Romane & Erzählungen
Des Dichters Streich, vierter Teil - Geschichte in der Fasson Hoffmanns

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"Gräfin trifft Dichter - zwei Großkreise der Absurdität kollidieren"
Veröffentlicht am 16. Februar 2014, 14 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
© Umschlag Bildmaterial: Cupator lui même
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Über den Autor:

Cupator ist ein Autor, der vielleicht keiner sein sollte - nicht, weil er sich das Schreiben nicht zutraut, sondern weil er im echten Leben etwas macht, was kaum auf ein Autorendasein hindeutet.
Gräfin trifft Dichter - zwei Großkreise der Absurdität kollidieren

Des Dichters Streich, vierter Teil - Geschichte in der Fasson Hoffmanns

Vierte Vorrede

Puh - es gibt doch noch Dinge, auf die Verlass ist. Zum Beispiel die Miniatur meiner Leserschaft. Ich fühlte mich zeitweilig schon wie einer, der an der Umkleidekabine den Vorhang nur auf einer Seite schließt und erst beim Hineinfahren in die geblümt-rosa Unterhose die neugierigen Blicke der Zuschauer auf der anderen Seite bemerkt. Hett ja nochma jot jejange! Meine heimischen Radieschen und ich sind sehr erleichtert.

Was bisher geschah: Die Gräfin hat bereits den Generalmajor düpiert, den Hauptmann stehengelassen und dem

Herzog Einblick in die notwendigsten Gründe ihrer Existenz gewährt, als sie, gedanklich bereits aufgebrochen, dem Dichter begegnet.Der hat zwar einen Verleger, scheint aber der Gräfin gleichwohl ein hinreichend interessanter Mensch zu sein, um ihn auf die Baroness und die Möglichkeit "kleiner Fluchten" aufmerksam zu machen.

Wer mehr wissen will: Die ersten drei Teile lesen, ey!

C.

des dichters streich, vierter teil

„Wirklich? Sie verstehen?“ prüfte die Gräfin den Dichter. „Das, Monsieur, müssten Sie mir aber wirklich erst beweisen.“ „Zu gerne täte ich das, Gräfin. Aber wie anstellen?“ „Natürlich indem Sie eines der hier versammelten, rosigen und kerngesunden Menschenkinder zu einer solchen Flucht verleiten.“ „Natürlich.“ „Aber ja, Monsieur! Es nimmt mich Wunder, Sie erst darauf stoßen zu müssen. Oder tun Sie nur so, als ob?“ „Oh nein, wo denken Gräfin hin? Aber

Gräfin mahnen – wohl zu Recht – an, ich müsse mich von fantastischen Fesseln moralischer Zurückhaltung lösen.“ „Nein, nein, Monsieur, und nochmals nein, da verstehen Sie mich völlig miss!“ antwortete die Gräfin so scharf, dass der junge Mann zusammenschrak. Ob er es zu weit getrieben hatte? „Ich halte es für ganz und gar lobenswert, ein richtiges Leben führen zu wollen.“ „Meinen Sie? Ja, zu loben mag es sein, aber ist es auch klug? Da erzählt die ganze Stadt die Geschichte jener fleißigen Frau, Weib des größten Weinhändlers im Herzogtum, die ihrem Manne ein Haus voll Kinder schenkte, das Hauswesen streng aber genau

regierte und dem Geschäft ihres Gemahles Stütze war. Der Lohn? Überfahren von einem angetrunkenen Fuhrknecht wurde sie. Der Kerl war zu besoffen, um das Fuhrwerk rechtzeitig zum Stehen zu bringen. Und kaum hatte er sie zum ersten Male überrollt, wunderte er sich, woher der Ruck kam, setzte das Fuhrwerk zurück und räderte die arme, redliche, fleißige Frau vollends zu Tode. Voilà!“ „Pah!“ wehrte die Gräfin mit ungeduldiger Handbewegung ab. „Hätte es der armen Frau weniger wehgetan, hätte sie ihr so jäh beendetes Leben liederlich und nur ihren Genüssen zugetan

