Marion Voigt, geboren 1964, lebt in Franken, aber nicht am Meer. Sie ist gelernte Buchhändlerin und hat Slawistik studiert, weil sie Dostojewski im Original lesen wollte. Seit zwanzig Jahren arbeitet sie als freie Lektorin. Mit der Lust am Entdecken und Vermitteln von Texten probiert sie immer gern Neues aus. So erscheint demnächst ihre erste kleine Übersetzung aus dem Polnischen, das Bilderbuch Wieselwusel, eine außergewöhnlich illustrierte Geschichte über Chaos und Ordnung (Fabulus-Verlag).
www.facebook.com/MarionVoigtLektoratTextAgentur
Gewinne eine Einschätzung der Lektorin zu deinem Kurzexposé! Sie wird dir in einigen Sätzen ihre ehrliche Meinung dazu schreiben. Sicher, das kann hart werden, aber kompetente Kritik bringt dich schließlich weiter. Und vielleicht ist Frau Voigt ja auch ganz begeistert, dann hast du eine Empfehlung aus mehr als berufenem Munde. Schwarz auf weiß! Eine, die vielleicht sogar Türen öffnen kann.
Und so geht es:
Beantworte meine Gewinnspielfrage und sende sie an hfaquote@pb-netz.de. Unter allen richtigen Einsendungen und unter Ausschluss des Rechtsweges ziehe ich einen Gewinner oder eine Gewinnerin. Dieser/diese darf mir dann ein Kurzexposé von maximal 3000 Zeichen (inkl. Leerzeichen) schicken, und ich leite es an die Lektorin weiter. Dann heißt es, gespannt sein!
Einsendeschluss ist der 29. Februar 2016!
Die heutige Frage:
In der DDR war DKZ das KFZ-Kennzeichen für den Kreis Neuruppin. In der Literaturbranche steht die Abkürzung für:
a) deutsche Korrekturzeichen,
b) Druckkostenzuschuss,
c) Deutsche Krimi-Zeitung,
d) Dreikapitelzählung.
Na, das ist doch gar nicht so schwer. Viel Glück!
Liebe Marion, in diesem Interview soll es vor allem darum gehen, welche Ratschläge du als erfahrene Lektorin jungen Autoren, die veröffentlichen wollen, mit auf den Weg geben möchtest. Zunächst interessiert mich aber natürlich, wie du zu deinem Beruf gekommen bist und was dich daran fasziniert.
Lesen öffnet Türen in die herrlichsten Räume und überbrückt mühelos die größten Distanzen. Das hat mich schon als Mädchen begeistert. Als ich nach dem Studium für einen kleinen Verlag arbeitete, lernte ich, wie aus Texten Bücher werden. Und wie wichtig eine vertrauensvolle, konstruktive Zusammenarbeit mit Autorinnen und Autoren für das Werk ist, das am Ende die Leser überzeugen soll.
Wie sieht denn so ein Arbeitstag bei dir aus?
Unspektakulär. Buchstaben auf dem Monitor. Stille. Das Spannende sind die Texte, die ich bearbeite, und die Menschen dahinter. Meist habe ich eine ziemlich große Bandbreite an Themen und Textsorten vor mir, vom historischen Roman bis zur Produktbeschreibung fürs Web, so ungefähr. Das ist abwechslungsreich und sehr inspirierend. Ich liebe den Moment, in dem ich das aktuelle Dokument öffne. Tief ausatmen. Den Faden aufgreifen. Flow.
Da ich allein arbeite, genieße ich auch die Auszeiten zwischendurch, die Stippvisite in der virtuellen Kaffeeecke auf Facebook. Danach ist der Kopf wieder frei.
Wann sollte ich als Autor mich an dich als Lektorin wenden? Wer sind also üblicherweise deine Kunden?
Von Verlagen bekomme ich fertige Manuskripte zum Lektorieren, Belletristik ebenso wie Sachbücher. Selfpublisher beauftragen mich entweder ebenfalls damit, ihr Werk publikationsreif zu machen, oder sie suchen Feedback und Unterstützung im Schreibprozess.
Wenn ich dir also mein Manuskript für ein vollständiges Lektorat schicke, was erwartet mich dann? Du korrigierst die Rechtschreibfehler? Und die Grammatik? Und …? Ja, was machst du da eigentlich?
Ein Lektorat beinhaltet das Verbessern von Fehlern auf der Ebene der Buchstaben, Wörter und Sätze. Aber es ist kein Korrektorat, das findet separat statt. Ich schaue mir auch die Struktur des Texts an, die Perspektive und so weiter. Mit dem neutralen Blick von außen achte ich auf Elemente, die das Verständnis erschweren oder den Lesefluss hemmen.
