Ich hab´ keine Zeit für einen Blog. Ich könnte den würgen, der mir das eingebloggt hat. Na gut, ich war das selber. Dann relativiert sich das mit dem Würgen.
Ich betrachte das als Training, so wie ein Hundertmeter-Läufer auch täglich trainieren
muss, damit er die Strecke mal in 8 Sekunden schafft. Da kann man nicht nach fünfzig
Meter sagen, mir juckt das Acapella im linken Knie, ich fahre den Rest mit dem Bus.
Also sage ich, du hast zwanzig Minuten, schreib irgendwas zum Thema, die Zeit läuft.
Welches Thema??
Das ist das Problem. Blogs haben eigentlich kein Thema. Man legt Kategorien an und
schreibt über mich und die Welt. Wenn man klug ist, verhält man sich so bescheiden wie ich, tritt niemanden auf die Füße und berichtet von seinem letzten Einlauf.
Ganz wichtig ist, dass man keinen Blödsinn schreibt, da achte ich peinlich drauf.
Aber über mich gibt es nichts zu berichten. Ich sitze den ganzen Tag auf einem Stuhl
vor der Haustür, mit dem Handy auf dem Schoß und warte, dass es klingelt.
Entweder der Postbote oder das Handy.
Der Postbote, damit er ein dickes Paket mit Geld bringt oder das Handy, auf dem mir
mein Betreuer von der Bank übermittelt, dass irgendein Depp gerade hunderttausend Euro auf mein Konto überwiesen hat. Das ist ein sehr spannender Job, aber leider auch sehr eintönig, mit einer eher bescheidenen Erfolgsquote. Gewiss ein Nischen-Job und kein Lehrberuf, weil man nämlich länger als die üblichen 3 bis 4 Jahre warten muss, bis es klingelt. Leider vermischt sich oft das Private mit dem beruflichen. Es kommt schon mal vor, dass die Nachbarin klingelt und um einen Sack Zement bittet, weil sie mit ihrem Mann das Hafenbecken besuchen möchte. Dann antworte ich natürlich knallhart: Ich kann jetzt nicht, sehen Sie nicht, dass ich arbeite?
Sehr störend ist auch der Durchgangsverkehr der eigenen Familie. Die wollen ständig rein oder raus, zur Schule, zur Arbeit oder sonstwo hin. Richtig schlimm ist es, wenn sie zurückkommen und mal wieder ihren Haustürschlüssel vergessen haben. Ich denke dann natürlich immer, dass es der Briefträger mit meinem Geldpaket ist. Es ist ohnehin schon schwer, sich mit einer neuen Geschäftsidee am Markt durchzusetzen, und ich bin jetzt dazu übergegangen, mich bei schönem Wetter draußen vor die Tür zu setzen. Ich habe schon daran gedacht, mir ein Büro zu mieten, wo ich einfach unbelasteter arbeiten könnte, mit einem richtig schweren Chefsessel, der Eindruck auf den Briefträger macht, aber das Finanzamt weigert sich, das als Geschäftsausgaben zu akzeptieren. Nicht einmal die unvermeidlichen Spesen, die in dieser Branche anfallen, z.B. die Kiste Bier am Tag, lässt man mich steuerlich absetzen. Freunde und Nachbarn sind natürlich neidisch und wollen sich manchmal zu mir setzen, aber ich bin noch nicht so weit, dass ich jemanden einstellen kann.
Heute war es wieder furchtbar stressig. Nicht einmal eine vernünftige Mittagspause konnte ich machen. Und dann sind auch noch 8 Flaschen Bier übrig, d.h. also mal wieder Überstunden machen und richtig ranklotzen. Und natürlich morgen in aller Herrgottsfrühe raus, denn um 11 fährt der Briefträger hier lang, und dann muss ich auf meinen Posten sein.
Da bleibt für die Familie nicht mehr soviel Zeit, aber irgendeiner muss ja die Kohle
ranschaffen…