geführt?“ „Nun…“ „Nein, ganz bestimmt nicht. Wir machen es uns ein wenig zu einfach, wenn wir glauben, ein gut geführtes Leben würde unmittelbar belohnt, sei es auch nur durch einen gnädigen, sanften und bitte recht spät eintretenden Tod. Da ist zum Glück kein Marionettenfaden, an dem wir hingen.“ Der junge Mann trat ungemütlich von einem Fuß auf den anderen. „Sie schweigen?“ „Gräfin belieben, mich zu beschämen.“ „Ach, lassen wir das doch. Kommen wir lieber zurück auf das eigentliche Sujet. Sie wollen also unter Beweis stellen, Sie verstünden, wovon ich da so rede, und

zwar indem Sie der Anstoß sein wollen, den ein hier so trefflich gefangenes Exemplar unserer Spezies nimmt. D’accord bis hierhin?“ „Vollständig, Gräfin.“ Der von einer unbezwingbaren Verlegenheit gepackte junge Mann zuckte schließlich nervös zusammen, als das kreischende Lachen der Baroness von der L. in das Kabinett hinein schallte. Augenscheinlich hatte die Baroness an der Allemande teilgenommen und promenierte nun mit ihrem Tanzpartner durch die Säle. Trotzdem die Gräfin sich im Schatten des Kabinetts zu verbergen suchte, wurde die Baroness ihrer ansichtig. Mit einem wissenden Winken, auch in Richtung des

jungen Mannes, und einer Verschwörermiene wandelte die Baroness weiter, die Gräfin ziemlich verärgert zurücklassend. „Die Baroness von der L.“, erklärte die Gräfin mit einem weisenden Kopfnicken. „Ich nehme nicht an, dass Sie schon ihre Bekanntschaft gemacht haben.“ „Was? Nein, die… Baroness, ach so, nein, ich hatte noch nicht das Vergnügen.“ „Sie sagen das, als glaubten Sie, nicht viel dabei verpasst zu haben.“ „Wie bitte? Nun, selbstverständlich, ich meine: selbstverständlich nicht. Sie ist ja eine ganz reizende Dame, die…“ „Baroness“, ergänzte die

Gräfin. „Ja, die Baroness.“ Der junge Mann sah der von der L. hinterher und verrenkte sich sogar ein wenig, um noch einen letzten Blick zu erhaschen, als die Baroness in einem weiteren der Säle en suite verschwand. „Aber… wir sprachen gerade davon… von etwas weit Interessanterem.“ „In der Tat?“ „Doch, allerdings. Nein, Gräfin“, und der junge Mann schüttelte sich wie einer, der sich vom ängstigenden Anblick eines Gespenstes löst, „nein, sie narren mich nicht länger. Nein, Gräfin, bitte“, bemerkte der junge Mann überflüssiger Weise zu der Gräfin, die gar keine

Anstalten gemacht hatte, ihn zu unterbrechen, „es gereicht Ihnen zu keinem Vorwurf, Ihren Übermut, ja: Übermut, im besten Sinne, an einem Debütanten zu versuchen. Und ich bitte Sie, auch mir zu glauben, dass es nicht aus Prahlerei geschieht, wenn ich Ihnen kundtue, wie wenig ihre Verwirrungskünste bei mir ausrichten können. Das sage ich nur, um unsere kurze, aber schon jetzt mir sehr lieb gewordene Bekanntschaft auf noch abenteuerlichere Bahnen zu lenken.“ Die Gräfin sah ihn an, er sah zurück. Seine neuerlich in Anspruch genommene Sicherheit verbat es ihm natürlich, ihr das Stichwort für den Fortgang des

