Micaela Jary stammt aus Hamburg und wuchs im Tessin auf. Nach einem Sprachenstudium absolvierte sie ein Zeitungsvolontariat und arbeitete viele Jahre als Redakteurin, bevor sie sich ganz der Schriftstellerei widmete. Sie hat eine erwachsene Tochter und lebt nach einem langjährigen Aufenthalt in Paris heute mit Mann und Hund in Berlin und München. Von ihr stammen die Bestseller „Sehnsucht nach Sansibar“ und „Das Haus am Alsterufer“. Im August erscheint ihr neuer Roman „Wie ein fernes Lied“ und im November mit „Sterne über der Alster“ die Fortsetzung ihrer Saga um die Hamburger Reedersfamilie Dornhain.
Gewinne eine Einschätzung der Autorin zu deinem Kurzexposé! Sie verspricht, dir in einigen Sätzen ihre ehrliche Meinung dazu abzugeben. Sicher, das kann hart werden, aber kompetente Kritik bringt dich schließlich weiter. Und vielleicht ist Micaela ja auch ganz begeistert, dann hast du eine Empfehlung aus mehr als berufenem Munde. Schwarz auf weiß! Eine, die vielleicht sogar Türen öffnen kann.
Und so geht es:
Beantworte meine Gewinnspielfrage und sende sie an hfaquote@pb-netz.de. Unter allen richtigen Einsendungen und unter Ausschluss des Rechtsweges ziehe ich einen Gewinner oder eine Gewinnerin. Dieser/diese darf mir dann ein Kurzexposé von maximal 3000 Zeichen (inkl. Leerzeichen) schicken, und ich leite es an die Autorin weiter. Dann heißt es, gespannt sein!
Einsendeschluss ist der 15. Mai 2015!
Die heutige Frage:
In einem Roman treten oft viele Figuren auf. Deutlich seltener finden sich unter ihnen Perspektivträger. Aber wie viele dieser Perspektivträger kann/darf es in einem Roman überhaupt geben?
a) keinesfalls mehr als einen,
b) zwei bis drei,
c) maximal zehn,
d) da gibt es theoretisch keine Obergrenze.
Na, das ist doch gar nicht so schwer. Viel Glück!
Klar, obligatorische Frage: Wie hat das bei dir mit dem Schreiben begonnen? Gibt es einen Zeitpunkt in deinem Leben, von dem du sagen würdest: „Von da an war ich Autorin/Schriftstellerin“?
Irgendwie hat das alles schon mit meiner Geburt begonnen. Als mein Vater mich zum allerersten Mal sah, sagte er: „Die wird mal Schriftstellerin.“ Das prägt für’s Leben. Und diese Geschichte ist tatsächlich verbürgt. Ich denke, er sagte das unter dem Eindruck der damals 21-jährigen, bildhübschen Françoise Sagan, deren Roman „Bonjour Tristesse“ gerade auf Deutsch erschienen war.
Ich schreibe, seit ich schreiben kann. Als Einzelkind las ich sehr viel und musste mich viel mit mir selbst beschäftigen – und mit meinen Puppen. Denen las ich meine Geschichten vor. Mit 14 habe ich dann meinen ersten historischen Roman geschrieben, der glücklicherweise nie gedruckt wurde. Aber danach schrieb ich dann halt immer weiter. Allerdings dauerte es noch sehr lange bis zu meiner ersten Buchveröffentlichung vor zwanzig Jahren. Ab diesem Zeitpunkt war ich vermutlich Schriftstellerin. Autorin war ich allerdings schon viel länger, da ich als Journalistin gearbeitet habe. Ich bin gelernte Redakteurin. Damit ist man auch Autor.
Siehst du dein Schreiben heute mehr als Hobby oder mehr als Beruf? Gibt es da überhaupt einen Unterschied für dich?
Grundsätzlich ist Schreiben für mich wie Atmen. Ohne kann ich nicht leben. Schreiben ist aber auch definitiv mein Beruf. Ich verdiene auf diese Weise mein Geld, lebe davon. Im Übrigen kann ich auch gar nichts anderes.
Welche drei Dinge haben dich deiner Meinung nach auf deinem Weg als Autorin am meisten vorangebracht?
