Es werde Licht
Der Mann in der Zelle hatte das Tageslicht seit Jahren nicht gesehen. Alles, was es um ihn gab waren die unnachgiebigen, blanken Mauern und eine nackte Glühbirne, welche die Sonne seines kleinen Universums bildete. Alles beschränkte sich für ihn auf die vier Wände um ihn herum. Aber das machte nichts. Nichts war real, gar nichts davon. Er war schon lange zu diesem Schluss gekommen. Das Esse, das man ihm brachte, die wenigen Worte, die die Pfleger mit ihm wechselten. Nichts war echt, Fassade, sein Geist der mit ihm
gaukelte. Und weil sie nicht echt waren, war es auch Ok ihnen weh zu tun. Nur sie verstanden das nicht, hielten SIE sich doch für real. Wie konnten sie auch anders. Hätte er das gekonnt, hätte er Mitleid mit ihnen empfunden. Aber wenn es nur ihn gab, was hätte es genutzt? Empfinden konnte nur er.
Manchmal wünschte er, er könnte die Illusion niederreißen, er hatte es versucht. Aber sie war zu stark, die Bilder, die sein Geist daraus machte. Langsam stand er auf und trat in die Mitte seiner Zelle, direkt unter die Lampe. War er denn real? Ja, er musste es sein, er dachte schließlich über all dies
nach.
Und die Glühbirne. Manchmal war er überzeugt, die war auch real. Ihr Licht schmerzte in den Augen, aber natürlich waren diese Schmerzen wieder nicht echt.
Abe das Licht, das sie verursachte. Er war mit sich allein in einer Welt, die nicht echt war, die ihn gefangen hielt. Aber er konnte doch noch ausbrechen.
Wenn nichts real war, gab es nur ihn. Und er schwebte im Nichts. Mit einem Schlag zertrümmerte er die Glühbirne. Die Splitter, die sich in seine Finger fraßen ignorierte der Gefangene. Nur die Scherben, die in einem letzten Lichtfunken zu Boden fielen und ihm
dann im Dunkeln zurück ließen. SO sollte es sein, alles, das nicht echt war das war Weg wenn es Finster wurde. Nur er war dann noch da.
Die Glühbirne aber, die war echt…
Langsam ertastete er das Glas. Er hörte keine Schritte. Niemand hatte etwas bemerkt. Weil er nicht wollte, das ihn jemand bemerkte, ja so musste es sein. Seine Gedanken allein waren real.
Und er würde eine Welt mit ihnen schaffen können. Wenn er nur frei wäre…
Den Schnitt quer über seinen Arm spürte er so wenig wie die vielen kleinen Wunden an seinen Fingern. So wenig, wie die Spritzen der Pfleger. Was halfen
alle Medikamente wenn nichts echt war? Es war ein Witz, alles war ein Witz.
Und er würde bald frei sein, in der Dunkelheit treibend… und über dem roten Wasser schwebend, das sich um ihn ausbreitete.
Er flüsterte er nur ein Wort. Immer wieder. ,, Es Werde Licht.“ Er wusste was er tat.
Gott ist ein Wahnsinniger.