Austauschs zu geben. Sein sekündlich eindringlicher werdender Blick veranlasste die Gräfin immerhin zu einem: „Nun, Monsieur?“ „Nun, verehrte Gräfin, werde ich also tun, was Sie als Beweis meines Verstehens von mir fordern. Niemand geringeren als die Baroness werde ich mitnehmen auf eine kleine, heitere Flucht.“ Die Augenbrauen der Gräfin schossen in die Höhe, ein leichter Seufzer ließ sich erahnen. „Sie haben ihr einen einzigen Blick zugeworfen, und das genügte Ihnen, Sie als Ihr Objekt auszuersehen? Vielleicht sogar Ihr Opfer?“ „Die Baroness wird es besser überstehen

als jeder andere hier, da bin ich mir sicher.“ „Nein, warten Sie, ich…“ „Sie werden sich in Geduld üben, auch davon bin ich überzeugt. Ihr Diener, Gräfin! Doch nun wollen Sie mich entschuldigen, mein Vorhaben duldet keinen Aufschub.“ Mit einer letzten, nunmehr ganz knappen Verbeugung nahm der junge Mann Abschied und eilte aus dem Kabinett. Sehr vergnügt beschloss die Gräfin zu bleiben. Und sei es bis ins Morgengrauen.

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Cupator ist ein Autor, der vielleicht keiner sein sollte - nicht, weil er sich das Schreiben nicht zutraut, sondern weil er im echten Leben etwas macht, was kaum auf ein Autorendasein hindeutet.

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DoktorSeltsam "Die Gräfin sah ihn an, er sah zurück." Ja, Herrschaftszeiten! Ich meine, solche Sätze muss man erstmal schreiben können wollen, oder? Wie belieben? Ich beliebe zu scherzen? Mein Herr, ich fordere Satisfaktion. Tiefgefrorene Aale auf zehn Schritte. Wenn Sie keine Ahnung von der Macht vermeintlich simpler Sätze haben, die voller Hintergründigkeit und Ironie stecken, dann legen Sie sich von mir aus gehackt. Falls Sie überhaupt wissen, was diese wunderbare, von unseren Vorvätern übernommene Sentenz bedeutet.

À la bonne heure, Maestro Cupator, à la bonne heure!

Soktor Deltsam
Vor langer Zeit - Antworten
Cupator Ääähmnjatjaalsoooo,
gehackt liegen? Diese Sentenz verbunden mit der zugehörigen Wissensfrage hat mich tief verschreckt, werter Herr Doktor. Nein, ich weiß wirklich nicht, was das heißen soll, und ich traue mich nicht einmal, meinen Duden zu Rate zu ziehen.
Vielen Dank jedenfalls für die Anerkennung eines meiner schlichteren Sätze. Genau genommen: eines der allerschlichtesten Sätze meiner jüngeren Schaffensperiode ("grün-gelb-gestreifte Leverkusener Phase"). Leider weiß ich nicht einmal, ob das ironisch gemeint war, so richtig lustig ist es ja, im Lichte eines brennenden Aals betrachtet, gar nicht einmal. Richtig ist auf jeden Fall, und insbesondere diese Anerkennung freut mich, dass dieser Text / diese Texte zum Dichterstreich wirklich meiner Lust entspringen, ganz und gar ohne Rücksicht darauf zu schreiben ob es zu schlicht / geschraubt / gestelzt / stanzenhaft oder was auch immer ist. Das Wort ist Schall und Rauch und das Wort ward mystorys und das Wort trat Euch in den Arsch, wahrlich, ich sage es Euch, und über Euch kommen soll ein jedes Wort, das mir ausscheidet, sprach der Herr Dichter.

Herzlichst
C.
Vor langer Zeit - Antworten
DoktorSeltsam Mein lieber Freund und Schaffensbruder,

damit hast Du den eigentlichen Kern des Schreibens verinnerlicht: Scheiß auf meine Leser - mir selbst muss die Chose Spaß machen. Und wenn sie dann auch noch dem Einen oder Anderen gefällt, umso besser. Hast Du mal versucht "Finegans Wake" zu lesen? Dann würdest Du nämlich wissen, was ich meine...

"Keep on keepin' on!" (Bob Dylan)

Dok
Vor langer Zeit - Antworten
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