Wie ist das mit dem Inhaltlichen? Muss ich mir da Sorgen machen? Ich meine, ist das, was am Ende rauskommt, überhaupt noch meine Geschichte?
Diese Skepsis verstehe ich, denn es kostet schließlich Überwindung, das eigene Manuskript in fremde Hände zu geben. Aber das Lektorat ist keine Blackbox, und was letztlich stehen bleibt, bestimmt die Autorin, der Autor.
Apropos Geschichte: Ist meine Idee, meine Story nicht das Wichtigste? Warum wird immer so viel Wert auf korrekte Rechtschreibung und guten Stil gelegt? Weiß eine tolle Geschichte nicht immer zu überzeugen?
Gute Geschichten sind auch gut erzählt. Sonst würden die Leser schnell das Interesse verlieren. Warum sollten sie sich mit weniger zufriedengeben? Kleine Schlampereien, Rechtschreibfehler, Stilbrüche wirken wie Stolperfallen. Sie lenken die Aufmerksamkeit ab von der gewünschten Richtung.
Was macht für dich eine gute Geschichte aus?
Eine gute Geschichte ist wie ein Gebäude, in dem ich wohnen kann. Ob pompös oder schlicht, die einzelnen Teile müssen zueinanderpassen, die Konstruktion muss tragen. Es gibt nichts Zufälliges, jedes Detail hat seine Funktion. Das lässt sich an den sprachlichen Feinheiten sehr genau zeigen. Zum Beispiel wie eine Figur redet: Du merkst sofort, ob sie den richtigen Ton trifft.
Und wie sieht für dich als Lektorin eine gute Zusammenarbeit mit einem Autor aus? Wie läuft das Lektorat dann ab?
Respektvoller Umgang miteinander und Transparenz sind mir wichtig. Es hilft beiden Seiten, zunächst die Vorgehensweise abzustimmen, etwa anhand des ersten Kapitels. Als Lektorin stelle ich Fragen, gebe Anregungen und taste mich so an die Eigenheiten des Texts heran. Dazu eignet sich die Änderungs- und Kommentarfunktion in Word sehr gut. Auch weil es aus Zeit- und Kostengründen oft nicht möglich ist, zusammen in Klausur zu gehen. Am schönsten ist es, wenn aus einem Projekt eine kontinuierliche vertrauensvolle Zusammenarbeit entsteht.
Bietest du Autoren über das Lektorat hinaus noch weitere Hilfen an?
Seit einiger Zeit werden Beratung und Coaching stärker nachgefragt. In einzelnen Fällen betreue ich als Literaturagentin Manuskripte und biete sie geeigneten Verlagen an. Für Selfpublisher übernehme ich es, alle notwendigen Schritte bis zur Veröffentlichung zu koordinieren, auf Wunsch mit PR.
In der Buchbranche hat sich viel getan. Welche Wege zur Veröffentlichung würdest du mir als angehendem Autor empfehlen? Selfpublishing, kleiner Verlag, großer Verlag, Literaturagentur, …? Wovon würdest du abraten?
Schön wär’s, wenn man frei unter diesen Optionen wählen könnte. Jede hat etwas für sich und ein sehr gutes Manuskript kann hier wie dort zum Überraschungserfolg werden. Soll das Buch auf konventionellem Weg erscheinen, ist die Unterstützung einer Literaturagentur oft Gold wert. Auch dabei braucht es Geduld, aber mit dem richtigen Partner an der Seite fällt später die Entscheidung für einen bestimmten Verlag leichter, wenn mehrere Angebote vorliegen.
Ansonsten kommt es darauf an, welche Ziele man verfolgt. Um ein größeres Publikum zu erreichen, muss man sich auch mit einem Verlag im Rücken aktiv um das Marketing bemühen. Selfpublisher wissen ohnehin, dass mit der Veröffentlichung die Arbeit erst beginnt ...
Abraten möchte ich davon, das ganze Drumherum zu unterschätzen, die Bedeutung von Cover, Klappentext, Vertrieb et cetera. Im Idealfall greifen alle Räder ineinander.
Und die besondere letzte Frage: Hast du schon einmal einen Roman lektoriert, bei dem du gedacht hast, der bräuchte mich eigentlich gar nicht?
Nein. Jeder Text gewinnt durch ein angemessenes Lektorat. Und die meisten Autorinnen und Autoren wissen das auch zu schätzen.
Vielen Dank für dieses interessante Interview.