Wagen, mit dem wir hergekommen sind.“
„Hey, ich war gestern Kleidung kaufen, sag mal, wo sind denn die kleinen Chips?“
Ich blickte sie verwundert an.
„Was meinst du bitte? Die Diebstahlsperren?“
Sie schüttelte energisch den Kopf. „Nein, ich mein die Teile, die in der Kleidung drin sind und die Unternehmen dann Bewegungsprofile und sowas…“
Ich blickte sie verwundert an. Gab es das schon? Ich wusste nichts davon.
„Ach vergiss es.“
„Und was machst du so?“
„Frauendinge, die man in eurer Zeit so
macht.“
Wieder blickte ich sie verwirrt an. „Was meinst du damit?“
„Sag mal nervt es dich nicht auch, dass hier die ganze Zeit rumgetippt wird? Ich muss ständig hören, wie ein Typ in der Nähe halblaut die schwachsinnigen Dialoge einer Soap Opera vor sich hinflüstert. Die Charaktere sind erschreckend farblos und Klischees, wo man hinsieht. Ich würde vorschlagen wir gehen an einen Ort, wo man sich in Ruhe unterhalten kann. Wie wäre es auf einen kleinen Absacker bei mir?“, fragte Lavendula zuckersüß. Sie überschlug die Beine in die andere Richtung und ihre Augen flehten geradezu darum, dass man
sie nicht abweisen dürfe.
„Ach was soll es schon. Na gut.“
Kurz darauf befanden wir uns in einer Wohnung die von ihrem Einrichtungsstil her irgendwie…
„Ist futuristisch hier, nicht wahr?“
Grazil ließ sie ihre Absatzschuhe durch die Luft segeln.
„Wie meinst du das denn?“, fragte sie und verschwand in einem Nebenzimmer. „Ich zieh mir nur etwas Bequemes an! Geh ruhig schon mal an die Minibar, wenn du magst.“
Wenn man die so leicht hätte gefunden. Holz gab es gar nicht in der Wohnung, überall lagen Teppiche, der Fußboden
war eine Flauschwolke, auf der man wanderte und die Möbel hatten alle keine Kanten. Alles irgendwie rund und das Material…Plastik war das vielleicht oder nicht? Wenn man darauf klopfte hörte es sich an, als wäre es massives Metall und es fühlte sich ebenso hart an, war aber leicht wie eine Feder und quietschbunt. Erinnern Sie sich an den Stil der 70er? So ungefähr konnte man sich vorstellen, was da vor meinem Auge vorbeizog. Verwirrend war überdies hinaus, dass alle Möbel miteinander verschmolzen, also ineinander steckbar schienen, wie Legoklötzchen. Ich hätte schwören können, dass ich eine Stunde hatte
gebraucht bis ich das innen beleuchtete Etwas gefunden hatte, was sie eine Minibar nannte. Ja und die Getränke erst! Namen, die ich nicht kannte, Farben, die an Gifte erinnerten und Haltbarkeitsdaten bis 2230!!
„Na? Bekomme ich auch etwas?“, fragte sie zärtlich, als ihre Finger über meine Schultern strichen.
Benommen drehte ich mich zu ihr. Sie trug ein Negligee, oder war es ein Kleid? Nein es war wohl ein Zwitter zwischen beidem aber unglaublich erotisch. Ihre weichen Formen zeichneten sich unter dem nicht wirklich durchsichtigen Stoff ab. Und ihr Dekolletee war geradezu perfekt. Sie
hatte ihre Lippen rot geschminkt und den Augen einen verruchten Schatten gegeben.
„Gefällt dir was du siehst?“, fragte sie mit tiefer, weicher Stimme.
Ich griff blind nach einer Flasche, goss mir hastig etwas ein und schluckte es hinab. Es schmeckte erbärmlich und brannte in meinem Magen, dass ich dachte gleicht würden glühende Kohlestücken meinem Anus entfahren.
„Arno, du hast gerade Rachenputzer getrunken. Das ist der heftigste selbstgebrannte Fusel, den man legal bei uns kaufen kann. Und du lebst noch, ich hätte nicht gedacht, dass du so ein ganzer Kerl
bist.
„Ich bin nicht nur beim Trinken ein ganzer Kerl“, entfuhr es mir mit sanftweicher Schlüpferstürmerstimme. Augenblicklich schlug ich mir die Hand vor den Mund.
Doch Lavendula packte mich bereits an meinem Hemdkragen.
„Dann zeig es mir, welche Qualitäten noch in dir stecken und ich zeige dir, dass ich nicht nur Geschick mit Zahlen habe“, flüsterte sie in mein Ohr und es war um mich geschehen.
Sie zerrte mich in ein dunkles Zimmer, während ihre Schmolllippen meine praktisch aufsaugten. Es war so intensiv, wie bei Keiner zuvor, ich war in
ihrem Liebesspiel gefangen und es gefiel mir außerordentlich mal eine Kontrolle zu haben. Ich spürte kühlen, sanften Stoff unter mir und wusste, dass wir in ihrem Bett lagen, sie kniete über mir und bäumte sich auf. Mit einem genüsslichen Seufzer ließ ich meine Hand zur Seite gleiten und erwischte versehentlich den Lichtschalter. Ich öffnete die Augen…
„Scheiße! Nimm das Ding da weg!“, schrie ich entsetzt, denn sie hielt eine futuristische Pistole auf mich gerichtet. Mit einer Drehung hatte ich sie auf das Bett befördert. Vor lauter Erstaunen war sie unfähig zu reagieren und ich konnte mich aus dem Bett
rollen.
„Ich kann nicht, wenn du das Licht anhast!“, meinte sie entnervt und ließ die Waffe sinken.