Science Fiction
Antiwelt (4) - Kapitel 3

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"Ließ auch er mich nun fallen? Hatte er mich schon für verrückt erklärt?"
Veröffentlicht am 07. September 2014, 18 Seiten
Kategorie Science Fiction
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Über den Autor:

Ich ...bin Österreicherin ...studiere Archäologie, Germanistik und Geschichte ...vertrage Kritik, solange sie begründet und ehrlich ist ...lese quer durch viele Genres ...glaube anders als Max Frisch und ähnlich wie Bert Brecht dass Literatur sehr wohl (wenn auch nur in geringem Maße) dazu beitragen kann, gesellschaftiche Veränderungen zu erwirken
Ließ auch er mich nun fallen? Hatte er mich schon für verrückt erklärt?

Antiwelt (4) - Kapitel 3

Kapitel 3


Heiße Tränen fallen tief, sammeln sich an dunklem Grunde, die Verheißung, die ich rief, führt mich zu der letzten Stunde, lässt mich nimmer mehr allein.

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„Ok, noch einmal von vorne“, murrte der Polizist und blickte auf seinen Notizblock. „Sie sind also entführt worden. Von einer Frau, der Sie selbst mitten in der Nacht die Tür geöffnet haben. Jene Frau hat dann Ihren Freund niedergeschlagen und ist mit Ihnen nach Wien aufgebrochen, wo Sie gemeinsam in die Hofburg eingedrungen sind, um eines der Artefakte zu entwenden. Sie haben das Panzerglas – dieses Wort betonte er besonders – mit einem Besen zerschlagen und die Fremde ist mit der Heiligen Lanze in einem Kegel aus Licht verschwunden. Ist das so korrekt?“ Ich nickte wortlos, während er mich mit einem Blick musterte, der mir deutlich

klar machte, was er von dieser Geschichte hielt. Bestätigende Worte ließen nicht lange auf sich warten. „Sind Sie vielleicht dumm?“ Verzweifelt schloss ich die Augen und schüttelte leicht den Kopf. Meine Schläfen pochten fürchterlich, da ich bereits viel zu lange wach war. Außerdem hatte man mich mehrere Stunden lang in einer kleinen Zelle eingesperrt, in der man die Luft mit einem Messer hätte schneiden können. Mir war fürchterlich schlecht und obwohl ich schreckliche Angst davor hatte, was jetzt mit mir geschehen würde, so überwog noch immer die Sorge um Ferdinand. Sofort nach meiner Festnahme

hatte ich die Beamten gebeten, mit ihm Kontakt aufzunehmen, doch all meine Fragen nach seiner Befindlichkeit, waren unbeantwortet geblieben. „Hören Sie, ich habe nicht den ganzen Tag Zeit für Ihre Spielchen. Glauben Sie denn ernsthaft, dass Sie damit vor Gericht durchkommen werden? Keiner wird Ihnen diesen Schwachsinn abnehmen.“ „Aber, Sie haben es doch selbst gesehen“, flüstere ich zum gefühlten tausendsten Mal. „Sie müssen es doch gesehen haben, dieses unglaublich grelle Licht. Sie haben uns doch gemeinsam erwischt.“ „Wissen Sie, man hat mir zwar

versichert, dass in letzter Zeit niemand aus dem Irrenhaus ausgebrochen ist, aber ein Kurzaufenthalt dort würde Ihnen wohl nicht schaden.“ „Soll ich Ihnen vielleicht Lügen erzählen?“, fragte ich kraftlos, woraufhin er meinte: „Ich will nur wissen, wo Sie die Lanze versteckt haben.“ Ich seufzte und verbarg das Gesicht in den Händen. Das hatte doch alles keinen Sinn. Die würden mir nie glauben. Ich glaubte es ja selbst kaum. Vielleicht war ich ja wirklich verrückt. Vielleicht hatte es diese Haveda nie gegeben. Aber wo zum Teufel war dann diese verdammte Lanze? „Schizophrenie ist nicht so selten, wie

man denken möchte“, erklärte mein Gegenüber und setzte gerade zu einem weiteren Satz an, als die einzige Tür, die in diesen Raum führte, geöffnet wurde. „Er ist da“, war das einzige, das die Frau sagte, ehe sie die Tür wieder hinter sich schloss. Daraufhin erhob sich der Beamte und verschwand ebenfalls. Ein Klicken machte mir klar, dass jeder Ausbruchsversuch sinnlos gewesen wäre. So saß ich also alleine in diesem engen Raum, den nur ein kleiner, niedriger Tisch und zwei einfache Stühle füllten, und hing meinen Gedanken nach, die wirr in meinem Kopf umherschwirrten, nicht klar fassbar waren. Schizophrenie? War ich verrückt geworden? Einfach so über

