Humor & Satire
Talkshowgelaber

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"Lesen Sie wie man einen deutschen Moderator zerlegen kann."
Veröffentlicht am 06. Januar 2014, 16 Seiten
Kategorie Humor & Satire
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Über den Autor:

Die Pflicht des Menschen ist seine stetige Vervollkommnung. Ich versuche dies jeden Tag ein klein bisschen, zumindest wenn es durch Bücher geschieht.
Lesen Sie wie man einen deutschen Moderator zerlegen kann.

Talkshowgelaber

Studiorunde irgendwo in Deutschland. Der Moderator so gleitcremig, dass man ihn nicht einmal zu nahe kommen will aus Angst selbst zu einem klebrigen Etwas zu mutieren. Die Angst, die man verspürt, wenn man zu nahe an einen Atommeiler herantritt. Diese zeigt sich auch in dem Gesicht der Person, welche dem Nasskämmer am nächsten sitzt.

Amateure, alles pure Amateure. Genüsslich beugt sich der Gesalbte zur Ekelfrau hinüber, immer und immer wieder. Er spürt ihre Abscheu, genießt sie, badet sich darin. Ja, er kann sie alle fertig machen, dieser Talkshowmaster. Er hat sie alle weich gekocht, ist jedem schon locker 3 Mal in der Minute ins

Wort gefallen. Alle sind sie da, genervt von den zähen Fragen, den dümmlichen Witzchen, die auswendig gelernt wirken und dem permanenten Unterbrechen. Sie vergessen, was sie sagen wollten, die Argumente werden unterdrückt, jedes Thema, das einer vertieften Erläuterung bedarf wird abgewürgt. Seicht dümpelt alles vor sich hin, unterstützt von einem sogenannten Comedian, der gerade in einer großen Halle gastierte und mit seinen flachen Zoten über Frauen ein deutschlandweites Publikum, meist männlich, in Verzückung versetzt.

Der soll mir mal kommen, denkt einer, der schon die ganze Zeit genüsslich in seinem Stuhl lümmelt. Er weiß, was

kommen wird. Zuerst sollte man sich fragen wie man denn in einer so dummen Situation so verflucht cool bleiben kann. Naja, der Ruhige ist Politiker und zwar ein Worthülsenpistolero vom Feinsten. Der hat schon andere geknackt. Selbst die investigativ Recherchierenden. Für seine Ansprachen wird er vom Feuilleton bejubelt. Wenn er im Bundestag spricht, dann folgen fast immer lauteste Beifallsbekundungen und viele der Anwesenden haben Sekundenkleber am Hintern, nur damit sie nicht aufspringen.

Bundesminister für Arbeit und Soziales. Ein Minenfeld, dort sterben wackere

Recken, dort sind Karrieren versumpft in diesem Haifischbecken, doch er tummelt sich darin, ist selbst der dickste Hecht im Karpfenteich. Nie war es besser gewesen Rentnern, Kindern, Arbeitern und allen anderen betroffenen Gesellschaftsschichten zu erklären, dass sie immer weniger bekamen und dafür immer mehr leisten mussten. Er hätte den Weltuntergang moderieren können, es wären immer noch halbnackte Frauen an seine Brust gesprungen und hätten ein Kind von ihm gewollt.

„Wisst ihr, wisst ihr. Frauen!“, blökt der Spaßvogel in die Runde. Die Beisitzer dieses Schmierentheaters lachen irgendwie, man hört deren Angst.

Das Studiopublikum lacht auch weil eine Anzeigetafel es befiehlt.

„Das ist ein ausgezeichnetes Stichwort um meinen letzten Gast zu involvieren. Herr Geldsack ist Bundesminister für Familien und Soziales in der aktuellen schwarz/gelb/grünen Regierung.“

Genüsslich legt der Knilch den Zeigefinger an die Lippen.

„Sagen Sie, eine große deutsche Zeitung hat sie den Totengräber des Sozialstaates genannt, wie gehen Sie mit so einer Titulierung um?“

Er twerkte ihn an, mit dem Gesäß direkt angesprungen der kleine Kriecher. Ja, das war ein Einstieg, gleich mal den Stier bei den Hörnern packen. Aber er

wusste, was man da tat.

„Dass man einen Spitznamen erhält, das ist doch ganz normal und ich meine, wenn es so ist, dann ist es so. Was soll ich sagen? Es ist wie es ist und gut so.“

Erste Parade, aber die Backen glühen noch, er legt nach.

„Aber es gibt doch schmeichelhaftere Titel?“

„Ja.“

Bäm! Mit Anlauf in den Arsch getreten. So macht man das. Wie konnte er so eine dämliche Frage stellen? Man soll vermeiden dass die Antwort ja oder nein sein kann und sonst nichts aber der Unbeholfene wusste es wohl gerade nicht besser. Vermutlich wollte er

wissen, ob er ihn leicht angreifen konnte, oder ob er schärfere Geschütze brauchte. Erster Punkt für den Gast.

„Die Rentenkassen sind leer, eine weitere Nullrunde steht an trotz steigender Inflationsrate, wie wollen Sie in Zukunft dagegen steuern?“

Feines Florett, aber das kann er.

„Sehen Sie Herr Großmaul, heutzutage haben sich komplizierte Prozesse ergeben, gerade durch den Wandel der Gesellschaft und einer Umkehrung der Altersstrukturen. Der demografische Wandel hat zu strukturellen Umwälzungen geführt welche, ich denke das darf man nicht vergessen, eine schwierige Situation für die gesamte

Gesellschaft geschaffen haben. Dann müssen alle etwas dazu betragen, dass wir eben nicht in einer Stagnation dahinsiechen, sondern dass Wachstum auch fortdauernd möglich ist um die Spitzenreiterrolle Deutschlands aufrecht zu erhalten.“

Ja, das zog immer. Die Angst aller davor im Mittelmaß zu landen, diese Angst nutzte er schamlos aus, denn egal was er böses verbrach, solange es half die BRD wirtschaftlich zu halten dann sprangen die Deppen schon darauf an.