Zunächst einmal die Unterstützung meiner Eltern. Mein früher Wunsch, Schriftstellerin zu werden, wurde ernst genommen. Nun ist das aber bei einem Vater, der Filmkomponist war, wahrscheinlich nicht ganz so ungewöhnlich. Ich bin ein Kind des Kinos und damit in der Welt der erfundenen Geschichten aufgewachsen. Mein Vater hatte viele Freunde, die Bücher bzw. Drehbücher schrieben. Einer dieser Freunde, der Kriminalschriftsteller Frank Arnau, gab meine Texte seinem Lektor, der mich wiederum an die Hand nahm und bei dem ich sozusagen einen Grundlehrgang absolvierte. Ich war damals 16 oder 17 Jahre alt.
Ein weiterer Baustein war sicher meine Pressearbeit. Als Volontärin lernte ich Recherche von der Pike auf. Das ist ziemlich wichtig, wenn man historische Romane oder zumindest Romane mit einem fundierten Hintergrund schreiben möchte.
Die dritte Säule war ganz klar die Begegnung mit meiner Agentin Petra Hermanns. Und wenn ich noch ein 3a angeben darf: Ich hatte das Glück, immer mit guten Lektoren arbeiten zu dürfen, wovon ich sehr profitiert habe.
Gab es vielleicht auch einen „Fehler“, eine „Schwäche“, die du erkannt und abgestellt hast, um in deinem Sinne als Autorin erfolgreicher zu sein?
Ich weiß nicht, ob ich meinen größten Fehler bereits vollständig abgestellt habe, aber ich versuche immer daran zu denken, dass ich lange Schachtelsätze vermeiden soll. Das gelingt mir leider nicht immer, aber immer öfter. Ansonsten bemühe ich mich, die Informationen, die ich durch meine Recherche gewonnen habe, dosiert im Text unterzubringen. Das ist so ein typischer Anfängerfehler, den ich auch gemacht habe: Man ist als Autor so verliebt in all die wundervollen Dinge, die man herausgefunden hat, dass man den Roman mit Informationen überfrachtet. Außerdem habe ich gelernt, historische Begebenheiten, Jahreszahlen usw. mit der jeweiligen Szene zu verweben und nicht als eigenständigen Absatz irgendwo unterzubringen.
By the way – was bedeutet für dich persönlich Erfolg in deiner Autorinnenkarriere?
Glück. Zufriedenheit. Dankbarkeit. Wahrnehmung. Geld. Etwa in dieser Reihenfolge.
Glaubst du eher an schriftstellerisches Talent oder Handwerk?
Beides. Ich glaube, dass jeder Mensch ein gewisses Talent für seinen Beruf mitbringen muss. Egal, was er tut. Und Berufung geht ohne Talent sowieso nicht. Dabei spielt es keine Rolle, ob man ein begnadeter Chirurg oder ein Bestsellerautor ist. In beiden Fällen ist aber das Handwerk ebenso wichtig wie Begabung und Berufung.
Hattest du Hilfe auf deinem Weg? Welche Möglichkeiten für einen angehenden Autor oder eine angehende Autorin, von anderen zu lernen, kannst du besonders empfehlen?
Zu der Hilfe, die ich erfahren durfte, siehe oben. Hinzuzufügen ist, dass Lesen meines Erachtens die wichtigste Basis des Autorenlebens ist. Lesen ist ein unverzichtbares Rüstzeug. Dann sollte man offen sein für Kritik, diese annehmen und sich ständig hinterfragen, nicht auf der eigenen Meinung beharren, sondern vor allem der Meinung von Profis vertrauen und dieser Raum geben. Das heißt, sich jemanden suchen, der einen ebenso an die Hand nimmt und die Eckdaten beibringt, wie dies damals bei mir geschehen ist. Es gibt heute viele gute Seminarangebote und Coachings, die Schriftsteller weiterbringen. Das betrifft übrigens nicht nur Anfänger, auch Profis können immer mal wieder etwas Neues lernen. Das Leben ist ein Fluss. Ich finde es ganz wichtig, dass man nicht auf der Stelle tritt.
Und welche Ratschläge hinsichtlich des Schreibhandwerks findest du für angehende Autoren/Autorinnen besonders wichtig? Was sollte man unbedingt versuchen, was unbedingt vermeiden?