Nacht? War so etwas überhaupt möglich? In Anbetracht der Tatsache, dass ich in den letzten Stunden Dinge erlebt hatte, die ich vor nicht allzu langer Zeit noch als unmöglich oder zumindest in höchstem Maße unwahrscheinlich abgestempelt hätte, führte die Frage nach dem Möglichen wohl kaum weiter. Die Tür wurde so plötzlich aufgerissen, dass ich erschrocken zusammenzuckte. Im nächsten Moment waren all jene dunklen Gedanken wie weggeblasen. In Sekundenschnelle war ich aufgesprungen und dem Mann, der soeben den Raum betreten hatte, in die Arme gefallen. „Du lebst“, entfuhr es mir und ein unbeschreibliches Gefühl der

Erleichterung durchströmte meinen Körper. Nun würde alles gut werden. Nun musste alles gut werden. Diese verfluchte Geschichte würde ein Happy End haben, auch wenn ich auf so etwas in Romanen und Filmen durchaus verzichten konnte. „Ich habe gedacht, sie hätte…“ Ich wagte nicht weiterzusprechen, da allein der Gedanke daran, ihn zu verlieren, so furchtbar schmerzte, dass ich ein Schluchzen unterdrücken musste. Anstatt etwas zu erwidern, blickte Ferdinand den Polizisten, der direkt hinter ihm stand, fragend an. Daraufhin nickte jener und schloss hinter uns beiden die Tür. „Geht es dir gut?“, fragte ich und legte

den Kopf leicht zur Seite, um ihn zu mustern. Nichts an ihm verriet, dass er vor einiger Zeit von einer Verrückten niedergestreckt worden war, die keine Sekunde lang gezögert hätte, ihn zu töten, wenn er ihren Plänen im Weg gestanden wäre. „Das sollte ich wohl eher dich fragen“, gab er zurück und der Blick, mit dem er mich ansah, ließ mir einen kalten Schauer über den Rücken laufen. Bevor ich etwas sagen konnte, fuhr er fort. „Was hast du dir eigentlich dabei gedacht? Die Heilige Lanze? Was hast du denn damit vor?“ Völlig perplex sah ich ihn an, da ich einfach nicht wusste, was ich ihm

antworten sollte. Das Schweigen, das sich zwischen uns ausbreitete, wurde noch kälter, als er mich eine Handbreit von sich wegschob. „So kenne ich dich nicht, Mili.“ „Ich…aber ich habe doch…“, stammelte ich, viel zu bestürzt, um einen ganzen Satz herauszubringen. Stattdessen starrte ich Ferdinand einfach nur verzweifelt in die Augen. Er auch noch? Ich war mir so sicher gewesen, dass er mir glauben würde. Er wusste doch, dass ich ihn nie anlügen würde. Das musste er doch wissen. Kraftlos ließ ich mich auf dem Tisch nieder, der bedrohlich unter meinem Gewicht knarrte. „Du…du hast sie doch…“ Kopfschüttelnd

unterbrach ich mich selbst, da mir klar wurde, dass er Haveda nicht gesehen hatte. Alles war viel zu schnell gegangen. „Du warst doch bewusstlos“, brachte ich schließlich hervor. „Sie…sie hat dir irgendetwas in den Hals gerammt und dann bist du zu Boden gegangen.“ Die Angst in meinem Inneren wuchs, als ich sah, wie sein Gesicht plötzlich einen gehetzten Ausdruck annahm. Er trat einen kleinen Schritt vor mir zurück, sodass er nun mit dem Rücken an der Tür ankam. Eine Hand hatte er auf die Klinke gelegt. „Milana, irgendetwas stimmt nicht mit dir.“