„Das ist sehr interessant aber glauben Sie nicht auch, dass man da noch ein wenig mehr Zuckerbrot und weniger Peitsche geben kann?“

Fast hätte man so etwas wie Anerkennung sehen können ob dieses schönen Wortspiels. Aber er kannte das, der versuchte sich jetzt intellektuell zu messen. Der hatte noch nicht dahin gemacht, wo er schon gewesen war.

„Das Gleichnis mit dem Ausspruch Bismarcks sehe ich als Kompliment meiner Arbeit an.“

Leises Gekicher aus dem Publikum und den Arsch hochleben lassen. Jetzt würde er ihn rhetorisch zerschmettern.

„Trotzdem wird man nicht darum kommen zu bemerken, dass, und ich will das einmal in aller Deutlichkeit sagen, obwohl ich glaube, dass mein Vorsitzender dies schon häufig genug

getan hat, damit auch die Herren Journalisten es alle mitbekommen haben. Es liegt uns viel an der Wirtschaftlichkeit unseres Systems und wir wollen alle, dass alle genug haben von allem. Dafür muss man sich ein wenig krumm machen, das muss man hinnehmen, ich meine wo kämen wir da hin, wenn wir dieses Prinzip über Bord werfen würden. Ich kann nur immer wieder betonen, dass es so, wie es gerade ist, in vielen Punkten deutlich besser ist als anderswo und deshalb kann und muss man nicht immer kritisieren sondern auch sehen, dass vieles entscheidend voran kam und kommt eben dadurch, dass es so

gemacht wird, wie es gemacht wird.“

Revolver mit Worthülsen locker aus der Hüfte geschossen und getroffen. Da muss der Pinscher noch über seinen ersten Satz nachdenken, da hat er sein Plädoyer schon beendet. Kurz ist Stille, dann klatscht man und der Moderator muss sich kurz fassen.

„Viel Kritik hat es ja auch in der Frauenpolitik zuletzt gegeben, anscheinend sind die Positionen chauvinistisch geprägt, nicht mehr vereinbar mit der aktuellen Zeit. Wie stehen Sie zu solchen Vorwürfen?“

Thema allgemein angeschnitten und versucht einen wunden Punkt zu treffen, nur weil man mal einer

Sekretärin gesagt hat, dass man sie gerne mal ohne Kleidung sehen würde.

„Das mit den Frauen ich meine, meine Freundin, wenn ich daran denke! Meine Freundin, wisst ihr, die hat neulich eine Tasche gekauft, ich frag sie warum da hat sie gesagt, weil die endlich zu ihren Schuhen passt! Die passt zu ihren Schuhen!“, schreit der Blödelbarde und man hat eine kurze Verschnaufpause bis zum High Noon.

„Beim gegenseitigen Umgang ist wichtig dass man sich so verhält, dass die Anderen sich durchaus wohl fühlen und das ist ein Grundsatz, welchen sich ein jeder auf die Fahnen schreiben sollte. Was wären wir denn für Personen, wenn

wir dies nicht schaffen würden, da wir doch, ich meine zurecht, in einer Zeit leben in der man sagen muss dass ebendies nicht das ist, was man hinlänglich als Stand der Dinge bezeichnen will. Aber ich weise ebenso darauf hin, dass wir alle dafür schwer arbeiten, dass erreicht wird, was wir wollen und das ist natürlich das, was alle wollen im positivsten Sinne und dafür wird jeden Tag alles gegeben, wir sitzen eben nicht einfach da uns stellen Fragen, nein, wir setzen uns hin, wir nehmen die hacke in die Hand und krempeln die Ärmel hoch. Und das ist es doch, was dieses Land schon immer voranbracht, nämlich nicht das

Fragenstellen, sondern das Machen!“

Die Menge jubelt und tobt, denn mit diesen großen Worten hatte er nun beide Revolver angesetzt und den Schleimigen durchsiebt mit Hülsen. Wieder einmal hatte er konsequent seinen Gegner blamiert bis auf die Knochen. Morgen würden die Zeitungen wieder schreiben, was er für ein Genie war und man würde masturbieren in den Feuilletonredaktionen der Republik.

„Das war eine sehr interessante Runde, ich würde mich freuen, wenn sie morgen wieder einschalten“, kann er noch stammeln in seiner üblichen Art und Weise, den Standardsatz spuckt er noch aus, bis er, als die Kameras aus

sind in die Garderobe einschließt und vermutlich ein paar Stunden weinen wird.

Politiker Geldsack rückt noch einmal das Sakko zurecht und verschwindet dann in seinen Wagen, wo er zufrieden nach Hause chauffiert wird.                

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RogerWright
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Fianna Tja...wie gewohnt sehr unterhaltsam geschrieben. Freut mich, mal wieder was von dir zu lesen :-)

Liebe Grüße
Anna
Vor langer Zeit - Antworten
RogerWright Dankeschön. Ja, hatte zuletzt eine gewisse Pause gelassen auch, weil mir so recht nichts aus der Feder fließen wollte und nun mal wieder das - vielleicht wird das ja ein Comeback, denke es.
Werde mich dann auch wieder deinen Texten widmen, freu mich da auch schon drauf.
Vor langer Zeit - Antworten
Fianna So ging es mir auch eine Weile...aber wenn man einmal wieder was Neues geschrieben hat, gehts langsam wieder aufwärts :-)
Vor langer Zeit - Antworten
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