Zum Schreiben gehört natürlich Marktbeobachtung wie in jedem anderen Job auch. Wenn man etwa einen historischen Roman schreiben will, sollte man sich gezielt nach diesem Genre im Buchhandel umschauen. Und eben lesen. Oder Krimis, Chicklit, Fantasy oder was auch immer. Orientierung im Markt finde ich sehr wichtig, um auch zu sehen, wie Ideen gedruckt aussehen, oder was ankommt und was nicht. Es ist ganz witzig: Ein gedrucktes Buch sieht immer anders aus als das Manuskript im eigenen Computer am Schreibtisch daheim. Ich bin auch heute noch immer wieder erstaunt, wenn ich die Druckfahnen zu einem Roman zum ersten Mal sehe. Der Text erscheint mir dann komplett neu. Vermeiden sollte man die gut gemeinten Ratschläge von Familienmitgliedern. In der Regel sind das keine Profis, und es sind Menschen, die einem Gutes wollen und sich entsprechend verhalten. Die Buchbranche ist aber ein knallhartes Geschäft, in dem man viel aushalten muss und wenig Platz für persönliche Befindlichkeiten ist. Und noch etwas: Man muss viel Geduld mitbringen und immer wieder Rückschläge verkraften können.
Was braucht es deiner Meinung nach, um als Autor/Autorin zu einer Verlagsveröffentlichung zu kommen? Welchen Weg schlägst du vor?
Ohne Agenten kommt man meiner Ansicht nach heute keinen Meter weit. Das heißt: Jeder sollte erst einmal versuchen, eine seriöse Agentur für die eigene Idee/das Manuskript zu begeistern. Leider gibt es viele schwarze Schafe in dieser Branche, da muss man sich ein bisschen umhören oder im Internet recherchieren und nach dem Bauchgefühl entscheiden. Agenten und Agentinnen sind wie Ehemänner/Ehefrauen, die Zusammenarbeit beruht auf Vertrauen und gemeinsamen Vorstellungen und Plänen. Deshalb sollte man diese Suche auch entsprechend wichtig nehmen. Die 15 oder 20 Prozent, die ein Agent vom Verlagshonorar bekommt, rechnen sich immer, weil der Agent bessere Konditionen aushandelt als der Autor selbst (wenn man denn überhaupt mit einem Verlag ins Gespräch kommt). Agenturen, die Vorkasse oder Gebühren vom Autor verlangen, sind zu umgehen.
Wäre für dich aus heutiger Sicht Selfpublishing generell oder in bestimmten Fällen eine Alternative oder sogar mehr? Wo liegen die Vorteile, wo die Nachteile gegenüber einem klassischen Verlag?
Selfpublishing ist sicher eine gute Sache, wenn dies professionell betrieben wird. Also mit einem Lektorat, dem von einem Grafiker hergestellten Cover usw. Ich kann mir SP nicht leisten, weil ich keine vierstelligen Summen für eben Lektorat, Grafik, Marketing und was sonst noch alles vorstrecken kann – ohne zu wissen, ob ich das je wieder reinkriege. Wie gesagt, ich lebe vom Schreiben und muss deshalb vom ersten Moment an (dem Verkauf des Exposés) mit meiner Arbeit Geld verdienen anstatt zu investieren. Außerdem bin ich ein bequemer Mensch: Mir wäre es zu viel, wenn ich mich um alles – wirklich alles! – selbst kümmern müsste. Dazu bin ich eitel: Ich möchte meine Romane im Buchhandel finden.
Die Vorteile des Selfpublishing liegen ganz klar in der Möglichkeit, sein eigenes Ding zu machen. Das mag einen gewissen Reiz haben. Man ist sein eigener Chef und hat alles in der Hand. Leider aber auch den Verlust, wenn das Buch nicht so erfolgreich wie erhofft wird. Dieses Risiko geht normalerweise ja ein Verlag ein. Denn man darf nicht erwarten, dass nun jeder Selfpublisher gleich Bestsellerautor wird. In Sachen Erfolg gibt es da ebenso große Unterschiede wie im guten alten Verlagsgeschäft. Davor sollte jeder angehende Autor nicht die Augen verschließen. Unser Job hat nun einmal immer und überall sehr viel mit Glück zu tun.
Vielen Dank für das interessante Interview!