Ich saß in einem Café, ein kleiner liebevoll mit Blumengestecken dekorierter und angenehm beleuchteter Raum. Wenige Tische, alle samt waren an die vom Boden beginnenden Fenster gestellt, ließen jeden Gast das ungute Gefühl der Abfertigung und des gastronomischen Druckes Kunden schnell loswerden, vergessen und dank der überdurchschnittlich freundlichen Bedienung, eine Kellnerin wohl mit türkischer Abstammung, welche mit jedem Wort die Sonne erneut zum Aufgehen zu bringen schien, fiel der Gedanke daran, diesen herrlichen Ort wieder verlassen zu müssen, außerordentlich schwer. Ehrlich gesagt weiß ich nicht, ob sie wirklich Türkin war, aufgrund der Verhältnismäßigkeiten nehme ich dies einfach an, ohne beleidigend oder oberflächlich zu sein. Ich möchte es mir nicht vorstellen wie mein Empfinden wäre, wenn ich nur anhand meines Aussehens willkürlich einer Nation zugeteilt werden würde. Ich ginge bestimmt gut als Schwede oder Däne durch, beide Länder hatte ich noch nie betreten.
Der Cappuccino den ich trank hatte nichts besonderes, trotzdem war dies wohl nach dem herkömmlichen Kaffee das am zweithäufigsten bestellte Heißgetränk, jeder weiß was er daran hat und dennoch scheint man zu denken, etwas Alltag-fernes zu bekommen, auch wenn allein der Name dieser Kaffeespezialität die Hälfte zu diesem Eindruck beiträgt. Den anderes Teil machen wohl die fast immer außen abgebildeten Bilder der von Baristi verzierten Cappuccinos aus. Später bereute ich es mich nicht mal an einen Espresso Macchiato oder einen Latte getraut zu haben. Nach einer gelebten Stunde und einem gefühlten Tag winkte ich die nette Bedienung zu mir und belohnte ihr natürliches Lächeln mit 20% Trinkgeld ohne weitere Worte zu wechseln und verließ das Café, welches ich bestimmt nie wieder betreten werde, nicht aus Unzufriedenheit, sondern eher der Masse an von mir noch nicht besuchten Läden wegen. Ich schlendere ohne Ziel über die mit Kot verminten Gehwege, an mir tuckerten Autos im Schritttempo vorbei und gaben dem Duft der dieser Stadt ihre ganz besondere Note, welche nur Einheimische als angenehm bezeichnen können. Als ich einen Bekannten an der Ostsee besuchte, kam ich mit einer seiner Arbeitskollegen, einer recht jungen Dame, eine mit dunkelbraunen Haaren und einer kantigen Brille im Gesicht, ins Gespräch. Nun ja, wenn man in einer Bar nebeneinander sitzt kommt man ja an einer Unterhaltung schlecht vorbei, diese war jedoch nicht ungewollt. Sie erzählte wie schön und wichtig frisch Luft von Land und Meer sei, dass sie sich nicht vorstellen konnte, je in einer Metropole zu leben. Meinen Standpunkt, dass ich persönlich den Geruch und die Atmosphäre einer Stadt wie Berlin nie missen möchte, verstand sie nicht und dies konnte ich ihr auch nicht übel nehmen, denn ihren verstand ich auch nicht. Wahrscheinlich hängt es einfach von der Kindheit ab, ich fuhr täglich mit einem Ranzen auf dem Rücken U-Bahn um meine Schule zu erreichen, mein Dschungel bestand aus Beton und Asphalt, sie sah in ihrem Leben wohl mehr Kühe als Kraftfahrzeuge.
Erst die lauten Sirenen eines Krankenwagens rissen mich aus meinen Gedanken, irgendwo benötigte wieder eine arme Seele die Hilfe anderer und ich zähle nur noch die Sekunden, bis auch ich zu einer solchen armen Seele werde...