Seine Stimme zitterte fast unmerklich, als er diese Worte aussprach, aber irgendetwas in mir schien zu zerreißen, als ich das hörte. Ließ auch er mich nun fallen? Hatte er mich schon für verrückt erklärt? Wir waren doch so glücklich gewesen. „Als ich in die Küche kam“, fuhr er fort, „da hast du dort gesessen und mich nur angestarrt, ohne etwas zu sagen. Und dann…“ Er verstummte, doch mir wurde mit einem Mal klar, was in seinem Kopf vorging. „Du…du glaubst, ich hätte das getan?“ Ein Blick in seine Augen, war mir Antwort genug. Bevor ich weitersprechen

konnte, musste ich einige Male tief durchatmen. Im Moment fühlte ich mich, als hätte man mir den Boden unter den Füßen weggezogen, alle Wände entfernt, an denen ich hätte Halt finden können. „So etwas könnte ich doch gar nicht“, flüsterte ich leise, während mir Tränen in die Augen traten. Hastig wischte ich sie weg. Ich hasste es, zu weinen. „Naja…manche Menschen können unglaubliche Dinge tun, wenn sie schlafwandeln“, gab er zu bedenken. Ich hob den Kopf, um ihm erneut in die Augen zu blicken. „Ich könnte es nicht, Ferdi. In keinem Zustand, ob wachend oder schlafend, ob nüchtern oder von Drogen berauscht, könnte ich dir

wehtun.“ Erneut traten mir Tränen in die Augen. Tränen der Verzweiflung, der Angst, der Enttäuschung. Kannte er mich tatsächlich so schlecht? „Niemand sonst war da, Milana. Ich mache dir noch nicht mal einen Vorwurf. Wahrscheinlich habe ich dich erschreckt. Aber du musst denen verraten, was du mit der Lanze gemacht hast. Diese Lügen haben doch keinen Sinn. Was willst du denn damit bezwecken?“ Vor unterdrücktem Schmerz konnte ich nichts weiter als zu schweigen und ihn anzusehen. Inzwischen tropften die Tränen unaufhaltsam zu Boden. Nichts konnte sie mehr zurückhalten. Ferdinand streckte eine Hand aus, als wolle er sie

wegwischen, hielt dann aber inne. „Du musst mit ihnen zusammenarbeiten“, erklärte er. „Ansonsten kann ich nichts für dich tun.“ Damit wandte er sich um ging mit den Worten: „Ich liebe dich, Mili. Mach dir nicht unnötig das Leben schwer, indem du versuchst die Wahrheit zu verbergen.“ © Fianna 07/09/2014

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Über den Autor

Fianna
Ich
...bin Österreicherin
...studiere Archäologie, Germanistik und Geschichte
...vertrage Kritik, solange sie begründet und ehrlich ist
...lese quer durch viele Genres
...glaube anders als Max Frisch und ähnlich wie Bert Brecht dass Literatur sehr wohl (wenn auch nur in geringem Maße) dazu beitragen kann, gesellschaftiche Veränderungen zu erwirken


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EagleWriter Lang ist her ^^ Aber so weit hatte ich die Geschichte noch im Kopf. Da bekommt man ja richtig Mitleid mit der armen Protagonistin. Bleibt nur nach wie vor die Frage... Wofür ist die Lanze gut ?
lg
E:W
Vor langer Zeit - Antworten
Fianna Naja....so langsam möchte ich mal wieder eine Geschichte zu Ende schreiben. Was das mit der Lanze angeht, so wird sich die Erklärung noch ein, zwei Kapitel hinauszögern...über deren Sinn muss ich mir selbst erst ganz klar werden. :-)

Danke dir für's Lesen und den Kommentar!

Liebe Grüße
Anna

Vor langer Zeit - Antworten
EagleWriter So machts doch am meisten Spaß. mal ins Blaue hinein schreiben ^^
lg
E:W
Vor langer Zeit - Antworten
Fianna Da hast du allerdings Recht. :-) Du scheinst in der Hinsicht ja alles richtig zu machen, wenn ich mir den Fortschritt deiner Romane so ansehe. Da komme ich mit dem Lesen gar nicht mehr hinterher, aber irgendwann finde ich bestimmt mal wieder die Zeit und die Ruhe, um mich hinter eines deiner längeren Werke zu klemmen.
Vor langer Zeit - Antworten
EagleWriter ^^ Ich bin momentan dran eine hmm, etwas größere Fantasy.Welt aufzubauen. Im Augenblick arbeite ich am 4ten Roman dazu.
lg
E:W
Vor langer Zeit - Antworten
Fianna Dann sollte ich wahrscheinlich einiges an Zeit dafür einplanen. :-)
Vor langer Zeit - Antworten
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